Vergaberecht – klare Regeln, klare Begriffe Offene Verfahren und offener Wettbewerb, Teilnahmewettbewerb und Verhandlungsverfahren: Die Begriffe ähneln sich, auch wenn es um ganz verschiedene Dinge geht. Eine Begriffserklärung der Bundesarchitektenkammer schafft Klarheit. Die im Zusammenhang mit den Regelungen zum Vergaberecht verwendeten Begriffe führen nicht selten zu Verwirrung beim Anwender. So wird im Zusammenhang mit der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen oft vom sog. „VOF-Verfahren“ gesprochen. Dies ist jedoch kein eigenes Verfahren oder gar ein allgemeingültiger bzw. rechtlich abgesicherter Begriff. Vielmehr ist „VOF“ nur das Kürzel für eine eigenständige Vergabeordnung (Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen), die wiederum eine spezifische VergabeVerfahrensart ausweist und dies ist das sogenannte „Verhandlungsverfahren“. Daneben gibt es andere Vergabeordnungen – die für Bauleistungen (VOB/A) und für andere Leistungen (VOL), die sich von den freiberuflichen Leistungen insbesondere dadurch unterscheiden, dass sie vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar sind. Diese verschiedenen Vergabeordnungen gelten für den sog. Oberschwellenbereich und leiten sich aus europäischen Richtlinien ab. Der Schwellenwert für Architektenleistungen liegt heute bei 207.000 Euro (netto) Honorar. In den Vergabeordnungen sind vier Grundvergabearten geregelt – Offenes Verfahren, Nichtoffenes Verfahren, Verhandlungsverfahren, Wettbewerblicher Dialog – und es finden sich einige Begrifflichkeiten, die ähnlich klingen und daher leicht miteinander verwechselt werden können, so zum Beispiel das „Offene Verfahren“ und der „Offene Wettbewerb“ bzw. das „Nichtoffene Verfahren“ und der „Nichtoffene Wettbewerb“. Zuweilen nicht hinreichend auseinandergehalten werden aber auch die „(Planungs-) Wettbewerbe“ gemäß VOF und der sogenannte „Teilnahmewettbewerb“ – neben dem Begriff „Wettbewerb“ an sich, der im Allgemeinen als Preis-, bei uns aber als Leistungswettbewerb verstanden wird. Diese Begriffe werden daher nachfolgend entwirrt und erläutert: „Offenes Verfahren“ und „Offener Wettbewerb“ Bei dem Offenen Verfahren handelt es sich um ein Angebotsverfahren. In diesem erfolgt eine öffentliche Ausschreibung durch den Auftraggeber auf Basis einer erschöpfenden Leistungsbeschreibung mit der Aufforderung, Angebote einzureichen. Die Bewerber benennen in ihrem Angebot die Preise, die sie für ihre Leistungen verlangen. Das Offene Verfahren ist nach derzeitigem Recht von öffentlichen Auftragsgebern vorrangig bei der Vergabe von Bau- und sonstigen Leistungen heranzuziehen. Das Offene Verfahren verlangt, alle Angebote zeitgleich zu öffnen (Submissionstermin) und verbietet das Verhandeln über 1 die Angebote. Ergebnis des Offenen Verfahrens ist der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot, was nicht unbedingt gleichbedeutend mit dem niedrigsten Preis ist. Es gilt nach derzeitigem Recht grundsätzlich nicht für die Vergabe freiberuflicher Leistungen von Architekten, da die Vergabe freiberuflicher Leistungen von Architekten ausschließlich im Verhandlungsverfahren erfolgt (s.u.). Bei einem Offenen Wettbewerb schreibt der Auslober den Wettbewerb öffentlich und ohne Zugangshürden aus. Er erlaubt jedem die Teilnahme, der die Zugangsvoraussetzungen, in der Regel die berufliche Qualifikation besitzt. Diese Voraussetzung ist grundsätzlich mit der Qualifikation und Eintragung in die Liste der zuständigen Architektenkammer als Architekt, Landschaftsarchitekt oder Stadtplaner erfüllt. Ergebnis des Offenen Wettbewerbs ist kein Angebot, sondern ein Lösungsvorschlag für die gestellte Aufgabe. Ein Preisgericht entscheidet lediglich über die Rangfolge der besten Entwürfe; es erfolgt noch kein Zuschlag bzw. keine Vergabe des Auftrags. „Nichtoffenes Verfahren“ und „Nichtoffener Wettbewerb“ Beim „Nichtoffenen Verfahren“ handelt es sich um ein Angebotsverfahren, bei dem zwar öffentlich – nach vorab bestimmten Kriterien - zur Teilnahme über einen Teilnahmewettbewerb aufgefordert, sodann aber aus dem Bewerberkreis eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert wird. Danach ist das Prozedere wie beim Offenen Verfahren: es erfolgt die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, die Submission und darauf der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot. Auch das Nichtoffene Verfahren ist wie das Offene Verfahren nach derzeitigem Recht für die Vergabe von Architektenleistungen grundsätzlich nicht anwendbar, da die Vergabe freiberuflicher Leistungen von Architekten ausschließlich im Verhandlungsverfahren erfolgt (s.u.). Beim „Nichtoffenen Wettbewerb“ ist – wie beim Nichtoffenen Verfahren – ein Teilnahmewettbewerb (im Oberschwellenbereich) erforderlich. Hier fordern Auslober interessierte Fachleute öffentlich zur Bewerbung auf. Die Bewerber, die zur Teilnahme am Wettbewerb zugelassen werden, werden auf der Grundlage ihrer Bewerbung im Teilnahmewettbewerb nach vorab bestimmten (eindeutigen, nicht diskriminierenden, angemessenen und qualitativen) Kriterien ausgewählt. In der Wettbewerbsbekanntmachung bzw. der Aufforderung zur Bewerbung sind diese Kriterien, die angestrebte Zahl an Teilnehmern, die vorzulegenden Nachweise, das zur Auswahl der Teilnehmer angewandte Verfahren sowie ggf. die Namen bereits vorausgewählter Teilnehmer anzugeben. Im Gegensatz zum Offenen Wettbewerb geht es beim Nichtoffenen Wettbewerb lediglich um die Eingrenzung der Teilnehmerzahlen, die der Größe und Bedeutung der Wettbewerbsaufgabe angemessen sein soll. Alles Übrige ist identisch: Lösungsvorschläge, Preisgericht, Rangfolge – kein unmittelbarer Zuschlag bzw. keine Vergabe des Auftrags. „Teilnahmewettbewerb“ und „Wettbewerbe (Planungswettbewerbe) “ Besonderes oft verwechselt wird der Teilnahmewettbewerb mit dem Wettbewerb im Sinne eines Planungswettbewerbs. Der „Teilnahmewettbewerb“ spielt im Nichtoffenen Verfahren, dem Verhandlungsverfahren - mit und ohne Nichtoffenen Wettbewerb - und dem Wettbewerblichen Dialog eine Rolle und 2 stellt eine Vorstufe zum eigentlichen Vergabeverfahren dar, um die Anzahl der Bewerber begrenzen zu können. Anders als beim Offenen Verfahren bzw. analog dem Offenen Wettbewerb, in dem die Bewerber unmittelbar zur Abgabe eines Angebotes bzw. Abgabe eines Wettbewerbsentwurfs aufgefordert werden, werden diese bei den anderen drei (den sogenannten zweistufigen) Vergabeverfahren zunächst „nur“ zur Teilnahme aufgerufen. Im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs wird die Zahl der Bewerber reduziert (1. Stufe). Erst im Anschluss hieran werden die verbleibenden Bewerber zur Abgabe eines Angebots oder zur Teilnahme am Wettbewerb aufgefordert (2. Stufe). Der „Planungswettbewerb“ stellt kein eigenständiges Vergabeverfahren dar. Er zielt auf alternative Entwurfs-Vorschläge insbesondere auf dem Gebiet der Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens (Wettbewerbsentwurf). Im Oberschwellenbereich richten sich die Planungswettbewerbe nach der VOF und müssen damit grundsätzlich im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens durchgeführt werden; Verfahrensregeln für die Durchführung der Wettbewerbe bietet die Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013). Das bedeutet, dass im Anschluss an den Wettbewerb – im Oberschwellenbereich – immer Verhandlungen durchgeführt werden müssen, für die eigenständige Zuschlagskriterien zu benennen sind. Die Verhandlungen sind entweder mit dem ersten Preisträger oder mit allen Preisträgern zu führen – je nachdem, wie es in der Auslobung formuliert ist. Das Vergaberecht wird derzeit novelliert. Über die Änderungen wird die BAK kontinuierlich informieren. Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer Berlin, 1.6.2015 3
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