INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird." INSTITUTIONENGESCHICHTE (RÖMISCHES P RIVATRECHT) SOMMERSEMESTER 2015 PROF. DR . JOHANNES PLATSC HEK XXIV. Zur lex Aquilia Kaser, RPR § 51.10-18 1. Wortlaut * D. 9,2,2 pr. (Gai. 7 ed. prov.) "Das erste Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Wer einen fremden Sklaven oder eine fremde Sklavin oder vierfüßiges Herdentier widerrechtlich getötet hat, soll verurteilt werden, dem Eigentümer soviel Kupfer(geld) zu geben, wie die Sache/Angelegenheit (res) in jenem Jahr höchstens wert war. Weiter unten wird dann angeordnet, dass gegen den Leugnenden die Klage auf das Doppelte gehen soll." ** D. 9,2,27,5 (Ulp. 18 ed.) "Das dritte Kapitel der lex Aquilia sagt: 'Bezüglich anderer Angelegenheiten (ceterae res), außer der Tötung von Sklaven und Vieh, wenn jemand einem anderen einen Schaden durch widerrechtliches Brennen (urere), Brechen (frangere) oder Ausreißen (rumpere) zugefügt hat, so soll er verpflichtet sein, so viel Geld dem Eigentümer zu geben, wie die Angelegenheit (ea res) in den nächsten dreißig Tagen wert sein wird.'" 2. Objektiver Tatbestand / Aktivlegitimation * D. 9,2,7,1 (Ulp. 18 ed.) “Unter occidere aber müssen wir verstehen, dass jemand einem anderen mit dem Schwert, mit einem Knüppel oder mit einer anderen Waffe oder mit den Händen (wenn er ihn etwa würgt) oder mit dem Absatz oder mit dem Kopf oder derartigem angreift.” ** D. 9,2,7,6 (Ulp. 18 ed.) “Celsus sagt, es bestehe ein großer Unterschied zwischen occidere und mortis causam praestare. Wer die Ursache für den Tod setzt (mortis causam praestiterit) hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum. Zum Beispiel verwirkliche derjenige, der ein Gift anstelle eines Heilmittels gegeben hat, ein mortis causam praestare. Ebenso derjenige, der einem Rasenden ein Schwert gegeben hat. Auch er hafte nicht aus der lex Aquilia, sondern aus einer actio in factum.” *** D. 9,2,9 pr. (Ulp. 18 ed.) “Wenn eine Hebamme einer Frau ein Heilmittel verabreicht hat und die Frau daran gestorben ist, so unterscheidet Labeo: Wenn sie es ihr eigenhändig eingeflößt hat, scheint sie ein occidere begangen zu haben; wenn sie es ihr ausgehändigt hat, damit sie es selbst einnehme, dann müsse man eine actio in factum geben. Diese Entscheidung ist richtig. Sie hat nämlich eher ein mortis causam praestare verwirklicht als ein occidere.” **** D. 9,2,13 pr. (Ulp. 18 ed.) “Ein freier Mensch (der unerkannt einem anderen als Sklave dient) hat im eigenen Namen eine actio legis Aquiliae utilis; die unveränderte Klage (actio directa) hat er nämlich nicht, weil niemand als Eigentümer seiner Glieder angesehen wird. Namens des flüchtigen Sklaven aber hat sie der Eigentümer.” LUDWIG-MAXIMILIANS-UNI VERSITÄT MÜNCHEN SEITE 2 VON 2 3. Rechtswidrigkeit / Verschulden - iniuria, culpa * D. 9,2,31 (Paul. 10 Sab.) “Wenn ein Baumschneider, als er einen Ast hinunterwarf, oder ein Arbeiter auf einem Gerüst einen vorbeigehenden Menschen/Sklaven getötet hat, so haftet er, wenn er (is; der Ast!) auf öffentlichen Grund (in publicum) fällt und jener nicht zuvor gerufen hat, so dass der Unfall dessen (eius; des Sklaven) vermieden werden konnte. Aber Mucius sagte, auch wenn dasselbe auf privatem Grund geschehen wäre, könne wegen Verschuldens/ Fahrlässigkeit (de culpa) geklagt werden. ‘Verschulden’/’Fahrlässigkeit’ (culpa) liege vor, wenn für etwas, obwohl von einem sorgfältigen Menschen Vorsorge getroffen werden konnte, keine Vorsorge getroffen worden ist oder davor erst gewarnt wurde, als sich die Gefahr nicht mehr vermeiden ließ. Entsprechend dieser Überlegung macht es keinen großen Unterschied, ob der Weg über öffentlichen oder privaten Grund führte, da ein allgemein benutzter Weg sehr häufig über privaten Grund führt. Wenn es keinen Weg gibt, muss er nur für Arglist (dolus) haften, dass er nicht auf den etwas wirft, den er vorbeigehen sieht. Denn für Fahrlässigkeit kann man ihn nicht einstehen lassen, weil er nicht erahnen konnte, dass irgendwer diesen Bereich durchquert.” ** D. 9,2,52,1 (Alf. 2 dig.) “Ein Wirt hatte des Nachts auf die Theke seiner Gassenschänke eine Lampe gestellt. Ein Passant hatte sie entwendet. Der Wirt verfolgte ihn, verlangte die Lampe heraus und hielt ihn fest, als er fliehen wollte. Jener begann, mit einer Geißel (flagellum), die er in der Hand hielt, in der eine Stachel enthalten war (?; in quo dolor inerat; dett.: in quo dolo inerat), auf den Wirt einzuschlagen, auf dass dieser ihn gehen lasse. Daraus entstand eine größere Schlägerei und der Wirt schlug dem, der die Lampe entwendet hatte, ein Auge aus. Er (der Wirt) fragte an, ob es nicht so sei, dass er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, weil er ja zuerst mit der Geißel geschlagen worden sei. Ich habe geantwortet, wenn er ihm nicht absichtlich (data opera) das Auge ausgeschlagen habe, scheine er keinen widerrechtlichen Schaden zugefügt zu haben; denn die Schuld (culpa) bleibe bei dem, der zuerst mit der Geißel geschlagen hat. Aber wenn er nicht zuerst von diesem geschlagen worden wäre, sondern mit ihm gerauft hätte, als er ihm die Lampe entreißen wollte, dann scheine es durch die Schuld des Wirts geschehen zu sein.” 4. Mehrere (mögliche) Täter D. 9,2,32 pr. (Gai. 7 ed. prov.) “Es wurde die Frage aufgeworfen, ob das, was der Gerichtsmagistrat (= in den Provinzen der Prokonsul) im Fall eines Diebstahls beachtet, der vom Gesinde (familia) begangen wurde (das heißt: dass nicht wegen jedes einzelnen Sklaven die Bußforderung gestattet wird, sondern es ausreicht, dass das geleistet werde, was geleistet werden müsste, wenn ein einzelner Freier den Diebstahl begangen hätte), auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung beachtet werden muss. Aber die Ansicht überwog, dasselbe zu beachten, und zwar zu Recht: Wenn nämlich im Fall des Diebstahls dies der Sinn und Zweck der Regelung ist, dass nicht wegen einer unerlaubten Handlung der Eigentümer sein gesamtes Gesinde einbüßt, und derselbe Sinn und Zweck auch bei der Klage wegen rechtswidriger Schädigung begegnet, so folgt daraus, dass die Schätzung hier ebenso vorgenommen werden muss, insbesondere weil diese Art der unerlaubten Handlung mitunter leichter ist, zum Beispiel wenn der Schaden durch Fahrlässigkeit und nicht durch Vorsatz verursacht wird."
© Copyright 2024 ExpyDoc