geht doch

DOSSIER
PSYCHOLOGIE & GESELLSCHAFT
Kind,
Job,
Leben –
geht doch. . .
. . . aber um welchen Preis?
Zehn Wahrheiten zur Vereinbarkeit –
und sieben Frauen, die erst an
einen Wendepunkt kommen
mussten, um ihre Antwort zu finden
ILLUSTRATIONEN EVA HILLREINER
BR IGI TTE .DE 21/2015
117
DOSSIER
So wollten wir
doch nie sein
Zerrissen, gestresst. Muss das sein? Nein, findet BRIGITTE-Autorin Daniela
Stohn: Wenn wir ehrlich zu uns sind – und Mut haben, uns zu ändern
1. Wir lügen
uns was vor vor
Vor einigen Jahren stand Annette vor
einer schweren Entscheidung: Sollte sie
Vollzeit in einer Werbeagentur weiter­
arbeiten – oder ihre Ehe retten, die kurz
davor war, wie eine vernachlässigte
Pflanze einzugehen? Denn so wie bisher,
mit Überstunden, Abendkonferenzen und
ständiger Erschöpfung, konnte es nicht
weitergehen. Sie entschied sich für ihren
Mann und die Familie, kündigte und
suchte sich ein Jahr später einen Job mit
geregelten Arbeitszeiten. Heute ist sie
immer noch verheiratet.
Kerstin bekam das Angebot, als Part­
nerin in eine Personalagentur einzu­
steigen, als ihre Kinder sieben und vier
waren. Jeden Tag fuhr sie acht bis zehn
Stunden herum, um neue Kunden zu
gewinnen. Anderthalb Jahre später wech­
selte sie zurück in die Selbständigkeit,
weil ihr Sohn in der Schule Probleme
hatte und Unterstützung brauchte.
Klingt extrem? Vielleicht. Aber auch
mutig. Denn wir haben die Botschaft von
der Vereinbarkeit so verinnerlicht, dass
wir es als Schwäche empfinden, wenn wir
sie nicht hinbekommen. Also machen wir
weiter und erleben, dass es zwar irgend­
wie funktioniert mit Arbeit und Fami­
lie, aber zu einem verdammt hohen Preis:
der Vernachlässigung der wichtigsten
Menschen in unserem Leben, der Kinder
und des Partners. Oder uns selbst.
Manchmal höre ich mich reden und
denke: So wolltest du nie sein. Eine
Meckerziege, die ihre Kinder kritisiert,
ständig erschöpft ist und sich abends
nicht mehr aufraffen kann, mit dem Mann
118 B R I GI T TE . DE
21 / 2015
noch ein Glas Wein trinken zu gehen.
Mein Leben ist straff durchgetaktet. Und
wenn nur ein Rädchen entgleist – das
Kind Grippe hat, der Wagen in die Werk­
statt muss – haut es mich aus der Kurve.
In einer Allensbach-Studie sagten 82
Prozent der deutschen Frauen zwischen
40 und 59, sie fühlten sich von Beruf,
Familie und der Pflege von Angehörigen
immer wieder überfordert. Weil wir spä­
ter Kinder bekommen als unsere Mütter,
fällt die Erziehung oft zusammen mit
den ersten Karrieresprüngen, manchmal
sogar mit der Pflege der Eltern. Wir sind
also doppelt bis dreifach belastet.
Das gefühlte Fazit der heute 35- bis
50-Jährigen lautet daher: Wirklich kom­
patibel sind Familie und Job nicht. Jeden­
falls nicht so, dass wir entspannt leben
können. Die Journalistinnen Susanne
Garsoffky und Britta Sembach behaupten
in ihrem viel diskutierten Buch „Die Alles
ist möglich-Lüge“ sogar, dass Familie und
Beruf gar nicht zu vereinbaren seien. Der
Ansatz scheint mir lebensfern, aber wahr
ist: Kinder, Arbeit und Partner brauchen
Zuwendung, Zuwendung kostet Zeit, und
diese Zeit fehlt woanders. Das Leben als
berufstätige Mutter ist oft ganz schön
hart. Das mal offen auszusprechen tut
gut und ist wichtig.
2. Unsere Wünsche
passen nicht zu
unserem Leben
Leider können wir kaum jemanden um
Rat fragen, wie es funktioniert mit der
Vereinbarkeit und der Gleichberechti­
gung. Unsere Eltern haben diese Situa­
tion ja meist nicht erlebt. Wir sind die
erste Generation, die es ausprobiert, und
wie so viele Generationen vor uns, die bei
irgendetwas die Ersten waren, profitieren
meistens erst unsere Nachkommen von
den Kämpfen, die wir durchgestanden
haben. Wenn wir also mal wieder
erschöpft sind, weil uns alles zu viel wird,
hilft es, daran zu denken, dass wir das vor
allem für unsere Kinder tun.
U
nd dass wir schon Wichtiges
erreicht haben – nämlich die
Möglichkeit zu wählen, welche
Rolle wir ausfüllen. Wollen wir KarriereMutter sein, die Haupt-Ernährerin, die
Zuverdienerin oder die Mehrfach-Job­
berin? „Dass Frauen erwerbstätig sein
sollen, ist heute gesellschaftlicher Kon­
sens“, sagt die Arbeitssoziologin Kerstin
Jürgens von der Universität Kassel. „Und
auch, dass wir Vereinbarkeit wollen –
und zwar nicht mehr nur die Frauen,
­sondern auch die Männer, die Politik und
die Unternehmen. Nur die Rahmenbe­
dingungen stimmen noch nicht. Wir
befinden uns in einer Phase des Über­
gangs.“ Und die macht es vor allem für
uns Frauen schwierig. Denn die meisten
von uns arbeiten nach der Geburt nach
wie vor maximal Teilzeit oder in Mini­
jobs und setzen damit ihre Unabhängig­
keit und Altersvorsorge aufs Spiel.
Dabei hatten wir uns das mal ganz
anders vorgestellt: 60 Prozent der Eltern
mit Kindern zwischen einem und drei
Jahren wünschen sich, dass beide Partner
gleich viel arbeiten und sich gemeinsam
um die Betreuung kümmern. Aber nur 14
Prozent geben an, dass das auch wirklich
klappt. Vor der Geburt des ersten Kindes
arbeiten 71 Prozent der Frauen Voll­zeit, danach nur noch 15 Prozent. Laut
DOSSIER
Statistischem Bundesamt sind 69 Prozent der Mütter Teilzeit beschäftigt, aber
nur sechs Prozent der Männer. Nach der
Geburt rutschen die meisten Familien
nach wie vor in alte Rollenbilder zurück.
Wie kann es passieren, dass unsere
Wünsche und die Wirklichkeit so weit
auseinanderklaffen?
Das hat verschiedene Gründe. Zum
Beispiel, dass die familienpolitischen
Rahmenbedingungen noch nicht stimmen. Dass es noch nicht überall ausreichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten
gibt. Dass die Aufgaben zu Hause nicht
fair verteilt sind. Dass beruflicher Erfolg
in den meisten deutschen Unternehmen
immer noch an Vollzeitstellen, lange
Anwesenheit und Verfügbarkeit gekoppelt ist. Dass sich Wirtschaft und
­konservative Parteien nach wie vor am
klassischen Modell orientieren: Mann
Haupternährer, Frau Zuverdienerin in
Teilzeit. Und dass wir uns mit all dem
viel zu einfach abfinden.
3. Familienpolitik
ist eine Insel
Rund 200 Milliarden Euro gibt der Staat
jedes Jahr für Familien aus. Das Problem
dabei: Er hat kein einheitliches Konzept.
Noch immer gibt es die beitragsfreie
Mitversicherung in der gesetzlichen
­
Krankenversicherung und das Ehegattensplitting, das die Alleinverdiener-Ehe
unterstützt. Das Betreuungsgeld, das die
Regierung eingeführt und das inzwischen
vom Bundesverfassungsgericht wieder
kassiert wurde, belohnt Frauen, die ihr
Kind lieber zu Hause lassen, als es in
eine Kita zu geben, um arbeiten zu können. Gleichzeitig baut die Regierung die
Kinderbetreuung aus und schafft das
­
ElterngeldPlus, das gleichberechtigte Fa­
milienmodelle unterstützt.
„Die Familienpolitik ist in vielen
Aspekten fortschrittlich, aber sie ist eine
Insel in der politischen Landschaft“,
meint Dr. Christina Boll, Forschungs­
direktorin am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), und fordert
„eine Politik aus einem Guss“, auch von
Seiten der anderen Ministerien und Parteien, um bessere Rahmenbedingungen
für Familien zu schaffen. Die Journalistin
Stefanie Lohaus kritisiert in der „FAS“:
„Zwei Vätermonate und Betreuungsplätze für unter Dreijährige reichen bei
Weitem nicht aus. Was ist mit Ganztagsschulen, Home-Office, Job-Sharing für
Führungskräfte, 32-Stunden-Woche, flexible Kinderbetreuung für Menschen mit
Schichtdienst?“ Dass diese Werkzeuge
nicht eingesetzt würden, glaubt sie, liege
auch daran, dass die Menschen an den
Schaltstellen in Politik und Wirtschaft
aus einer älteren Generation stammen,
die immer noch das konservative Fami­
lienmodell favorisiert.
Nehmen wir nur mal die 32-Stunden-Woche. Die Idee: Väter arbeiten
weniger, Frauen mehr, Väter haben mehr
Zeit für die Familie und Mütter verlieren
im Beruf nicht den Anschluss. Leider
wurde der Vorschlag von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sofort wieder
kassiert. Ihr Argument: zu starre Raster
für die Unternehmen, Wettbewerbs­
nachteile. Schade, dass bislang noch
niemand untersucht hat, wie wettbe­
werbsfähig Deutschland mit ausgeruhten
und motivierten Eltern wäre.
4. Zu Hause bleiben,
ist keine Option.
Keine Kinder kriegen
auch nicht
Solange das mit dem Ausgeruhtsein und
der Motivation eine Zukunftsvision ist,
entscheiden sich immer mehr Frauen für
eines von beidem: Kind oder Karriere.
Nora ist Lehrerin. Seit ihr Sohn Leon
vor zwölf Jahren auf die Welt kam, hat
sie nicht mehr gearbeitet. Warum? „Weil
mein Mann viel arbeitet und ich alles
selbst organisieren müsste. Wenn ich
sehe, wie gestresst berufstätige Mütter
sind, bleibe ich lieber gleich zu Hause. “
W
as sie nicht sagt: Wenn ihr
Mann sie morgen verlassen
würde, stünde sie vor dem
Nichts. Keine Rente, das Haus erst zur
Hälfte abbezahlt, kaum Berufserfahrung.
Und Unterhalt müsste er nach dem neuen
Scheidungsrecht für sie auch nicht
­zahlen. Nora weiß das zwar alles, aber
sie glaubt, dass ihr das nicht passieren
wird. Helma Sick, Finanzberaterin der
BRIGITTE, warnt: „Ich beobachte immer
noch eine große Blauäugigkeit vieler
Frauen, die auf ein traditionelles Familienmodell vertrauen. Mit einem langen
Ausstieg aus dem Beruf gehen sie existenzielle Risiken ein.“
Die Alternative ist nicht besser: Das
Kinderkriegen gleich ganz sein zu lassen,
weil beides zusammen, Arbeit und Fa­milie, eben nicht funktioniert. Nur noch
1,41 Kinder bekommen deutsche Mütter
im Schnitt. Unsere Geburtenrate, so das
HWWI, ist die niedrigste weltweit.
Mal ganz ehrlich: Beide Optionen können wir nicht wollen, weder die finan­
zielle Abhängigkeit vom Mann noch den
erzwungenen Verzicht auf eines der
schönsten Erlebnisse des Lebens überhaupt. Wir wollen zumindest die Freiheit
haben, zu wählen.
5. Die Zeit für
Veränderung
war nie besser
Tatsächlich? Ja! Aber wie bei einer Hausrenovierung sieht man die Fortschritte
kaum, wenn man mitten im Chaos steht.
Durch den Druck des Fachkräftemangels
besinnen sich immer mehr Unternehmen
darauf, als Arbeitgeber attraktiv für uns
Frauen zu werden und passende Arbeitsbedingungen für Eltern zu schaffen.
„Frauen können heute mehr durchsetzen
als vor 20 Jahren“, meint die Soziologin
Kerstin Jürgens. „Wir haben die historische Chance, als Fachkräfte gebraucht zu
werden – und damit endlich ein Druckmittel in der Hand.“ Die Expertin, die
eine Kommission zur „Arbeit der Zu­
kunft“ leitet, weiß, dass Unternehmen
und Gewerkschaften verstärkt darüber
nachdenken, wie sie die berufliche Laufbahn der Beschäftigten in Deutschland so
gestalten können, dass diese genug Zeit
für Erholung, Kindererziehung und die
Pflege von Angehörigen haben.
Der Trendforscher Andreas Steinle
vom Zukunftsinstitut glaubt, dass Frauen
die Arbeitskultur in den kommenden
Jahren nachhaltig verändern werden.
Dafür müsse die Wirtschaft neue
Karriere­
modelle zulassen und den
beruflichen Erfolg von der Präsenzpflicht
in Unternehmen entkoppeln. Was konkret bedeutet: andere Arbeitszeiten,
Home-Office, Videokonferenzen statt
Reisen und Phasen im Berufsleben, in
denen man auch mal kürzertreten kann.
Wären Karrieren nämlich noch jenseits
der 50 möglich, wäre die Lebensphase
davor nicht so überfrachtet.
Was sich für uns wie ein wunderbarer
Traum anhört, ist gar nicht so weit entfernt. 80 Prozent der Führungskräfte, die
für eine Studie von Roland Berger Strategy Consultants befragt wurden, sind
überzeugt davon, dass partnerschaftliche
Modelle, bei denen Frauen und Männer
Familien- und Jobzeiten unter sich aufteilen, bereits in den nächsten fünf bis
zehn Jahren Standard sein werden.
6. Wir müssen
raus aus unserer
Wohlfühlzone
Wir können die Verantwortung aber nicht
nur den anderen zuschieben. Für die
Volkswirtin Christina Boll vom HWWI
fängt das Dilemma bereits bei der Berufswahl an. „Frauen bevorzugen noch immer
stark die herkömmlichen Frauenberufe.
Sie trauen sich zu wenig zu und begnügen
sich mit kargen Verdiensten. Dadurch
verdienen sie bei der Familiengründung
weniger als ihr Partner, übernehmen die
Betreuungslast, stecken weiter zurück
und landen in der Teilzeitfalle.“
Fast 200 000 Euro verliert eine Frau
mit mittlerer Bildung bis zu ihrem 46.
Lebensjahr brutto an Lohn, wenn sie
drei Jahre Elternzeit nimmt und danach
drei Jahre Teilzeit arbeitet, hat Boll ausgerechnet. Doch ihr Fazit nach diversen
­Forschungsarbeiten zum Thema Vereinbarkeit ist: Diese Zahlen sind bei vielen
Frauen noch nicht angekommen. „Sie
sehen sich oft in der Opferrolle, nur: Das
bringt sie nicht weiter. Sie müssen mehr
einfordern. Aber ich habe den Eindruck:
Viele Frauen wollen das gar nicht.“
Sind wir vielleicht zu bequem? „Das
Beharrungsvermögen in Teilzeit ist groß“,
bestätigt Boll. „Viele Frauen arbeiten auch
dann noch Teilzeit, wenn die Kinder
schon groß sind, bei Kindern im Alter
von 15 bis 18 im Schnitt 22 Stunden pro
Woche. Die Mütter wollen ihr Mehr an
Freizeit nicht mehr hergeben. Das verträgt sich nur bedingt mit der Forderung
nach Männer-gleichen Verdiensten und
einer auskömmlichen Rente.“
H
inzu komme eine weitere
­deutsche Besonderheit: Die verbreitete Überzeugung, Kinder
könnten nur in einer traditionellen Familienstruktur glücklich aufwachsen, mit
einer Mutter, die sich rund um die Uhr
um sie kümmert. Wissenschaftlich belegt
sei diese Vorstellung nicht, so Boll, im
Gegenteil: „Umfragen zeigen: Kinder sind
froh über zufriedene Eltern. Und auch
Kinder berufstätiger Eltern sind nicht
der Meinung, dass ihre Eltern zu wenig
Zeit für sie haben.“
Etwas mehr Gelassenheit ist also
erlaubt. Und setzt Energien frei für wichtige Auseinandersetzungen im Büro,
nämlich um ein angemessenes Gehalt.
Immer noch verdienen Frauen im Schnitt
weniger als ihre männlichen Kollegen.
„Der Arbeitsmarkt profitiert zurzeit von
den Frauen, die sich mit wenig Geld
zufrieden geben und froh sind, wenn sie
überhaupt arbeiten dürfen“, bestätigt die
Soziologin Kerstin Jürgens. Forscherin
Boll nennt diese Frauen polemisch „Sparmodelle aus Arbeitgebersicht“ und rät:
„Frauen müssen ihre Rechte stärker einfordern und auch, wenn der Job Spaß
bringt, ein angemessenes Gehalt verlangen, das sie finanziell absichert.“
7. Wir können nicht
alles haben
Wir können aber noch mehr tun, um
unser Leben zu vereinfachen. Eine Freundin sagte neulich zu mir: „Du bist eine
von diesen typischen Servietten-Muttis,
die sich auf den Listen für Klassenfeiern
bei den Dingen eintragen, die am we­nigsten Arbeit machen.“ Trotzig dachte
ich: Sie hat zwar recht, aber auf diese
ollen Käse-Trauben-Spieße, die eh keiner
isst, habe ich keine Lust. Und Zeit, sie
aufzuspießen, schon mal gar nicht.
Warum müssen Mütter bloß so schrecklich perfektionistisch sein? Es ginge doch
viel einfacher, wenn man zum Geburtstag
der Tochter statt 30 selbst gebackener
Muffins fertiges Eis am Stiel mit in die
Schule gibt. Die Wohnung nicht sofort,
sondern erst am Wochenende aufräumt.
Die Kinder zu Fuß zur Schule gehen und
die Hausaufgaben selbst erledigen lässt.
Klar, das entspricht nicht immer den
Ansprüchen, die wir eigentlich an uns
stellen. Aber es macht vieles leichter.
Ach ja, auch bei uns selbst ist natürlich nicht alles möglich. Wir können
nicht aussehen wie Penélope Cruz, eine
Firma leiten, für einen Marathon trainieren und drei Kinder großziehen. Vielleicht brauchen wir eine andere Haltung
zu Erziehung und Leben. Etwas weniger
Helikoptern und Selbstoptimierung und
etwas mehr Pragmatismus täten uns gut.
8. Schluss mit dem
Kontrollwahn
Der Vater meiner Kinder hat eine andere
Vorstellung davon, wie ordentlich und
sauber es bei uns zu Hause sein soll.
Er kauft ein, wenn er im Kühlschrank
nichts mehr findet, und stellt die Waschmaschine an, wenn der Kleiderschrank
leer ist. Solange mag ich nicht warten,
dann mache ich es lieber gleich selbst.
Ex­­
perten haben ein Fachwort für die­
ses Phänomen: „Maternal Gatekeeping“.
Kurz zusammengefasst bedeutet es, dass
wir unser Selbstbewusstsein aufpäppeln,
wenn wir uns unseren Männern gegenüber als Herrscherinnen der Haushaltsdomäne aufspielen.
Noch immer erledigen Frauen den
Großteil der Arbeit zu Hause: 37 Stunden
pro Woche verbringen sie mit putzen,
waschen und bügeln, Männer nur 16.
„Hausarbeit“, sagt die Soziologin Kerstin
Jürgens, „bleibt in Frauenhand, auch in
Beziehungen, in denen Frauen mehr
arbeiten und verdienen als ihre Männer.“
Schuld sei unsere Sozialisation: Weil wir
bei unseren Eltern gesehen haben, dass
diese Aufgaben ­Frauensache sind. „Bei
den 30- bis 50-Jährigen sind diese Rollenbilder tief verankert.“ Keine Frage,
BR IGI TTE .DE 21/2015
121
DOSSIER
wir müssen dringend mit unseren Partnern reden und die Verteilung der ­Hausund Familienarbeit neu verhandeln.
Gleichzeitig sollten wir uns aber fragen,
was schlimm daran ist, wenn eine Windel schief gebunden ist. Und wie viel wir
bereit sind abzugeben. Wir können nicht
einerseits mehr Hilfe bei Kinderbetreuung und Haushalt verlangen und gleichzeitig ständig kontrollieren, wie unsere
Männer ihre Aufgaben erledigen. Vereinbarkeit bedeutet auch: loslassen können.
Und zwar auch, damit unsere Kinder das
mal besser machen, wenn sie groß sind.
9. Vereinbarkeit
ist nicht gleich
Vereinbarkeit
Was wir in der Debatte um die Vereinbarkeit gerne vergessen: Viele Frauen stehen
gar nicht vor der Frage, ob sie arbeiten
gehen wollen oder nicht – sie müssen,
weil ein Gehalt für die Familie gar nicht
ausreicht. Für sie ist laut einer Studie der
Universität Duisburg-Essen die Diskussion um mehr Zeit für Freunde und Sport
eine abgehobene Mittelschichtsdebatte.
„Vereinbarkeit ist in den verschiedenen
Bildungsmilieus auch ein unterschied­
liches Problem“, bestätigt die Arbeits­
soziologin Kerstin Jürgens. „Geringer ­­qua­-
lifizierte Frauen sind im Betrieb in der
Regel nicht unverzichtbar und haben eine
schlechtere Verhandlungsposition. Ihr
Lohn ist so niedrig, dass sie sich keine
Putzhilfe oder Babysitter leisten können.
Viele dieser Frauen können ihre Arbeitszeit nicht reduzieren, weil sie es sich gar
nicht leisten können. Die arbeitspolitischen Akteure müssen sich überlegen,
wie sie Vereinbarkeit auch für die unteren Lohngruppen herstellen können.“
Und: Für alleinerziehende Mütter ist
Vereinbarkeit noch mal ein ganz anders
gelagertes Problem, weil kein Partner da
ist, der zur Not mal einspringen kann.
10. Zusammen ist
man weniger allein
Meine ideale Vereinbarkeits-Welt sieht
so aus: Konferenzen fänden nur zwischen
9 und 15 Uhr statt, und wenn das Kind
mal krank ist, würde meine Chefin
verständnisvoll sagen: Kein Problem, du
kannst von zu Hause arbeiten. Ich würde
ohne schlechtes Gewissen zur Arbeit
gehen und mich nachmittags freuen, dass
um diese Zeit noch andere Kinder im
Hort sind. Und was das Schönste ist:
Andere Eltern würden mir verschwörerisch zublinzeln, denn wir sitzen schließlich alle im selben Boot.
Vielleicht ist es genau das, was wir
brauchen: mehr Solidarität und Teamgeist. Klar, Vereinbarkeit ist individuell,
sie hängt ab von der Branche, vom Partner (und ob man einen hat), vom Gehalt
und vom Arbeitgeber, vom Wohnort und
der Kita-Dichte, ob Großeltern in der
Nähe sind und von der eigenen Belast­
barkeit. Aber wenn wir zusammenhalten
und unsere Wünsche laut äußern, dann
wären wir plötzlich eine Gruppe und
kein zerstrittener Haufen mehr. Erst der
Chor vieler kritischer Stimmen bringt die
Veränderung.
Wir sollten außerdem unsere Männer
in die Pflicht nehmen, selbst wenn wir
nicht mehr mit ihnen zusammenleben.
Denn wenn mehr Männer länger zu Hau­se blieben, kranke Kinder und Eltern
pflegten und abendliche Konferenzen
boykottierten, würde die Arbeitswelt
schneller familienfreundlich werden. Und
der Chor der Unzufriedenen wäre mit
einem Schlag doppelt so groß.
DANIELA STOHN hat
zwei Kinder (10 und 12)
und einen Job. Beim
Fertig­stellen des Dossiers
stieß sie mal wieder an die
Grenze der Vereinbarkeit:
Weil sie nicht fertig wurde
und zu spät zu Hause war, verpasste
ihr Sohn sein Training. Ihre Strafe: ein
Wutanfall und ein Spaghetti-Eis.
„Endlich Schluss mit
Chauffeur-Diensten!“
Sabrina Klix, 32, arbeitet als Personalreferentin
in Teilzeit und hat zwei Kinder (6 und 3)
W
ie jede Mutter hatte ich im
Kopf: Mein Sohn soll eine
schöne Kindheit haben – und
zu der gehört das volle Freizeitprogramm.
Jedenfalls machten das die anderen Muttis so: Geigenunterricht, Ballett, Tennis,
bei uns im Ort ist vieles schon ab drei
­Jahren möglich. Als Moritz so alt war,
meldete ich ihn beim Turnen an, ein
122 B R I GI T TE . DE
21 / 2015
Schwimmkurs kam dazu und einmal die
Woche Fußball. Als Moritz vier war, hing
mir die Zeit im Nacken: Arbeiten bis 14
Uhr, zur Kita, ohne Verschnaufpause zum
15-Uhr-Training, danach noch zum Spielfreund. Mit dem Ergebnis, dass ich am
Abend total gestresst nach Hause kam.
Irgendwann fragte ich mich: Wer will
das eigentlich? Moritz? Nein, ich hatte
alles gesteuert – und
ich konnte es än­
dern. Kinder müs­
sen nicht dauerbespaßt werden,
um glücklich zu sein. Fußball ist das Ein­zige, wo Moritz wirklich hinwill, also
haben wir den Rest gestrichen. Verabredungen gibt es inzwischen bei uns nur
noch f­reitags, wenn ich kürzer arbeite,
oder am Wochenende. Das hat nicht nur
mich entspannt, auch Moritz ist ausgeglichener.“ PROTOKOLL: CHRISTINE RITZENHOFF
DOSSIER
„Ich arbeite
115 Prozent“
Nadine Reithmayer, 31, ist Krankenschwester und Mutter
eines dreijährigen Sohnes
A
ls ich vor vier Jahren schwanger
wurde, einigten wir uns darauf,
dass mein Mann zwölf Monate
Elternzeit nimmt und ich sofort in Vollzeit zurückgehe in meinen Beruf auf der
Leukämiestation. Als Krankenschwester
kann ich mir Zeit nehmen für die Sorgen
der schwer kranken Menschen, ich lache
und weine mit ihnen, und das liebe ich
sehr an meinem Beruf.
Als die Elternzeit vorüber war, fingen
dann die Probleme an. Hatte ich Frühschicht, musste ich mein Kind um Punkt
sechs in der Kita abliefern. Kilian war
immer als Erster da, und ich spürte die
kritischen Blicke der anderen Eltern.
„Wieso kriegt die überhaupt ein Kind,
wenn sie immer arbeitet“, wurde getuschelt. Ich war verunsichert und fragte
mich, ob Kilian ausbaden muss, dass ich
nicht bereit war, meinen Traumberuf aufzugeben. Schichtdienst ist für die Familienorganisation eine Vollkatastrophe.
Ich konnte weder regelmäßig zum Pekip
noch zur Babymassage gehen, und für den
Spielplatz war mein Frühaufsteher-Kind
am Nachmittag viel zu kaputt. Irgendwann saß ich heulend in meiner Küche
und gestand mir ein, dass es so nicht
­weitergehen kann.
Schweren ­
Herzens bewarb ich mich
um eine Vollzeit-Stelle mit Home-OfficeAnteil im Case-Management einer an­deren Klinik. Statt kranke Menschen zu
pflegen, würde ich für entlassene Pa­tienten Rollstühle und spezielle Nahrung
organisieren. Aber sollte ich wirklich all
das aufgeben, was mich viele Jahre glücklich gemacht hat? Mein Herz sagte mir:
Du brauchst auch die Krebsstation – und
sie braucht dich.
Nach vielen schlaflosen Nächten entschied ich mich schließlich für beides:
eine Vollzeitstelle im Büro und zusätz­
liche Wochenenddienste auf meiner Station. Ich arbeite jetzt 115 Prozent, es ist
anstrengend, ich bin müder als früher,
aber Kilian und ich können morgens
gemütlich frühstücken, mittwochs zur
Musikschule und nachmittags spontan
in den Tierpark. Für ihn ist es besser
so. Für mich ist es ein Kompromiss.
Denn eigentlich mache ich das, wofür ich­
in­
nerlich brenne, gerne mit Haut und
PROTOKOLL: SILIA WIEBE
­Haaren.“
„Alle Entscheidungen
muss ich allein treffen“
Annette Loers, 44, leitet ein Kulturzentrum in Vollzeit
und zieht ihre Kinder (8 und 10) alleine auf
V
or fünf Jahren bin ich mit den Kindern ausgezogen und war plötzlich
für alles verantwortlich: die Erziehung, die Organisation des Alltags, die
finanzielle Absicherung. Als Leiterin
eines Kulturzentrums arbeite ich auch
abends und an Wochenenden, um Konzerte und Lesungen zu organisieren. Das
geht nur mit Babysittern, Hortbetreuung
bis 17 Uhr, einem guten Netzwerk und
sehr selbständigen Kindern, die überall
alleine hinlaufen und -fahren. Wir sind
zwar sehr durchgetaktet, aber es klappt.
Zumindest, wenn niemand krank wird.
Was mich am meisten belastet, ist der
Druck: immer die Verantwortung zu
124 B R I GI T TE . DE
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tragen, Entscheidungen alleine treffen zu
müssen. Welche Schule ist die beste für
mein Kind? Wann darf es ein Smartphone
bekommen? Ist es normal, dass es so
oft Streit hat? Mir fehlt der Austausch.
Und auch mal eine Auszeit. Jedes zweite
Wochenende sind die Kinder zwar beim
Vater, aber die Zeit geht für Arbeiten,
Großeinkauf oder Haushalt drauf.
Andere Mütter sagen: Mein Mann ist
auch die ganze Woche unterwegs. Ja, aber
sie sind trotzdem nicht allein! Sie tref­fen Entscheidungen gemeinsam, und sie
müssen sich nicht allein um ihre Altersvorsorge kümmern und darum, dass
immer genug zu essen da ist.
Und warum zahlen Alleinerziehende
eigentlich mehr Steuern als Verheiratete ohne Kinder und müssen außerdem
noch die Kosten für die Kinderbetreuung
berappen? Ich bin seit zehn Jahren nicht
ohne meine Kinder weggefahren. Wenn
ich von der Arbeit komme, fängt mein
Job als Mutter an. Und danach falle ich
erschöpft ins Bett. Das muss doch auch
vom Staat honoriert werden.
Etwas besser läuft es, seit ich mich
alle zwei Wochen mit meinem Exmann
zum Mittagessen treffe, um mit ihm
über die Kinder zu sprechen. Wir ver­
suchen an einem Strang zu ziehen,
gemeinsam wichtige Dinge zu entscheiden. Das tut den Kindern sehr gut. Und
PROTOKOLL: DANIELA STOHN
mir auch.“ DOSSIER
„Ich bin jetzt wieder
zu Hause bei den Kindern“
Hannah Panten, 39, hat drei Kinder (7, 7 und 5 Jahre alt)
F
rüher, als ich noch als Teilzeitkraft
in der PR-Abteilung eines Unternehmens arbeitete, habe ich mich
ständig als diejenige gefühlt, die sich aus
der Affäre zieht. Die nicht anpacken kann,
wenn die Kita Sommerfest feiert, und
geht, wenn es im Büro stressig wird. Nie
konnte ich wenigstens 90 Prozent geben.
Und dazu das permanente Pendeln!
Als mein Mann den Job wechselte und
ich plötzlich für den Familienalltag allein
zuständig war, brach das System zusammen. Ich ließ den Schlüssel im Schloss
stecken, fuhr mit nur einem geschminkten Auge ins Büro, baute fast einen Unfall.
Eine Mutter-Kind-Kur half mir zu
sehen: Ich muss was ändern. Der ständige
Spagat, das Gefühl, keinem gerecht zu
werden, stresste mich zu sehr. Ich kündigte. Heute, ein Jahr danach, sind meine
Batterien wieder voll. Ich finde es nicht
mehr komisch, vormittags zu Hause zu
sein, während alle anderen
arbeiten. Anfangs war das
ein ganz neuer Kosmos
für mich, mit Müttern, die
aus Überzeugung daheim oder in der
Babypause waren. Ich hatte das Gefühl:
Ich gehöre gar nicht dazu, bereute meine
Kündigung oft und dachte, vielleicht wäre
es doch besser, einen Ausgleich zu haben.
Inhaltlich gefordert zu werden und den
Austausch mit den Kollegen, das vermisse ich nach wie vor. Dafür nehme ich
mehr Anteil am Leben meiner Kinder,
kriege mit, wie sie Lesen lernen, bin
nah dran. Das macht mich ruhiger, und
auch die Kinder sagen: So schön war’s
noch nie.“ PROTOKOLL: CHRISTINE RITZENHOFF
„Tschüs, Hamsterrad“
Nataly Bleuel, 47, Autorin und Mutter von zwei Söhnen (12 und 10)
J
etzt, genau in diesem Moment, bin
ich doch wieder ganz nah dran. Am
Überdrehen. Ich koche, habe den
Laptop neben mich auf den Küchentisch
gestellt, ich muss noch schnell diesen Job
erledigen. Was hat mein Sohn gesagt?
Was sollte ich noch einkaufen? Warum
habe ich diesen Auftrag auch noch übernommen, es sind schon zu viele. Das
Handy klingelt. Die Pfannkuchen brennen
an. Was? Hab dich nicht gehört. Deckst du
bitte den Tisch? Nein, jetzt, so-fort. Mein
Ton wird schrill. Ich schreie mein Kind an.
Verdammt! Warum bringe ich mich, uns
alle, immer wieder in diese Situation?
Erst denke ich, reflexartig: Aber ich
kann doch nichts dafür, ich muss Geld
verdienen, ich habe Kinder, ich muss, das
Essen brennt, ich, ich schaff das alles
nicht, es ist alles zu viel! Und dann gehe
ich raus. Aus der Wohnung. Ich ziehe die
Tür an. Einatmen, ausatmen. Time out.
So, und jetzt noch mal von vorn.
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21 / 2015
Ich habe das geübt, mit meinen Kindern. Früher haben sie mich, wenn ich so
wurde, mit großen Augen angestarrt. Der
Kleine duckte sich weg. Eines Tages sagte
der Große: Du solltest dich hören, ich
nehm das mal auf! Das hat gewirkt.
Ich gehe wieder zur Tür rein und sage
so freundlich wie möglich: Hallo, ich hatte
wieder diesen Scheiß-Ton drauf. Es tut
mir leid. Und dann klappe ich den Laptop
zu und mache das Handy aus.
Mittlerweile ist dieser Sound, den ich
früher an mir gar nicht wahrgenommen
habe, für mich ein Alarmsignal. Zum ersten Mal hörte ich ihn bei meinen Freundinnen: Wie sie mit ihren Männern sprachen, mit ihren Eltern und Kindern. Wie
Gouvernanten, gereizt, grässlich, schrill!
So wollte ich nicht sein, so unlustig und
gehetzt, ständig am Anschlag. Obwohl ich
mich, das muss ich zugeben, ganz gut
fand: Wie ich das hinbekam, das war doch
genau das, was man von einer be­rufs-
tätigen Mutter erwartete: Job, Kinder,
Partner, Haushalt, Sport, Freunde.
Das Hamsterrad anzuhalten war nicht
leicht. Aber ich treffe jetzt jeden Tag viele
kleine Entscheidungen: gegen das Weiter-So. Ich will keine Funktioniererin
mehr sein, die sich anpasst und selbst
optimiert. Also gehe ich Mittag essen
und schlürfe die Tütensuppe nicht vor
dem Bildschirm. Ich nehme mir nicht
zehn Minuten, sondern 30 für den Einkauf. Währenddessen gucke ich nicht
dauernd, ob eine Mail gekommen ist. Und
stelle den Laptop nicht auf den Küchentisch, vor die Kinder. Von denen ich nicht
will, dass sie sich dauernd zum Daddeln
zurückziehen.
Das Anhalten hat auch Folgen. Ich
komme nicht mehr überall mit. Ich muss
mich entscheiden. Für das, was mir wichtig ist. Am Anfang war es komisch zu
sagen: Nein, das schaffe ich leider nicht.
Auf die Dauer aber macht es stark.“
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Doppelte Pflege
ist bessere Pflege.
WARUM MAN TROCKENES TOILETTENPAPIER MIT FEUCHTEN
TOILETTENTÜCHERN ERGÄNZEN SOLLTE.
Jede Frau kennt das: Die sensiblen Gesichtspartien lassen sich leichter,
schonender und gründlicher mit feuchten Pflegetüchern reinigen.
Warum sollte das beim Reinigen des Pos anders sein?
Hier bietet sich ein systematisches Vorgehen an, bei dem sich trockenes
Toilettenpapier und feuchte Tücher perfekt ergänzen. Empfohlen
wird eine 3-Schritte-Routine:
1
2
3
trocken
feucht
trocken
soft
deluxe
Das Resultat sind eine hygienische, gründliche und doch schonende
Reinigung und ein sicheres Gefühl von Sauberkeit.
WISSENSWERT:
Die Deutsche Haut- und Allergiehilfe empfiehlt feuchte
Toilettentücher von Zewa. Sie wurden auf
Empfohlen von:
ihre Verträglichkeit für Hautpatienten und
Allergiker untersucht und von unabhängigen
Gutachtern positiv bewertet.
To i l e t t e n p a p i e r u n d fe u c h t e To i l e t t e n t ü c h e r –
rundum sauber mit System. Dank Zewa.
DOSSIER
„Ich musste an meine Grenze
stoßen, bevor ich mir Hilfe holte“
Susanne Schlösser, 37, hat zwei Kinder (8 und 5) und
eine eigene PR-Agentur
A
uf dem Weg zu einem Kunden
wurde mir plötzlich schwindelig,
mein Blick verengte sich. Mit
einer Schmerztablette stand ich den Ter­
min durch – aber beim zweiten Mal half
auch die nicht. Ich konferierte gerade mit
meinem Team, als ich merkte: Ich sehe
nichts mehr! ‚Aura-Migräne‘, meinte der
Arzt nach etlichen Tests. Und: ‚Sie soll­
ten etwas an Ihrem Alltag verändern.‘
Der war bis oben hin vollgepackt. Was
mal eine entspannte Teilzeit-Selbstän­
digkeit sein sollte, war zu einer PR-Agen­
tur mit drei Angestellten geworden. Wäh­
rend die Kinder aus Schule und Kita vom
Papa oder der Babysitterin abgeholt, zum
Schwimmunterricht und ins Bett gebracht
wurden, war ich oft bis Mitternacht im
Büro, fuhr zu Kunden, organisierte Krea­
tiv-Workshops. Höchstens einmal die
Woche schaffte ich es, nachmittags zu
Hause zu sein – saß jedoch danach bis
zwei Uhr nachts am Rechner. Die Belas­
tung war extrem groß, aber die Agentur
musste ja laufen. Am meisten stresste
mich, dass meine Kinder zu wenig von
mir hatten und mich vermissten.
Nach der Migräneattacke nahm ich mir
zwei Tage frei, zum Nachdenken. Dabei
wurde mir bewusst, dass ich mit mei-
nem Anspruch, alles
120-prozentig hinzu­
kriegen, auf Dauer
selbst baden ging.
Die Lösung war für
mich, zwei weitere
Leute anzustellen, die
mich entlasten. Mein Mann übernahm
noch mehr zu Hause und meine Mutter
bot an, eine Woche im Monat vorbeizu­
kommen. So habe ich mein Arbeitspensum
von 60, 70 Stunden auf 40 herunte­r­
geschraubt und gelernt, Dinge, die eh­
keinen Spaß machen, abzugeben. Mittags
gehört jetzt eine Stunde meinem Sohn: Er
kommt nach der Schule in die Agentur,
und wir machen zusammen Hausauf­
PROTOKOLL: CHRISTINE RITZENHOFF
gaben.“
Stefanie Hentschel, 42, stellvertretende Redaktionsleiterin
BRIGITTE MOM, zwei Töchter (9 und 7)
Z
u Beginn war ich sicher, das per­
fekte Modell für uns gefunden zu
haben. Nach einem Jahr Eltern­
zeit kam ich zurück in meinen Job als
Redakteurin in Teilzeit mit 27 Stunden
und holte um 15 Uhr unsere Tochter vom
Kindergarten ab. Doch je länger ich mich
durch dieses vermeintlich perfekte
Modell wurschtelte, desto erschöpfter
wurde ich. Es war nämlich alles andere als
perfekt – es war ständige Hetze. Weil ich
nie fertig war, wenn ich den Schreibtisch
verlassen musste. Immer hastete ich in
Eile zum Kindergarten, kaufte meistens
auf dem Weg noch schnell ein, um das
Kind nicht später noch in den Super­
markt schleppen zu müssen. Ich kam
128 B R I GI T TE . DE
21 / 2015
gestresst in der Kita an und konnte die
gemein­samen Nachmittage selten genie­
ßen, weil ich an all das dachte, was noch
gemacht werden musste. Und sobald
unsere Tochter schlief, klappte ich den
Laptop auf und arbeitete ab, was ich tags­
über nicht geschafft hatte.
Nachdem unsere zweite Tochter auf
der Welt war, wurde mir klar: So geht’s
nicht weiter. Wir müssen das anders ver­
teilen. Ich schlug meinem Mann vor, dass
ich einen Tag voll arbeiten und er an die­
sem Tag die Kinder abholen könnte. Prin­
zipiell fand er das gut, aber für ihn als
Redakteur bei einer Tageszeitung sei das
unmöglich. Ich beharrte. Wir stritten.
Irgendwann war er zermürbt und sprach
mit seinem Chef. Der
sagte: Die Zeitung
schreibe schließlich
ständig darüber, wie
das Leben arbeitender Eltern verbessert
werden könne, da wäre es ja noch schöner,
wenn er sich dagegen sperren würde.
Woraufhin mein Mann, ungläubig, aber
erfreut, seine Arbeitszeit um zwei Nach­
mittage pro Woche reduzierte.
Das war der Moment, der unser Fami­
lienleben gerettet hat. An zwei Tagen habe
ich kein aufgezwungenes Ende meines
Arbeitstages vor Augen. Mein Mann ver­
bringt zwei Nachmittage mit den Kin­
dern, kennt ihren Alltag und ihre Schul­
freundinnen, kauft ein, kocht Abendessen.
Ich bin an diesen beiden Tagen einfach
nicht zuständig, und er genießt die ge­
meinsame Zeit. Es ist perfekt für uns.“
F OT O S P R I V A T ( 8 ) ; P L AY S T U F F, T S I U M PA , N A T I K A , D I G I F O O D, S T E V E Y O U N G
„Mut, für das eigene
Modell zu kämpfen“