11.10.2015 Starke und schwache Empfehlungen – wie kommen Leitlinienautoren von der Evidenz zur Empfehlung 7. QS-Konferenz des Gemeinsamen des Gemeinsamen Bundesausschusses 01.-02. Oktober 2015, Berlin Dr. Ulrich Siering Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen Leitlinien Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer sowie Patienten zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie haben zum Ziel, die Patientenversorgung zu verbessern. Ihren Empfehlungen liegen eine systematische Überprüfung der Evidenz und eine Bewertung des Nutzens und Schadens der alternativen Behandlungsoptionen zugrunde. Field MJ, Lohr KN (Ed). Clinical practice guidelines: directions for a new program. Washington: National Academy Press; 1990. Graham RM, et al. (Ed). Clinical practice guidelines we can trust. Washington: National Academies Press; 2011. 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 2 1 11.10.2015 Leitlinienempfehlung Eine Leitlinienempfehlung sollte präzise beschreiben, welches Vorgehen in einer bestimmten Situation und für eine bestimmte Patientengruppe gemäß der gefundenen Evidenz angemessen ist. http://www.agreetrust.org/wp-content/uploads/2014/03/AGREE_II_German-Version.pdf 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 3 Leitlinienerstellung Analyse Versorgungssituation (z. B. Versorgungsdefizite) Formulierung klinisch relevanter Fragestellungen Festlegung eines Leitlinienthemas systematische Recherche zu den Kernfragen Bewertung der Zuverlässigkeit der identifizierten Informationen Bewertung des Nutzen und Schadens Empfehlungsformulierung durch Autorengruppe Review der Leitlinie Implementierung Evaluation Aktualisierung Muche-Borowski C, et. al. Das AWMF-Regelwerk Leitlinien. 2012. [Zugriff: 04.07.2014]. URL: http://www.awmf.org/leitlinien/awmf-regelwerk.html. 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 4 2 11.10.2015 P I C O Population: Beschreibung der Gruppe von Patienten bzw. des Problems Intervention: Welches diagnostisches oder therapeutisches Verfahren ist Gegenstand der Untersuchung? Comparison oder Kontrolle: Was ist die Hauptalternative, mit der die Intervention verglichen werden kann? Outcome: Was soll erreicht werden (Ergebnis, Zielgröße)? 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung P Mortalität sehr wichtig I Morbidität sehr wichtig C Endpunkt... wichtig O Endpunkt... nicht wichtig 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 5 6 3 11.10.2015 Evidenzbewertung nach GRADE Studiendesign Qualität der Evidenz randomisierte Studie hoch Herabstufen falls Heraufstufen falls Qualität der Evidenz Studienqualität Mängel in der Studienmethodik Assoziation Großer oder sehr großer Effekt Hoch Widersprüchliche Effekte Heterogene Ergebnisse Beobachtungsstudie niedrig sonstige Evidenz sehr niedrig Indirekte Evidenz Z. B. nur placebokontrollierte Vergleiche Mittel Dosis-WirkungsBeziehung Vorhandensein einer Dosis-WirkungsBeziehung Präzision Mangelnde Präzision Niedrig Sehr niedrig Publikationsbias Hohes Risiko eines Publikationsbias 1. Guyatt G, Oxman AD, Akl EA, Kunz R, Vist GE, Brozek J et al. GRADE guidelines: 1; introduction; GRADE evidence profiles and summary of findings tables. J Clin Epidemiol 2011; 64(4): 383-394. 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 7 Evidenztabelle Beispiel: Dabigatran 150 mg täglich versus Warfarin bei Vorhofflimmern DECIDE-Internetseite. http://ietd.epistemonikos.org/#/frameworks/54eb9fcc2b38677807178978/evidence_profile 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 8 4 11.10.2015 Qualität der Evidenz – Bewertung auf Studienbasis Ia ≥ 1 sys. Review auf Basis von RCTs Ib ≥ 1 ein großer, hochwertiger RCT IIa ≥ 1 hochwertige Studie ohne Randomisierung IIb ≥ 1 hochwertige Studie eines anderen Typs quasi-experimenteller Studien III ≥ 1 methodisch hochwertige nichtexperimentelle Studie IV Meinungen und Überzeugungen von angesehenen Autoritäten (klinische Erfahrung); Expertenkommissionen; beschreibende Studien Ähnliche Systeme gibt es auch von SIGN, Oxford oder im G-BA http://www.sign.ac.uk/guidelines/fulltext/59/evidence.html http://www.cebm.net/oxford-centre-evidence-based-medicine-levels-evidence-march-2009/ Verfahrensordnung des G-BA, S. 33f: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1002/VerfO_2014-12-18_iK-2015-04-16.pdf Agency for Health Care Policy and Research, Department of Health and Human Services. Acute pain management: operative or medical procedures and trauma. Clinical practice guideline no. 1. AHCPR Publication 92–0032. Rockville, MD, USA: AHCPR, 1992; 100 – 107. 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 9 Von der Evidenz zur Empfehlung??!! Handlungsempfehlung für eine konkrete Versorgungssituation Evidenz 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 10 5 11.10.2015 Von der Evidenz zur Empfehlung Es geht um die Zuverlässigkeit der Evidenz Nutzen und Risiko Kosten Normen und Werte Muche-Borowski C, et. al. Das AWMF-Regelwerk Leitlinien. 2012. [Zugriff: 04.07.2014]. URL: http://www.awmf.org/leitlinien/awmf-regelwerk.html. http://www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/TE/Info/Leitfaden.pdf http://www.sign.ac.uk/pdf/sign50.pdf 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 11 Von der EU ab 2011 für 5 Jahre gefördertes Projekt Ziel von DECIDE: Verbesserung der Dissemination und Implementierung von evidenzbasierten Empfehlungen. https://colloquium.cochrane.org/sites/2015.colloquium.cochrane.org/files/uploads/users/u6207/EtD.pdf 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 12 6 11.10.2015 Relevanz: Handelt es sich um ein prioritäres Problem? Ergebnisse: Wie groß sind die erwünschten Effekte (Nutzen)? Ergebnisse: Wie groß sind die unerwünschten Effekte (Schaden)? https://colloquium.cochrane.org/sites/2015.colloquium.cochrane.org/files/uploads/users/u6207/EtD.pdf 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 13 Ergebnisse: Wie vertrauenswürdig sind die Ergebnisse (Unsicherheit)? Endpunkte: Relevanz der Endpunkte für die Patienten? Unsicherheit? Abwägung: Ist die Intervention oder die Kontrolle überlegen? https://colloquium.cochrane.org/sites/2015.colloquium.cochrane.org/files/uploads/users/u6207/EtD.pdf 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 14 7 11.10.2015 Ressourcen: Wie hoch sind die Kosten? Ressourcen: Wie sicher sind diese Informationen? Abwägung: Ist die Intervention oder Kontrolle kosteneffektiver? https://colloquium.cochrane.org/sites/2015.colloquium.cochrane.org/files/uploads/users/u6207/EtD.pdf 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 15 Gleichheit: Einfluss der Intervention auf Gerechtigkeit im Gesundheitssystem Akzeptanz: Wird die Intervention von wichtigen Stakeholdern akzeptiert? Umsetzbarkeit: Kann die Intervention implementiert werden? https://colloquium.cochrane.org/sites/2015.colloquium.cochrane.org/files/uploads/users/u6207/EtD.pdf 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 16 8 11.10.2015 Formulierung und Begründung der Empfehlung “We recommend...” Starke Empfehlung für die Intervention “We recommend against...” Starke Empfehlung gegen die Intervention “We suggest...” Schwache Empfehlung für die Intervention 01.10.2015 “We suggest against...” Schwache Empfehlung gegen die Intervention Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 17 Andere Graduierungssysteme Lindenfeld J, et al. HFSA 2010 comprehensive heart failure practice guideline. J of Card Fail 2010; 16(6): e1-e194. http://www.leitlinien.de/mdb/downloads/nvl/literatur/mr-aufl-4-version-1.pdf Howlett JG, et al. The 2010 Canadian Cardiovascular Society guidelines for the diagnosis and management of heart failure update. Can J Cardiol 2010; 26(4): 185-202. 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 18 9 11.10.2015 Fazit Leitlinienempfehlungen werden durch eine Vielzahl an Faktoren beeinflusst. Wichtig sind dabei insbesondere die Beurteilung der Sicherheit der Evidenz des Nutzen-Schaden-Verhältnisses der Kosteneffizienz sowie der Gleichheit, Akzeptanz und Umsetzbarkeit (Werte Präferenzen) Ein strukturiertes Vorgehen bei der Empfehlungsformulierung (DECIDE und formale Konsensverfahren) können mögliche verzerrende Faktoren bei der Empfehlungsformulierung reduzieren 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 19 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Im Mediapark 8 (Kölnturm) D-50670 Köln Telefon +49-221/3 56 85-510 Telefax +49-221/3 56 85-1 [email protected] www.iqwig.de Photo: http://img.fotocommunity.com/images/Koeln-Rhein-Erftkreis/Koeln/KoelnTurm-im-Mediapark-a24731976.jpg 01.10.2015 Ulrich Siering / Von der Evidenz zur Empfehlung 20 10
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