Die Sonne als unser wichtigster Lebensspender Die Sonne gilt als das kosmische Herz der Welt, denn alles Leben auf der Erde ist schließlich der Sonnenenergie zu verdanken. Und diese ist beachtlich. Denn: Der jährliche Weltenergieverbrauch beträgt lediglich ein Hundertstel der täglichen Sonnenstrahlung und selbst das schwerste Erdbeben beinhaltet nur etwa die Energie einer täglichen Sonneneinstrahlung. Rund ein Hunderttausendstel der täglichen Energie, die uns die Sonne schenkt, wird durch eine Wasserstoffbombe freigesetzt; 100 Tonnen Kohle, das sind runde vier Güterwagen voll, enthalten sogar nur den milliardsten Teil der Energie, die uns die Sonne täglich beschert. Kein Wunder also, dass es im Altertum von Sonnengöttern geradzu wimmelte, hebt doch selbst die Bibel die Erschaffung von Sonne und Mond am 4. Tag der Schöpfungsgeschichte (Genesis 1,14 — 19) als eine der bedeutendsten Taten Gottes hervor: „Dann sprach Gott: Lichter sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen Zeichen sein zur Bestimmung von Festzeiten, von Tagen und Jahren dienen; sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, die über die Erde hin leuchten. So geschah es. Gott machte die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das kleinere, das über die Nacht herrscht, auch die Sterne." Der Lauf der Sonne spielt im Volksglauben auch heute noch eine Rolle. Als glücksbringend gilt, alles „sonnenläufig" zu tun, das heißt, seine Arbeit und sein Leben der Richtung der täglichen Sonnenwanderung anzupassen. Wer gegen den Lauf der Sonne einen Ritus zelebriert, arbeitet dem Bösen in die Hände. In der Hohen Tatra der Slowakei umkreist der Hirte dreimal sonnenläufig seine Hütte und seine Herde, damit man ihm nichts stehlen kann. In Manaton (Devonshire) trägt man die Leiche in der Richtung des Sonnenlaufs um ein Kreuz, um sie dem Bösen zu entziehen. Bei der kirchlichen Trauung kannte man in Baden, im Rheinland, im Böhmerwald, in Schlesien wie in Österreich einen sonnenläufigen Umgang um den Altar, der Glück in der Ehe bringen sollte. Seit den Wetteraufzeichnungen im Jahre 1880 wurde für Deutschland gesehen die höchste monatliche Sonnenscheindauer mit 403 Stunden im Juli im Jahr 1994 am Kap Arkona auf Deutschlands größter Insel, der Insel Rügen, in der Ostsee, registriert. Mit der bislang höchsten jährlichen Sonnenscheindauer ist das Jahr 1959 in die Wettergeschichte eingegangen. 23 N'etterbeobae%tznlg früher und /weile Damals wurden auf dem Klippeneck am südlichen Rand der Schwäbischen Alb in 973 m über NN in den zwölf Monaten insgesamt 2 329 Sonnenstunden gezählt. Weniger dagegen vom Sonnenschein begünstigt scheint Münster/ Osnabrück in Westfalen zu sein, wo sich im Jahre 1912 (größter Minimumwert) die Sonne lediglich 936,7 Stunden blicken ließ — das ebenfalls für den Zeitraum von zwölf Monaten gemessen. Mit der geringsten monatlichen Sonnenscheindauer machte der Große Inselberg im Thüringerwald im Dezember 1965 von sich reden. Dort schien einen ganzen Monat lang die Sonne nicht einmal eine einzige Stunde. Natürlich gilt auch die Sonne als Wetteranzeiger. Wenn der Horizont zum Sonnenaufgang etwas vernebelt dreinschaut, sagt man, dass der Tag schön wird. Zeigt sich die Sonne dann auch abends purpurrot, kann mit größter Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der nächste Tag ebenfalls sonnig sein wird, denn : „Abendrot — Schönwetter bot". Auch bei einem Sonnenuntergang in rosa oder orangefarbenem Licht bleibt es weiterhin schön. Diese den Planeten umgebenden Wetterregeln waren bereits in der Antike bekannt. In den Dichtungen „Sternbilder und Wetterzeichen" des griechischen Dichters und Gelehrten Aratos (315-245 vor Christus) heißt es unter anderem: „... Im Morgengold/dehnt sich gar oft das Rund der Sonne, gleich als wollt/sie schmelzen; wenn alsbald sie dann zusammenschrumpft,/wird's Wetter schön; und auch, wenn gelblich abgestumpft/ihr Licht dem Wintertag entsinkt! ... " 24 Und Regenwetter aufziehen sah Aratos, wenn folgende Wettersituation sich am Himmel zeigte: „... Ja, kommt einmal die Sonne strahlenlos/herauf und vor ihr her ein kleines Wölkchen bloß:/auf Regen sei auch dann gefasst!" Nicht verwunderlich also, dass es rund um die Sonne in den folgenden Jahrhunderten zu vielen Deutungen des Wetters und damit zu einer Fülle von Wetterregeln kam. Exemplarisch sollen hier nur ein paar wenige aufgeführt sein: Ist's morgen rot vorm Sonnenloch, regnet's nicht, so windet's doch. Wenn kurz vor Vollmond der Sonnenaufgang nebelig war, wird's Wetter in den nächsten Tagen warm und klar. Gibt es bei Sonnenuntergang viele Mücken, verkünden sie einen Sonnentag. Wenn die Sonne Wasser zieht, gibt's bald Regen. Wenn die Sonne scheint sehr bleich, ist die Luft an Regen reich. Sonnenschein hat den Brotschrank nie geleert, aber Nässe den Mangel oft vermehrt. Gibt Ring oder Hof sich Sonn oder Mond, bald Regen und Wind uns nicht verschont. Sonnenjahr — Wonnejahr; nasse Jäger — trockene Fischer. „Mach es wie die Sonnenuhr, zähl' die heitern Stunden nur!", dieser Rat wird in einem bekannten Lied gegeben. In Zeiten, als die Taschenuhr /Die Sonne Nils Lebensspender noch nicht erfunden war, haben sich unsere Altvordern in regnerischen Sommern wohl bei der Zeitmessung sehr schwer getan, da sie ja allein auf den Stand der Sonne angewiesen waren, wenn sie „auf die Uhr schauen" wollten. Die Sonne war bereits vor dem dritten Jahrtausend vor Christus bei den alten Babyloniern, Ägyptern und Indern Maßstab für die Zeit. Der Lauf der Sonne führte schließlich auch zur Teilung des Tagesablaufes in 24 Stunden. Vor allem den Chinesen schreibt man es zu, die Ersten gewesen zu sein, die mit Hilfe des „gnomons" die Zeit einigermaßen präzise messen konnten. „Gnomon" (griech. für „Richtschnur") — das ist der Zeiger, der bei Sonnenuhren den Schatten wirft. Auch die alten Papyri der Ägypter wissen davon zu erzählen, dass es zur Zeit Tutmosis III. (um 1490 vor Christus) am Nil bereits genaue Sonnenuhren gegeben hatte. Diese Zeitmesser hatten ihre Dienste aber nicht nur an Mauern von Schlössern, Festungen und Wohnhäusern: Vielmehr wollte und konnte man auch auf der Reise nicht auf sie verzichten. So wurden handliche Sonnenuhren im Taschenformat angefertigt, von denen es noch heute in Museen einige Exemplare zu sehen gibt. Nach Rom ist die Sonnenuhr erst uni die Zeit 300 vor Christus durch den römischen Feldherrn Papirius Cursor gekommen. Interessant ist, dass das Handwerk der Sonnenuhrmacher auch noch lange nach der Erfindung der Räderuhr hoch in Blüte stand, da die pünktlichen Menschen von damals anscheinend dem modernen Räderwerk kein rechtes Zutrauen geschenkt haben. Selbst während des Zeiten Weltkrieges kamen die Sonnenuhren nochmals hoch in Mode. So sollen die Engländer ihre Truppen in Nordafrika mit Sonnenuhren ausgerüstet haben, da andere Uhren durch den in die Gehäuse eindringenden feinen Sand an Genauigkeit einbüßten. Eine besondere Spielerei waren im 18. Jahrhundert originelle Horizontalsonnenuhren, die in Verbindung mit einer so genannten Mittagskanone gebaut wurden. Pünktlich um 12 Uhr beim Durchgang der Sonne durch den Meridian fiel bei diesen spielerischen Uhren der Sonnenstrahl durch ein Brennglas auf das Zündloch einer kleinen Kanone, die sich daraufhin mit einem weithin hörbaren Knall entludt. 25
© Copyright 2024 ExpyDoc