Faire und vergleichbare Umsatzvorgaben richtig ermitteln Von Prof. Dr. Sönke Albers, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Vorteile von Umsatzvorgaben Wenn man einem Verkaufsaußendienst lediglich das Ziel vorgibt, einen möglichst hohen Umsatz oder Deckungsbeitrag zu erzielen und mit einer Umsatzprovision die Außendienstmitarbeiter (ADM) entsprechend zu motivieren, dann besteht die Gefahr, dass man später kaum feststellen kann, ob die einzelnen ADM alle Verkaufschancen wahrgenommen haben. Viele Unternehmen versuchen deshalb, möglichst gleich „gute“ Verkaufsgebiete zu schaffen, damit man wenigstens die Leistungen der ADM untereinander vergleichen kann. Wie man aber aus der Verkaufsgebietseinteilung weiß, ist es fast unmöglich, wirklich gleich „gute“ Verkaufsgebiete festzulegen. Besser ist es deshalb, die Unterschiede in der Höhe von Umsatzvorgaben sichtbar zu machen. Darüber hinaus erleichtert eine Umsatzvorgabe auch dem ADM die Planung seiner Verkaufsaktivitäten. Er weiß, welche Umsätze erwartet werden und wird alle seine Anstrengungen darauf ausrichten, diese Vorgabe zu erreichen, vor allem, wenn damit auch Entlohnungskonsequenzen verbunden sind. Vorgabeproblem Aus der Sicht eines Unternehmens besteht ein Interesse an möglichst hohen Umsatzvorgaben, solange diese auch tatsächlich erreicht werden können. Dabei kann das Unternehmen sich nicht der Einschätzung seiner Außendienstmitarbeiter (ADM) bedienen, da diese kein Interesse daran haben, dass das Unternehmen hohe Umsatzvorgaben festlegt, denn dadurch wird es schwerer, hohe Provisionseinkommen zu erzielen und als leistungsstark eingeschätzt zu werden. Somit steht das Unternehmen bei der Festlegung der Höhe der Umsatzvorgabe vor einem Dilemma. Auf der einen Seite ist aus empirischen Studien bekannt, dass herausfordernde Höhen den ADM stimulieren, diese Vorgabe auch tatsächlich zu erreichen, solange er das Gefühl hat, dass er die Vorgabe auch tatsächlich erfüllen kann. Hat er dagegen das Gefühl, dass er die Vorgabe in keinem Fall erreichen kann, so stellt sich eher ein resignierendes Verhalten ein, was zu Umsätzen führt, die nicht den wirklichen Möglichkeiten eines ADM entsprechen. Insofern bringt es für ein Unternehmen nichts, die Vorgaben nach seinem Wunschdenken festzulegen. Vielmehr muss es solche Umsatzvorgaben finden, die herausfordernd, aber erreichbar sind, damit eine starke Motivation erzeugt wird und das Unternehmen gleichzeitig realistische Planzahlen erhält. Die Motivation der ADM wird aber nicht nur allein von der absoluten Höhe der Umsatzvorgabe beeinflusst, sondern auch von der relativen Höhe im Vergleich zu den anderen ADM. Reflektieren die einzelnen Umsatzvorgaben nicht die „Güte“ der einzelnen Verkaufsgebiete, so empfindet der ADM die Vorgaben als ungerecht und ist demotiviert. Aus der Sicht eines Unternehmens besteht deshalb das Ziel darin, Umsatzvorgaben festzulegen, die gerecht, realistisch und herausfordernd zugleich sind. Gerechte Umsatzvorgaben Gerechte Umsatzvorgaben wird man nur bestimmen können, wenn man alle Faktoren erfasst, die die Umsatztätigkeit eines Außendienstmitarbeiters (ADM) beeinflussen, und dabei exogene Einflüsse von der Leistung trennt. Dabei wird unterschieden zwischen Faktoren, die vom ADM beeinflussbar sind, und solchen, die Marktchancen darstellen. Der Preis stellt zunächst einmal eine unternehmenspolitische Entscheidung dar. Hat der ADM jedoch einen preispolitischen Spielraum, so kann er damit die Umsatzerzielung beeinflussen und damit stellt der Preis einen Leistungsfaktor dar. Vergangene Ergebnisse können Leistung darstellen, sofern sie der ADM in der Vergangenheit erzielt hat. Ist er dagegen neu, so sind ihm diese nicht zurechenbar. Im Übrigen muss man dabei unterscheiden, inwieweit die vergangenen Ergebnisse auf die Zukunft positiv oder negativ wirken. Hat der ADM eine gute Kundenbasis geschaffen, die er auch in Zukunft gut ausnutzen kann, so stellt dies eine Leistung dar und sollte bei den Umsatzvorgaben nicht berücksichtigt werden. Bedeuten hohe Umsätze in der Vergangenheit eine hohe Marktpenetration und damit verminderte Möglichkeiten der zukünftigen Umsatzerzielung, so stellt dies einen exogenen Einfluss dar. Implementierung In einem ersten Schritt kann das Verkaufsmanagement nach geeigneten Indikatoren für das Potenzial und seine Realisierung sowie den Einsatz der ADM suchen und erste Regressionsrechnungen durchführen. Danach sollte es noch keine Ergebnisse zeigen, sondern lediglich bekannt geben, welche Indikatoren nach einer Regressionsanalyse tatsächlich in der Vergangenheit Einfluss auf den Umsatz hatten. Dann sollte das Unternehmen den ADM anbieten, jeden anderen Indikator in ähnlicher Weise zu untersuchen. Nachdem schließlich alle signifikanten Faktoren identifiziert worden sind, kann die Stärke der Faktoren bestimmt werden, aus der die Vorgaben resultieren. Leistungsbeurteilung und Entlohnung Arbeitet man mit einem System von Umsatzvorgaben nach den hier unterbreiteten Empfehlungen, so kann man durch einen Vergleich der tatsächlichen Umsätze mit den „gerechten“ Umsatzvorgaben gleichzeitig Aussagen über die Leistung von Außendienstmitarbeitern (ADM) ableiten. Dabei kann man Einsatz und Effi- 1 zienz unterscheiden. Setzt man in die Regressionsgleichung alle Werte der exogenen Faktoren und die tatsächlich eingesetzte Anzahl von Besuchen ein, so ergibt der daraus resultierende SOLL-Umsatz denjenigen Umsatz, den ein durchschnittlich effizienter ADM erzielen kann. Das Verhältnis zwischen tatsächlichem Umsatz und diesem SOLL-Umsatz gibt dann das Ausmaß der ereichten Effizienz an. Ebenso kann man den Umsatz errechnen, der sich bei sonst gleichen Bedingungen durch seinen Einsatz ergeben müsste. Management-Implikationen Unternehmen sollten akzeptieren, dass es sehr schwer ist, wirklich gleich „gute“ Verkaufsgebiete zu gestalten, mit der Folge, dass jedes einfache ProvisionsEntlohnungssystem ungerecht ist. Statt unbedingt gleiche Verkaufsgebiete anzustreben, sollte das Unternehmen mit Umsatzvorgaben arbeiten, die die unterschiedliche Güte der Gebiete reflektieren. Dies ist nicht mit den üblichen Topdown- oder Bottom-up-Ansätzen und auch nicht mit Potenzial-Indikatoren möglich, da meist eine Vielzahl von Einflussfaktoren den Umsatz maßgeblich mitbstimmen. In diesem Beitrag wird deshalb vorgeschlagen, in einem ersten Schritt gerechte Umsatzvorgaben abzuleiten, die den Einfluss exogener, vom ADM nicht beeinflussbarer Faktoren auf den Umsatz aufzeigen. Da gerechte Umsatzvorgaben eventuell nicht herausfordernd sind, wird vorgeschlagen, in einem weiteren Schritt dem ADM ein Bonussystem anzubieten, das den ADM aus eigenem Interesse dazu bringt, die höchste noch für erreichbar gehaltene Umsatzvorgabe zu akzeptieren. Literatur [1] Albers, S.: Steuerung von Verkaufsaußendienstmitarbeitern mit Hilfe von Umsatzvorgaben, in: W. Lücke (Hrsg.): Betriebswirtschaftliche Steuerungs- und Kontrollprobleme, Wiesbaden: Gabler 1988, S. 5-18. [2] Albers, S.: Entscheidungshilfen für den Persönlichen Verkauf, Berlin: Duncker & Humblot 1989. [3] Albers, S.: Faire und vergleichbare Umsatzvorgaben richtig ermitteln, in: S. Albers (Hrsg.): Verkaufsaußendienst. Planung – Steuerung - Kontrolle, Düsseldorf: Symposion Verlag 2002, S. 153-170. [4] Albers, S., Skiera, B. (2000): Umsatzvorgaben für Außendienstmitarbeiter, in: Herrmann, A., Homburg, C. (Hrsg.): Marktforschung. Methoden, Anwendungen, Praxisbeispiele, Wiesbaden: Gabler, S. 957-978. [5] Ryans, A.B. and Weinberg, Ch.B. (1979): Territory Sales Response, Journal of Marketing Research, 16: 453-465. 2
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