Begriffsklärungen im Vergaberecht_Anmerkungen_final - 2-

Vergaberecht – klare Regeln, klare Begriffe
Offene Verfahren und offener Wettbewerb, Teilnahmewettbewerb und Verhandlungsverfahren:
Die Begriffe ähneln sich, auch wenn es um ganz verschiedene Dinge geht. Eine Begriffserklärung
der Bundesarchitektenkammer schafft Klarheit.
Die im Zusammenhang mit den Regelungen zum Vergaberecht verwendeten Begriffe führen
nicht selten zu Verwirrung beim Anwender. So wird im Zusammenhang mit der Vergabe von
Architekten- und Ingenieurleistungen oft vom sog. „VOF-Verfahren“ gesprochen. Dies ist
jedoch kein eigenes Verfahren oder gar ein allgemeingültiger bzw. rechtlich abgesicherter
Begriff. Vielmehr ist „VOF“ nur das Kürzel für eine eigenständige Vergabeordnung
(Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen), die wiederum eine spezifische VergabeVerfahrensart ausweist und dies ist das sogenannte „Verhandlungsverfahren“. Daneben gibt
es andere Vergabeordnungen – die für Bauleistungen (VOB/A) und für andere Leistungen
(VOL), die sich von den freiberuflichen Leistungen insbesondere dadurch unterscheiden,
dass sie vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar sind. Diese verschiedenen
Vergabeordnungen gelten für den sog. Oberschwellenbereich und leiten sich aus
europäischen Richtlinien ab. Der Schwellenwert für Architektenleistungen liegt heute bei
207.000 Euro (netto) Honorar. In den Vergabeordnungen sind vier Grundvergabearten
geregelt – Offenes Verfahren, Nichtoffenes Verfahren, Verhandlungsverfahren,
Wettbewerblicher Dialog – und es finden sich einige Begrifflichkeiten, die ähnlich klingen und
daher leicht miteinander verwechselt werden können, so zum Beispiel das „Offene
Verfahren“ und der „Offene Wettbewerb“ bzw. das „Nichtoffene Verfahren“ und der
„Nichtoffene Wettbewerb“. Zuweilen nicht hinreichend auseinandergehalten werden aber
auch die „(Planungs-) Wettbewerbe“ gemäß VOF und der sogenannte
„Teilnahmewettbewerb“ – neben dem Begriff „Wettbewerb“ an sich, der im Allgemeinen als
Preis-, bei uns aber als Leistungswettbewerb verstanden wird. Diese Begriffe werden daher
nachfolgend entwirrt und erläutert:
„Offenes Verfahren“ und „Offener Wettbewerb“
Bei dem Offenen Verfahren handelt es sich um ein Angebotsverfahren. In diesem erfolgt
eine öffentliche Ausschreibung durch den Auftraggeber auf Basis einer erschöpfenden
Leistungsbeschreibung mit der Aufforderung, Angebote einzureichen. Die Bewerber
benennen in ihrem Angebot die Preise, die sie für ihre Leistungen verlangen. Das Offene
Verfahren ist nach derzeitigem Recht von öffentlichen Auftragsgebern vorrangig bei der
Vergabe von Bau- und sonstigen Leistungen heranzuziehen. Das Offene Verfahren verlangt,
alle Angebote zeitgleich zu öffnen (Submissionstermin) und verbietet das Verhandeln über
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die Angebote. Ergebnis des Offenen Verfahrens ist der Zuschlag auf das wirtschaftlichste
Angebot, was nicht unbedingt gleichbedeutend mit dem niedrigsten Preis ist. Es gilt nach
derzeitigem Recht grundsätzlich nicht für die Vergabe freiberuflicher Leistungen von
Architekten, da die Vergabe freiberuflicher Leistungen von Architekten ausschließlich im
Verhandlungsverfahren erfolgt (s.u.). Bei einem Offenen Wettbewerb schreibt der Auslober
den Wettbewerb öffentlich und ohne Zugangshürden aus. Er erlaubt jedem die Teilnahme,
der die Zugangsvoraussetzungen, in der Regel die berufliche Qualifikation besitzt. Diese
Voraussetzung ist grundsätzlich mit der Qualifikation und Eintragung in die Liste der
zuständigen Architektenkammer als Architekt, Landschaftsarchitekt oder Stadtplaner erfüllt.
Ergebnis des Offenen Wettbewerbs ist kein Angebot, sondern ein Lösungsvorschlag für die
gestellte Aufgabe. Ein Preisgericht entscheidet lediglich über die Rangfolge der besten
Entwürfe; es erfolgt noch kein Zuschlag bzw. keine Vergabe des Auftrags.
„Nichtoffenes Verfahren“ und „Nichtoffener Wettbewerb“
Beim „Nichtoffenen Verfahren“ handelt es sich um ein Angebotsverfahren, bei dem zwar
öffentlich – nach vorab bestimmten Kriterien - zur Teilnahme über einen
Teilnahmewettbewerb aufgefordert, sodann aber aus dem Bewerberkreis eine beschränkte
Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert wird. Danach ist das Prozedere
wie beim Offenen Verfahren: es erfolgt die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, die
Submission und darauf der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot. Auch das
Nichtoffene Verfahren ist wie das Offene Verfahren nach derzeitigem Recht für die Vergabe
von Architektenleistungen grundsätzlich nicht anwendbar, da die Vergabe freiberuflicher
Leistungen von Architekten ausschließlich im Verhandlungsverfahren erfolgt (s.u.).
Beim „Nichtoffenen Wettbewerb“ ist – wie beim Nichtoffenen Verfahren – ein
Teilnahmewettbewerb (im Oberschwellenbereich) erforderlich. Hier fordern Auslober
interessierte Fachleute öffentlich zur Bewerbung auf. Die Bewerber, die zur Teilnahme am
Wettbewerb zugelassen werden, werden auf der Grundlage ihrer Bewerbung im
Teilnahmewettbewerb nach vorab bestimmten (eindeutigen, nicht diskriminierenden,
angemessenen und qualitativen) Kriterien ausgewählt. In der Wettbewerbsbekanntmachung
bzw. der Aufforderung zur Bewerbung sind diese Kriterien, die angestrebte Zahl an
Teilnehmern, die vorzulegenden Nachweise, das zur Auswahl der Teilnehmer angewandte
Verfahren sowie ggf. die Namen bereits vorausgewählter Teilnehmer anzugeben. Im
Gegensatz zum Offenen Wettbewerb geht es beim Nichtoffenen Wettbewerb lediglich um die
Eingrenzung der Teilnehmerzahlen, die der Größe und Bedeutung der Wettbewerbsaufgabe
angemessen sein soll. Alles Übrige ist identisch: Lösungsvorschläge, Preisgericht, Rangfolge
– kein unmittelbarer Zuschlag bzw. keine Vergabe des Auftrags.
„Teilnahmewettbewerb“ und „Wettbewerbe (Planungswettbewerbe) “
Besonderes oft verwechselt wird der Teilnahmewettbewerb mit dem Wettbewerb im Sinne
eines Planungswettbewerbs.
Der „Teilnahmewettbewerb“ spielt im Nichtoffenen Verfahren, dem Verhandlungsverfahren
- mit und ohne Nichtoffenen Wettbewerb - und dem Wettbewerblichen Dialog eine Rolle und
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stellt eine Vorstufe zum eigentlichen Vergabeverfahren dar, um die Anzahl der Bewerber
begrenzen zu können. Anders als beim Offenen Verfahren bzw. analog dem Offenen
Wettbewerb, in dem die Bewerber unmittelbar zur Abgabe eines Angebotes bzw. Abgabe
eines Wettbewerbsentwurfs aufgefordert werden, werden diese bei den anderen drei (den
sogenannten zweistufigen) Vergabeverfahren zunächst „nur“ zur Teilnahme aufgerufen. Im
Rahmen des Teilnahmewettbewerbs wird die Zahl der Bewerber reduziert (1. Stufe). Erst im
Anschluss hieran werden die verbleibenden Bewerber zur Abgabe eines Angebots oder zur
Teilnahme am Wettbewerb aufgefordert (2. Stufe).
Der „Planungswettbewerb“ stellt kein eigenständiges Vergabeverfahren dar. Er zielt auf
alternative Entwurfs-Vorschläge insbesondere auf dem Gebiet der Raumplanung, des
Städtebaus und des Bauwesens (Wettbewerbsentwurf). Im Oberschwellenbereich richten
sich die Planungswettbewerbe nach der VOF und müssen damit grundsätzlich im Rahmen
eines Verhandlungsverfahrens durchgeführt werden; Verfahrensregeln für die Durchführung
der Wettbewerbe bietet die Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013). Das bedeutet,
dass im Anschluss an den Wettbewerb – im Oberschwellenbereich – immer Verhandlungen
durchgeführt werden müssen, für die eigenständige Zuschlagskriterien zu benennen sind.
Die Verhandlungen sind entweder mit dem ersten Preisträger oder mit allen Preisträgern zu
führen – je nachdem, wie es in der Auslobung formuliert ist.
Das Vergaberecht wird derzeit novelliert. Über die Änderungen wird die BAK kontinuierlich
informieren.
Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer
Berlin, 1.6.2015
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