Nr. 82 · Juli 2015 Gastfreundschaft am Lebensende 24. ordentliche Mitgliederversammlung am 18. Mai D ie Palliativstation des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder pflegt seit vielen Jahren eine Zusammenarbeit mit Schwestern des indischen Ordens Sisters of the Destitute – Schwestern der Ärmsten und Notleidenden. Seit mehr als 20 Jahren arbeiten die indischen Schwestern im Pflegedienst der Palliativstation. Sie kümmern sich gemeinsam mit den anderen Pflegekräften 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr mit großer Hingabe um unsere Patienten. Die Pflegenden müssen, mehr als wir Ärzte, die Nöte der Patienten und der Angehörigen aushalten. Ihnen vertrauen schwer Kranke ihre persönlichen Sorgen und Ängste an – nicht selten ihre spirituellen Sorgen. Für mich sind die Pflegenden die wichtigste Gruppe in dem multiprofessionellen Team der Palliativmedizin. Zehn neue Mitglieder hat ein Mitglied für den Verein zur Förderung des Johannes-Hospizes geworben. Dafür bedankte sich der 1. Vorsitzende, Provinzial Frater Benedikt Hau, ganz ausdrücklich bei der Mitgliederversammlung am 18. Mai im Pfarrsaal der Pfarrei Christkönig. Diese Werbe-Aktion ist auch deswegen bemerkenswert, weil die Zahl der Mitglieder leicht zurückgeht. Am 30. April 2015 betrug sie 2031. Im Jahr 2014 endeten 77 Mitgliedschaften (meist wegen Todes), 76 Personen traten in den Verein ein. Frater Benedikt stellte vor den etwa 70 Teilnehmern die Hospizarbeit der Barmherzigen Brüder in den Kontext der Hospitalität. Das bedeute „christliche Gastfreundschaft“, und gerade heuer begeht der Orden das „Jahr der Berufung zur Hospitalität“. Im Internet (www.barmherzige.de) findet sich täglich ein neues „Zeugnis der gelebten Gastfreundschaft“ aus der weltweiten Ordensfamilie. Finanzen stabil Die finanzielle Situation des Vereins ist stabil. Für das Jahr 2014 standen Einnahmen in Höhe von knapp 275 000 Euro Ausgaben von knapp 287 000 Euro gegenüber. Das Minus, das den Rücklagen entnommen wurde, fiel damit aber geringer aus als eigentlich geplant, berichtete Ernst Appelt. Die wichtigsten Einnahmen waren die Mitgliedsbeiträge mit gut 83 000 Euro und Spenden mit knapp 177 000 Euro. Bei den Ausgaben waren die größten Posten: Zuschuss für den laufenden Betrieb des Johannes-Hospizes (80 000 Euro), Patientenpflege/Atem- und Musiktherapie (rund 76 000 Euro), Zuschuss für den Sozialdienst der Caritas im Hospiz Jetzt kehrt Schwester Cicy, die langjährige Oberin der Sisters of the Destitute in München, nach 30 Jahren in ihre Heimat Indien zurück (siehe Seite 2). Wir sind traurig, da sie uns fehlen wird, aber wir freuen uns mit denen, die dort auf sie warten. Gott segne Sie, Schwester Cicy! Privatdozent Dr. Marcus Schlemmer Chefarzt der Palliativstation St. Johannes von Gott Der 1. Vorsitzende, Provinzial Frater Benedikt Hau, begrüßte die Mitglieder – hinter ihm (von links) der ehemalige Chefarzt Dr. Thomas Binsack, der die Versammlung moderierte, der jetzige Chefarzt PD Dr. Marcus Schlemmer und Hospizleiter Gregor Linnemann 2 Johannes-Hospiz Juli 2015 (40 000 Euro) und Zuschuss für den Sozialdienst der Malteser auf der Palliativstation (20 000 Euro). Der Vorstand wurde für das Geschäftsjahr 2014 entlastet, als Kassenprüfer für 2015 wurden noch einmal Ernst Appelt und Thilde Leibiger bestellt. 11 Tage durchschnittliche Verweildauer auf der Palliativstation, 29 Tage im Hospiz 2014 sei „kein einfaches Jahr“ für die Palliativstation St. Johannes von Gott gewesen, berichtete Chefarzt Privatdozent Dr. Marcus Schlemmer. Vier Pflegekräfte seien ausgefallen und deswegen konnten die Betten teilweise nicht vollständig belegt werden. Außerdem kämen viele Patienten „zu spät“ auf die Station, also sehr schwer krank. 423 Frauen und 322 Männer mit einem Durchschnittsalter von 72 Jahren wurden auf der Palliativstation betreut, die Verweildauer betrug durchschnittlich rund 11 Tage, 463 sind auf der Station verstorben Hospizleiter Gregor Linnemann freute sich über die positive Resonanz auf die Feier des zehnjährigen Bestehens des Johannes-Hospizes im vergangenen Jahr. Wie Dr. Schlemmer vertrat er die Auffassung, dass 28 stationäre HospizPlätze, die es in München derzeit gibt, zu wenig sind. 140 Patienten fanden 2014 Aufnahme im Johannes-Hospiz, die durchschnittliche Verweildauer hat sich um mehrere Tage auf 29 Tage er- Rund 70 Mitglieder waren bei der Versammlung anwesend. höht. Was die Finanzierung anbelangt, zeigte sich Linnemann zuversichtlich: Es sei gelungen, den Tagessatz für das Hospiz von 250 Euro im Jahr 2004 auf mittlerweile 329 Euro zu erhöhen; positiv bewertete er auch die von politischer Seite geplante Anhebung der Krankenkassen-Finanzierung von 90 auf 95 Prozent In einer lebhaften Aussprache wurden verschiedene Themen angesprochen, zum Beispiel die Idee, den Prospekt des Hospiz-Vereins in Apotheken auszulegen, und der Vorschlag, das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) zu erwerben. Da aber offenbar für das Spendensiegel mehrere tausend Euro pro Jahr aufzuwenden sind, bestand schnell Einigkeit darüber, dass dies für einen Verein dieser Größe nicht sinnvoll sei. Chefarzt PD Dr. Schlemmer jetzt im Beirat Für die Wahl des Beirats wurde der im letzten Informationsblatt veröffentlichte Vorschlag angenommen. Das heißt: Neu im Beirat ist Privatdozent Dr. Marcus Schlemmer, Chefarzt der Palliativstation; wiedergewählt wurden Herzog Franz von Bayern, Diözesanoberin Christiane Gräfin von Ballestrem von den Maltesern, Caritasdirektor Prälat Hans Lindenberger und Hospizleiter Gregor Linnemann. In einem Vortrag über „Ethische Probleme des ärztlichen Berufs“ argumentierte Dr. Marcus Schlemmer sehr engagiert gegen den derzeit diskutierten „ärztlich assistierten Suizid“. Oft verschwimme, wie man in den Niederlanden sehen könne, die Grenze zwischen assistiertem Suizid und Tötung auf Verlangen. Schlemmer: „Das wird es mit uns niemals geben … Unsere Aufgabe ist es Menschen zu begleiten, Türen zu öffnen …“ Er höre oft von Patienten: „Ich möchte sterben“, aber das sei noch lange kein „Verlangen nach einer Tötung“. Keine andere Antwort für verzweifelte Menschen am Lebensende zu haben wäre ein Armutszeugnis für den Rechtsstaat und eine humanistisch und christlich geprägte Gesellschaft. js Schwester Cicy (links) und Schwester Jaismy vor dem Haus in unmittelbarer Nähe der Palliativstation, in dem die „Sisters of the Destitute“ wohnen Schwester Cicy geht zurück nach Indien Ihr ansteckendes Lachen werden viele vermissen: Schwester Cicy Thondiamthadathil, seit 2007 Oberin des Münchner Konvents der „Sisters of the Destitute“, die in der Palliativstation St. Johannes von Gott mitarbeiten, kehrt Ende Juli in ihre indische Heimat zurück. Nach 26 Jahren in Deutschland, davon 14 Jahre in München. Wird sie etwas vermissen in Bayern? „Die netten Kolleginnen und Kollegen, den Nymphenburger Schlosspark und den Botanischen Garten, die schönen Kirchen …“ Natürlich freut sie sich auf die Rückkehr ins südindische Kerala – „auf die Heimat, auf die Angehörigen, die Mitschwestern, auch auf viel Sonne und die ganz andere Luft“. Nach ein paar Monaten Urlaub möchte sie gerne in einem Heim ihres Ordens in Kerala arbeiten, in dem rund 40 ehemalige Straßenkinder leben. Schwester Jaismy Thomas hat Schwester Cicy im Januar als Oberin des Münchner Konvents abgelöst. Sie kam 1995 nach Deutschland und war vor allem in einem Altenheim in Düsseldorf eingesetzt, aber auch drei Jahre in der Abteilung für geriatrische Rehabilitation des Krankenhauses Barmherzige Brüder Regensburg. In München ist sie dabei sich einzuleben und als Krankenschwester auf der Palliativstation einzuarbeiten. Sie steht einem Konvent von sieben Schwestern vor, die – mit einer Ausnahme – auf der Palliativstation tätig sind. Von den insgesamt rund 1600 Schwestern des Ordens leben derzeit 35 in Deutschland. js Johannes-Hospiz Juli 2015 Bewusster leben durch Beschäftigung mit dem Sterben Christine Klingl, Krankenschwester, Palliative-Care-Fachkraft und seit 2007 stellvertretende Pflegedienstleitung im Johannes-Hospiz, stellt sich vor Ich arbeite sehr gerne im Johannes-Hospiz. Hier finde ich die ideale Mischung aus kompetenter, engagierter Pflege in einem warmherzigen solidarischen Team. Wir haben die notwendige Zeit, uns um Patientinnen und Patienten sowie Angehörige zu kümmern und sie zu begleiten. Es gibt auch eine sehr gute Zusammenarbeit mit Ärzten und anderen Berufsgruppen. Das Johannes-Hospiz ist ein heller lebendiger Ort, an dem wir viel Freude erleben und der deshalb auch Platz bietet für manchen Schmerz. Wir teilen mit Patienten und Angehörigen Lebensräume. Wir versuchen, achtsam und respektvoll miteinander umzugehen. Oft mache ich die Erfahrung, konkret helfen zu können. Dass das Wohl der uns anvertrauten Menschen im Mittelpunkt steht, tut auch Impressum Johannes-Hospiz Informationsblatt des Vereins zur Förderung des Johannes-Hospizes in München e.V. (Herausgeber) - erscheint vierteljährlich, Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten Anschrift des Vereins: Südliches Schloßrondell 5 80638 München Telefon 089/17 93-100 E-Mail: [email protected] HVB München (BLZ 700 202 70) Kontonummer 3960091670 IBAN: DE60700202703960091670 BIC: HYVEDEMMXXX Redaktion: Johann Singhartinger (js) Fotos: Christine Klein (4 unten rechts), Claudia Rehm (1 links), Johann Singhartinger (1 rechts, 2-4). Druck: Marquardt, Prinzenweg 11a 93047 Regensburg mir gut. Es gibt viel Lachen und Humor, das gibt der manchmal schweren Arbeit immer wieder Leichtigkeit. Schmerzhaft sind menschliches Leid, Not und Verzweiflung. Viele Menschen haben sich nicht mit dem Tod auseinandergesetzt und haben große Angst davor. Bedrückend finde ich, wenn Menschen einsam und beziehungslos leben und nicht in Frieden gehen können. Der Tod kann durchaus eine positive, beeindruckende Erfahrung sein – manchmal ist sie sichtbar: die Erlösung in eine lichtere Welt. Meine Einstellung zu Krankheit, Tod und Sterben hat sich verändert, allein schon durch die Beschäftigung mit diesen Themen. Das Leben wird bewusster, aber auch intensiver. Vieles macht mir weit weniger Angst als anderen Menschen. Ich fürchte mich manchmal eher vor der Kälte und Gedankenlosigkeit in unserem medizinischen System, die unsere Patienten häufig schildern. Christine Klingl ist verheiratet und hat einen 23-jährigen Sohn. In meiner freien Zeit gehe ich gerne in die Natur und bewege mich – besonders jetzt im Sommer mit dem Fahrrad oder beim Schwimmen. Außerdem genieße ich Kunst und Kultur – Kino, Ausstellungen, Buchläden. Und ich gehe gerne essen. Christliche Kliniken für bessere Begleitung Sterbender Die von den beiden Kirchen getragenen Krankenhäuser in Deutschland sprechen sich für eine bessere Begleitung Sterbender in den Kliniken aus. „Es ist nicht nötig, dass jede Klinik über eine spezielle Palliativstation verfügt. Aber in jeder Klinik muss ausreichend palliativmedizinische und -pflegerische Kompetenz vorhanden sein“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV). International bewährt hätten sich multiprofessionelle Palliative Care Teams. Der stellvertretende Vorsitzende des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands (KKVD), Ingo Morell, sprach sich für eine bessere Vernetzung palliativer Versorgungsstrukturen in Kliniken und im ambulanten Bereich aus. „Einen wichtigen Beitrag dazu könnten multiprofessionell besetzte palliativmedizinische Institutsambulanzen leisten.“ Diese könnten in Regionen ohne ausreichende ambulante palliativmedizinische Versorgung die Nahtstelle zwischen stationär und ambulant überbrücken. Der Verbände begrüßten den von Bundesgesundheitsminister Gröhe vorgelegten Gesetzentwurf zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung. 3 4 Johannes-Hospiz Juli 2015 Kardinal Marx im Hospiz und auf der Palliativstation „Wir werden mit euch kämpfen“, versicherte Kardinal Reinhard Marx den Vertretern der Arbeitsgemeinschaft der stationären Hospize in Bayern, mit denen er sich am 21. April im Johannes-Hospiz der Barmherzigen Brüder in München traf. Er sei gerne „Mitstreiter“ in Sachen Palliativmedizin und Hospizarbeit, denn das sei „ein wesentlicher Punkt für eine humane Gesellschaft“. Gregor Linnemann, Leiter des Johannes-Hospizes und einer der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der stationären Hospize in Bayern, betonte, die Einrichtungen könnten noch sehr viel für Menschen in der letzten Lebensphase tun. Diese Zuwendung stelle für die Betroffenen „die Alternative zum derzeit in der Öffentlichkeit diskutierten ärztlich assistierten Suizid dar“. Die Arbeitsgemeinschaft fordere deshalb von der Politik, die Voraussetzungen für eine ausreichende Hospiz- und Palliativversorgung zu schaffen, beispielsweise auch in Pflegeheimen und im ambulanten Bereich. Anlass für den Besuch von Kardinal Marx war die ökumenische Woche für das Leben, die unter dem Motto „Sterben in Würde“ stand. Der Erzbischof nahm sich drei Stunden Zeit für diesen Pastoralbesuch, nicht zuletzt um mehrere Patienten im Hospiz und auf der „Ich denke durch das Auge und die Hand“ Johannes Habdank betrachtet ein Werk seines Vaters – „Blumenmädchen“ – auf der Palliativstation. Finissage der Habdank-Ausstellung auf der Palliativstation E in Holzschnitt erfordert „klare, formal harte Entscheidungen“, sagt Johannes Habdank, evangelischer Pfarrer und Diplom-Volkswirt. Sein Vater Walter Habdank (1930 – 2001) ist für seine meditativen Holzschnitte deutschlandweit bekannt geworden. Die Ausstellung auf der Palliativstation zeigte vor allem Schöpfungsbilder (siehe auch Rückseite des letzten Informationsblatts) im typischen „biblischen Expressionismus“ des Künstlers. Bei der Finissage zur Ausstellung am 23. April, an der auch die Witwe des Künstlers, Friedgard Habdank, teilnahm, erklärte Johannes Habdank diesen Darstellungsstil so: „Er übertreibt bewusst in Form und Farbe … Was wesentlich ist, vor allem Augen und Hände, wird groß dargestellt, was unwesentlich ist, klein.“ Die formal und inhaltlich komprimierten Bilder „sollen den Bildbetrachter herausfordern zu einer eigenen Stellungnahme zum Leben, zu sich selbst und seiner Welt“. Walter Habdank habe seine zentralen Bilder mit biblischem Inhalt auch als „Sterbebilder“ gesehen: Wenn der Betrachter eines oder mehrere Bilder „in sich so aufgenommen hat, dass er sie auswendig kann, wie eine Melodie oder einen Liedvers“, dann könnten diese Bilder vor dem geistigen Auge dieses Menschen aufsteigen und ihn in „jene andere Dimension hinüber begleiten“, die Christen Auferstehung nennen. js Palliativstation aufzusuchen, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu sprechen und sie zu segnen. Auch persönliche Erfahrungen sparte er nicht aus und berichtete zum Beispiel darüber, wie er den Tod seiner Mutter erlebt hat. js Foto links: Kardinal Reinhard Marx im Gespräch mit (von links) den Hospiz-Pflegekräften Andreas Lichey und Schwester Mirjam Prillwitz sowie Hausarzt Dr. Wolfgang Spann; Foto rechts: mit Team-Mitgliedern der Palliativstation und Provinzial Frater Benedikt Hau
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