KHSG: Kürzungen und ihre Auswirkungen

das
Krankenhaus
Politik
8.2015
KHSG: Kürzungen und ihre
Auswirkungen
D
ie Gesundheitspolitiker der Regierungsparteien stehen
unter Druck. Der Regierungsentwurf zum KHSG ist
höchst umstritten – nicht nur in den Krankenhäusern: Auch
der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme den Gesetzesentwurf kritisiert, in den Kommunen regt sich Widerstand.
Zur Unterstützung für politische Gespräche und für Diskussionen in den Krankenhäusern vor Ort sind aus verschiedenen Bereichen der Regierungskoalition Argumentationspapiere erstellt worden. Die Autoren stellen dabei die von der
DKG aufgezeigten negativen Auswirkungen durch die Krankenhausreform in Frage.
Doch die Liste der Kürzungspunkte im Gesetzentwurf zeigt
deutlich: Es sind sehr wohl Änderungen vorgesehen, die das
Ziel haben, die Vergütung für die Krankenhäuser weiter zu begrenzen. Die zentralen Ursachen für die Defizite vieler Krankenhäuser – vor allem die Diskrepanzen zwischen den Personalkostenzuwächsen auf der einen und die gesetzlich gedeckelten Vergütungszuwächse auf der anderen Seite – werden
nicht beseitigt. An den maßgeblichen Mechanismen der Preisbildung sind Kürzungen vorgesehen.
Insbesondere durch den Wegfall des Versorgungszuschlages (0,8-prozentige Preisverbesserung) und durch die Einführung neuer, überzogen hoher Preisabschläge bei Leistungszuwächsen werden den Krankenhäusern im Jahr 2017 rund
1 Mrd. € entzogen – zusätzlich zu bereits mit vorausgegangener Gesetzgebung installierten Kürzungen.
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Abschläge und Kürzungen im Gesetzentwurf
zum KHSG
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1. Wegfall des Versorgungszuschlages ab 2017
Seit 2013 werden die Landesbasisfallwerte (Punktewerte) für die Bepreisung der Fallpauschalen zusätzlich um
0,8 Prozent erhöht. Der ab 2017 vorgesehene Wegfall ist
eine Kürzung. Die Kassen sparen ab 2017 jährlich
500 Mio. €. Hiervon wären alle Krankenhäuser betroffen.
2. Neue Landesbasisfallwertkürzungen
Bei den Verhandlungen über die Landesbasisfallwerte
im Rahmen der durch die Grundlohnrate bzw. den
Orientierungswert ohnehin vorgegebenen Obergrenze
gibt die Reform den Kassen drei neue Kürzungskriterien
(Produktivität, Fehlbelegungsvermutung, vermutetes
ambulantes Potenzial) an die Hand. Das sind drei neue
Kürzungskomponenten, die bewirken sollen, dass den
Krankenhäusern so wenig wie möglich von der Grundlohnrate zur Verfügung steht. Betroffen wären alle Kliniken.
3. Mehrleistungsabschläge bis 2018
Für Leistungszuwächse in 2016 werden den betroffenen
Krankenhäusern noch in 2017 und 2018 25 Prozent
Mehrleistungsabschläge abverlangt. Aus Sicht der gro726
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9.
ßen Anzahl betroffener Krankenhäuser eine unverhältnismäßige Fortsetzung hoher Kürzungen.
Überzogen hohe Fixkostendegressionsabschläge
Im Vergleich zu den Mehrleistungsabschlägen werden
die Fixkostendegressionsabschläge deutlich höher, deutlich länger und mit deutlich weniger Ausnahmen versehen. Zudem werden Fixkostendegressionsabschläge
nicht durch die mit der Reform vorgesehenen Entlastungseffekte durch den Teilabbau der doppelten Degression bei den Landesbasisfallwerten ausgeglichen. Die
doppelte Degression bleibt – zwar gemindert – fortbestehen und führt zusammen mit den neuen Kürzungskomponenten beim Landesbasisfallwert zu Kürzungseffekten insgesamt. Aus Sicht der von den sehr hohen
Fixkostendegressionsabschlägen betroffenen Krankenhäuser finden Preiskürzungen in der Größenordnung
von 30 bis 50 Prozent statt. Dies betrifft sehr viele Kliniken.
Ergänzende Fixkostendegressionsabschläge
Zusätzlich zu den landesweit festgelegten Abschlägen
sollen die Kassen weitere Preisabschläge bei bestimmten Leistungen von den Häusern verlangen können –
eine ergänzende Kürzung, die viele Häuser betrifft.
Absenkung von Fallpauschalen-Relativgewichten
Die gesetzliche Vorgabe zur Absenkung der Bewertungsrelationen und damit letztlich der Fallpauschalenpreise ist für die Krankenhäuser, die diese Leistungen
erbringen, eine zum Teil massive Preiskürzung. Auch
diese Kürzung würde viele Kliniken treffen.
Kürzungen beim Bundesbasisfallwert ab 2020
Bislang wird der Bundesbasisfallwert als Maßstab für
die Anpassung der Landesbasisfallwerte (im Rahmen
der Konvergenz der Landespreise an den durchschnittlichen Bundespreis) durch die Grundlohnrate weiterentwickelt. Ab 2020 soll die regelmäßig niedrigere durchschnittliche Vereinbarungsrate für die Landesbasisfallwerte der Maßstab sein – eine eindeutige Kürzung, von
der sehr viele Kliniken betroffen sein werden.
Kürzungen vom Orientierungswert
In 2014 und 2015 galt: Ist der Orientierungswert höher
als die Grundlohnrate, konnte bis zur vollständigen
Höhe des Orientierungswertes verhandelt werden. Dieser Wert dient als Obergrenze für die Verhandlungen
der Landesbasisfallwerte. Ab 2016 ist der Verhandlungsspielraum auf maximal 1/3 der Differenz zwischen
Grundlohnrate und Orientierungswert begrenzt – eine
Kürzung, die alle Krankenhäuser trifft.
Qualitätsabschläge
Ein höchst streitbehaftetes neues Kürzungsinstrument,
das in keinem anderen Bereich des Gesundheitswesens
und fast nirgendwo auf der Welt praktiziert wird.
8.2015
das
Krankenhaus
10. Rückzahlungen für Psych-PV-Stellen
Eine Ausfinanzierung der regulären Psych-PV-Stellen
auf der Basis der Arbeitgeber-Bruttopersonalkosten hat
bis jetzt zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Die Tariflohnerhöhungen sind durch die gesetzlichen Deckelungen nie vollständig in die Budgets eingeflossen. Die
Budgetzuwächse sind hinter den Personalkostenzuwächsen zurückgeblieben. Soweit Kliniken jetzt nicht
alle Psych-PV-Stellen besetzt haben, sollen sie Rückzahlungen leisten. Durch die gesetzlich gedeckelten Vergütungszuwächse sollen sie also nun mit Vergütungskürzungen bestraft werden. Von diesen Doppelkürzungen
(Kürzungen infolge Kürzungen) wären viele psychiatrische Krankenhäuser betroffen.
Eine Aufrechnung dieser Kürzungen mit den durch die Reform
vorgesehenen Mehrausgaben, etwa für Krankenhausschließungen, kommt dem Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen
gleich. Auch der größte zusätzliche Ausgabenbetrag im Gesetzentwurf, die Mittel für das Pflegestellenförderprogramm, bringt
für die Finanzierungsprobleme bei den Bestandskosten der
Krankenhäuser keine Verbesserungen. Diese Mittel fließen
nur, wenn die Krankenhäuser zuvor Einstellungen und damit
höhere Kosten in die Budgets genommen haben.
Immer wieder wird in den Begründungen für die Reform
und in den Argumentationspapieren der Eindruck erzeugt, die
Politik
Leistungen der Krankenhäuser entwickelten sich auffällig und
problematisch, die Krankenhausausgaben der GKV dementsprechend auch. Doch der Anteil der Krankenhausausgaben
an den Ausgaben der GKV ist heute nicht höher als vor zehn
Jahren. Er ist sogar leicht rückläufig. Auch in den letzten zwei
Jahren sind die Ausgaben der GKV insgesamt stärker als die
Ausgaben für die Krankenhäuser gestiegen. Der Fallzuwachs
in den Krankenhäusern ist mit durchschnittlich 1,25 Prozent
in den letzten zehn Jahren absolut unauffällig. Auch der Vorwurf, die Kliniken in Deutschland würden medizinisch nicht
notwendige Leistungen aus ökonomischen Gründen erbringen, entbehrt jeder Grundlage und wird durch die Gutachten
der Bundesregierung nicht bestätigt. Der Gesetzgeber spricht
von „… Leistungen …, bei denen bereits in erhöhtem Maße
wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen eingetreten
sind …“. Dies ist eine Misstrauensbekundung gegenüber den
Krankenhäusern, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der
Kliniken empört.
Auch die Strategie, nach der die finanziellen Mittel knapp
gehalten werden müssen, um im Krankenhausbereich notwendige Schließungen und Strukturanpassungen zu forcieren, kann für die überwiegende Zahl der Krankenhäuser, deren
Existenzberechtigung zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung heute und in der Zukunft absolut unbestritten ist,
nicht akzeptiert werden und ist ebenfalls maßgeblicher Grund
für die Proteste in den Krankenhäusern.
„
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