Gerald Erdmann Mittelstraße 7 Lüchow, den 30.06.2015 29439 Lüchow Christian Schmidt Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Unter den Linden 71 11011 Berlin Anfrage zur Eindämmung des Alkoholkonsums Sehr geehrter Herr Minister Schmidt, ich möchte ausdrücklich begrüßen, das Sie mit Ihrem Vorstoß, Tabakwerbung zu verbieten, über die geforderten Maßnahmen der EU, hinaus gehen. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt bei mir aber zurück. Sind dazu immer erst Vorgaben der EU nötig? Bei Tagesschau.de ist zu lesen, dass Sie diesen Schritt unter anderem mit dem Argument begründen, dass "Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass eine allgegenwärtige Werbung in der Öffentlichkeit den Einstieg in das Rauchen aktiv fördert". Ich teile Ihre Argumentation und frage mich, ob dieses Argument nicht ebenso bei der Alkoholwerbung gelten könnte. Nach einigem Nachdenken komme ich zu der Erkenntnis, das es aus meiner Sicht keinen erheblichen Unterschied gibt. Weiter frage ich mich, bedarf es in dieser Frage auch erst eine Vorgabe der EU, bevor gehandelt wird? Immer wieder nehme ich mit Erschrecken die Zahlen, die die Drogenbeauftragten des Deutschen Bundestages in ihrem Bericht veröffentlicht, zur Kenntnis. Als bekennender, trockener Alkoholiker liegen mir die Menschen mit missbräuchlichem Alkoholkonsum sehr am Herzen. Ich leite seit Jahren eine Selbsthilfegruppe und engagiere mich auch darüber hinaus in unserem Landkreis. So sind mir die, manchmal grausamen Erfahrungen, nicht nur aus eigener Erinnerung, sondern auch aus den unzähligen Erzählungen der Betroffenen und deren Angehörigen hinreichend bekannt. Vor dem Hintergrund, dieser vielen Schicksale und ich verzichte ganz bewusst darauf einige zu schildern, sondern möchte allein anhand der Zahlen einen erhöhten Handlungsbedarf aufzeigen. Ich habe weitere Fragen und bekomme keine Antworten. Ich hoffe, dass Sie sich die Mühe machen und mir einige davon beantworten. Stellen Sie sich einmal das Berliner Olympiastadion vor. Dort haben 74 649 Menschen platz. In der Bundesrepublik sterben jedes Jahr mindestens 74000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs. Der volkswirtschaftliche Schaden, der dadurch entsteht, beläuft sich jährlich auf fast 27 Milliarden Euro. Dem gegenüber stehen aber nur 3,5 Milliarden Euro an Einnahmen. Die Zahlenreihe lässt sich sicherlich fortsetzen. Ich beschränke mich auf diese und leite folgende Fragen davon ab. 1. Warum leisten wir uns so ein krasses Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben? 2. Warum legen wir sehr aufwendige Präventionsmaßnahmen (die Notwendig sind) auf, während einfache Maßnahmen nicht angerührt werden? Z.B. 1. 2. 3. 4. 0,0 Promille-Grenze im Straßenverkehr keine Alkoholwerbung Trinkverbot auf öffentlichen Plätzen (gerade eben habe ich auf einem Botengang, 4 Männer, im Alter von 20 – 50 Jahren, am Busbahnhof unseres kleinen Städtchen sitzen sehen, wie sie sich mit 0,5 Liter großen Bierflaschen um 09:30 Uhr zuprosteten, während die Schüler (die erst etwas später Unterricht hatten) aus ihren Schulbussen stiegen um direkt in ihre Augen schauten.) Alkoholverkauf nur in gesonderten Läden – das hätte den Vorteil, dass Tankstellen sich auch wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können 3. Warum sieht man sich nicht die Erfolge an, die mit ähnlichen Maßnahmen in der Nikotinsucht erzielt worden sind? 4. Warum werden nur Zahlen erhoben, für die Bevölkerungsgruppe 18-64 Jahre? Gibt es darunter oder darüber keinen Alkoholmissbrauch? 5. Warum darf sich Bier (trotz bis zu 0,5 Vol% enthalten) Alkoholfrei nennen und der Kaffee dagegen nur entkoffeiniert? 6. Warum leisten wir uns, angesichts von mindestens 74000 Toten, noch so preiswerte alkoholhaltige Getränke? 7. Warum wird das Mindestalter, nicht wie beim Nikotin, auch für den Verzehr von Alkohol auf 18 Jahre hoch gesetzt? 8. Warum gilt kein generelles Alkoholverbot in Gesundheitseinrichtungen, wie Krankenhäuser oder Kurkliniken? 9. Was würde Ihnen alles einfallen um die ersparten Milliarden (Differenz von Steuereinnahmen und volkswirtschaftlicher Schaden) sinnvoller einzusetzen? 10. Welche dieser oben aufgezählten Maßnahmen, halten Sie für sinnvoll? 11. Welche dieser oben aufgezählten Maßnahmen, halten kurzfristig (definieren Sie bitte „kurzfristig“) für umsetzbar? Ich hoffe, Sie nehmen sich die Zeit, um auf jede einzelne Frage zu antworten. Ich grüße Sie herzlich, wünsche für Ihre verantwortungsvolle Aufgabe ein gutes Geschick und verharre in gespannter Erwartung auf aussagekräftige Antworten. Vielleicht bald ein Wähler Ihrer Partei Gerald Erdmann
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