Überregulierung kommt bei Unternehmen gar

DEISSLINGEN UND UMGEBUNG
Nummer 41
Arzt spricht
über die Lage
in Syrien
Der fiese
Schlag aus
dem Netz
Mobbing: Wenn der Alltag
für Jugendliche zur Höllenqual wird
Foto: © Photographee.eu/Fotolia.com
Max und Marie kennen
sich nicht, sie gehen auf
unterschiedliche Schulen.
Doch eines haben die beiden Schüler gemeinsam:
Nicht nur der Gang zur
Schule, sondern das ganze
Leben ist zu einer einzigen
Quälerei geworden.
n
Von Eva-Maria Huber
Villingen-Schwenningen. Nennen wir sie einfach Marie und
Max. Marie, die auf die Realschule geht, und Max, der in
Villingen-Schwenningen ein
Gymnasium besucht. Marie,
gerade mal 16 Jahre alt, hat
den Fehler ihres Lebens gemacht und ihrem Freund ein
Foto von sich gepostet, auf
dem sie nur einen Slip anhat.
Max dagegen kann es anstellen wie er es will, er wird zur
täglichen Zielscheibe seiner
Klassenkameraden.
Der Albtraum: Die Liebesbeziehung ist zu Ende, doch
mit dem Aus fing die Geschichte um schlaflose Nächte
und unendliche Scham erst
an: Das pikante Foto von Marie kursierte nicht nur auf
Whatsapp, auch auf Facebook
wurde es verbreitet. Wer das
Mädchen so gesehen hat, wie
viele sie so sahen? Sie weiß es
nicht.
Was sie vielleicht auch
nicht weiß: Sie ist keine Ausnahme. Jeder vierte Jugendliche kann bestätigen, dass solche intimen Bilder im Freundes- oder Bekanntenkreis verschickt wurden, laut der JM-
Studie
2015
(Jugend,
Information Multimedia).
Die Rolle der Schulen: Rainer Beha, geschäftsführender
Rektor der Grund-, Hauptund Realschulen, weiß um die
Problematik: »Mobbing ist ein
Thema an allen Schulen, wer
anderes behauptet, ist nicht
ganz ehrlich«, bekräftigt der
Leiter der Karl-Brachat-Realschule in Villingen. Schulen,
so Beha, verfügen über diverse Möglichkeiten im Umgang
mit Mobbing. »Doch gerade
Cybermobbing ist schwer in
Griff zu bekommen. Das
spielt sich hauptsächlich im
Privaten ab, wirkt aber bis in
die Schule hinein.«
Um so mehr begrüßt es der
Rektor, dass der Gesamtelternbeirat VS immer wieder
Veranstaltungen zum Thema
Mobbing anbietet. Michael
Grieshaber, Gesamtelternbeiratsvorsitzender in VS, bekräftigt: »In fast jeder Klasse haben wir doch einen sitzen, der
gemobbt wird.«
Das Netz ohne Boden: Das
Konfrontiertwerden mit kompromittierenden Bildern, die
Scham, die seelischen Höllenqualen für die betroffenen
Kinder, all das kann Michael
Ilg sehr gut nachvollziehen.
Ilg ist stellvertretender Leiter
der Präventionsstelle im Polizeipräsidium Tuttlingen und
kennt sich mit den Vorkommnissen Sexting, permanenten
Beleidigungen oder Verletzungen über die sozialen Medien bestens aus. »Die Bühne
ist unendlich groß«, berichtet
Ilg. Und ein Spielfeld für Gemeinheiten aller Art.
Freitag, 19. Februar 2016
Der Außenseiter: Max, gerade mal 14 Jahre, steckt mitten
in der Pubertät und würde
sich am liebsten nur noch
unter der Bettdecke verstecken. Egal, was er anhat, egal,
welche Frisur er trägt, egal,
welches Handy er aus der Hosentasche zieht: Es vergeht
kein Tag, an dem ihm seine
Schulkameraden nicht das Gefühl geben, dass er »so was
von uncool ist«. Er ist zum
Außenseiter in der Klasse geworden, auf dem nach Belieben herumgehackt wird.
Die Folgen: Das Gefühl der
Ohnmacht und der Ausgegrenztheit begleiten die Mobbing-Opfer jeden Tag. Die Folgen sind gravierend. Ein geringes Selbstwertgefühl, Isolation und Einsamkeit, Angst
und Traurigkeit, Depression,
Schlafstörungen, Ess-Störun-
gen, psychosomatische Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen
treten auf. Die Palette der Reaktionen ist groß. Die seelische
Belastung
kann
schlimmstenfalls dazu führen,
dass die Betroffenen in den
Suizid getrieben werden
Das Opferprofil: Gibt es das
»klassische«, sich ständig wiederholende Piesacken und Beleidigungen denn noch, das
sich auf Schulhöfen, in Klassenzimmern oder auf dem
Nachhauseweg abspielt? Die
»klassische Form des Mobbings« habe zwar etwas abgenommen, gehöre aber noch
zum Alltag, beobachten Lehrer. Dagegen nehme Cybermobbing immer stärker zu,
beobachtet Michael Ilg. Anders als beim Mobbing früherer Tage trifft es nicht ver-
stärkt Schüler, die moppelig
sind oder »uncoole Klamotten
tragen«. »Auch der coole Typ
kann plötzlich zum Opfer
werden«, beobachtet Ilg. Mädchen wie Jungen, Werkrealschüler wie Gymnasiast.
Die Eltern: Wichtig ist es in
den Augen von Michael Ilg,
über Vorträge an Schulen Kinder und Jugendliche für das
Thema zu sensibilisieren: »Bevor ich enter drücke, sollte jeder erst überlegen, was das für
denjenigen bedeutet, den es
trifft.«
Die Eltern spielen bei der
»Vorsorge« eine große Rolle.
Statt zu sagen, »mein Kind
macht doch so etwas nicht«,
sollten Väter und Mütter vor
allem die Auswirkungen von
Mobbing mit ihren Söhnen
und Töchtern besprechen:
»Das kann einiges bewirken.«
INFO
Die Wiederholung macht’ s
Wann wird das Ȁrgern und
Beleidigen« zum Mobbing?
»Mobbing sind Handlungen
negativer Art, die vorsätzlich
durch einen oder mehrere
gegen eine Mitschülerin oder
einen Mitschüler gerichtet
sind, Mobbing kommt über
einen längeren Zeitraum vor.
Mobbing erfordert, dass zwischen Opfer und Täter (n) ein
Ungleichgewicht der Kräfte
herrscht, das sich auf körperliche oder psychische Stärke
beziehen kann. Es handelt
sich nicht um Mobbing, wenn
zwei gleich starke Schüler miteinander streiten«, soweit die
Definition.
Prävention spielt dabei eine
große Rolle. Die Polizei hält
Vorträge zum Thema Mediennutzung und verweist auf die
strafrechtlichen Konsequenzen
für minderjährige Täter. In den
Schulen gibt es eine Reihe von
Möglichkeiten, um gegen Mobbing vorzugehen: Dazu gehören der Einsatz von Streitschlichtern, Schulsozialarbei-
tern und Beratungslehrern.
Kommt es zu Mobbing, spielen die Streitschlichter eine
wichtige Rolle. In schweren
Fällen werden auch Schulleitung und Polizei hinzugezogen. Manchmal ist es mit dem
»Täter-Opfer-Ausgleich getan, bei schwereren Fällen
kann die Sache auch mit
Arbeitsstunden oder Bewährungsstrafen enden.
Infos gibt es auch unter:
www.klicksafe.de; www.polizei-beratung.de
VS-Villingen (ewk). Gemeinsam mit Kooperationspartnern informiert die Evangelische Erwachsenenbildung zur
Situation der Menschen in Syrien sowie über die nach
Deutschland geflohenen Menschen aus Syrien. Am Dienstag, 23. Februar, 20 Uhr, referiert der junge Augenarzt
Yousef Al Yousef aus Idlib bei
Aleppo über die humanitäre
Situation in Syrien. Er lebt
und arbeitet seit zwei Jahren
in Deutschland. Dieses und
vergangenes Jahr ist er unter
schwierigen
Bedingungen
über die Türkei nochmals
nach Syrien gereist, um Familie und Freunde zu treffen.
Sein Anliegen über die Hintergründe und darüber wie es
den Menschen im Land geht,
zu berichten, haben Diakonisches Werk und Evangelische
Erwachsenenbildung gerne
aufgegriffen.
Persönliche Eindrücke und
ein Blick in die Geschichte
können vielleicht helfen, die
Flucht so vieler gerade junger
Syrer nach Europa zu verstehen. Der Eintritt zu dem Vortrag im Martin-Luther-Haus
an der Wehrstraße in Villingen ist frei.
WEITERE INFORMATIONEN:
Evangelische Erwachsenenbildung im Kirchenbezirk,
Telefon 07721/84 51 71, EMail: [email protected].
u
n Deißlingen
n Die SGD bietet freitags von
14 bis 15 Uhr Kindertanzen,
von 16 bis 17 Uhr ElternKind-Turnen, von 18.30 bis
19.30 Uhr Indoor-Cycling und
um 20 Uhr Badminton für Erwachsene in der VolksbankSporthalle an. Infos unter
www.sg-deisslingen.de.
n Die Juniorbiker des Radfahrervereins treffen sich dienstags und freitags von 18 bis
20 Uhr zum Hallentraining in
der Voba-Sporthalle. Neueinsteiger sind willkommen.
n Die Hauptversammlung des
Albvereins findet heute, Freitag, um 20 Uhr im Gemeindetreff St. Georg in Lauffen statt.
n Das evangelische Pfarrbüro
ist heute von 9 bis 11 Uhr geöffnet.
n Das katholische Pfarrbüro
ist heute von 10 bis 12 Uhr
geöffnet.
n Unter dem Titel »O Jesu mi
dulcissime« findet am morgigen Samstag um 19 Uhr ein
Konzert der Evangelischen Kirchengemeinde in der Pauluskirche statt.
Überregulierung kommt bei Unternehmen gar nicht gut an
Wahlkampf | FDP-Landtagskandidat Gerhard Aden besucht die Schuler Rohstoff GmbH in Deißlingen
Deißlingen. »Immer wenn ich
nach Schwenningen fahre,
frage ich mich, was sich hinter
der hohen Wand der Schuler
Rohstoff GmbH verbirgt«, so
Gerhard Aden, FDP-Landtagskandidat für den Landkreis
Rottweil, der im Rahmen des
Landtagswahlkampfes
das
Deißlinger Unternehmen besuchte. Geschäftsführerin Bettina Schuler-Kargoll hieß Gerhard Aden, den FDP-Zweitkandidaten Daniel Karrais
und den Parlamentarischen
Staatssekretär a. D., Ernst
Burgbacher willkommen.
Im Rahmen einer Präsentation informierte Schuler-Kargoll über das Unternehmen,
das in dritter Generation geführt wird. Mit ihrer jahrelangen Erfahrung in Erfassung,
Aufbereitung und Handel von
Schrott, legiertem Schrott und
Ernst Burgbacher, Geschäftsführerin Bettina Schuler-Kargoll,
Gerhard Aden und Daniel Karrais bei der Betriebsbesichtigung
der Schuler Rohstoff GmbH.
Foto: FDP
Nichteisen-Metallen sowie anderen Abfällen hat sich die
Schuler Rohstoff GmbH zu
einem führenden RecyclingUnternehmen
entwickelt.
Kurz nach Ende des Ersten
Weltkriegs, 1919, hat August
Schuler die Firma »August
Schuler Rohprodukte« gegründet. Am Beispiel dieses
Unternehmens zeige sich, wie
wichtig eine positive Gründerkultur sei. Ohne den Wagemut und den Unternehmergeist des Gründers, gäbe es
heute viele Arbeitsplätze
nicht, betont Aden anerkennend.
Schuler Rohstoffe beschäftigt in Deißlingen 57 Mitarbeiter, in der Filiale in Singen sind es 34. Auf 42 000
Quadratmetern Fläche werden jährlich 150 000 Tonnen
bearbeitet und umgeschlagen.
Eine Zahl, von der sich Aden
beeindruckt zeigte. Das Familienunternehmen entsorgt die
meisten Abfallarten von Industrie, Gewerbe und privaten Haushalten und hat sich
aus kleinsten Anfängen zu
einem großen mittelständischen Betrieb entwickelt, so
Schuler-Kargoll beim Rund-
gang über das Betriebsgelände.
Die
Geschäftsführerin
machte mit Blick auf die Politik deutlich, dass keinesfalls
alles rosig sei und man oft
Steine in den Weg gelegt bekomme. Das neue Wertstoffgesetz, das als Entwurf vorliege, beschneide die Privatwirtschaft zu Gunsten der Kommunen enorm, sagte sie.
Zudem habe Landesumweltminister Franz Untersteller
(Grüne) Späne zu gefährlichem Abfall erklärt, da sie
emulsionsbehaftet sein könnten. Schuler-Kargoll schüttelt
über so viel Unverständnis
den Kopf.
»Wenn die Späne wirklich
zu gefährlichem Abfall erklärt
werden, haben wir einen riesigen bürokratischen Aufwand.
Untersteller wisse wohl nicht,
dass die Späne aufwendig gereinigt würden, da sie nass
keinesfalls vom Stahlwerk angenommen werden. »Die schicken die Laster dann gleich
wieder zurück«, weiß SchulerKargoll. »Das ist wieder so ein
typischer Fall. Es funktioniert
etwas, und dann kommt die
Politik dazwischen«, bedauert
Ernst Burgbacher.
Das Erbschaftsgesetz sei
ebenfalls so ein Thema. »Man
fragt sich wirklich, ob man
noch etwas vererben möchte«,
so Schuler-Kargoll.
Gerhard Aden hatte für die
Anliegen der Geschäftsführerin ein offenes Ohr. Den Mittelstand durch faire und nicht
existenzbedrohende
Erbschaftssteuer zu stärken und
die Überregulierung abzuschaffen, will sich Aden auf
die Fahne schreiben.