Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Vertriebene und Spätaussiedler in Sachsen Diese Ausgabe Das Chöretreffen und Gemeindefest in Reichenbach ist zu einer lieben Tradition geworden. Foto: mm BdV-Präsident im Interview 2 Lieber Heimatfreunde! BdV-Ehrenplakette für Tillich 5 Neuer LVS-Vorstand 6 Friedrich Zempel zum 70. 7 Rumämien: Hoffnung im “vergessenen Dorf“ 9 Schon wieder ist ein Jahr vergangen und wir feiern mit dem Erscheinen dieser Zeitung bereits zum vierten Mal unser zur lieben Tradition gewordenes Chöretreffen in Reichenbach. In Verbindung mit dem Gemeindefest der Ev. Kirchgemeinde MeuselwitzReichenbach freuen wir uns, die Chöre aus Leipzig, Dresden und Hoyerswerda sowie den Chor der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaft Waldenburg/Wałbrzych begrüßen zu dürfen. Das Haus der Heimat sowie das Nollau-Haus sind während des ganzen Tages geöffnet und im benachbarten Via-Regia-Haus wird es ab 13.30 Uhr eine interessante Podiumsdiskussion zum Thema „Flüchtlinge bei uns“ geben. Besuchen Sie unsere neue Ausstellung zu Trachten aus den Heimatgebieten, die am Nachmittag ebenfalls im Via-Regia-Haus zu sehen ist. Vertriebenen-Friedhof Freiberg: Digitale Recherche möglich 10 Kurt Beyer verstorben 11 Kirchentag der Ost-und Westpreußen 12 Die Elchniederung 14 Ostpreußischer Muttertag 15 P r o g r a mm: 1 0 Uh r Go tte s d i e ns t ab 1 1 . 3 0 Uhr Auftritt de r C höre 1 3 . 3 0 U h r P o d i u ms d i s k u s s i o n ( v i a - r e g i a - H a u s ) 1 5 Uhr Auftritt de r C höre B e s i c h t i gu n g: H a u s d e r H e i ma t N o l l a u -H a u s Via-Re gia-H aus Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. BdV-Aktuell BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius im Interview Nach einem halben Jahr im Amt zieht BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius ein erstes Resumee und beantwortet die Fragen unseres Redakteurs Mario Morgner. provokanten Aussagen, forderte immer wieder zum Nachdenken aufund brachte dadurch den BdV in die politische Diskussion. Seit Ihrem Amtsantritt ist es, subjektiv gesehen, recht ruhig um den BdV in den Medien geworden. Fehlen dem BdVdie Themen? Dr. Bernd Fabritius stellt sich den Fragen des LVS . Foto: Patrick Levin/Pressedienst Herr Dr. Fabritius, Sie sind nun fast ein halbes Jahr im Amt. Wie sind Ihre ersten Eindrücke und Erfahrungen als Präsident des BdV, wie haben Sie sich eingearbeitet? Bernd Fabritius: Ich weiß, dass Sie im März Ihren Landesverbandstag mit Vorstandswahl hatten. Daher möchte ich zunächst die Gelegenheit nutzen, ihrem wiedergewählten Landesvorsitzenden Frank Hirche und seinem Landesvorstand auf diesem Wege herzlich zu gratulieren, für die zukünftigen Herausforderungen viel Erfolg zu wünschen und um eine weiterhin so gute Zusammenarbeit zu bitten. Was Ihre Frage angeht: Auch wenn ich die Verbands- und Präsidiumsarbeit seit Jahren kenne, bringt das Präsidentenamt nochmals einen Perspektiv- und Aufgabenwechsel mit sich. Dieses ermöglicht Mitwirkung und Gestaltung aufvielen Ebenen. Nun gilt es, die Landsmannschaften und Landesverbände auf ihren jeweiligen Hauptveranstaltungen direkt kennenzulernen – wenn es terminlich möglich ist. Auf die Art kann ich mich persönlich vorstellen und mich vor Ort über die konkreten Bedürfnisse informieren. Mit den Mitarbeitern der Bundesgeschäftsstelle in Bonn weiß ich gut eingearbeitete, verlässliche Fachleute an meiner Seite, deren Arbeit im Hintergrund für mich von großem Wert ist. Ihre Vorgängerin im Amt, Frau Erika Steinbach, polarisierte oft mit zum Teil Bernd Fabritius: Nach wie vor nimmt der BdV Stellung zu aktuellen Fragen, die sowohl im engeren als auch im weiteren Sinne unsere Anliegen betreffen. Wir haben, nur als Beispiel, heute zum Tod von Prof. Dr. Władysław Bartoszewski, ehemaliger polnischer Außenminister, eine Pressemitteilung mit Kondolenzcharakter herausgegeben. Der BdV erhebt seine Stimme immer dann, wenn Menschen oder Volksgruppen zu Opfern werden. In der Debatte um den Völkermord an den Armeniern hat der BdV als Verband Klartext geredet – wiederum über eine Pressemitteilung, aber auch in meiner Person als Redner vor dem Deutschen Bundestag. Oder denken Sie an die gegen Ende des letzten Jahres erneut entbrannte, öffentliche Debatte über die „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ in Berlin und die aufzubauende Dauerausstellung, deren Entstehung wir von Beginn an begleitet und unterstützt haben – seit sie vielen eine fixe Idee schien und unter „Zentrum gegen Vertreibungen“ oder einfach nur „Sichtbares Zeichen“ gehandelt wurde. Mehrfach habe ich in der regionalen und überregionalen Presse erklärt, dass für den BdV die Umsetzung der einstimmig verabschiedeten Stiftungskonzeption entscheidend ist. Dort heißt es, Flucht, Vertreibung und Integration der Deutschen werde in der Dauerausstellung nicht etwa nur einer, sondern der Schwerpunkt sein. Darüber hinaus habe ich die Leistung von Gründungsdirektor Professor Kittel gewürdigt und deutlich gesagt, dass Personalfragen nicht über die Medien, sondern in den zuständigen Gremien diskutiert werden müssen. Der BdV ist objektiv betrachtet so deutlich und positiv in den Medien, wie lange nicht mehr. Meine Vorgängerin im Amt, die von mir sehr geschätzte Erika Steinbach, war 16 Jahre lang erfolgreich Präsidentin des BdV. Das ist eine lange Zeitspanne, in 2 der sie zahlreiche Initiativen zur Versöhnung und Verständigung auf den Weg gebracht hat. Ihre Amtszeit war geprägt von weitaus mehr ruhigen, am Ergebnis orientierten Phasen als solchen mit Konfliktpotential. Allerdings gilt hier natürlich auch, was für jeden Akteur im öffentlichen Fokus gilt: in Erinnerung bleiben, auch wegen der oft auf Zuspitzung ausgerichteten Arbeit der Medien, eher Dissens und Konflikt. Daran sollten wir die Sacharbeit nicht ausrichten. Wie gestaltete sich das oft nicht einfache Verhältnis zwischen dem BdVund Polen seit ihrem Amtsantritt? Bernd Fabritius: Durch meine Tätigkeit im Europarat, wo ich unter anderem für die Menschenrechts- und Minderheitenpolitik eintrete, stehe ich mit den polnischen Vertretern in diesem Bereich in gutem Kontakt. Dort erlebe ich, dass man auch von selbst auf mich zukommt und das Gespräch sucht. Mein schon lange währender Einsatz für die europäischen Volksgruppen hat mich früh mit den Vertretern der deutschen Minderheit in Polen zusammengebracht, zu denen ich ein freundschaftliches Verhältnis pflege. Gerade im Hinblick auf die „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ habe ich vor kurzem einen interessanten Austausch mit einem wichtigen, polnischen Mitglied aus dem wissenschaftlichen Beraterkreis der Stiftung, Professor Ruchniewicz von der Universität Breslau, beginnen können. Hierbei geht es mir auch darum, dass es gelingt, sich einiger Aspekte deutscher und polnischer Geschichte unvoreingenommener anzunähern. Eine Polenreise in meiner Funktion als BdV-Präsident bereite ich vor. Dabei ist mir im Vorfeld wichtig, mit den Landsmannschaften und den Verbänden der heute noch in Polen lebenden Landsleuten vorwärts gerichtete, tragbare Positionen abzustimmen, um den Prozess der Völkerverständigung, ja der deutsch-polnischen Freundschaft, zu befeuern. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft verzichtet durch eine Satzungsänderung auf den „Rechtsanspruch auf die HeiAusgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. mat“. Wie beurteilen Sie diesen Be- Land, dessen Sprache sie lernen und änderung des eigenen Werteumfeldes, schluss? Ergeben sich daraus neue Per- dessen Wertekompass sie verinnerli- die Angst vor einem ideellen Heimatspektiven im Dialog mit unserem chen müssen. verlust. Und genau dem können und Integration ist ein Bereich, dessen Be- müssen wir entgegenwirken. Nachbarland? Bernd Fabritius: Die Sudetendeutsche Landsmannschaft hat nicht auf die Heimat verzichtet, wie dies hin und wieder dargestellt wird. Vielmehr ist nun in der Satzung und auch im dazu gehörenden Grundsatzprogramm festgeschrieben, wofür die vielen engagierten Sudetendeutschen sich seit Jahrzehnten tagtäglich einsetzen. Gestrichen wurde lediglich „Wiedergewinnung der Heimat“. Es geht – wie übrigens auch im BdV insgesamt – um eine gerechte Völker- und Staatenordnung, Menschenund Grundrechte, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und Volksgruppen. Hierbei ist Eigentum als individuelles und europäisches Menschenrecht selbstverständlich weiter im Fokus. Es geht aber eben auch um das Recht auf die Heimat für – und das ist entscheidend – alle Menschen. Die heute in Schlesien, im Sudetenland und in anderen Heimatgebieten lebenden Menschen haben dort inzwischen selbst Heimat – und niemand will vergangenem Unrecht heute ein neues Unrecht hinzufügen und den Menschen dort dieses Heimatrecht streitig machen! Daraus spricht die ausgestreckte Hand, die viele Vertriebene und Aussiedler immer schon ausgezeichnet hat. Daraus spricht auch der Wunsch, aus eigener Erfahrung ähnlich schlimme Schicksale zukünftig zu vermeiden. Ich erwarte, dass dieses klare Zeichen den Dialog mit der Tschechischen Republik weiter verbessern wird. In den Medien werden häufig die deutschen Opfer von Flucht und Vertreibung bzw. die Aufnahme von Spätaussiedlern mit den heutigen Flüchtlingsströmen verglichen und als positives Argument einer gelungenen Migration genannt. Ist dieser Vergleich aus Ihrer Sicht korrekt? Bernd Fabritius: Pauschale Vergleiche in dieser Hinsicht lehne ich ab. Solche sehe ich auch eher selten. Differenziert betrachtet, gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Heimatverlust und Entwurzelung sind Erfahrungen, die wir mit vielen heutigen Flüchtlingen teilen. Daher stehen wir mit großer Empathie an deren Seite. Klar ist aber, dass die Vertriebenen und Aussiedler als Deutsche nach Deutschland kamen, die gleichen Werte teilten und die gleiche Sprache sprachen wie die hier Ansässigen. Die heutigen Flüchtlinge kommen in ein fremdes deutung für den BdV in Zukunft sogar noch wachsen wird. Die erfolgreiche Eingliederung der vielen Millionen Vertriebenen hatte außer den gesetzlichen Rahmenbedingungen auch andere wichtige Voraussetzungen – etwa Begegnung, Dialog und Eigeninitiative. Schon bevor die weltweite Flüchtlingslage so drängend wurde, haben wir jedem Hilfesuchenden aus ehrlicher Empathie die Hand gereicht und ihm den Weg gewiesen, sich in unserer Gesellschaft zurechtzufinden. Dieses Angebot erhalten wir aufrecht. Die Eingliederung der Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg bleibt ein gutes Beispiel dafür, dass und wie die Integration einer schier unvorstellbaren Menschenzahl erfolgreich gelingen kann. Sie kann gelingen, wenn gesellschaftlicher Dialog und Begegnung vorhanden sind und wenn die Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden. Letztlich gelingt sie aber nur, wenn die Betroffenen sich selbst nach ihren Möglichkeiten aktiv dafür einsetzen und sich mit diesem unserem Land auch identifizieren. Dies haben die Vertriebenen eindrucksvoll gezeigt und sind damit für die heutige Zeit beispielgebend. Stichwort PEGIDA und AfD: Noch immer gehen Tausende Menschen, vor allem in Dresden, auf die Straße. Die Gründe sind sicherlich verschieden, Einigkeit besteht jedoch in der Angst vor Überfremdung. Wie sehen Sie die Rolle des BdV in der gegenwärtigen Asylpolitik der Bundesregierung? Braucht Deutschland ein Einwanderungsgesetz? Bernd Fabritius: Die asylfeindlichen Demonstrationen sehe ich mit Sorge. Wer Solidarität mit denen zeigt, die auf der Straße für den Erhalt der abendländischen Werte werben und es dabei am Wichtigsten – an der Nächstenliebe – fehlen lassen, hat vielleicht nicht durchdacht, vor wessen Karren er sich spannen lässt. Hierin liegt die Gefahr. Dennoch weigere ich mich zu sagen, alle, die da mitmachen, sind Rechtsradikale und Islamfeinde. Viele versuchen, ihren Ängsten Luft zu machen, und es ist die Pflicht der Politik, aufdiese Ängste Antworten zu finden. Was steckt denn hinter diesen Ängsten? Im Kern steckt nicht viel mehr, aber auch nicht weniger dahinter als die Angst vor Überfremdung und einer Ver3 Der BdV kann hier helfen: unsere Erfahrungen nutzen wir in einem engen, landesweiten Netzwerk aus mehreren hundert ehren-, aber auch rund 20 hauptamtlichen Integrationshelfern und haben damit von Beginn an maßgeblich dazu beigetragen, auch den heute nach Deutschland kommenden Flüchtlingen die Eingliederung zu erleichtern. Dieses Netzwerk, ursprünglich konzipiert für die Eingliederung von Aussiedlern und Spätaussiedlern, weist keinen Hilfesuchenden ab und pflegt den Austausch und den Kontakt zu vielen Flüchtlingsgruppen. Unsere Erkenntnisse aus eigenem Schicksal und praktischer Eingliederungsarbeit stehen der Bundesregierung stets zur Verfügung. Keinesfalls – und das habe ich immer wieder gefordert – darf eine Flüchtlingsdebatte auf dem Rücken dieser von Leid belasteten Menschen ausgetragen werden. Die Erlebnisgeneration von Flucht und Vertreibung wird immer kleiner. Wie sehen Sie die Zukunft des BdV? Bedarfes einer Neuausrichtung bzw. wo sehen Sie den Verband in 10Jahren? Bernd Fabritius: Dass die Erlebnisgeneration von Flucht und Vertreibung während und unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges immer älter wird, ist kein Geheimnis. Viele Zeitzeugenberichte sind erfasst worden, aber nichts ersetzt die persönliche Begegnung. Gerade für die Zeitzeugen ist der Erinnerungsfokus wichtig, den wir aktuell verfolgen können. 70 Jahre nach Flucht und Vertreibung erleben sie, wie ihre Geschichte nun wirklich Teil der gesamtgesellschaftlichen Erinnerung wird. Initiativen wie der bundesweite Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung sowie der Aufbau der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ und deren Dauerausstellung im Berliner Deutschlandhaus verdeutlichen dies. Der Bund der Vertriebenen wird diesen Prozess auch zukünftig aktiv über ehrenamtliche, aber auch über Gremienarbeit begleiten und fördern. Doch nicht nur die Erinnerung an Flucht und Vertreibung, sondern ebenso an unsere Herkunft soll erhalten bleiben. Es gilt, die Kultur unserer Herkunftsgebiete zu bewahren und weiterzuentwickeln. Hierfür gibt es im Übrigen einen klaren gesetzlichen Auftrag. Auf diesem Gebiet leisten unsere Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Mitglieder in den Landsmannschaften und Landesverbänden seit Jahrzehnten unschätzbare Arbeit. Ihre Expertise in der Kulturarbeit wird auch weiterhin benötigt. Für umso wichtiger halte ich es, dass Aussiedler- und Spätaussiedler, für die wir uns ja von Beginn an eingesetzt haben, ebenfalls als Vertriebene begriffen werden. Die Verschleppung der gesamten arbeitsfähigen deutschen Zivilbevölkerung in russische Arbeitslager, die allein durch die Herkunft begründete Entrechtung und anhaltende Benachteiligung haben auch in diesen Kreisen zu einem Vertreibungsdruck und schließlich zur Aussiedlung geführt. Der historische Prozess der Vertreibung unserer deutschen Landsleute dauerte damit genau genommen bis zum Zusammenbruch des Ostblocks. Aber auch heute noch kommen Spätaussiedler zu uns, für deren Anliegen und deren rasche Eingliederung sich der BdV maßgeblich engagiert. Insgesamt sprechen wir hier von ca. 4,5 Millionen Menschen seit 1950. Gleichzeitig geht es darum, unseren in der Heimat verbliebenen Freunden eine wirksame und zukunftsfähige Interessenvertretung in Deutschland zu bieten. Außerdem verschwinden die Anliegen der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge nicht mit der Erlebnisgeneration. Kinder, Enkel und zunehmend auch die gesamte Gesellschaft erwarten mit Recht, dass das Erbe – die Erinnerung an Flucht und Vertreibung, die Geschichte und die Kultur der deutschen Ostgebiete – erhalten wird. Zuletzt bleibt es gerade vor dem Hintergrund der weltweiten Lage ein Grundziel unseres Verbandes, Men- schenrechte – und damit auch das Recht aufdie Heimat –zu sichern sowie Flucht und Vertreibung weltweit zu ächten und zu verhindern. Ein wichtiges Thema bleibt die Jugendarbeit. Insbesondere Heranwachsenden bringen wir unsere Geschichte und Kultur nahe. Wir ermutigen sie, unser lebendiges Brauchtum im Rahmen der vielfältigen Aktivitäten unserer Landsmannschaften mitzuerleben. Dies ist ein guter Weg, das Erbe der Vertriebenen im Bewusstsein der jungen Menschen und somit im Bewusstsein der gesamten Gesellschaft zu verankern. Die Themen werden uns also auch in zehn Jahren noch nicht ausgegangen sein. Aussiedlerverbände verzeichnen gerade wegen dieser Themen sogar Mitgliederzuwachs. mm Nur durch Wahrheit zur Verständigung Armenierschicksal angemessen aufarbeiten Die einst geduldete Minderheit der Armenier fiel auf dem Gebiet der heutigen Türkei einem Völkermord zum Opfer. Foto: Auswäriges Amt Bonn - Zum 100. Jahrestag des Beginns des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich am 25. April 2015 erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB: Die Vertreibungen und der Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren müssen wahrheitsgemäß aufgearbeitet und thematisiert werden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Verständigung zwischen den beteiligten Völkern. Nur dadurch kann die Erinnerung an das Schicksal und an das Leid der Opfer und Hinterbliebenen angemessen bewahrt werden. Das ist kein Angriff auf das Ansehen der modernen Türkei des 21. Jahrhunderts: Ein Staat, der auch zu den dunkelsten Seiten der eigenen Geschichte steht, zeigt Stärke und wahre Souveränität. Bis zu 1,5 Millionen Menschen – Armenier, aber auch Aramäer, Assyrer und Griechen – wurden während des Genozids ab dem 25. April 1915 getötet. Gerechtfertigt wurden die damaligen, massiven Menschenrechtsverletzungen mit dem trügerischen Ziel eines konfliktfreien, „ethnisch homogenen“ Staates. Die Ereignisse im Osmanischen Reich wurden zu einem Vorbild für viele weitere „ethnische Säuberungen“ in der Folgezeit. Damit ist dieser Völkermord fester Teil der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Auch um daran zu erinnern, hat der BdV mit seinem Leitwort „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ erneut seinen jahrzehntelangen Einsatz für die Einhaltung sämtlicher Menschenrechte und gegen Vertreibungen weltweit bekräftigt. Ob 100 Jahre nach dem Völkermord an den Armeniern oder 70 Jahre nach der Vertreibung von rund 15 Millionen Deutschen aus ihren angestammten Heimat- und Siedlungsgebieten: Vergangenes, bis heute wirkendes Unrecht muss beim Namen genannt werden, um die noch immer bestehenden Wunden zu heilen. Nur so lässt sich erfolgreich die Zukunft gestalten. BdV Hinweis: Vom 1. bis 3. Oktober 2015 findet im schlesischen Waldenburg/Wałbrzych eine Fachtagung zur Ökumene zwischen Deutschen und Polen nach 1945 statt. Nähere Information: A. Franke Tel. 35818791-116; [email protected]. 4 Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Kanzlerin stellt sich erneut an die Seite der Vertriebenen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel MdB und BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB. Foto: André Wagenzik Bonn - „Die Bundesregierung steht auch künftig an der Seite der Vertriebenen –in guten Stunden, aber auch, wenn es einmal ein Problem zu lösen gilt.“ So beendete Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel MdB ihre äußerst zugewandte und mit starkem Applaus bedachte Rede beim Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen am 5. Mai 2015 im Atrium des Hauses der Bundespressekonferenz in Berlin. Wie wichtig ihr gerade dieses Schlusswort gewesen sein mag, zeigte sich, als sie danach spontan aufeinige der anwesenden Verbandsmitglieder zuging, diese persönlich begrüßte und sich nach deren Herkunft erkundigte. Die Erinnerung an das Schicksal der von Flucht und Vertreibung Betroffenen bleibe auch weiterhin „Mahnung und Auftrag, dafür Sorge zu tragen, dass uns und künftigen Generationen ein solches Leid erspart bleibt“, hatte Merkel vorher deutlich gemacht. Auch vor dem Hintergrund heutiger Flüchtlingsströme sei es daher gut, dass mit dem bundesweiten Gedenken an die deutschen Opfer von Flucht und Vertreibung am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, die öffentliche und politische Wahrnehmung der Themen Flucht und Vertreibung gestärkt werde. Genauso wichtig seien die Kulturarbeit, aber auch die vielen Brücken, die Vertriebene und Aussiedler in ihre Heimatgebiete bauten. Für dieses „breite und unermüdliche Engagement“ des BdVund seiner Mitglieder dankte die Bundeskanzlerin ausdrücklich. Den Bogen zu spannen „von den Flüchtlingsdramen der Vergangenheit zu denen der Gegenwart, Historisches und Aktuelles zueinander in Beziehung zu setzen und beides gleichermaßen in den Blick zu nehmen“, wie Merkel es ausdrückte, ist ein Ansatz, den die Bundesregierung und der BdV teilen. BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB wies darauf hin, dass das diesjährige Leitwort „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ „leider brandaktuell“ sei. Hinter jeder der öffentlich gewordenen Flüchtlingszahlen ständen schließlich „ebenso viele Einzelschicksale, deren Leidensweg viele Mitmenschen in Deutschland nur erahnen können.“ Auch darum gelte es, von Verbandsseite aus immer wieder „Menschenrechte und Gesten der Empathie für Vertriebene und Flüchtlinge, für Opfer von Gewalt und Terror einzufordern, Vertreibungen als politisches Machtinstrument zu ächten, das kulturelle Erbe der Vertriebenen zu erhalten und die gesamtgesellschaftliche Erinnerung an un- ser Schicksal zu fördern“, so Fabritius. Dieser Einsatz trage dazu bei, den schon visionär in der Charta der deutschen Heimatvertriebenen von 1950 eingeforderten Frieden in einem vereinigten Europa zu sichern. Sowohl Fabritius als auch Merkel nutzten die Gelegenheit, die ebenfalls anwesende, ehemalige BdV-Präsidentin Erika Steinbach MdB für deren 16-jährige Verbandsführung zu würdigen. Durch Steinbachs Arbeit seien viele der nun Wirklichkeit werdenden Projekte erst angestoßen worden, so die einhellige Meinung. Prominente Gäste des Jahresempfangs waren u.a. Altbundespräsident Christian Wulff, der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur Alexander Dobrindt, der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Gerd Müller, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Prof. Monika Grütters MdB, der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk MdB, der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSUBundestagsfraktion Klaus Brähmig MdB, der Vorsitzende des Netzwerks Aussiedler der CDU Heinrich Zertik MdB, der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen in Polen Bernard Gaida und der ungarische Botschafter Dr. JózsefCzukor. Ministerpräsident Tillich erhält Ehrenplakette des BdV BdV Für die Einführung des Gedenktags für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation in Sachsen erhält Ministerpräsident Stanislaw Tillich die höchste Auszeichnung des Verbandes. Bonn/Dresden - Das Präsidium des tung der Geschichte auch der deutschen Bundes der Vertriebenen beschloss in seiner Klausurtagung Ende Januar, Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich für die Einführung des Gedenktages im vergangenen Jahr (immer am zweiten Sonntag im September), mit der höchsten Auszeichnung des Verbandes, der Ehrenplakette, zu würdigen. „Mit Ihrer Entscheidung, einen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation in Ihrem Land einzuführen, haben Sie ein wichtiges und unmissverständliches Zeichen der Solidarität mit den Heimatvertriebenen gesetzt und Ministerpräsident Stanislav Tillich gleichzeitig deutlich gemacht, dass in IhFoto: Sächsische Staatskanzlei/J. Jeibmann rem Land die Bewahrung und Aufarbei5 Heimatvertriebenen und Flüchtlinge eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist“, hieß es im Anschreiben. Zur Auszeichnung im Rahmen des Tages der Heimat am 29. August in der Urania in Berlin werden weiterhin die Ministerpräsidenten Horst Seehofer (Bayern) und Volker Bouffier (Hessen), die neben Sachsen ebenfalls diesen Gedenktag einführten, mit der Auszeichnung geehrt. Die Ehrenplakette ist die höchste Auszeichnung des Bundes der Vertriebenen und wird seit 1962 an Persönlichkeiten aus Politik, Kirche und öffentlichem Leben sowie an Institutionen verliehen. mm Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Verbandsarbeit Neuer Landesvorstand gewählt Die Mitglieder des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz (LVS) haben am 28. März 2015 turnusgemäß einen neuen Vorstand gewählt. Dresden - Auf dem Landesverbandstag im Dresdener Ortsteil Weißig wurde MdL Frank Hirche von den Delegierten einstimmig als Vorsitzender wiedergewählt. Ebenso wurden Alexander Schulz und Peter Wolf als stellvertretende Vorsitzende und Angelika Herzog als Schatzmeisterin in ihren Ämtern bestätigt. Neu in den Vorstand kam Helga Friedrich in der Funktion als Schriftführerin. Mit Ingrid Labuhn, Gisela Lossack, Erika Köcher, Irtraut Schirotzek, Adolf Braun, Florian Braun, Dr. Manfred Hellmund, Mario Morgner und Friedrich Zempel unterstützen neun Beisitzer den gewählten Vorstand in den kommenden vier Jahren. Als Geschäftsführer des Dresdener Büros wurde Wolfgang Fiolka vom Vorstand bestellt. Frank Hirche bedankt sich im Namen des neu gewählten Landesvorstandes für das entgegengebrachte Vertrauen der Mitglieder. „Wir sind hervorragend aufgestellt und ich freue mich auf die kommenden Herausforderungen.“ Der neue Vorstand will vor allem als Team agieren. Die inhaltlichen Schwerpunkte der Arbeit des Landesverbandes liegen in der Pflege des kulturellen Erbes der früheren deutschen Siedlungsgebiete in Europa als Teil der deutschen und europäischen Kultur sowie auf den Gebieten der Völkerverständigung, der Integration von Spätaussiedlern und der Jugendarbeit. Text: mm/Foto: J. Lienig Auszeichnung für Aussiedlerbetreuerin Julia Herb Julia Herb für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet worden. Der Regierungschef hatte am 14. Januar 2015 rund 1.000 Personen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu einem Empfang ins Dresdner Albertinum eingeladen, der unter dem Motto „Aus aller Welt – zu Hause in Sachsen“ stand. Während der Veranstaltung zeichnete Tillich sechs Ehrenamtliche, die sich für die Integration von Aussiedlern und Ausländern einsetzen, mit der Ehrenamtsurkunde des Freistaates Sachsen aus. „Sie alle leisten einen wichtigen Dienst für das Gemeinwohl. Sie alle tun Sachsen gut“, sagte der MinisterDresden - Beim Neujahrsempfang des präsident. sächsischen Ministerpräsidenten Sta- Julia Herb kam 1996 aus Estland nach nislaw Tillich ist die Russlanddeutsche Dresden. Sie engagiert sich in der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland – seit einigen Jahren als Vorsitzende des Dresdner Ortsverbandes. Mit ihren Mitstreitern berät sie Spätaussiedler, organisiert Deutschkurse, Begegnungsabende und Kinderprojekte und betreut eine „Perlengruppe“, die filigrane Handarbeiten anfertigt. Außerdem ist sie Leiterin des Chores „Silberklang“, der mit einem bunten Repertoire an Volks- und Heimatliedern viele Veranstaltungen bereichert. Zu den ersten Gratulanten gehörte der Vorsitzende des VDA-Landesverbandes Sachsen, Peter Bien, der Julia Herb ermutigte, ihr Engagement für die Aussiedler fortzusetzen. Text/Foto: Peter Bien Spendenkonto des Landesverbandes: Landesverband der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz Ostsächsische Sparkasse Dresden IBAN: DE10 8505 0300 0221 0036 57 BIC: OSDDDE81XXX 6 Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Friedrich Zempel zum Siebzigsten Erinnern wir uns: Infolge der Insolvenz des BdV-Landesverbandes war die Vertriebenenarbeit jahrelang gelähmt. Zwar gingen die Chöre und Handarbeitsgruppen unbeirrt ihrer wichtigen Kulturarbeit nach, doch aufLandesebene fehlten neue Impulse. Diese kamen dann vom BdV-Kreisverband Freiberg und vor allem von seinem Vorsitzenden Hubertus Unfried. In der Trägerschaft dieses Kreisverbandes erarbeitete eine Projektgruppe unter Leitung von Torsten Nitzsche die Wanderausstellung „Unsere neue Heimat – Sachsen“, die im Jahre 2009 im Sächsischen Landtag erstmalig präsentiert wurde. Im selben Jahr wurde das Haus der Heimat in Reichenbach/OL eröffnet. An beiden Eröffnungsveranstaltungen nahmen führende Repräsentanten der sächsischen Politik teil. Unterstützt und finanziell gefördert wurden die Projekte vom SMI durch Dr. Jens Baumann. Hiermit hatten sich die Vertriebenen in der sächsischen Friedrich Zempel im Haus der Heimat. Öffentlichkeit erkennbar „zurückgemeldet“. Doch noch immer mangelte es an tragfähigen Strukturen. Deren Schaffung ist maßgeblich das Werk von Friedrich Zempel. Als Beamter in leitenden Positionen, viele Jahre in der alten Bundesrepublik und zuletzt als Referatsleiter im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, brachte er eine reiche Erfahrung im Verwaltungshandeln mit. Aufseine Initiative wurde 2010 der Verein Erinnerung und Begegnung (EuB) gegründet, der seither landesweite Projekte der Vertriebenenarbeit organisiert und Träger des Hauses der Heimat ist. Der Verein EuB wiederum errichtete noch 2010 die Stiftung Erinnerung, Begegnung, Integration – Stiftung der Vertriebenen im Freistaat Sachsen. Die Grundlage für das Stiftungskapital schufder KV Freiberg mit einer überaus erfolgreichen Spendenaktion, und das SMI stockte den eingeworbenen Betrag um das Fünffache auf. Abgeschlossen wurden die strukturellen Maßnahmen schließlich im Jahre 2011 mit der Gründung des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz. Friedrich Zempel hat alle diese Maßnahmen nicht nur maßgeblich konzeptionell gestaltet sondern – dank seinem juristischen Sachverstand – mit stimmigen Satzungen versehen. Friedrich Zempel „erlebte“ die Flucht als Ungeborener; im Mai 1945 kam er in Niedersachsen zur Welt. Seine Eltern, zur deutschen Minderheit im Posener Land gehörend, besaßen dort ein großes Gut, das sie auch mit polnischen Arbeitern einträchtig bewirtschafteten. Er betont gern, dass seine Familie den glimpflichen Ausgang der Flucht mit Pferdegespannen einem polnischen Kutscher verdankt, der sie begleitet hat. Im Haus der Heimat zeugen Exponate und ein Bericht von dieser Flucht. Im Westen war die Familie Zempel nicht willkommen. Dies war sicher ein wichtiger Grund dafür, dass der Sohn – seinem Vater folgend – sich schon als Jugendlicher und als Jurastudent in Göttingen aktiv der Vertriebenenarbeit gewidmet hat. Für die Vertriebenenarbeit in Sachsen ist Friedrich Zempel ein Glücksfall – alle Fäden laufen bei ihm zusammen. Er ist ein unermüdlicher Arbeiter. Es ist nicht ungewöhnlich, von ihm eine E-Mail zu erhalten, die er vor 6 Uhr oder nach 22 Uhr gesendet hat. Er kennt viele Persönlichkeiten und versteht es, sie für die Anliegen der Vertriebenen zu interessieren. Aber er ist nicht nur „Theoretiker“. Wo immer es notwendig ist, packt er an: wenn es sein muss, auch mit Zollstock und Bohrmaschine. Der einleitende Satz dieses Artikels wurde etwas einschränkend als fast alternativlos bezeichnet - aus gutem Grund; der alternative Satz lautet: „Das müssen wir mit Friedrich besprechen“. Im schönen Monat Mai beging Friedrich Zempel nun seinen 70. Geburtstag. Wir gratulieren nachträglich, sagen Dank und wünschen alles Gute! Text und Foto: I. u. W. Schirotzek Lindauer-Bilder in Kulturhauptstadt Pilsen zu sehen Pilsen/Plzeň - Einer der Ausstellungshöhepunkte des Kulturhauptstadtjahres in Pilsen hat am Mittwoch für Besucher geöffnet: Mehr als 40 Gemälde von Maori des Künstlers Gottfried Lindauer (18391926) sind bis zum 20. September in der Westböhmischen Galerie zu sehen. Lindauer, ein gebürtiger Pilsener und studierter Maler, war 1874 nach Neuseeland ausgewandert. „Seine Seele kehrt erstmals dorthin zurück, wo er geboren wurde, und die Seelen unserer Vorfahren, die er gemalt hat, begleiten ihn“, sagte ein Maori-Ältester der Agentur CTK. Die Maori glauben, dass ihre Vorfahren in den Bildern weiterleben. Zuvor hatte die einzigartige Schau in der Alten Nationalgalerie in Berlin Station gemacht. Nun wurde sie nach Angaben der Kuratoren um einige Gemälde aus der Pilsener Schaffenszeit Lindauers ergänzt, darunter Porträts von Bürgern der Brauereihochburg. Pilsen ist, neben dem belgischen Mons, Europäische Kulturhauptstadt 2015. 7 Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Hoher Besuch beim Frühlingstreffen Sächsischer Staatsminister des Innern zu Gast bei der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland in Dresden. Dr. Josef Schneider, Vorsitzender des Euro-Bridge e.V; Adolf Braun,Referent für Vertriebenen- und Aussiedlerfragen der Sächsischen Staatskanzlei; Wolfgang Fiolka, Geschäftsführer des Landesverbandes der Vertrieben und Aussiedler im Freistaat Sachsen; Markus Ulbig, MdL-Staatminister des Innern; Julia Herb, Vorsitzende der OG Dresden der LMDR; Dr. Jens Baumann; Referent im Sächsischen Staatsministerium des Innern (v.l.n.r). Dresden - Das diesjährige Frühlingstreffen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. (LMDR), Ortsgruppe Dresden, fand am Nachmittag des 09. April 2015 im Pfarramt der Dresdner St.-Paulus-Kirche statt. Eine besondere Ehre für die Mitglieder der LMDR war es, dass der Sächsische Staatsminister des Innern und Kandidat für die Wahl des Oberbürgermeisters der Stadt Dresden, Markus Ulbig, der Einladung folgte. Neben ihm nahmen Adolf Braun, Referent für Vertriebenen-, Aussiedler- und Spätaussiedlerfragen in der Sächsischen Staatskanzlei, Dr. Jens Baumann, Referent im Sächsischen Staatsministerium des Innern, zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus Partnervereinen, dem Vertriebenenverband, der Euro-Bridge sowie zahlreiche Aussiedler und Einheimische, deren Angehörige, Freunde und Bekannte an der Veranstaltung teil. Nach der Begrüßung durch die Ortsgruppenvorsitzende Julia Herb hielt der Innenminister sein Grußwort. Er wür- digte darin die Arbeit der LMDR, die ausschließlich ehrenamtlich erfolgt. Besonders lobend äußerte sich Markus Ulbig über den Chor „Silberklang“ der Ortsgruppe Dresden und dessen niveauvolle Auftritte, z. B. 2014 im Sächsischen Innenministerium. Aber auch die Volleyballmannschaft der LMDR ist ein gutes Beispiel für die gelungene Integration der Aussiedler und Spätaussiedler in Dresden. Da der Mannschaft bei ihrem letzten Spiel ein Missgeschick passierte – der Ball war unauffindbar – überreichte der Innenminister an den Kapitän der Mannschaft einen neuen Volleyball. Nach dem Auftritt von Markus Ulbig wurde es musikalisch. Der Chor „Silberklang“ stimmte mit einem bunten Repertoire an Volks- und Heimatliedern in mehreren Sprachen die Gäste auf den Frühling ein. Das Publikum erwies sich als textsicher und sang manche Strophe mit. Mit selbstgebackenem Kuchen und Kaffee wurde dann der gesellige Teil des 8 Treffens eröffnet. Ein Dank geht an dieser Stelle an alle fleißigen „Bäcker(innen)“ und Helfer(innen). Um die Kalorien nicht erst ansässig werden zu lassen, schwangen die Gäste anschließend zu musikalischer Begleitung kräftig das Tanzbein. An den Tischen gab es aber auch einen regen Austausch, so manche Diskussion und viele Gespräche. Nach dieser gelungenen Veranstaltung kann nun der Frühling – für viele die wohl schönste Jahreszeit – endlich auch in der Natur kommen. Das Treffen zeigte, dass die Arbeit der LmDR in der Politik und Öffentlichkeit wahrgenommen wird und eine hohe Wertschätzung erfährt. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle dem Initiator Florian Braun, Vorsitzender der Landesgruppe Sachsen, der leider aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst dabei sein konnte. Birgit Matthes (Migrationsberatung für Erwachsene)/mm Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Hoffnung im “vergessenen Dorf“ EuB unterstützt Deutsche in Rumänien. Unter seinem Vorsitzenden Leopold Langthaler geht der neue Vorstand mit großem Engagement an die Arbeit. Die Brauchtumsveranstaltungen wurden intensiviert. Die Zahl der Mitglieder der deutschen Gruppierungen steigt wieder. Die Minderheit ist gesellschaftlich anerkannt, besonders gute Kontakte pflegt sie mit der ungarischen Minderheit. Eine kleine eigene Bücherei, eine Begegnungsstätten für Erwachsene sowie eine kleinere für Kinder und Jugendliche, ein eigener Kindergarten, gute Kontakte nach Österreich und Deutschland sind die Basis für die gesellschaftliche Arbeit. Die Herausgabe einer eigenen Zeitung ist in Vorbereitung. EuB-Vorsitzender Friedrich Zempel (v.l.), Tochter Johanna, Michaela Savatzki und Leopold Langtaler vom Demokratischen Forum Oberwischau bei der Spendenübergabe. Dresden/Oberwischau - Wenn Sie nach den deutschen Minderheiten in Rumänien gefragt werden, fallen Ihnen sicher die Siebenbürger Sachsen mit der europäischen Kulturhauptstadt Hermannstadt, die Banater Schwaben mit der Nobelpreisträgerin Herta Müller und vielleicht noch die Sathmarer Schwaben ein. Von den Deutschen in Oberwischau haben Sie vermutlich noch nichts gehört. Auch mir ist es nicht anders gegangen, als unsere Tochter Johanna im August 2014 als FSJ-lerin einer Schule in Oberwischau zugewiesen wurde. derts auch nach Oberwischau deutschsprachige Siedler vor allem aus der Zips (heutige Slowakei) und anderen deutschen Staaten gerufen. Sie bauten in der sehr waldreichen Umgebung die Waldwirtschaft auf. In den folgenden 200 Jahren teilten sie das wechselvolle Schicksal der Entstehung des rumänischen Staates mit den Rumänen und den ebenfalls starken Minderheiten der Ungarn und Juden. Die Juden wurden während des Zweiten Weltkrieges fast ausnahmslos ermordet. Heute zeugt nur noch der auf einem Berghang über der Stadt gelegene Friedhofvon ihnen. Die Ansiedlung der Zipser in OberEin Minderheit mit Zukunft wischau /Nordrumänien Im Atlas fand ich dann Oberwischau in Nord-Rumänien an der Grenze zur Ukraine in dem Tal des Flusses Viseu. Verschiedenen Internetseiten konnte ich entnehmen, dass dort noch etwa 10001200 Deutsche leben. Wie in viele andere Regionen Südosteuropas wurden Ende des 18. Jahrhun- Anders als in Siebenbürgen und dem Banat ist aber nach 1989 weniger als die Hälfte der deutschsprachigen Minderheit aus Oberwischau abgewandert. Vor etwa einem Jahr hat das Demokratische Forum der Deutschen in Oberwischau einen neuen Vorstand gewählt. In dem neuen Vorstand ist keiner älter als 40. 9 Deutschlehrerwerden gesucht Problematisch ist jedoch die Versorgung mit Deutschlehrern an den allgemeinbildenden Schulen in Oberwischau. Weniger als die Hälfte der erforderlichen Unterrichtsstunden kann durch ausgebildete Deutschlehrer abgedeckt werden. Spendenaktion des EuB Der junge Vorstand des Demokratischen Forums der Deutschen in Oberwischau bemüht sich, die Kinder- und Jugendfreizeitarbeit zu fördern; denn die öffentlichen Angebote sind in einer Kleinstadt mit 17.000 Einwohnern und einer großen Entfernung zu der nächsten Großstadt sehr dürftig. Hier engagiert sich Johanna neben ihrer Tätigkeit in der Schule. Leider fehlt es in der Jungendbegegnungsstätte an Material. In der letzten Ausgabe unserer Zeitung hatten wir darüber berichtet und um Spenden gebeten. Die Aktion erbrachte 400 Euro, die ich am 11. April dem Vorstand des Demokratischen Forums überreichen konnte. Text/Fotos: Fr. Zempel Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Verbandsarbeit Vertriebenen-Friedhof Freiberg: Digitale Recherche zu Verstorbenen möglich Die Gedenkstäte in Freiberg gehört zu den größten Anlagen in Deutschland. Viele Informationen zur Entstehung, darunter das komplette Namensverzeichnis der Verstorbenen, ist aufCD erhältlich. Der Gedenkstein wurde im September 2002 von Stanislaw Tillich eingeweiht. Foto: BdV-Freiberg Freiberg - Als in den letzten Mona- ne gesonderte Ruhestätte, die man ten vor Kriegsende 1945 der Flücht- Flüchtlingsfriedhof nannte. Bald jelingsstrom Sachsen erreichte, wurden doch wurde diese Ruhestätte eingeeb3500 Menschen in Freiberg unterge- net. Hubertus Unfried, dem bracht. Zwischen 1945 und 1948 Vorsitzenden des BdV-Freiberg, ist es verstarben 1375 registrierte Heimat- zu verdanken, dass nach der Wiedervertriebene, und man schuf ihnen ei- errichtung des Vertriebenenfriedho- Die Vertreibung Wir wurden aus unserer schlesischen Heimat vertrieben und fuhren in das Nichts hinein. Nichts außer unserem Leben ist uns geblieben, musste es so sein? Scheu fuhren wir die Straßen lang Und immer weiter, immer weiter. Uns allen war es öfters sehr bang, Sehnsucht nach Hause war unser Begleiter. Was wird die Zukunft jetzt uns bringen, die Zeit, die noch so unberührt! Mal sehen was da uns wird noch gelingen, was uns in die Fremde führt. Im Kindesalter sah man schon die Pflichten, so auch mit etwas Gottvertrauen, man musste jeden Tag die Arbeit richten und immer nur noch nach vorne schauen. Sehr früh mussten wir jeden Tag beginnen, die Arbeit, die jetzt vor uns lag, nur mit Fleiß und Mut kann man gewinnen, so ging es bis heute Tag für Tag. Heimatfreund Erhard Joseph/ Dahme im Kreis Liegnitz, heute Leipzig fes 2002 eine zusätzliche Mahn- und Gedenkstätte eingeweiht werden konnte. Möglich wurde die Errichtung durch Unterstützung von Mitgliedern des BdV, dem Oberbürgermeister der Stadt Freiberg, der Kriegsgräberfürsorge, dem Innenministerium Sachsens sowie weiteren Sponsoren. Der dreigeteilte Gedenkstein mahnt, nie wieder Krieg, Vertreibung und Vernichtung zuzulassen. Die Steine mit ihren Bronzetafeln zeigen die Wappen ehemaliger deutscher Landesteile und 144 Orte, aus denen die Verstorbenen vertrieben wurden. Neben der Vorgeschichte, der Planung, des Baus und der Einweihung dieser Anlage finden sich auf einer vom BdV-Freiberg herausgegebenen CD ein komplettes Namensverzeichnis mit den Daten der Verstorbenen und die Lage ihrer Gräber. Die CD ist zum Preis von 10 Euro erhältlich über den Kreisverband Freiberg, Hubertus Unfried, Münzbachtal 9 in 09603 Großschirma. mm Reaktion auf Wolfskind-Artikel Von Heimatfreund Roland Müller aus Brenndorf erreichte uns folgende Zuschrift: In der Ausgabe Januar 2015 der Zeitschrift „Vertriebene und Spätaussiedler in Sachsen“ ist ein Artikel über ein Wolfskind enthalten, das nach Informationen zu seiner Das Schicksaal von Mutter sucht. Ich habe Hildegard Linde geb. mich mit einem Mitglied Langhans ist weiter unklar. des Geschichtsvereins in Borna in Verbindung gesetzt und er hat einiges über die gesuchte Elisabeth Linde herausfinden können. Mir liegt eine Kopie der Todesanzeige vor, eine Kopie vom Hausbuch wo sie gewohnt hat und eine Kopie eines Fotos mit dem Bruder Manfred. Weitere Informationen ließen sich evtl. noch in verschiedenen Archiven herausfinden. 10 Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Verbandsarbeit Enkelgeneration wird aktiv Dresden - Angehörige der jüngeren Generation haben sich Anfang Mai in Dresden zu einem ständigen Arbeitskreis “Bekenntnisgeneration Ostdeutschland“ zusammengefunden. Sie wollen sich alle vier bis sechs Wochen treffen, um Themen der Heimatgebiete ihrer Großeltern zu besprechen und gemeinsame Aktionen und Kontakte in die Nachbarstaaten vorzubereiten. Einig waren sich alle Teilnehmer des ersten Treffens darin, dass in den Nachbarländern viel mehr Interesse an der Geschichte der früheren Siedlungsgebiete der Deutschen besteht als in Deutschland selbst. Hierin sehen sie einen guten Anknüpfungspunkt für Kontakte, insbesondere zur jüngeren Generation. Nach Einschätzung von Teilnehmern besteht in der Enkelgeneration ein genügendes Interesse, um in allen größeren Städten Sachsens einen entsprechenden Interessentenkreis aufzubauen. In den nächsten Wochen soll ein eigenes Internetportal aufgebaut werden. Weiterhin möchte man vor allen Dingen mit jüngeren Deutschen aus Russland Kontakt aufnehmen. Das nächste Treffen ist für den 14. Juli vorgesehen. Interessenten können sich per Mail an Marcus Röthig: [email protected] wenden. Axel Schubin Kurt Beyer, ehemaliger Propst von Königsberg, verstorben Dresden - Am 3. Mai verstarb der Pfarrer und frühere Propst von Königsberg, Kurt Beyer, an seinem 83. Geburtstag. Kurt Beyer ist in seinem Leben immer ungewöhnliche Wege gegangen. Mitten im Krieg begann der damals Zehnjährige Russisch zu lernen. Während der Nazizeit ein fast lebensgefährliches Unterfangen für die Eltern. Später studierte er Theologie und wurde Pfarrer in Brockwitz und Meißen. Seit 1972 arbeitete er auch für das Gustav-Adolf-Werk, das Protestanten in der ausländischen Diaspora betreut. 1991 ging er, unterstützt von seiner Frau Edith, als Propst nach Königsberg, um die seelsorgerische Betreuung der dort lebenden evangelischen Deutschen zu übernehmen. Hierbei handelte es sich fast ausschließlich um Deutsche aus Russland, die sich nach dem Krieg in Nordostpreußen angesiedelt hatten. Die meisten hatten dies in der Hoffnung getan, Edith und Pfarrer i. R. Kurt Beyer. von hier leichter in die Bundesrepublik aussiedeln zu könFoto: Ev.-Luth. Landeskirche Sachsen nen. Insgesamt waren die Lebensverhältnisse Nordostpreußen jedoch schwieriger und rückständiger als in Russland. Insbesondere gab es so gut wie keine soziale und religiöse Betreuung. Kurt Beyer hatte von Anfang an mit großen Schwierigkeiten mit der russischen Bürokratie zu kämpfen. In seinen Arbeitsbriefen, die er regelmäßig an Unterstützer versandte, schilderte er diese Probleme. Das größte Problem bestand nicht in der Beschaffung von Geld- und Sachspenden, sondern darin, diese Spenden nach Nordostpreußen zu bringen bzw. sie dort empfangen zu dürfen. Die Unterstützung der christlichen Gemeinden in der DDR vor der friedlichen Revolution war unvergleichlich leichter. Behördliche Zusagen, beispielsweise für Räume, wurden häufig wieder zurückgenommen, auch wenn eine Gemeinde bereits mit Renovierungsarbeiten begonnen hatte. Hinzu kam, dass viele Unterstützer aus Deutschland wenig Verständnis für seine Situation und den schwierigen Umgang mit den russischen Stellen hatten. Sie erwarteten, dass er in seiner Arbeit an 1945 abgebrochene Traditionen anknüpfe. Dies war nicht nur wegen des schwierigen Umgangs mit den Behörden, sondern auch wegen fehlender Erfahrungen und Kenntnisse über die nun hier lebenden Deutschen aus Russland unmöglich. Nur durch sein ungewöhnliches Gottvertrauen konnte er diese Situation meistern. Während seines Aufenthaltes in Nordostpreußen baute er 40 evangelische Gemeinden aufund leitete die Vorarbeiten für die Errichtung eines evangelischen Zentrums für Nordostpreußen in Königsberg. Genau genommen war Kurt Beyer nur bis 1996 Propst in Königsberg. Aber auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland arbeitete er weiter erfolgreich für seine Gemeinden in Nordostpreußen und sammelte Spenden, für die er durch seine Arbeitsbriefe minutiös mit preußischer Korrektheit Rechenschaft ablegte. 11 Ausgabe 2/2015 Friedrich Zempel Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Berichte aus den Kreisverbänden Kirchentag der Ost- und Westpreußen in Chemnitz Auch in diesem Jahr feierten die Ost- und Westpreußen in Sachsen ihren Kirchentag der evangelischen Ostpreußen. Wir trafen uns am Sonnabend, dem 11. April 10 Uhr, wie schon im vergangenen Jahr in der St.-Matthäus-Kirche in Chemnitz-Altendorf. In dieser Kirche waren wir nun schon zum zweiten Mal Gast und Herr Mestars, der Ehemann der Pfarrerin, begrüßte uns herzlich. Pfarrer Plorin aus Rückersdorf, gebürtiger Königsberger und Schriftführer bei der GeO, war wieder nach Chemnitz gekommen und begleitete uns durch den Gottesdienst und dann auch weiterhin den ganzen Tag in Gesprächen und Fragen. Der Gottesdienst begann mit einem Vorspiel des Posaunenchores der St.-Matthäus-Gemeinde, der den Gottesdienst neben der Orgel sehr schön musikalisch untermalte. Pfarrer Plorin dankte Herrn Schulz für die Organisation des Kirchentages und bedankte sich für die Gastfreundschaft der Gemeinde. Der Gottesdienst stand ganz unter dem Schicksal von uns Vertriebenen, aber auch dem Schicksal der Menschen, die heute vertrieben werden. In seiner „Besinnung“ zum Beginn erinnerte Pfarrer Plorin an den Beginn der Vertreibung und die letzten unsinnigen Bombardierungen unserer Städte kurz vor Kriegsende vor 70 Jahren. Er gedachte der Ermordung von Dietrich Bonhoeffer und anderer Widerstandskämpfer und Gefangenen in den KZs noch kurz vor Kriegsende. Aber er mahnte auch, Gott für all das gute Geleit in allem Schweren zu danken. Die alttestamentliche Lesung aus dem Buch der Könige im 17. Kapitel hielt uns vor Augen, dass Gott den Ungehorsam des Volkes Israel strafte und die Menschen durch einen fremden König in ein neues Land vertreiben ließ. Danach gab ein Mädchen aus der Jungen Gemeinde einen Zeitzeugenbericht „Vor 70 Jahren in Ostpreußen“. Junge Menschen hatten sich mit Zeitzeugen unterhalten und sich mit dem Schicksal der Vertriebenen beschäftigt. Sie bedauerte, dass im Geschichtsunterricht viel zu wenig über dieses Thema gesprochen wird und sagte, das die Jugendlichen sich angesichts der heutigen Situation viel mehr mit dem Thema beschäftigen müssten und in der Schule gelehrt werden muss. In der Lesung der Epistel aus 1. Petrus 1, 3-7, wurde uns durch die Auferstehung Jesu Christi gesagt, dass wir uns in der Hoffnung aufdas neue, unvergängliche Leben bei Gott freuen können, wenn wir die Prüfung auf die Echtheit unseres Vertrauens aufGott in Schwierigkeiten bestanden haben. Nach dem gemeinsamen Glaubensbekenntnis hielt Pfarrer Plorin eine Predigt über 5.Mose 32, 7. Er begann mit einem Spruch aus dem Mittelalter „Ich komm, weiß nicht woher. Ich bin, ich weiß nicht wer. Ich gehe, weiß nicht wohin. Mich wundert, dass ich fröhlich bin.“ Historiker sagen uns: „Ohne Mindestkenntnis unserer Vergangenheit leben wir nicht bewusst in der Gegenwart und finden auch keine sinnvolle Zukunft. Die Vergangenheit ist nur scheinbar tot, doch sie lebt auf verschiedene Weise weiter.“ Entsprechend im Predigttext heißt es: „Bedenke der vergangenen Zeiten, was früheren Generationen geschah! Frage deine Eltern die werden es dir sagen, und die Alten, die werden es dir erzählen.“ Auf diese Worte baute Pfarrer Plorin seine Predigt auf. Heimatverlust, unsägliches 12 Leiden, Schmerzen, Trauer, Wut und oft die Frage nach Gott „Wo bist Du?“ Die Seelen waren verwundet. Der Neuanfang war schwer. Alles hat sich tiefin das Gedächtnis eingebrannt. Wie gehen wir nun heute damit um? Erinnern kann weh tun, weil es in Wunden rührt. Man sprach, bis auf einige Ausnahmen, wenig über das Erlebte. In der DDR schon gar nicht. Später kamen dann Erlebnisberichte und Erinnerungsbücher. Manche Vertriebene konnten erst nach Jahren ihre Erlebnisse endlich niederschreiben. Aber trotz allem fällt auf, dass wenig darüber geschrieben wurde, dass man in dieser Zeit auch Trost und Hilfe von Gott und Menschen bekam. Öffentlich wurde Flucht und Vertreibung jedoch nicht genügend verarbeitet. Man wollte es so bald als möglich vergessen. Es gab eine Schlussstrich-Mentalität. Aber wir, die noch lebenden Betroffenen, müssen nun unsere Schicksale weitergeben! Krieg und Vertreibung sind so schreckliche Erlebnisse, dass man sie nicht der Vergangenheit anheim fallen lassen kann. Sie müssen der Welt zur Mahnung dienen, damit die heutige Generation und vor allem die Politiker bemüht sind, einen dauerhaften Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit aufder Welt durchzusetzen. Gott schenke uns allen dazu die Kraft! In der Fürbitte wiederholten Pfarrer Plorin, Gerd und Helga Berger nochmals Bitten um Gerechtigkeit, Bitten für Flüchtlinge in aller Welt und für Asylbewerber. Bitten für die Medien, dass das Geschehen in der Welt wahrheitsgetreu wiedergegeben wird. Mach uns alle zu Boten des Friedens und der Wahrheit. Im Segen bedachte Pfarrer Plorin alle Menschen in fern und nah, die Lebenden und die Verstorbenen. „Bewahre uns alle, Gott!“ Der Gottesdienst wurde durch den Gemeindegesang immer wieder mit Liedern, wie „Danke für diesen guten Morgen“, „Ich hör die Botschaft“, „Gib Frieden Herr“ und “Verleih uns Frieden gnädiglich“ bereichert. Der ausführliche Bericht des Gottesdienstes ist mir, der Autorin, deshalb so wichtig, weil er das Kernstück unseres Kirchentages war. Nach dem Gottesdienst gingen wir alle in das Gemeindehaus. Alexander Schulz begrüßte uns nochmals offiziell, besonders freute er sich über das Kommen von Frau Elfriede Rick, mit ihrem Mann aus Dresden, die viele Jahre den ostpreußischen Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Kirchentag in Dresden organisiert hatte und November 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz durch Ministerpräsident Stanislav Tillich, für ihre Arbeit mit der Erinnerung an Flucht, Vertreibung und Versöhnung, ausgezeichnet wurde. Danach begrüßte uns Herr Ralph Burghart von dem Kreisvorstand der CDU in Chemnitz. Er bedankte sich für die Gastfreundschaft in der Matthäusgemeinde und sprach Herrn Alexander Schulz seinen Dank für die Organisation des Kirchentages aus. Er gedachte der Flucht und der Vertreibung. Zum Abschluss wünschte er ein gutes Gelingen für unseren Tag. Nach einer kurzen Pause folgte ein Vortrag mit Lichtbildern über das ostpreußische Kulturzentrum in Ellingen, dargebracht von Herrn Wolfgang Freyberg, dem Direktor des Hauses. Er gab uns Einblicke in die Arbeit des Museums, über ständige und wechselnde Ausstellungen und warb für einen Besuch im Museum, der sich bestimmt für Alle lohnt. Nach einem Mittagessen mit Kartoffelund Nudelsalat (selbst gemacht von der Familie Schulz) mit Würstchen und einem kurzen Plachandern hatte Alexander Schulz eine Palästinenserin eingeladen, die uns einen ausführlichen und sehr interessanten Bericht über ihre Heimat gab (siehe Seite Panorama). Sie berichtete nicht nur, sie hatte auch eindrucksvolle Bilder aus ihrem Heimatland mitgebracht Ihr Name ist Lily Hanoush und sie ist die Älteste von 4 Mädchen aus einer christlichen Familie. Sie wurde in Bethlehem in einer halb arabisch-palästinensischen und halb assyrischen Familie geboren und bezeichnete sich als eine arabische- palästinensische Christin. Sie klagte an, warum man in ihrem Land schweigen muss. Sie klagte die Unterdrückung an. Aber sie und ihre Familie kämpfen dagegen nicht mit Waffen, sondern mit dem Gebet zu Gott. Sie erzählte über ihre Heimatstadt Bethlehem, die durchaus nicht mehr das kleine Bethlehem ist, welches wir aus der Bibel kennen. Ihre Einblicke in das Leben in ihrem Land waren sehr interessant und aufschlussreich. Manches von dem, was sie erzählte, ist für uns nicht nachzuvollziehen und man fragt sich, warum werden diese unseligen Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästina nicht end- lich beendet. An die Kirchen im Westen appellierte sie: Denken Sie über das Gleichnis vom guten Samariter nach. Kommen Sie und strecken ihre Hand aus, um Friedensstifter zu werden. Nachdem sie geendet hatte, gab es noch viele Fragen, die Frau Hanoush aufgeschlossen beantwortete. An einem kleinen Verkaufstisch konnte man schöne Holzarbeiten von Ölbaumschnitzern und Handarbeiten aus Palästina kaufen. In der kleinen Kaffeepause, die nun folgte, gab es guten Kuchen, wieder von der Familie Schulz selbst gebacken. Durch den großen Einsatz der ganzen Familie von Alexander Schulz waren auch alle Preise für Essen und Trinken mehr als moderat. Dank an alle, die mit geholfen haben. Den Abschluss bildete ein kleines Programm des Kindergartens der Gemeinde St. Matthäus. Alles in Allem war es ein schöner und interessanter Kirchentag. Es gab nur einen Wermutstropfen, es waren mit ca. 40 – 45 Menschen viel zu wenig Besucher da. Wir freuen uns schon auf einen nächsten Kirchentag. Helga Berger Kurt Weihe trägt die Heimat nicht nur im Herzen Mit seinem Engagement in der Jugendarbeit plädiert Kurt Weihe von der Kreisgruppe Limbach-Oberfrohna der Ost- und Westpreußen für eine Kultur der Erinnerung. Limbach-Oberfrohna – Jugendarbeit ist für Kurt Weihe schon immer ein besonderes Anliegen gewesen. So leitet er seit vielen Jahren eine Kinder-Arbeitsgruppe an der Gerhart- Hauptmann - Oberschule Limbach-Oberfrohna, die sich mit großer Begeisterung der Bernsteinschnitzerei verschrieben hat. Die umgesetzten Werke werden dann zum Beispiel zu Kreativmessen der Schule oder zu Heimatnachmittagen der Kreisgruppe mit großem Erfolg präsentiert. Neben der Arbeit mit den Schätzen unserer Heimat ist es für Kurt Weihe ein besonderes Bedürfnis, den Kindern und Jugendlichen die Geschichte seiner Heimat näher zu bringen. In seinem jüngsten Projekt mit Schülern der beiden neunten Klassen der Gerhart- Hauptmann-Oberschule entstand mit Unterstützung der Stadt eine filmische Dokumentation zum Thema "Flucht, Vertreibung, Integration - damals und heute". Die öffentliche Aufführung der Dokumentation unter Teilnahme von Oberbürgermeister Dr. Hans-Christian Rickauer am 17. April fand einen breiten Zuspruch in der Öffentlichkeit. Besonders beeindruckend für die zahlreichen Gäste waren die persönlichen Schilderungen der Fluchterlebnisse Kurt Weihes. Immer wieder wurde dabei deutlich, dass sich besonders die junge Generation für Frieden und Völkerverständigung einsetzen muss, damit sich solche schrecklichen Ereignisse nie wiederholen. In seiner langjährigen Arbeit als Vorstandsvorsitzender der Kreisgruppe LimbachOberfrohna kann Kurt Weihe aufeine lange Reihe von Erfolgen zurückblichen. So organisierte er beispielsweise einen Schüleraustausch mit Jugendlichen aus dem Königsberger Gebiet und Schülern der Gerhart- Hauptmann-Oberschule. Dabei besuchten russische Schüler für eine Woche die Sachsen, dem ein Gegenbesuch in Kö13 nigsberg folgte. Außerdem organisierte er 15 Fahrten mit Landsleuten nach Ostpreußen, aus dem im Laufe der Jahre zahlreiche Freundschaften mit den heutigen Bewohnern entstanden. Die Einrichtung des Hauses der Heimat in Reichenbach unterstützte Kurt Weihe von Beginn mit großer Leidenschaft. Durch viele Gespräche mit den Vertriebenen schafft er es immer wieder, die zentrale Erinnerungsstätte mit wertvollen Dokumenten und Gegenständen zu bereichern und somit für die Nachwelt zu erhalten. Damit ist es aber nicht getan. Mehre Schülerbesuche im Rahmen ihres Geschichtsunterrichts organisierte Kurt Weihe in Zusammenarbeit mit Lehrern. Seit der Gründung im Jahre 1993 leitete Kurt Weihe unsere Kreisgruppe. Diese Funktion gab er mit Ende der letzten Wahlperiode ab, engagiert sich aber weiter wie bisher. Seine einfühlsame Art mit Menschen umzugehen ist für alle Landsleute und auch für unsere Jugend ein wertvoller Schatz, wie unsere leicht steigenden Mitgliederzahlen beweisen. Dafür gehört Kurt Weihe ein besonderer Dank! In heimatlicher Verbundenheit Hannelore Kedzierski/mm Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Die Elchniederung gestern und heute Die Landsmannschaft der Ost –und Westpreußen, Kreisgruppe Chemnitz e.V. hatte die Mitglieder zum Vortrag mit dem Thema „Die Elchniederung gestern und heute“ mit Herrn Prof. Hertel, Dresden/Kesselsdorfals Referenten eingeladen. Er ist Mitglied und stellv. Kirchspielvertreter Kaukehmen/Skören der „Kreisgemeinschaft Elchniederung“ (www.kreis- elchniederung.de), Vorstandsmitglied der „Gesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs e.V.“ (www.kreis-elchniederung.de) und pflegt viele Kontakte zu Personen und Institutionen im ehemaligen Ostpreußen. Die Elchniederung (bis 1938 „Niederung“, heute in etwa der Kreis Slavsk) ist der nördlichste Kreis im Kaliningrader Gebiet. Im ehemaligen Ostpreußen lag nur noch das Memelland nördlicher. Das Niederungsgebiet umfaßt ca. 1000 km², wird westlich vom Kurischen Haff und nördlich vom Memeldelta begrenzt (vor 1923 und zwischen 1939 und 1945 gehörten auch Teile des Memellandes politisch zur Elchniederung) und liegt teilweise auch unterhalb des Meeresspiegels. Die Bewohner der Elch- und Memelniederung hatten immer wieder gegen verheerende Überschwemmungen zu kämpfen. Im Winter bildete sich eine dicke Eisschicht aufder Memel, meist mit Eisstau. Diesen Zustand bezeichnete man als „Schacktarp“ oder Wegelosigkeit. Begann das Eis zu schmelzen, kam es zu den gefürchteten Überschwemmungen in den Niederungsgebieten. Für den Schiffsverkehr waren die Haff-Seitenkanäle wichtig, denn das Wetter aufdem Haffkonnte schnell umschlagen. Bei Sturm war die Fahrt über das Haffzu gefährlich. Die Besiedlung der Elchniederung erfolgte ganz allmählich. Erste Spuren wurden von einwandernden Kuren (im nördlichen Baltikum) gefunden. Aber erst durch die jahrhundertelange Mühe der Melioration (begonnen vom Deutschen Orden, beendet durch vernachlässigte Pflege) wurde dieses Gebiet nach und nach urbar und entwickelte sich zu einer einzigartigen Mensch-Natur-Symbiose. Im sogenannten Elchwald, der dem Kurischen Haffvorgelagert ist, hatte der Elch in den Erlenwäldern und Mooren seinen Einstand. Erfreulich, dass der Elchbestand seit Kriegsende wieder gewachsen ist. Bis 1939 hatte die Elchniederung 55.000 Einwohner. Das Kreisgebiet gliederte sich in 14 Kirchspiele mit Heinrichswalde als Kreisort im Regierungsbezirk Gumbinnen, Kaukehmen (ab 1938 Kuckerneese, heute Jasnoje), dem größten Ort und Groß Skaisgirren (ab 1938 Kreuzingen, heute Bolschakovo) als dem wichtigsten Verkehrs- und Handelsknotenpunkt. 1891 erfolgte der Anschluss an die Bahnstrecke Tilsit-Königsberg, die mit einer Kleinbahn, auch „Schnieffkeboahn“ genannt, ab Bahnhof Groß Brittanien (bei Heinrichswalde) mit zwei Stichstrecken nach Karkeln (dem „Venedig des Nordens“) und nach Groß Gryszanen (ab 1938 bis 1945 Seckenburg, heute Zapovednoje) über Alt Lappienen (ab 1938 Rauterskirch, heute Bolschije Bereschkij = großes Flußuferchen) ergänzt wurde. Mit der Rinderzucht und der Milchwirtschaft entstanden Molkereien, die den bekannten Tilsiter Käse herstellten. Auch salz-und schwefelhaltige Quellen wurden entdeckt und genutzt. Im Januar 1945 besetzten sowjetische Truppen Heinrichswalde. Die barocke Kirche im Dorf Alt-Lappienen wurde als ein imposanter achteckiger Ziegelbau nach Vorbild einer byzantinischen Kirche in Ravenna von Anfang an als ev.-lutherisches Gotteshaus errichtet und blieb es auch bis 1945. Nach dem 2. Weltkrieg wurde diese Kirche zuerst als Schlachthof, später als Getreidelager genutzt. Im Jahre 1975 brannte der gesamte Dachstuhl durch Blitzschlag ab, die noch immer imposanten Fassadenmauern werden heute durch die größte Storchenkolonie der Welt (so sagt man) besiedelt. Durch Initiative der Kreisgemeinschaft „Elchniederung“ konnte das Gelände Mitte der 1990er Jahre beräumt und durch liebevolle Pflege jetziger Ein14 wohner wieder ansehnlich gemacht werden. Mit evangelischen Gottesdiensten der Propstei Kaliningrad, der Kreisgemeinschaft Elchniederung und privater Personen unter freiem Himmel sowie bereits erfolgter neuer Bestattungen wurde die Kirche wieder „arbeitend“. Sie wird durch die örtliche Gemeinde mit Liebe und wie ein Augapfel gehütet. Solche gemeinsamen Aktionen und Begegnungen zeigen den Willen zur Versöhnung. Restaurants haben wieder Namen ehemaliger Besitzer, Wegweiser werden oft in Russisch-Deutsch beschriftet, Straßenbahnen und Busse verwenden deutsche Ortsnamen in kyrillischer Schrift. In Königsberg findet jeden Mittwoch 19 Uhr ein Deutscher Stammtisch statt. Die Stadt Sovjetsk (früher Tilsit) erhielt dank ihrer Bemühungen das alte deutsche Stadtwappen zurück, das KöniginLuise-Denkmal erfreut die Besucher wieder und im Hotel „Rossija“ liegt die Bibel in deutscher Sprache aus. Das fördert nicht nur den Tourismus, sondern dient der Versöhnung zwischen beiden Völkern. Die Zuhörer dankten dem Referenten mit viel Beifall für den interessanten Bericht. Anschließend beantwortete er noch viele Fragen der Zuhörer. Der Kulturkreis „Simon Dach“ (www.vertriebene-in-sachsen.de/dateien/Kl-Vertriebene-Januar15.pdf) mit der Leiterin Ingrid Labuhn gab der Veranstaltung mit ostpreußische Liedern den musikalischen Rahmen. Text/Fotos: Sieglinde Langhammer, Prof. GünterH. Hertel Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Ostpreußischer Muttertag Die Amerikanerin Anna Jarvis wollte nach dem Tod ihrer Mutter erreichen, dass alle Mütter noch zu Lebzeiten geehrt werden. Unermüdlich verbreitete Sie Ihre Botschaft: “Schafft den Ehrentag der Mutter“. Bereits 1907 wurde der zweite Maisonntag offiziell zum Muttertag erklärt. Es dauerte nicht lange, bis dieser Brauch nach Deutschland kam. In Ostpreußen wurde den Müttern von jeher viel Liebe und Anerkennung entgegengebracht. Der Brauch, die Mütter in Ostpreußen am zweiten Sonntag im Mai zu ehren, fand schnell Verbreitung. Immanuel Kant ehrte seine verstorbene Mutter mit folgenden Worten: „Nie werde ich Ihrer vergessen, denn Sie pflanzte und nährte zuerst den Keim des Guten in mir: sie öffnete mein Herz den Eindrücken der Natur, sie weckte und erweiterte meine Begriffe, und ihre Lehren haben einen immerwährenden, heilsa- men Einfluß auf mein Leben gehabt“. In der Gesellschaft gab es die Anerkennung dieser Leistungen für die Familie jedoch kaum. Das fehlende Wahlrecht für Frauen und schlechtere Bildungschancen verursachten massive Benachteiligungen der Frauen in der Gesellschaft, die teilweise bis heute nicht überwunden sind. Es ist bedeutsam, dass dieser Feiertag auch weiterhin besteht als Dank an alle Mütter für ihre Leistungen bei der Weiterentwicklung unserer Gesellschaft, unabhängig von internationalen Frauenbewegungen und deren Zielen. In der DDR wurde statt Muttertag der Internationale Frauentag jeweils am 8. März begangen. Auch wir, die letzten der Erlebnisgeneration, haben es oft nur unseren Müttern zu verdanken, dass wir Flucht und Vertreibung überlebten, denn unsere Väter und älteren Geschwister waren im Kriegsdienst, verwundet, in Gefangenschaft oder längst gefallen. Unsere Kulturreferentin Ingrid Labuhn gestaltete Ihren Vortrag mit vielen jeweils thematisch-passend eingebundenen Liedern. Dazu gehörten: „Es war eine Mutter“, „Ein Kindlein ist im Haus“, „Wenn in Großmutters Stübchen“, „In dunkler Stunde“. Den Abschluss stellte „Der Mond ist aufgegangen“ mit dem sinnbildlichen Tagesabschluss der mütterlichen Betreuung am Bettchen der Kinder dar. Der Auftritt der Kindergruppe überraschte mit vielen schönen Häschenliedern: „Häschen in der Grube“, „Zwischen Berg und tiefem Tal“, „Hat ein Häslein große Not“, „Häschens Geburtstag“, „Klein Häslein wollt spazieren gehen“ und „Die Luft ist so blau“. Diese Liedfolge zeigt, dass die fünfsangesfreudigen Kinder auf das Osterfest hinweisen wollten. Herzlichen Dank sage ich Frau Ingrid Labuhn für Ihren unermüdlichen Fleiß und Ideenreichtum bei der Gestaltung der Brauchtumsveranstaltungen und der musikalischen Ausbildung der beteiligten Kinder. Anleitung erhält Frau Labuhn in Seminaren in Bad Pyrmont, die sie aufeigene Kosten besucht. Dank gebührt auch Frau Krüßel mit den fleißigen Frauen im Handarbeitszirkel, die auch die jeweils thematisch passende Tischdekoration gestalten. Unermüdlich ist auch die langjährige Mitarbeit von Frau Bartkowiak und Frau Janella sowie aller Helfer. Die Veranstaltung endete mit dem gemeinsamen Gesang “Kein schöner Land“. Herzlichen Dank sage ich auch den Mitarbeitern des SMI und Herrn Dr. Baumann für die gute Unterstützung. Text/Foto: Sieglinde Langhammer BdV-KV Vogtland und Heimatstube unter neuer Adresse Auerbach - Wegen der sinkenden Mitgliederzahlen war der BdV KV Vogtland nicht mehr in der Lage, seine bisherigen Räume in der Auerbacher Stauffenbergstraße zu finanzieren. Eine Lösung wurde gemeinsam mit der Stadt Auerbach mit dem Umzug des Büros und der Heimatstube in das ehemaligen Rathaus von Rebesgrün gefunden. Für die Räume in Rebesgrün muss der BdV nur für die Nebenkosten aufkommen und keine Miete bezahlen. Das Büro ist dienstags von 10 bis 16 Uhr unter Telefon 03744-81785 zu erreichen. Die neue Anschrift lautet: BdV-Kreisverband Vogtland Hauptstraße 70 08209 Auerbach-Rebesgrün Insterburger mit neuem Treffpunkt mm Chemnitz/Zwickau – Die Heimatgruppe der Insterburger in Sachsen kann sich in der kommenden Zeit nicht mehr in den altbewährten Räumen treffen. Das Gebäude in der Chemnitzer Hölderlinstraße wird totalrenoviert. Die Treffen finden daher in diesem Jahr in Zwickau im Brauhaus hinter dem Dom statt. Nächste Termine sind der 11. September und der 12. Dezember. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 14 Uhr, das Weihnachtstreffen um 12 Uhr. 15 Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Rundbrief der Schlesischen Landsmannschaft Am 28. März fand unser diesjähriger Landesverbandstag in Freiberg statt. In diesem Jahr nahmen ausreichend Delegierte an diesem wichtigen Termin teil. Dadurch war der Landesverbandstag beschlussfähig. Es bedarfdoch immer größerer Anstrengungen unserer hochbetagten Delegierten, um den Tagungsort zu erreichen. Hervorzuheben ist, dass der gesamte Vorstand der Freiberger Mitgliedsgruppe anwesend war. Auch die anderen Mitgliedsgruppen nutzten ihre Delegiertenzahl fast aus. Eine Ausnahme bildete die Dresdner Gruppe, die nur mit einem Abgeordneten anwesend war. Sicher spielte dabei die terminliche Überschneidung mit dem Landesverbandstag des LVS eine Rolle. Unser Landesverbandstag kann insgesamt als sehr erfolgreich gewertet werden. In ruhiger und sachlicher Atmosphäre wurden die zahlreichen Tagesordnungspunkte abgearbeitet, zu Diskussionsbeiträgen befriedigende Antworten gefunden. Der amtierende Vorstand wurde entlastet und genießt das Vertrauen der Mitglieder des Landesverbandes. Nun kommt es schon daraufan, die Weichen für die anstehende Vorstandswahl 2016 zu stellen. Sicher wird der eine oder andere Posten neu zu besetzen sein. Bitte machen Sie sich Gedanken darüber, wer aus Ihren Reihen eine Funktion übernehmen kann. Nur mit einem kompletten Vorstand und der nötigen finanziellen Basis ist ein Weiterbestehen des Landesverbandes der Landsmannschaft möglich. Wir als amtierender Vorstand hoffen, daß wir einen weiteren Beitragsrückgang stoppen können. Heute, am 8. Mai, wird an den 70. Jahrestag der Kapitulation Deutschlands vor den Alliierten gedacht. Gedankenlos wird dieser Tag von vielen Menschen und Medien auch als „Tag der Befreiung“ bezeichnet. Sicher, an diesem Tag endeten der Krieg und die Herrschaft des Nationalsozialismus. Doch für große Teile des deutschen Volkes hörte das Elend nicht auf, es begann erst richtig. Millionen Deutsche wurden von ihrem Eigentum, ihrer Heimat und oft genug von ihrem eigenen Leben „befreit“. Es folgten die millionenfache Schändung deutscher Mädchen und Frauen, Hunger und der Beginn einer neuen Diktatur in der sogenannten „Ostzone“. Vergessen dürfen wir auch nicht das Leid der deutschen Kriegsgefangenen in Lagern der Sowjetunion und in den „Rheinwiesenlagern“ der Amerikaner, Engländer und Franzosen, in denen Tausende nach Kriegsende starben. Erinnern wir uns auch an die Verschleppung tausender Deutscher zur Zwangsarbeit. Sieht man diese Tatsachen, wird man das Wort „Befreiung“ zurückhaltender gebrauchen. Gedenken wir an diesem Tag auch unserer eigenen Opfer! Das nächste Großereignis für uns Schlesier wirft seine Schatten voraus. Am 20./21.06.2015 findet das Deutschlandtreffen in Hannover statt. Unser „Stamm“ ist aufgerufen, zahlreich zu erscheinen, Flagge zu zeigen. Auch mit diesem Treffen werden Weichen gestellt in Richtung Zukunft, Weiterarbeit oder Untergang? Zeigen wir der Politik, den Verfechtern der politischen Korrektheit, den geschichtsvergessenen Medien, dass mit uns noch immer zu rechnen ist. Kommen Sie in Scharen nach Hannover, bringen Sie Freunde und Bekannte, Alt und Jung mit. Unser Vorstand wird fast geschlossen dabei sein. Sie auch? Mit heimatlichen Grüßen Friedemann Scholz Deutschlandtreffen der Schlesier 2015 in Hannover Um allen Schlesiern und an Schlesien Interessierten die Möglichkeit zu bieten, sich zu begegnen, hat der Bundesvorstand der Landsmannschaft Schlesien beschlossen, 2015 wieder ein Deutschlandtreffen der Schlesier in Hannover anzubieten. Es steht unter dem Motto „Gemeinsam für Schlesien“. Das Treffen findet, anders als in den Vorjahren, nicht mehr auf dem Messegelände statt sondern im zentral gelegenen Kongresszentrum Hannover, das auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar ist. Bitte berücksichtigen Sie bei Ihren persönlichen wie auch verbandlichen Plänen diesen Termin. Eingeladen sind alle Schlesier, ob Nieder- oder Oberschlesier, sowie Nachkommen und auch Interessierte ohne schlesischen Hintergrund. Rund 70 Jahre nach der Vertreibung wollen wir durch eine stattliche Besucherzahl der Öffentlichkeit zeigen, dass es immer noch viele Menschen gibt, denen Schlesien am Herzen liegt und für die landsmannschaftliche Arbeit neue Impulse gewinnen. 16 Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Verschollenes Kunstgut im Freistaat Führt die Spur des Bernsteinzimmers nach Sachsen? Gleich an drei sächsischen Orten soll sich das legendäre Kunstwerk befinden. Bad Schlema, Deutschneudorf und Rodewisch sind die Favoriten der Schatzsucher. Vergoldete Wände, prächtige Spiegel – und natürlich überall Bernstein: Das legendäre Bernsteinzimmer, ein Geschenk Preußens an Russland, gilt als Meisterwerk barocker Schnitzkunst. Seit seinem Verschwinden am Ende des Zweiten Weltkriegs ist das als „Achtes Weltwunder“ gerühmte Kunstwerk auch ein Objekt der Begierde für Abenteurer. Aber trotz vieler aufwendiger Suchaktionen ist die auf 100 Millionen Euro geschätzte Kostbarkeit bis heuteverschollen. Das Bernsteinzimmer, im Auftrag von Preußenkönig Friedrich I. gefertigt, verschwand 1944 aus dem Königsberger Schloss. befindet. Seit Jahren ist der 77-Jährige auf der Suche nach dem Kunstschatz. Bereits im April 2010 hatte Jesse aufGrundlage eines Erlebnisberichtes von Dieter Büttner aus Auerbach eine Grabungmit schwerem Gerät im Taubenberg-Forst gestartet. Büttners Großvater hatte angeblich beobachtet, wie im April 1945 von WehrmachtsangehörigenschwereKistenineineHöhleodereinaltesMundlochgetragenwurden. SS-MännerdesBegleitkommandoshättennachder Einlagerung die Soldaten erschossen, die Leichen in den Sollen geschafft und anschließend das Mundloch gesprengt. An die genaue Stelle, die Büttner vom Opa gezeigt bekam, konnte sich der inzwischenverstorbeneRentnernichtmehrerinnern. Die Suche verlief damals ergebnislos, der Stollen wurde nicht gefunden. Nun glaubt Jesse aber, einen neuen Anhaltspunkt gefundenzuhaben. DieserbefindetsichimTaubenbergerForstzwischen Rodewisch, RützengrünundWernesgrün. GrundlageisteineKarte desOberbergamtesFreiberg,aufderHohlräumeverzeichnetsind. Nach seinen Recherchen wurde Albert Popp, ein Standartenführer des Nationalsozialistischen Fliegerkorps aus Elsterberg und Neffe von Sachsens Gauleiter Martin Mutschmann, mehrmals mit Sonderaufträgen betraut. „Er brachte beispielsweise Hitlers Halbschwester Angela Hammitzsch im März 1945 von Dresden nach Berchtesgadenundleitete mehrere Kunstguttransporte im Auftrag Harald Jesse ist sicher: „Die Spur führt ins Vogtland!“ Für eine des Gauleiters von Ostpreußen Erich Koch. Einer davon ging ins intensive Suche fehlt dem Rentner derzeit aber das Geld. Vogtland“, vermutet der Schatzsucher, zumal Popp seine Familie „FürmichgibtesnurdieseeineStelle.“ nach Rodewisch brachte. Dort hatte er zeitweise seine Dienststelle Rodewisch - „Die Spur führt ins Vogtland“ - ist der Titel einer und eröffnete sogar ein Konto bei der örtlichen Sparkasse, bevor er kürzlich fertiggestellten Broschüre zu einer weiteren sächsischen sich vor der heranrückenden Front nach Johanngeorgenstadt zuVersteck-Theorie. Der Potsdamer Hobbyhistoriker Harald Jesse ist rückzog. Und schließlich wäre da noch der ehemaligen Angehörige überzeugt, dass sich das legendäre Bernsteinstimmer im Vogtland des SS-Postschutzes GustavWyst aus Königsberg, dersich mit sei17 Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. ner Familie nach Kriegsende in Elsterbergniederließ. Wyst gehörte angeblich einem Sicherungskommando an, dass Kunstschätze aus Königsberg nach Thüringen und Sachsen evakuierte, „darunter auch das Bernsteinzimmer, oder zumindest Teile davon.“ Jesses Vermutung basiert auf einem mysteriösen Funkspruch aus dem NachlassWysts. Erlautete: „AktionBernsteinzimmerbeendet. EinlagerunginBIII. Zugängebefehlsgemäßgetarnt. Sprengungerfolgt, Opfer durch Feindeinwirkung. Melde mich zurück. Gustav Wyst.“ Dies bestätigte der Sohn von Wyst dem Bernsteinzimmer-Fahnder impersönlichenGespräch. Der endgültige Beweis zum Verbleib des Bernsteinzimmers fehlt Harald Jesse. „Ich hoffe noch in diesem Jahr geoelektrische UntersuchungenimTaubenbergerForstdurchführenlassenzukönnen.“ Weitere Informationen, auch zum Bezugder 45-seitigen Broschüre, gibtesbeimAutorunterTelefon0331-862585. Rätsel des Poppenwaldes im Ortsteil Wildbach weiter untersuchen wird. Erste Erkundungenwurdenbereits vorgenommen, beidenen verdächtige Geländemerkmale ausgemacht wurden. Untersucht werden sollen speziell zwei Areale: Der Bereich, wo Reimann den Zugangzu einem Geheimdepot vermutete, undeinweiteres Gebiet am Muldenhang, wo sich nach Aussagen von Zeitzeugen bis 1945 derEingangzueinemheuteverschwundenenaltenStollenbefand. SchatzfieberinDeutschneudorf Bad Schlema - Vor 15 Jahren sah sich der Leipziger Detektiv Dietmar Reimann (†2011) ganz nah am Ziel - dann verhinderte ein Wassereinbruch, dass das Bernsteinzimmer im Poppenwald wiedergefunden wurde. Bei Bohrungen neben einem Hochwasserbehälters der Wismut, unter dem er den Lichtschacht eines Bergwerkes vermutete, wollte er einen Hohlraum entdeckt haben. Ins Bohrloch geworfene Steine schallten in einer Tiefe von 20 Meternhohl. Als tags daraufeine Kameranachuntengelassenwurde, warallesvollerWasser.BisheuteistderHohlraumgeflutet. Nunhatsicheine Arbeitsgruppe unterFührungvonBadSchlemas BürgermeisterJens Müllergebildet, die in den nächsten Jahren die Deutschneudorf- Eigentlich ist Deutschneudorfeinziemlich verschlafenes Erzgebirgs-Nest kurz vor der tschechischen Grenze. Neben Räuchermännern und Schwibbögen wartet der Ort mit einer weiteren Besonderheit auf: Seit nunmehr 18 Jahren sucht Bürgermeister Heinz-Peter Haustein nach dem Bernsteinzimmer. Nach einigerZeitderRuheundvielenFehlschlägen, selbstBetrügernging der heute 60-Jährige auf den Leim, zeigte sich der Ortschef nun wieder zuversichtlich. Haustein ist sich sogar so sicher, dass er das betreffende Grundstück mit der vermuteten Einlagerung kaufte, wieerderMOPO24bestätigte. Nichtkleckern, sondernklotzenistdas Motto des ehemaligenFDPBundestagsabgeordneten, deneinigeimDorfderEinfachheithalber „PeterdenGroßen“nennen. BeidenvielenGrabungeninstillgelegtenStollenundSchächten, inWäldernundamaltenGüterbahnhof wurde bislangwederGoldnoch Bernstein gefunden, sondern lediglich Wehrmachts-Kochgeschirre und eine Maschinenpistole. Doch jetztsollderBaggerwiederrollen. Rund10.000Eurohabeerfürdie neueSuchaktioneingeplant. Text/Fotos:mm Viele Jahre suchte Dietmar Reimann Im Poppenwald bei Bad Schlema erfolglos. Unter einem alten Hochwasserbehälter vermutete der Detektiv den Eingang zu einem Depot. Über Jahre suchte Heinz-Peter Haustein das Bernsteinzimmer im Fortuna-Stollen. Dort konnten Touristen bereits eine angebliche Kiste mit Kunstgut bewundern. VerstecktimPoppenwald? Buchbesprechung: Flucht und Vertreibung vor 70 Jahren – Zeitzeugen berichten Anlässlich des Beginns der Vertreibung der Deutschen aus Mittel- und Osteuropa hat derVerlagHille einneues BuchvonGünter Hofmann mit dem obigen Titel herausgebracht. Hofmann ist in der Vergangenheit bereits durch mehrere zeithistorische Publikationen bekannt geworden. In seinem neuen Buch hat er Fluchtberichte von Vertriebenen aus verschiedenen ostdeutschen Regionen zusammengetragen, die inzwischeninSachsenleben. Rupert Neudeck, der aus Danzig stam- mende allseits anerkannte Begründer von Hilfsorganisationen für Flüchtlinge und Kriegsopfer, schreibt hierzu in seinem Vorwort u. a.: „Günther Hofmann hat mit seinem Buch eine Epoche deutscher Zeitgeschichte ans Licht gebracht, die in den letzten 7 Jahrzehnten schmählich vernachlässigt worden ist… Das Buch wirkt aufmich wie eine gute Botschaft: Denn nur wenn wir uns erinnern können, kann die Memoria an die furchtbar schweren Zeiten am Ende des Krieges und nach 45 befrei18 end sein… Es ist gut, dass wir uns angesichts der tragischen Flüchtlingsströme aus Syrien, aus dem Nord-Irak,… an die eigene Fluchtsituation zurück erinnern… Sich daran zurückzuerinnern wird helfen, das eigeneLebeninGegenwartundZukunftzu bewältigen–undanderen, diejetztindieser lebensbedrohlichen Situation zu überleben hoffen, beizustehen.“ Das Buch ist im Buchhandel für 14,90 € erhältlich und kann unter der Nummer ISBN: 978- 3-939025-55-9bestelltwerden. Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Panorama Auslandsjahr: tralpostämtern. Erschwerend käme Palästinensische ChristininSchneeberg hinzu, dass zahlreiche italienische Postbeamte sich gesetzwidrig weigerten, deutschsprachig beschriftete Sendungen ordnungsgemäß zuzustellen. unterschiedlichen politischen Lagern und der Verwaltungen, mit der Unterzeichnung einer Erklärung in deutscher und polnischer Sprache. Initiatoren sind die Bundestagsabgemm ordneten Michael Kretschmer (CDU) und Stephan Kühn (Grüne). UnterGrenzsicherung: gibt es auch vom Görlitzer Polen baut 50 Meter hohe Wachtürme stützung Oberbürgermeister Siegfried Deinege. Um per Bahn von Dresden nach Breslau zu kommen, müssen Reisende über Leipzig, Berlin und Posen acht Stunden aufwenden oder sieben, wenn sie mit dem Bus ab dem Görlitzer Hauptbahnhof in die polnische Stadthälfte fahren „Nach etlichen Mühen ist es gelungen, und von dort einen Nahverkehrszug Lily Hanoush, eine palästinensische nutzen. mm Christin und Lehrerin für Englisch und Statistik: Religion an einer Evangelischen Schule Stabile Mitgliedzahlen bei deutin Bethlehem, für ein Auslandsjahr scher Minderheit nach Deutschland zu bekommen“, bevon Raudingen kommend: richtete stolz Frank Meinel, Pfarrer an Blick ehemaligen Rauschenfelde der St. Wolfgangskirche in Schneeberg. Vom ist nur noch die Straße mit Die deutschen Vereine im südlichen Am bekanntesten ist die in Träger- Schlagbaum und Grenzzaun übrig Ostpreußen freuten sich auf ihrer Foto: mm jüngst in Sensburg/ Mrągowo durchgeschaft des Berliner Missionswerkes be- geblieben. führten Tagung über die relativ stabifindliche Evangelische Schule Talitha Kumi in Beth Jala/Bethlehem mit über Polen will die Überwachung der in- len Mitgliederzahlen des Verbandes. 1.000 Schülern, darunter Muslime und nerostpreußischen Grenze zum Kö- 2011 vermerkte die Deutsche MinChristen. Dort war Pfarrer Meinel im nigsberger Gebiet laut einem Bericht derheit in Ermland und Masuren Mai mit 17 Schülern aus Schneeberg der BBC mit dem Bau mehrerer 7600 Mitglieder. In diesem Jahr mm und Dresden zu Gast. Hier wurde die Wachtürme verstärken. Der britische beträgt die Zahl 7100. Idee geboren, Lily Hanoush an die Sender beruft sich auf die polnische Sommerzeit: Evangelische Grund- und die Evange- Nachrichtenagentur PAP. Uhren ticken gleich Die sechs bis zu 50 Meter hohen lische Mittelschule nach Schneeberg Wachtürme sollten bis Juni an der eteinzuladen. Die 36-Jährige ist unverheiratet und berichtet in den Klassen wa 200 Kilometer langen Grenze ferüber das Leben der palästinensischen tiggestellt werden, sagte eine Sprecherin der polnischen Grenzpolizei Christen in ihrer Heimat. Besonders die palästinensischen der polnischen Nachrichtenagentur Christen stehen im Brennpunkt des PAP. Die Baukosten in Höhe von vorNahostkonfliktes zwischen der jüdi- aussichtlich mehr als 14 Millionen Zloty schen und muslimischen Religion sowie (umgerechnet 3,7 Millionen Euro) wür- Im Königsberger Gebiet gilt seit Ende Israel und Palästina. Ihr Wirken für den zu 75 Prozent aus dem Topf der März erstmals die Mitteleuropäische Frieden, besonders für die Bildung der Europäischen Union für den Schutz der Sommerzeit. Damit ticken die Uhren erstmals seit der Teilung in ganz Ostpalästinensischen Kinder und jungen Außengrenzen bezahlt werden. preußen wieder gleich. Für Touristen Die Wachtürme würden die Grenze Leute, ist vorbildlich. Sie leistet diesen ergeben sich daraus nicht unerhebliche rund um die Uhr überwachen, heißt es Dienst seit elf Jahren unter unsägliVorteile, müssen doch die Uhren nicht in dem Bericht weiter. mm chen Schwierigkeiten. mehr umgestellt werden, wenn sie in Text/Foto: Helga Berger das Gebiet reisen. Verspätungen zum Initiative: Zug, Bus oder Flugzeug dürften damit Südtirol: Bündnis kämpft für Bahnlinie fast ausgeschlossen sein. Ende Oktober, Eigene Post gefordert Dresden-Görlitz-Breslau wenn die Uhren bei uns wieder auf die Winterzeit umgestellt werden, wird es Wie die PAZ in ihrer Ausgabe 16/2015 Nach der kompletten Abschaffung des wieder eine Stunde Zeitunterschied geberichtete, erwägt die Südtiroler Langrenzüberschreitenden Eisenbahnben. desregierung, einen eigenen Postdienst Personenverkehrs Dresden-GörlitzBegründet wurde die Abschaffung der zu gründen. Grund seien die „katastroBreslau/ Wrocław zum 1. März 2015 Zeitumstellung im Königsberger Gebiet phalen italienischen Verhältnisse“. So müssen endlich wieder Fernzüge rollen. damit, dass der menschliche Organisgebe es immer mehr Beschwerden über Das fordert die Initiative „Fernverkehr mus einem unnötigen Stress ausgesetzt eine unzureichende Zustellung oder für Görlitz“, einem breiten Bündnis aus werde. mm über fehlende Briefmarken in den Zen19 Ausgabe 2/2015 Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Osterschmaus mit dem Feind Von Liesbeth Krüßel geb. Dauter aus Ludendorff Es war das erste Osterfest fern der Heimat – 1945 und der Krieg war noch nicht beendet. Nach wochenlangem Umherirren hatten wir endlich eine Bleibe bei einem Großbauern in Sachsen gefunden. Dort wurde meine Mutter als Landarbeiterin mit ihren zwei Kindern aufgenommen. Meine Geschichte beginnt am Ostersonntag. Unsere Mutter war wie immer früh aufgestanden, um die Kühe zu melken und mit Futter zu versorgen. Nachdem sie mit allem fertig war, frühstückten wir gemeinsam. Noch heute habe ich den Geschmack von frischer Kuhmilch und Sirupschnitten in Erinnerung. Wir waren noch nicht heimisch geworden, denn unsere Gedanken waren zu Hause und vor allem warteten wir auf unseren Vater. Wir hatten seit Dezember 1944 nichts mehr von ihm gehört. Nun zurück zum Ostersonntag. Wir hatten aus dem Wald für unsere Stube ein paar Birkenzweige geholt, denn unsere Mutter sollte sich wohlfühlen. Mit einem selbst angefertigten Mensch-Ärgre-Dich-Nicht-Spiel vertrieben wir uns die Zeit. Wir waren glücklich, unsere Mutter für ein paar Stunden allein für uns zu haben. Es war ein ruhiger Nachmittag, als es an unsere Tür hämmerte. Mein Bruder und ich liefen sofort zu unserer Mutter. Die Angst war immer noch unser ständiger Begleiter. Die Tür wurde aufgerissen und ein russischer Offizier und zwei Soldaten betraten unsere Küche. Vor Schreck wie gelähmt, hingen wir an Mutters Rockzipfel. Der Offizier verlangte für sich und seine Soldaten Kaffee und Kuchen. Als meine Mutter sich von dem Schrecken erholt hatte, wurde sie richtig wütend. So haben wir sie noch nie erlebt. Sie sagte: „Ihr habt uns unsere Heimat genommen und uns aus unserem Land vertrieben. Wir haben nichts, was wir euch noch geben können. Wir sind arme Flüchtlinge.“ Einen Moment war es ganz still in unserer Stube. Wir waren auf alles gefasst, nur nicht aufdas was dann geschah. Der Russe nahm uns Kinder auf den Arm und sagte: „Mamutschka, wir haben doch auch Hunger“. Das Eis war gebrochen und unsere Angst wie weggeblasen. Unverrichteter Dinge verließen sie uns; wir waren also mit dem Schrecken davongekommen. Ich weiß nicht, wie lange wir so dagesessen haben, als es schon wieder klopfte und die drei Soldaten mit einem großen Kuchenblech hereinmarschierten. Die Freude war riesengroß, selbst die Kaffeebohnen hatten sie nicht vergessen. So haben wir einen schönen Ostersonntag erlebt. Noch wichtiger war, wir haben uns richtig sattgegessen. Es sind noch einige Kuchenstücke übrig geblieben. Die Mutter räumte sie weg und das war gut so, denn es klopfte schon wieder an der Tür und unser Bauer trat ein. Er wollte auch Kuchen haben. Da kannte er unsere Mutter aber schlecht. Ohne eine Miene zu verziehen, behauptete sie, den Rest haben die Russen mitgenommen. Es sind schon viele Jahre vergangen und immer Ostern muss ich daran denken. Mein Enkelkind würde sagen: Aber Oma, das ist Geschichte. Weitere aktuelle Informationen und Termine des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen / Schlesische Lausitz e. V., des Vereins Erinnerung und Begegnung e. V. (EuB) sowie des Hauses der Heimat erhalten Sie im Internet unter: www.vertriebene-in-sachsen.de. Redaktionsschluss der kommenden Ausgabe: 1. Oktober 2015. Die nächste Ausgabe erscheint am 28. November 2015! Impressum: Landesverband der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V. Geschäftsstelle: Lingnerallee 3, PSF 127 • 01069 Dresden Tel.: 0351 82 122 730 Fax: 0351 82 122 731 E-Mail: [email protected] Diese Zeitschrift lebt von Ihrem Engagement. Artikel und Beiträge senden Sie bitte an die Redaktion. Übernahme und Kürzungen behalten wir uns vor. Wir bitten um Ihr Verständnis. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht die Meinung des Herausgebers bzw. der Redaktion wiedergeben. Unverlangt eingesandte Manuskripte, für die keine Haftung übernommen wird, gelten als Veröffentlichungsvorschlag zu o.g. Bedingungen. Redaktion, Gestaltung und Leserzuschriften und Werbung: Mario Morgner Abhorner Straße 3 08228 Rodewisch Tel.: 0 37 44 - 3 10 86 E-Mail: [email protected] Druck: Druckhaus Scholz GmbH K-Niederkirchner-Str 30 02977 Hoyerswerda Unsere Arbeit und die Herausgabe dieser Zeitschrift werden gefördert durch das Sächsische Staatsministerium des Innern. 20 Ausgabe 2/2015
© Copyright 2024 ExpyDoc