Melkroboter erobert die Alpen

SÖMMERUNG: Flexibler.e Arbeitszeiten und geringere Arbeitsbelastung
Melkroboter erobert die Alpen
Auf dem Pragelpass zwischen Glarus und Schwyz
steht eine Weltneuheit:
der erste Melkroboter auf
einer Alp. Alpwirtschaftsberater Curdin Foppa
begrüsst die Innovation.
Fragezeichen gibt es bei
der Alpkäseproduktion,
SUSANNE MEIER
Beat und Karin Betschart aus
Muotathal SZ bewirtschaften
einen Stufenbetrieb. Bisher hatte der Bauer und Älpler drei
Melkanlagen, je eine im Tal, auf
dem Vorsäss und auf der Alp.
Seit diesem Jahr milkt ein Roboter, genauer ein Astronaut A3
Next der Firma Lely, die 36 Kü he an allen drei Standorten. Das
automatische Melksystem ist
eingebaut in einen Baucontainer auf Rädern. Dieser beinhaltet auch den Kompressor für
den pneumatisch angetriebenen
Roboterarm sowie ein Büro mit
Computer. Er wiegt rund
3500kg und wird mit dem Traktor gezogen. Der fahrbare
Milchtank steht bei Betscharts
neben dem Container, er Hesse
sich aber ebenfalls integrieren.
Beat Betscharts erste Erfahrungen mit dem Betrieb auf dem
Vorsäss sind positiv: «Bisher
funktioniert der Astronaut, der
vor dem Stall aufgestellt ist, bestens. Wir hatten noch keine Stö-
Der Bereich vor dem Alpstall dient den Kühen als Warteraum vor dem Roboter. (Bild: zvg)
rungen.» Von den stallnahen
Weiden würden die Kühe
selbstständig rund um die Uhr
den Roboter aufsuchen, um sich
melken z~ lassen, so Betschart,
«auch stehen sie jeden Morgen
pünktlich um 5.30 Uhr zum
Melken bereit. » Seien die Tiere
weiter vom Stall entfernt, müsse
er sie hin und wieder holen.
Laut Tiziano Ziliani von Lely
Schweiz ist Betscharts Astronaut bislang einmalig: «Es handelt sich um den weltweit ersten
mobilen Roboter, der auf der
Alp Kühe milk\.» In Luxemburg
sei schon ein Astronaut mit Rädern versehen worden, doch
dieser arbeite nur auf dem Talbetrieb. «Wir haben allerdings
schon weitere Anfragen für mobile Roboter erhalten.»
Für Curdin Foppa von der
Fachstelle Alpwirtschaft am
Plantahof in Landquart G R
macht ein Roboter auf kleineren
Alpen durchaus Sinn: «Das
Alppersonal kann die Arbeit flexibler ein teilen, und die Arbeitsbelastung sinkt, wenn das Melken wegfäll\.» Auf Genossenscliaftsalpen mit über 100 Kühen sei ein automatisches Melksystem aber nicht möglich. «Die
Kühe müssen an den Roboter
gewohnt sein, und auf zu
grossen Weiden werden die
Wege zu lang. »
Greyerzerproduzenten dürfen ihre Kühe nicht mit dem Roboter melken. Und auch Hansueli Burri, Präsident der Sortenorganisation Berner Alp- und
Hobelkäse AOP, macht diesbezüglich Vorbehalte: «Im Pflichtenheft ist der Melkroboter
zwar nicht explizit verboten.: Es
steht jedoch geschrieben, dass
das älteste Gemelk bei Beginn
der Verarbeitung maximal 15
Stunden alt sein darf. Somit ist
das Melken mit dem Roboter
bei einer Verarbeitung am Tag
nicht möglich. »
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FELD & 51
Samstag, 27. Juni 2015
ALPWIRTSCHAFT: Ein mobiler Melkroboter versieht seinen Dienst im Berggebiet
Der Roboter kOßlßlt ßlit auf die Alp
Vom Talbetrieb auf die
VOl'weide und dann auf
den Sömmerungsbetrieb:
Beat und Karin Betschart
aus Muotathal SZ gehen
seit diesem Jahr nicht nur
mit ihren 36 Kühen, sondern auch mit dem Melkroboter z Alp.
SUSANNE MEIER
Beat und Karin Betschart bewirtschaften einen Milchwirtschaftsbetrieb im Muotatal, dazu eine Vorweide und eine Alp
am Pragelpass. Wie auf einem
Stufenbetrieb üblich, ziehen sie
mit den '36 Kühen erst ins Vorsäss und dann auf die Alp. Weniger üblich ist, dass Betscharts
nicht nur Kühe und Hausrat,
sondern auch die Melkanlage
zügeln. Bei dieser handelt es
sich um einen pneumatisch an~
getriebenen Lely-Melkroboter
Astronaut A3 Next inklusive
Kompressor und Stallbüro mit
Computer, der in einem Baucontainer auf Rädern untergebracht ist. "Wir stellen den Container vor dem Stall auf», erklärt Beat Betschart, «somit
können die Kühe den Stall und
den Vorplatz als Wartebereich
nutzen.»
Pünktlich um halb sechs
Auf der Vorweide und der Alp
wird das Vieh ganztags geweidet. Betscharts erste Erfahrungen zeigen, dass sich die Vollweide mit dem automatischen
Melken kombinieren lässt und
es kaum zu Stau vor dem Roboter kommt: «Liegt die Weide
weiter weg und haben die Kühe
dort auch Wasser, kann das dazu führen , dass sie nicht selber
kommen, um sich melken zu
Rund 3500 kg wiegt der Container, der mit dem Traktor gezügelt wird. (Bilder: zvg)
Nach dem Umzug aufs Vorsäss und auf die Alp ist der
Astronaut jeweils rasch einsatzbereit.
nen Stall und den Vorplatz nutzen die Kühe als Wartebereich.
Von der Weide her haben die Tiere immer Zugang zum Roboter
lassen . Dann muss ich sie holen. » Auf stallnahen Weiden
hingegen würden sie den Roboter jederzeit selber aufsuchen.
«Und am Morgen kommen sie
pünktlich um halb sechs.»
PIONIERPROJEKT
Ers'ltz für den Melkstand
Betschart ist zufrieden mit
seinem Alpcontainer, den er seit
November 2014 besitzt und nun
erstmals auch im Sömmerungsgebiet einsetzt. «Früher hatten
wir zwei Absauganlagen und einen Melkstand, mit dem das
Melken allerdings viel zu lang
dauerte», erklärt er die Beweggründe für den Kauf. «Für den
Einbau eines grösseren Melkstandes feh lte allerdings der
Platz. Da hat der Container
Vorteile, e~· ist sehr kompakt.»
Ein Notstromaggregat
Der Lely Astronaut bezieht
seinen Strom von einem Notstromaggregaten.
Ansonsten
braucht er nur einen Wasseranschlqss. Mit dem teils unwirtlichen Alpwetter komme er gut
Läut Tiziano Ziliani von Lely
Schweiz ist der Container mit
dem Astronaut A3 Next von
Beat Betschart eine Sonderanfertigung. Er wiegt komplett
etwa 3500 kg und benötigt
zum Betrieb nur einen Wasserund einen Stromanschluss.
zurecht, bestätigt Betschart:
«Störungen hatte ich bisher keine. Doch habe ich einmal ver-
Auf Wunsch kann auch das
neueste Modell, der Astronaut
A4, als mobiler Roboter konzipiert werden. Ebenfalls lässt
sich neben dem Roboter und
dem Stallbüro auch der Milchtank im Container unterbrin-
gen.sum
gessen, ihn nach dem Waschen
wieder zu starten. Dafür kann
der Astronaut aber nichts.»