Logoland PERLACHER IG METALL-INFO FÜR LEUTE MIT KÖPFCHEN Ausgabe 2 / Dezember 2015 Auf ein Wort Liebe Kolleginnen und Kollegen, anlässlich des Einzugs der Niederlassung haben wir unsere Betriebszeitung Logoland ins Leben gerufen. Nun erscheint pünktlich zum Einzug der Siemens Ausbildung am Standort Perlach die zweite Ausgabe. Einzelheiten zum Zuzug der „jungen Wilden“ lesen Sie auf der letzten Seite. Was hat sich weiteres seit der letzten Ausgabe getan? Leider beschäftigt uns immer noch das Thema Personalabbau. Die Kolleginnen und Kollegen quälen sich seit dem Sommer mit der Abbaumaßnahme „1by16“ und schon liegen die nächsten Abbaulisten, diesmal bei Mobility, auf dem Tisch. Die Straßenverkehrstechnik verlagert aus Kostengründen die Softwareentwicklung nach Tschechien. Unsere Kolleginnen und Kollegen bleiben ohne Arbeit zurück. Den „steinigen Weg“ der Umsetzung vor Ort beschreiben wir in unserem Leitartikel. Wie jedes Jahr um diese Zeit beschäftigt uns zudem das Thema Resturlaub. Wann und unter welchen Umständen Resturlaube verfallen, lesen Sie auf Seite 3. Renate Hofmann, VK-Leiterin Mch P Franz Lang, VK-Leiter Mch P NL PERSONALABBAU IN PERLACH Es ist noch ein steiniger Weg Das Kasino ist gut gefüllt zur Betriebsversammlung in Perlach. Alle interessiert nur eines. Wie ist der Stand beim Abbau von Stellen und Personal? Die Betriebsleitung scheut ein öffentliches Fazit; der Betriebsratsvorsitzende muss einspringen. Die Ziele von „1by16“ seien nach Aussagen der Personalreferate für den Betrieb Mch P im Wesentlichen erreicht, so Hartmut Scherer-Winner. Die Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache: „Man hat dies gerade so geschafft. Es sind aber noch große Anstrengungen nötig, um die Folgen des Abbaus zu bewältigen.“ 2900 Stellen sollten für „1by16“ Deutschland weit geopfert werden, 320 in Perlach. Gut ein Drittel davon bei HR, annähernd so viele bei der GS IT. Personal weg, Bürokratie noch da „Bürokratieabbau, ja - Personalabbau, nein“, so lautete die Forderung der Betriebsräte. Viele Kolleginnen und Kollegen werden das Unternehmen in den nächsten Monaten verlassen. Die Tragfähigkeit der veränderten Prozesse muss sich an vielen Stellen aber noch beweisen. Einstweilen feiern dezentralisierte Schattenprozesse Renaissance. Mancherorts arbeitet man weiter, als sei nichts geschehen. Personal weg, Bürokratie noch da. Ein genauerer Blick auf die Zahlen am Beispiel der GS IT lohnt sich. 170 Mitarbeiter sind „gelöst“ bis Ende des laufenden Geschäftsjahres. Lediglich 8 davon haben ATZ unterschrieben. Bei weiteren 125 Kolleginnen und Kollegen beginnt die Passivphase der ATZ erst 2017. Dass diese Maßnahmen mitzählen, hatten die Betriebsräte in den Verhandlungen hartnäckig gefordert. Ein zweifacher Erfolg: Siemens kann den Anteilseignern Vollzug melden, die Kolleginnen und Kollegen können noch einige Zeit unterstützen und ihr Wissen an Jüngere weitergeben. Noch in den Anfängen stecken hingegen die Bemühungen, für betroffene Kolleginnen und Kollegen neue Aufgaben innerhalb von Siemens zu finden. Zwei Hand voll wurden vermittelt, an die 50 sollten es werden. Der Betriebsrat bespricht mit der Leitung, was konkret zu Fortsetzung auf Seite 4 1 FRAUEN / UNTERNEHMENSKULTUR FRAUEN IM BERUFSLEBEN Gleiche Chancen? BetriebsrätInnen befragten ihre Kolleginnen anlässlich des Weltfrauentags. Dem Großteil der am Standort München Perlach befragten Frauen (67%) gelingt es, Beruf und Leben im Alltag zu vereinbaren. Es könnte besser sein! Aufholbedarf gibt es vor allem bei der Karriereförderung, beim Lohn und der Gleichheit von Chancen. Nur 37% der befragten 67% Können sie Beruf und Leben in Ihrem Betrieb miteinander vereinbaren? 37% Kolleginnen beurteilen die angebotenen Förderungen als ausreichend. Weniger Lohn Auch ist gleicher Lohn für gleiche Arbeit für die Kolleginnen immer noch keine Realität. Nur 32% der Kolleginnen beantworten diese Frage mit „ja“. Und ein erheblicher Anteil der befragten Kolleginnen, in der Umfrage 40%, empfindet auch, dass in der Arbeitswelt Frauen und Männer keineswegs gleiche Chancen haben. Sind Sie mit der Karriereförderungin Ihrem Betrieb zufrieden? Bittere Tatsache 32% Bekommen Sie für die gleiche Arbeit das gleiche Geld? 40% Denken Sie, dass Frauen und Männer die gleichen Chancen haben? Dies ist nicht nur eine bittere Tatsache, sondern auch ein Alarmsignal für dringend notwendige Veränderungen. Auch das Statistische Bundesamt bestätigt die grundsätzliche Schlechterstellung von Frauen. Im Jahr 2014 verdienten Frauen durchschnittlich 21,6% weniger als Männer, mit den entsprechenden Folgen für die soziale Absicherung und ganz besonders für die Altersversorgung. Die IG Metall fordert deshalb gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Bundesweit unterstützt die Initiative des Equal-Pay-Day den Kampf um einen fairen Verdienst – für alle Geschlechter. Alle sind gefordert Um dies zu erreichen, bedarf es einer aktiven Beteiligung auch als Mitglied in den Gewerkschaften. Die durchgeführte Befragung zeigt die Notwendigkeit des Engagement eines jeden Einzelnen. Nur durch gemeinsames Handeln können richtungsweisende Forderungen umgesetzt und wesentliche Ziele erreicht werden. S ELBSTBEWUSSTE F ÜHRUNGSKRÄFTE G EBEN M ITARBEITERN R AUM F ÜR F EEDBACK , S IE N UTZEN D IESES F ÜR B ESCHÄFTIGTE U ND U NTERNEHMEN P OSITIV Roland Konopac FÜHRUNGS- UND UNTERNEHMENSKULTUR Darf man mal träumen? Das Siemens Management interessiert sich etwa alle zwei Jahre für die Stimmung seiner Beschäftigten. Dazu führt es weltweit den Siemens Global Engagement Survey (SGES) durch. Siemens möchte erfolgreicher und ein noch besserer Arbeitgeber werden. Die zwiespältigen Ergebnisse des SGES sind mittlerweile bekannt. Uns als Mitarbeiter interessiert, welche Konsequenzen Herr Kaeser aus den erhaltenen Botschaften zieht. KollegInnen beklagen sich über unklare Zielvorgaben seitens des Managements. Es verwundert bei den vielen radikalen Umorganisationen der vergangenen Jahre nicht, dass offensichtlich auch das Management die Orientierung verloren hat. Herr Kaeser, bringen Sie endlich die versprochene Ruhe ins Unternehmen. Erstmals wurden mit dem SGES auch Fragen gestellt, die Rückschlüsse auf mögliche psychische Belastungen des Arbeitsplatzes zulassen. Da muss es beunruhigen, dass hier, wie auch in vielen anderen Punkten 2 die Selbsteinschätzung des Managements von der Einschätzung der KollegInnen gravierend abweicht. Ein erster Schritt ist getan. Leitende Angestellte erhalten zukünftig eine Beurteilung durch ihre übergeordnete Führungskraft „wie“ Vorgaben erreicht wurden. Gerne geben hierzu auch KollegInnen Feedback. Die neue Unternehmerkultur wäre ehrlicher, mutiger, ja respektvoller, wenn hierfür alle, die jeden Tag für unser Unternehmen Siemens mitarbeiten und mitdenken, befragt werden. Herr Kaeser, sorgen Sie dafür, dass die Stimmen derjenigen gehört werden, die das ‚wie‘ jeden Tag zu spüren bekommen. Die KollegInnen sind für das Unternehmen Siemens sehr engagiert, so der SGES. Aber die Ideen und Meinungen, welche durch die weltweite Vielfalt der KollegInnen eingebracht werden, nutzt das Unternehmen Siemens nicht genügend. Das „Safely speak up“ ist zu oft nur „schöne“ Rhetorik. Herr Kaeser, machen Sie es möglich, dass sich alle KollegInnen voll einbringen können, fördern Sie Freiräume für Kreativität und Innovation. Offensichtlich ist die Qualität unserer Führungskräfte der wesentliche Faktor für die Ergebnisse des SGES. Helfen können zentral budgetierte, verbindliche und unabhängig moderierte Führungsgespräche. Herr Kaeser, wählen Sie künftig Ihre Führungskräfte sorgfältig und langfristig aus. Die KollegInnen gehen viele Extrameilen, gehen Sie und Ihr Management voraus. URLAUB / FLÜCHTLINGE KLIPP UND KLAR Mach mal Urlaub! Alle Jahre wieder werden die Beschäftigten von ihrer Führungskraft aufgefordert, den Jahresurlaub bis Ende Dezember zu nehmen. Kann die Führungskraft das anordnen? Verfällt der Urlaub andernfalls? Das Bundesurlaubsgesetz formuliert ganz klar: „Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden“. Nur dringende betriebliche oder persönliche Gründe können demnach eine Übertragung rechtfertigen. Aber wie so oft, können Tarifverträge Abweichendes regeln: „Der Urlaubsanspruch erlischt drei Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres“, kann also grundsätzlich bis Ende März genommen werden. Damit ergibt sich auch dieses Jahr die Möglichkeit, ein paar Tage in die Osterzeit 2016 zu verschieben. Der Tarifvertrag garantiert üb- rigens zwei Zusatzwochen zur Erholung. Statt der gesetzlichen vier Wochen haben die KollegInnen der IG Metall sechs Wochen pro Jahr durchgesetzt. Gewerkschaftlich erkämpft Mindestens zwei Urlaubswochen sollten zusammenhängend genommen werden. Bei der Planung sollte man immer dran denken: Mal richtig abschalten tut jedem gut. Das gilt auch für Laptop und Smart Phone. Anschließend können alle wieder so richtig im Job durchstarten. FLÜCHTLINGE Menschen auf der Flucht Die Betriebsräte ergreifen Initiative. Das Thema Flüchtlinge ist allgegenwärtig. 60 Millionen Menschen befinden sich weltweit auf der Flucht. Jeder ist gefordert! Die IG Metall unterstützt die Hilfsmaßnahmen in der Flüchtlingskrise finanziell und personell. Hilfe in München Der Betriebsrat der Niederlassung München hat vor einem Jahr angeregt, innerhalb von Siemens Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Der Idee stimmte Herr Kaeser umgehend zu. Seit Juni bewohnen etwa 180 Asylbewerber zu Schlafsälen umgebaute Großraumbüros der alten Niederlassung in der RichardStrauß-Straße. Getrennt von ihren Nachbarn sind sie nur durch 1,60 Meter hohe Stellwände. Keine Privatsphäre. In der Unterkunft wohnen Männer, Frauen und ganze Familien mit ihren Kindern aus Asien, Iran, Syrien und den unterschiedlichsten afrikanischen Ländern. Das Haus wird von Frau Christiane Hacker, ehemalige Stadträtin und Gründerin des Helferkreises „Flüchtlingsbetreuung Bogenhausen“ mit 70 ehrenamtlichen HelferInnen betreut. Bitte um Unterstützung Neben Deutsch- und Malkursen, Spieleabenden und Übersetzungen in die Muttersprachen werden auch Sprechzeiten von Ärzten angeboten. Der Bedarf ist sehr groß. Daher bittet der Betriebsrat alle KollegInnen um Hilfe, sei es materiell mit einer Geld- und Sachspende oder zeitlich durch Teilnahme bei den angebotenen Aktivitäten. Wenn Sie helfen wollen, sprechen Sie bitte Frau Kivran, Betriebsrätin der Niederlassung, an. Email: [email protected] 3 AUSBILDUNG / MUT / KONZERNUMBAU SIEMENS AUSBILDUNG (SPE) Die jungen Wilden sind los Ausbildung jetzt in Perlach Siemens entschied die Münchner Standorte zu zentralisieren, die Ausbildung in der Rupert-Mayer-Straße wurde geschlossen. Seit August 2015 ist die kaufmännische und technische Ausbildung der Siemens Professional Education in Perlach in den Gebäuden 10 und 30. Im Gegensatz zum alten Standort bietet Perlach allen KollegInnen sehr gut ausgestattete moderne Räume. Erfreulicherweise wurde die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) in den Planungsprozess einbezogen. Aber kein Umzug läuft glatt über die Bühne. Auch bei diesem Umzug gab es viel Klärungsbedarf zwischen der SRE und den Arbeitnehmervertretungen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Erfolg für Schwerbehinderte Zusätzlich zum Drehkreuz am Eingang zur Carl-Wery-Straße gibt es ein Tor für gehbehinderte und rollstuhlfahrende Auszubildende, sowie behindertengerechte Toiletten. Dafür mußte die Schwerbehindertenvertretung der Niederlassung Mün- chen lange kämpfen. Daher ist es umso bedauerlicher, dass Siemens auch in diesem Jahr nicht so viele schwerbehinderte Auszubildende eingestellt hat wie eigentlich zugesagt. W IR B RAUCHEN K EINE S TÄNDIGEN S PARPROGRAMME. W IR B RAUCHEN E INE S TRATEGIE D ER B ETEILIGUNG U ND M ITBESTIMMUNG V OR O RT Birgit Steinborn, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates Fortsetzung von Seite 1 tun ist, welche Stellen offen sind, welche Schulungen helfen und lässt sich deren tatsächliche Umsetzung nachweisen. Straßenverkehrstechnik nach Brno Noch ist „1by16“ voll im Gange, schon werden die nächsten Abbaumaßnahmen gestartet. Bei der Straßenverkehrstechnik, der MO MM ITS, werden ca. 50 Stellen der Entwicklung nach Brno in die Tschechische Republik verlagert. Diese Arbeitsplätze sind in Deutschland endgültig verloren. Auch wenn die Arbeitsdirektorin Frau Kugel, die Ansprechpartnerin des Gesamtbetriebsrates im Vorstand, in Berlin vor hunderten Betriebsräten ausführt, die Birgit Steinborn, GBR-Vorsitzende 4 „operative Konsolidierung“ im Rahmen des Siemensprogramms „Vision 2020“ sei abgeschlossen. Weitere Arbeitsplätze werden geopfert werden: Marge stimmt nicht, Technologie ist kein strategisches Kernelement, Geschäft wird bereinigt. Die Kolleginnen und Kollegen zahlen die Zeche. Kreativität vor Ort nutzen Aber es gibt auch Positives zu vermelden. Siemens scheint endlich die ganze Innovationskraft und Kreativität entdeckt zu haben, die in den Beschäftigten steckt. In den Verhandlungen zum Abbau hatten IG Metall und Gesamtbetriebsrat dem Vorstand ein Messer auf die Brust gesetzt und ihm einen millionenschweren Innovationsfonds abgetrotzt. In den Betrieben sollen die Kolleginnen und Kollegen Gelegenheit bekommen, über innovative Technologien oder Dienstleistungen nachzudenken - auch mal quer zu ihrem normalen Job, auch mal über ihn hinaus. Die zeitlichen, räumlichen und gedanklichen Freiräume werden die Betriebsräte der IG Metall maßgeschneidert für Perlach gestalten. Mitarbeiterbeteiligung stärken, Innovationskraft nutzen, in Zukunfstechnologien investieren und damit Beschäftigung in Deutschland und Europa fördern. So bringen wir Siemens gemeinsam nach vorne. Eines ist sicher: Bei diesem Zukunftsprogramm sind die Kolleginnen und Kollegen garantiert dabei! KOMMENTAR HABE MUT Berlin, 2015. Joe Kaeser, CEO, hat zur Siemens Business Conference geladen. Hunderte Top Manager sind gekommen und lauschen erwartungsvoll. „Speak up – and deliver!“ lautet Kaesers Botschaft und „Habe Mut!“ übersetzt die Siemenszeitung. Ich lasse dies auf mich wirken, meine Gedanken schweifen durch den Siemensalltag, da kommt mir Goethe in den Sinn: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Berlin, 2013. Joe Kaeser, der neue CEO bittet zum Gespräch. Dann passiert das Unfassbare, ein mutiger Mitarbeiter meldet sich zu Wort. Kaeser hakt nach. Damit hat der Kollege nicht gerechnet, er hat die Details nicht parat und kommt ins Schleudern. Kaeser, ganz der Machtmensch, weist ihn in seine Schranken. Eine Lehre für alle, die vor Ort sind. Eine weltweite Lehre für alle, die am Bildschirm zusehen. Mut zur Kritik braucht man doch nur in einer echten Angstkultur. Mike Marthaler IMPRESSUM: V.i.S.d.P: Horst Lischka – IG Metall München – Schwanthalerstraße 64 – 80336 München
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