Fasten: Weil wir schon zu viel verbraucht haben! 20% der

Wort des Dekans Hans Ulrich Steymans für das Frühlingssemester 2016
Fasten: Weil wir schon zu viel verbraucht haben! 20% der
Weltbevölkerung nehmen 80% der Güter dieser Erde für sich in
Anspruch. Freiwerden von Zwängen, den selbst auferlegten
ebenso wie jenen von aussen.
Der Semesterbeginn fällt mit dem Anfang der Fastenzeit zusammen. Das französische
Stundenbuch erklärt: „Vom Beginn der Fastenzeit an, werden wir davor gewarnt, sie zu
ritualistisch zu leben. Fasten bedeutet zunächst die Sünde fliehen, und mehr noch …
hinzuarbeiten auf die Befreiung derer, die leiden.
Die ökumenische Kampagne zur Fastenzeit, die vom 10. Februar bis zum 27. März 2016
abläuft, untersucht die übernationalen Unternehmen mit der Lupe. Wirtschaftliche
Erwägungen drängen die Menschrechte oft in den Hintergrund. Die Kampagne zeigt mit dem
Finger auf unmenschliche Arbeitsbedingungen in Textilfabriken, Kinderarbeit in
Kakaoplantagen, Umweltverschmutzung verursacht durch Bergbau: „Schweizerische
Unternehmen sind in zahlreiche Fälle von Menschenrechtsverletzungen verwickelt“, schreibt
Véronique Benz in „L’Essentiel“, der französischsprachigen Pfarreizeitschrift vom Februar.
Die Schweiz ist das Land mit den meisten multinationalen Unternehmen pro Einwohner. In
der Schweiz sind die Firmen verpflichtet, die Gesetze anzuwenden. In Entwicklungsländern,
werden Schutzgesetze, wenn sie überhaupt existieren, oft kaum umgesetzt. Grund dafür
sind die Korruption und ein unzureichendes Rechtssystem. Einige multinationale
Unternehmen in der Schweiz gegen vor, dass sie das nichts angehe, doch hätte sie den
Kontext ihrer Unternehmungen studieren und die verursachten Probleme sehen können.
Einige Beispiele: Glencore, eine der grössten schweizerischen Firmen im Rohstoffsektor,
unterhält zwei Filialen in der Demokratischen Republik Kongo, die fortwährend Flüsse
verschmutzen. Syngenta verkauft das in der Schweiz wegen seiner hohen Giftigkeit seit 1989
verbotene Pestizid Paraquat in mehreren Entwicklungsländern. Klinische Arzneimitteltests,
welche pharmazeutische Unternehmen wie Rocher und Novartis in Schwellenländern
durchführen, verletzen oft niedrigste ethische Standards. Ein Bergbauprojekt in den
Philippinen hat beträchtliche Auswirkungen auf die Umwelt und die betroffene Bevölkerung
vor Ort. Der Bundesrat erkennt an, dass der Bergbausektor und der Rohstoffhandel
beträchtliche Herausforderungen für das Respektieren von Menschenrechten und den
Umweltschutz darstellen.
Jeder kann auf seine Weise handeln, um die multinationalen Unternehmen
verantwortungsvoller zu machen. Die Art, wie wir konsumieren und unsere politischen
Wahlentscheidungen haben einen Einfluss. Fasten ist eine Art zu konsumieren. Die Bibel
verknüpft das Fasten mit der Gerechtigkeit: „Das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln
des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes
Joch zu zerbrechen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus
aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten
nicht zu entziehen. … Wenn du der Unterdrückung bei dir ein Ende machst, auf keinen mit
dem Finger zeigst und niemand verleumdest, dem Hungrigen dein Brot reichst und den
Darbenden satt machst, dann geht im Dunkel dein Licht auf und deine Finsternis wird hell
wie der Mittag“ (Jesaja 58,6-10).
Die österreichische Arbeitsgemeinschaft „Schöpfungsverantwortung“ gibt einige Ratschläge,
um über unsere Art zu konsumieren und deren Einfluss auf eine ökologische Gerechtigkeit
nachzudenken. Diese Ratschläge möchten uns durch die Fastenzeit begleiten, um unser
Handeln in ein Fasten zu verwandeln, wie Gott es liebt:
Reduzieren Sie Ihren Fleischkonsum! Planen Sie mindestens jeden zweiten Tag der Woche
eine vegetarische Mahlzeit ein. Die Fleisch-Industrie, und somit auch der Konsument, sind
für etwa ein Fünftel aller Emissionen verantwortlich.
Reisen Sie mit dem Zug! Vermeiden Sie Autofahren. Suchen Sie nach Möglichkeiten sanfter
Mobilität – Zug, Rad usw.
Drehen Sie runter! Wasser bzw. Warmwasserverbrauch prüfen, drehen Sie unnötige Lampen
ab, drehen Sie die Herdplatte früher ab und nutzen Sie die Restwärme, verwenden Sie
geeignetes Kochgeschirr. T-Shirt im Winter – muss nicht sein, saisonale Kleidung tragen!
Stosslüften statt Dauerlüften mittels gekippter Fenster.
Steuern Sie selbst durch die Auswahl der Lebensmittel! Produktionsweise, Transport,
Landschafts- und Klimaschutz und gerechte Löhne! Achten Sie beim Einkauf auf Saisonalität
und Regionalität der Produkte und auf gerechten Handel.
Müllberge! Müll löst sich keineswegs in Nichts auf. Kaufen Sie Produkte mit möglichst wenig
Verpackung. Vermeiden Sie Plastiktüten. Chemie im Haushalt? Bio-Reinigungsmittel sowie
mechanische Hilfsmittel helfen die Wasserqualität zu erhalten.
Schiesst Ihr Geld eventuell auf Menschen? Ethikbanken, Oeko-Invest Schweiz regeln die
Geldanlagen nach strengen Kriterien, indem sie Stoffströme, Arbeitsbedingungen und
Umweltschutz berücksichtigen. Waffenproduktion und Technologien wie Atomenergie und
Gentechnik schliessen sie gänzlich aus.
Mit diesen Denkanstössen wünsche ich uns allen eine fruchtbringende Fastenzeit.