Vertriebene und Spätaussiedler in Sachsen

Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Vertriebene und Spätaussiedler in Sachsen
Diese Ausgabe
Das Chöretreffen und Gemeindefest in Reichenbach ist zu einer lieben Tradition geworden.
Foto: mm
BdV-Präsident im Interview
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Lieber Heimatfreunde!
BdV-Ehrenplakette für Tillich
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Neuer LVS-Vorstand
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Friedrich Zempel zum 70.
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Rumämien: Hoffnung im
“vergessenen Dorf“
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Schon wieder ist ein Jahr vergangen und wir feiern mit dem
Erscheinen dieser Zeitung bereits zum vierten Mal unser zur lieben
Tradition gewordenes Chöretreffen in Reichenbach. In Verbindung
mit dem Gemeindefest der Ev. Kirchgemeinde MeuselwitzReichenbach freuen wir uns, die Chöre aus Leipzig, Dresden und
Hoyerswerda sowie den Chor der Deutschen Sozial-Kulturellen
Gesellschaft Waldenburg/Wałbrzych begrüßen zu dürfen.
Das Haus der Heimat sowie das Nollau-Haus sind während des
ganzen Tages geöffnet und im benachbarten Via-Regia-Haus wird es
ab 13.30 Uhr eine interessante Podiumsdiskussion zum Thema
„Flüchtlinge bei uns“ geben. Besuchen Sie unsere neue Ausstellung zu
Trachten aus den Heimatgebieten, die am Nachmittag ebenfalls im
Via-Regia-Haus zu sehen ist.
Vertriebenen-Friedhof Freiberg:
Digitale Recherche möglich
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Kurt Beyer verstorben
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Kirchentag der Ost-und Westpreußen
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Die Elchniederung
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Ostpreußischer Muttertag
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P r o g r a mm:
1 0 Uh r Go tte s d i e ns t
ab 1 1 . 3 0 Uhr Auftritt de r C höre
1 3 . 3 0 U h r P o d i u ms d i s k u s s i o n ( v i a - r e g i a - H a u s )
1 5 Uhr Auftritt de r C höre
B e s i c h t i gu n g:
H a u s d e r H e i ma t
N o l l a u -H a u s
Via-Re gia-H aus
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
BdV-Aktuell
BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius im Interview
Nach einem halben Jahr im Amt zieht BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius ein erstes Resumee
und beantwortet die Fragen unseres Redakteurs Mario Morgner.
provokanten Aussagen, forderte immer
wieder zum Nachdenken aufund brachte dadurch den BdV in die politische
Diskussion. Seit Ihrem Amtsantritt ist es,
subjektiv gesehen, recht ruhig um den
BdV in den Medien geworden. Fehlen
dem BdVdie Themen?
Dr. Bernd Fabritius stellt sich den
Fragen des LVS .
Foto: Patrick Levin/Pressedienst
Herr Dr. Fabritius, Sie sind nun fast ein
halbes Jahr im Amt. Wie sind Ihre ersten
Eindrücke und Erfahrungen als Präsident des BdV, wie haben Sie sich eingearbeitet?
Bernd Fabritius: Ich weiß, dass Sie im
März Ihren Landesverbandstag mit
Vorstandswahl hatten. Daher möchte
ich zunächst die Gelegenheit nutzen, ihrem wiedergewählten Landesvorsitzenden Frank Hirche und seinem
Landesvorstand auf diesem Wege herzlich zu gratulieren, für die zukünftigen
Herausforderungen viel Erfolg zu wünschen und um eine weiterhin so gute
Zusammenarbeit zu bitten.
Was Ihre Frage angeht: Auch wenn ich
die Verbands- und Präsidiumsarbeit seit
Jahren kenne, bringt das Präsidentenamt nochmals einen Perspektiv- und
Aufgabenwechsel mit sich. Dieses ermöglicht Mitwirkung und Gestaltung
aufvielen Ebenen.
Nun gilt es, die Landsmannschaften
und Landesverbände auf ihren jeweiligen Hauptveranstaltungen direkt kennenzulernen – wenn es terminlich
möglich ist. Auf die Art kann ich mich
persönlich vorstellen und mich vor Ort
über die konkreten Bedürfnisse informieren. Mit den Mitarbeitern der Bundesgeschäftsstelle in Bonn weiß ich gut
eingearbeitete, verlässliche Fachleute an
meiner Seite, deren Arbeit im Hintergrund für mich von großem Wert ist.
Ihre Vorgängerin im Amt, Frau Erika
Steinbach, polarisierte oft mit zum Teil
Bernd Fabritius: Nach wie vor nimmt
der BdV Stellung zu aktuellen Fragen,
die sowohl im engeren als auch im weiteren Sinne unsere Anliegen betreffen.
Wir haben, nur als Beispiel, heute zum
Tod von Prof. Dr. Władysław Bartoszewski, ehemaliger polnischer Außenminister, eine Pressemitteilung mit
Kondolenzcharakter herausgegeben.
Der BdV erhebt seine Stimme immer
dann, wenn Menschen oder Volksgruppen zu Opfern werden. In der Debatte
um den Völkermord an den Armeniern
hat der BdV als Verband Klartext geredet – wiederum über eine Pressemitteilung, aber auch in meiner Person als
Redner vor dem Deutschen Bundestag.
Oder denken Sie an die gegen Ende des
letzten Jahres erneut entbrannte, öffentliche Debatte über die „Stiftung
Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ in
Berlin und die aufzubauende Dauerausstellung, deren Entstehung wir von Beginn an begleitet und unterstützt haben
– seit sie vielen eine fixe Idee schien und
unter „Zentrum gegen Vertreibungen“
oder einfach nur „Sichtbares Zeichen“
gehandelt wurde. Mehrfach habe ich in
der regionalen und überregionalen
Presse erklärt, dass für den BdV die
Umsetzung der einstimmig verabschiedeten Stiftungskonzeption entscheidend
ist. Dort heißt es, Flucht, Vertreibung
und Integration der Deutschen werde in
der Dauerausstellung nicht etwa nur einer, sondern der Schwerpunkt sein.
Darüber hinaus habe ich die Leistung
von Gründungsdirektor Professor Kittel
gewürdigt und deutlich gesagt, dass
Personalfragen nicht über die Medien,
sondern in den zuständigen Gremien
diskutiert werden müssen. Der BdV ist
objektiv betrachtet so deutlich und positiv in den Medien, wie lange nicht mehr.
Meine Vorgängerin im Amt, die von mir
sehr geschätzte Erika Steinbach, war 16
Jahre lang erfolgreich Präsidentin des
BdV. Das ist eine lange Zeitspanne, in
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der sie zahlreiche Initiativen zur Versöhnung und Verständigung auf den
Weg gebracht hat. Ihre Amtszeit war
geprägt von weitaus mehr ruhigen, am
Ergebnis orientierten Phasen als solchen mit Konfliktpotential. Allerdings
gilt hier natürlich auch, was für jeden
Akteur im öffentlichen Fokus gilt: in
Erinnerung bleiben, auch wegen der oft
auf Zuspitzung ausgerichteten Arbeit
der Medien, eher Dissens und Konflikt.
Daran sollten wir die Sacharbeit nicht
ausrichten.
Wie gestaltete sich das oft nicht einfache
Verhältnis zwischen dem BdVund Polen
seit ihrem Amtsantritt?
Bernd Fabritius: Durch meine Tätigkeit im Europarat, wo ich unter anderem für die Menschenrechts- und
Minderheitenpolitik eintrete, stehe ich
mit den polnischen Vertretern in diesem
Bereich in gutem Kontakt. Dort erlebe
ich, dass man auch von selbst auf mich
zukommt und das Gespräch sucht. Mein
schon lange währender Einsatz für die
europäischen Volksgruppen hat mich
früh mit den Vertretern der deutschen
Minderheit in Polen zusammengebracht, zu denen ich ein freundschaftliches Verhältnis pflege. Gerade im
Hinblick auf die „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ habe ich vor
kurzem einen interessanten Austausch
mit einem wichtigen, polnischen Mitglied aus dem wissenschaftlichen Beraterkreis der Stiftung, Professor
Ruchniewicz von der Universität Breslau, beginnen können. Hierbei geht es
mir auch darum, dass es gelingt, sich einiger Aspekte deutscher und polnischer
Geschichte unvoreingenommener anzunähern.
Eine Polenreise in meiner Funktion als
BdV-Präsident bereite ich vor. Dabei ist
mir im Vorfeld wichtig, mit den Landsmannschaften und den Verbänden der
heute noch in Polen lebenden Landsleuten vorwärts gerichtete, tragbare Positionen abzustimmen, um den Prozess
der Völkerverständigung, ja der
deutsch-polnischen Freundschaft, zu
befeuern.
Die Sudetendeutsche Landsmannschaft
verzichtet durch eine Satzungsänderung
auf den „Rechtsanspruch auf die HeiAusgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
mat“. Wie beurteilen Sie diesen Be- Land, dessen Sprache sie lernen und änderung des eigenen Werteumfeldes,
schluss? Ergeben sich daraus neue Per- dessen Wertekompass sie verinnerli- die Angst vor einem ideellen Heimatspektiven im Dialog mit unserem chen müssen.
verlust. Und genau dem können und
Integration ist ein Bereich, dessen Be- müssen wir entgegenwirken.
Nachbarland?
Bernd Fabritius: Die Sudetendeutsche
Landsmannschaft hat nicht auf die Heimat verzichtet, wie dies hin und wieder
dargestellt wird. Vielmehr ist nun in der
Satzung und auch im dazu gehörenden
Grundsatzprogramm festgeschrieben,
wofür die vielen engagierten Sudetendeutschen sich seit Jahrzehnten tagtäglich einsetzen. Gestrichen wurde
lediglich „Wiedergewinnung der Heimat“. Es geht – wie übrigens auch im
BdV insgesamt – um eine gerechte Völker- und Staatenordnung, Menschenund Grundrechte, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und Volksgruppen. Hierbei ist Eigentum als
individuelles und europäisches Menschenrecht selbstverständlich weiter im
Fokus. Es geht aber eben auch um das
Recht auf die Heimat für – und das ist
entscheidend – alle Menschen. Die heute
in Schlesien, im Sudetenland und in anderen Heimatgebieten lebenden Menschen haben dort inzwischen selbst
Heimat – und niemand will vergangenem Unrecht heute ein neues Unrecht
hinzufügen und den Menschen dort dieses Heimatrecht streitig machen! Daraus spricht die ausgestreckte Hand, die
viele Vertriebene und Aussiedler immer
schon ausgezeichnet hat. Daraus spricht
auch der Wunsch, aus eigener Erfahrung ähnlich schlimme Schicksale zukünftig zu vermeiden. Ich erwarte, dass
dieses klare Zeichen den Dialog mit der
Tschechischen Republik weiter verbessern wird.
In den Medien werden häufig die deutschen Opfer von Flucht und Vertreibung
bzw. die Aufnahme von Spätaussiedlern
mit den heutigen Flüchtlingsströmen
verglichen und als positives Argument
einer gelungenen Migration genannt. Ist
dieser Vergleich aus Ihrer Sicht korrekt?
Bernd Fabritius: Pauschale Vergleiche in dieser Hinsicht lehne ich ab. Solche sehe ich auch eher selten.
Differenziert betrachtet, gibt es Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Heimatverlust und Entwurzelung sind
Erfahrungen, die wir mit vielen heutigen Flüchtlingen teilen. Daher stehen
wir mit großer Empathie an deren Seite.
Klar ist aber, dass die Vertriebenen und
Aussiedler als Deutsche nach Deutschland kamen, die gleichen Werte teilten
und die gleiche Sprache sprachen wie
die hier Ansässigen. Die heutigen
Flüchtlinge kommen in ein fremdes
deutung für den BdV in Zukunft sogar
noch wachsen wird. Die erfolgreiche
Eingliederung der vielen Millionen Vertriebenen hatte außer den gesetzlichen
Rahmenbedingungen auch andere
wichtige Voraussetzungen – etwa Begegnung, Dialog und Eigeninitiative.
Schon bevor die weltweite Flüchtlingslage so drängend wurde, haben wir jedem Hilfesuchenden aus ehrlicher
Empathie die Hand gereicht und ihm
den Weg gewiesen, sich in unserer Gesellschaft zurechtzufinden. Dieses Angebot erhalten wir aufrecht.
Die Eingliederung der Vertriebenen
nach dem Zweiten Weltkrieg bleibt ein
gutes Beispiel dafür, dass und wie die
Integration einer schier unvorstellbaren
Menschenzahl erfolgreich gelingen
kann. Sie kann gelingen, wenn gesellschaftlicher Dialog und Begegnung vorhanden sind und wenn die
Rahmenbedingungen richtig gesetzt
werden. Letztlich gelingt sie aber nur,
wenn die Betroffenen sich selbst nach
ihren Möglichkeiten aktiv dafür einsetzen und sich mit diesem unserem Land
auch identifizieren. Dies haben die Vertriebenen eindrucksvoll gezeigt und sind
damit für die heutige Zeit beispielgebend.
Stichwort PEGIDA und AfD: Noch immer gehen Tausende Menschen, vor allem in Dresden, auf die Straße. Die
Gründe sind sicherlich verschieden, Einigkeit besteht jedoch in der Angst vor
Überfremdung. Wie sehen Sie die Rolle
des BdV in der gegenwärtigen Asylpolitik der Bundesregierung? Braucht
Deutschland ein Einwanderungsgesetz?
Bernd Fabritius: Die asylfeindlichen
Demonstrationen sehe ich mit Sorge.
Wer Solidarität mit denen zeigt, die auf
der Straße für den Erhalt der abendländischen Werte werben und es dabei am
Wichtigsten – an der Nächstenliebe –
fehlen lassen, hat vielleicht nicht durchdacht, vor wessen Karren er sich spannen lässt. Hierin liegt die Gefahr.
Dennoch weigere ich mich zu sagen, alle, die da mitmachen, sind Rechtsradikale und Islamfeinde. Viele versuchen,
ihren Ängsten Luft zu machen, und es
ist die Pflicht der Politik, aufdiese Ängste Antworten zu finden.
Was steckt denn hinter diesen Ängsten?
Im Kern steckt nicht viel mehr, aber
auch nicht weniger dahinter als die
Angst vor Überfremdung und einer Ver3
Der BdV kann hier helfen: unsere Erfahrungen nutzen wir in einem engen,
landesweiten Netzwerk aus mehreren
hundert ehren-, aber auch rund 20
hauptamtlichen Integrationshelfern und
haben damit von Beginn an maßgeblich
dazu beigetragen, auch den heute nach
Deutschland kommenden Flüchtlingen
die Eingliederung zu erleichtern. Dieses
Netzwerk, ursprünglich konzipiert für
die Eingliederung von Aussiedlern und
Spätaussiedlern, weist keinen Hilfesuchenden ab und pflegt den Austausch
und den Kontakt zu vielen Flüchtlingsgruppen. Unsere Erkenntnisse aus eigenem Schicksal und praktischer
Eingliederungsarbeit stehen der Bundesregierung stets zur Verfügung. Keinesfalls – und das habe ich immer
wieder gefordert – darf eine Flüchtlingsdebatte auf dem Rücken dieser von
Leid belasteten Menschen ausgetragen
werden.
Die Erlebnisgeneration von Flucht und
Vertreibung wird immer kleiner. Wie sehen Sie die Zukunft des BdV? Bedarfes
einer Neuausrichtung bzw. wo sehen Sie
den Verband in 10Jahren?
Bernd Fabritius: Dass die Erlebnisgeneration von Flucht und Vertreibung
während und unmittelbar nach dem
Ende des Zweiten Weltkrieges immer
älter wird, ist kein Geheimnis. Viele
Zeitzeugenberichte sind erfasst worden,
aber nichts ersetzt die persönliche Begegnung. Gerade für die Zeitzeugen ist
der Erinnerungsfokus wichtig, den wir
aktuell verfolgen können. 70 Jahre nach
Flucht und Vertreibung erleben sie, wie
ihre Geschichte nun wirklich Teil der
gesamtgesellschaftlichen Erinnerung
wird. Initiativen wie der bundesweite
Gedenktag für die Opfer von Flucht und
Vertreibung sowie der Aufbau der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“
und deren Dauerausstellung im Berliner Deutschlandhaus verdeutlichen
dies. Der Bund der Vertriebenen wird
diesen Prozess auch zukünftig aktiv
über ehrenamtliche, aber auch über
Gremienarbeit begleiten und fördern.
Doch nicht nur die Erinnerung an
Flucht und Vertreibung, sondern ebenso
an unsere Herkunft soll erhalten bleiben. Es gilt, die Kultur unserer Herkunftsgebiete zu bewahren und
weiterzuentwickeln. Hierfür gibt es im
Übrigen einen klaren gesetzlichen Auftrag. Auf diesem Gebiet leisten unsere
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Mitglieder in den Landsmannschaften
und Landesverbänden seit Jahrzehnten
unschätzbare Arbeit. Ihre Expertise in
der Kulturarbeit wird auch weiterhin
benötigt.
Für umso wichtiger halte ich es, dass
Aussiedler- und Spätaussiedler, für die
wir uns ja von Beginn an eingesetzt haben, ebenfalls als Vertriebene begriffen
werden. Die Verschleppung der gesamten arbeitsfähigen deutschen Zivilbevölkerung in russische Arbeitslager, die
allein durch die Herkunft begründete
Entrechtung und anhaltende Benachteiligung haben auch in diesen Kreisen
zu einem Vertreibungsdruck und
schließlich zur Aussiedlung geführt. Der
historische Prozess der Vertreibung unserer deutschen Landsleute dauerte damit genau genommen bis zum
Zusammenbruch des Ostblocks. Aber
auch heute noch kommen Spätaussiedler zu uns, für deren Anliegen und deren
rasche Eingliederung sich der BdV
maßgeblich engagiert. Insgesamt sprechen wir hier von ca. 4,5 Millionen Menschen seit 1950. Gleichzeitig geht es
darum, unseren in der Heimat verbliebenen Freunden eine wirksame und zukunftsfähige Interessenvertretung in
Deutschland zu bieten. Außerdem verschwinden die Anliegen der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge nicht mit der
Erlebnisgeneration. Kinder, Enkel und
zunehmend auch die gesamte Gesellschaft erwarten mit Recht, dass das Erbe – die Erinnerung an Flucht und
Vertreibung, die Geschichte und die
Kultur der deutschen Ostgebiete – erhalten wird. Zuletzt bleibt es gerade vor
dem Hintergrund der weltweiten Lage
ein Grundziel unseres Verbandes, Men-
schenrechte – und damit auch das Recht
aufdie Heimat –zu sichern sowie Flucht
und Vertreibung weltweit zu ächten und
zu verhindern.
Ein wichtiges Thema bleibt die Jugendarbeit. Insbesondere Heranwachsenden
bringen wir unsere Geschichte und
Kultur nahe. Wir ermutigen sie, unser
lebendiges Brauchtum im Rahmen der
vielfältigen Aktivitäten unserer Landsmannschaften mitzuerleben. Dies ist ein
guter Weg, das Erbe der Vertriebenen
im Bewusstsein der jungen Menschen
und somit im Bewusstsein der gesamten
Gesellschaft zu verankern. Die Themen
werden uns also auch in zehn Jahren
noch nicht ausgegangen sein. Aussiedlerverbände verzeichnen gerade wegen
dieser Themen sogar Mitgliederzuwachs.
mm
Nur durch Wahrheit zur Verständigung
Armenierschicksal angemessen aufarbeiten
Die einst geduldete Minderheit der Armenier fiel auf dem Gebiet der
heutigen Türkei einem Völkermord zum Opfer.
Foto: Auswäriges Amt
Bonn - Zum 100. Jahrestag des Beginns des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich am 25.
April 2015 erklärt BdV-Präsident Dr.
Bernd Fabritius MdB:
Die Vertreibungen und der Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren müssen
wahrheitsgemäß aufgearbeitet und
thematisiert werden. Dies ist eine
wichtige Voraussetzung für die Verständigung zwischen den beteiligten
Völkern. Nur dadurch kann die Erinnerung an das Schicksal und an das
Leid der Opfer und Hinterbliebenen
angemessen bewahrt werden. Das ist
kein Angriff auf das Ansehen der modernen Türkei des 21. Jahrhunderts:
Ein Staat, der auch zu den dunkelsten
Seiten der eigenen Geschichte steht,
zeigt Stärke und wahre Souveränität.
Bis zu 1,5 Millionen Menschen – Armenier, aber auch Aramäer, Assyrer
und Griechen – wurden während des
Genozids ab dem 25. April 1915 getötet. Gerechtfertigt wurden die damaligen, massiven Menschenrechtsverletzungen mit dem trügerischen
Ziel eines konfliktfreien, „ethnisch homogenen“ Staates. Die Ereignisse im
Osmanischen Reich wurden zu einem
Vorbild für viele weitere „ethnische
Säuberungen“ in der Folgezeit. Damit
ist dieser Völkermord fester Teil der
Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts.
Auch um daran zu erinnern, hat der
BdV mit seinem Leitwort „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie
heute“ erneut seinen jahrzehntelangen Einsatz für die Einhaltung sämtlicher Menschenrechte und gegen
Vertreibungen weltweit bekräftigt.
Ob 100 Jahre nach dem Völkermord
an den Armeniern oder 70 Jahre nach
der Vertreibung von rund 15 Millionen Deutschen aus ihren angestammten Heimat- und Siedlungsgebieten: Vergangenes, bis heute wirkendes Unrecht muss beim Namen
genannt werden, um die noch immer
bestehenden Wunden zu heilen. Nur
so lässt sich erfolgreich die Zukunft
gestalten.
BdV
Hinweis:
Vom 1. bis 3. Oktober 2015 findet im schlesischen Waldenburg/Wałbrzych eine Fachtagung zur
Ökumene zwischen Deutschen und Polen nach 1945 statt.
Nähere Information: A. Franke Tel. 35818791-116; [email protected].
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Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Kanzlerin stellt sich erneut an die Seite der Vertriebenen
Bundeskanzlerin Dr. Angela
Merkel MdB und BdV-Präsident
Dr. Bernd Fabritius MdB.
Foto: André Wagenzik
Bonn - „Die Bundesregierung steht auch
künftig an der Seite der Vertriebenen –in
guten Stunden, aber auch, wenn es einmal ein Problem zu lösen gilt.“ So beendete Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
MdB ihre äußerst zugewandte und mit
starkem Applaus bedachte Rede beim
Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen am 5. Mai 2015 im Atrium des
Hauses der Bundespressekonferenz in
Berlin. Wie wichtig ihr gerade dieses
Schlusswort gewesen sein mag, zeigte
sich, als sie danach spontan aufeinige der
anwesenden Verbandsmitglieder zuging,
diese persönlich begrüßte und sich nach
deren Herkunft erkundigte. Die Erinnerung an das Schicksal der von Flucht und
Vertreibung Betroffenen bleibe auch weiterhin „Mahnung und Auftrag, dafür Sorge zu tragen, dass uns und künftigen
Generationen ein solches Leid erspart
bleibt“, hatte Merkel vorher deutlich gemacht. Auch vor dem Hintergrund heutiger Flüchtlingsströme sei es daher gut,
dass mit dem bundesweiten Gedenken an
die deutschen Opfer von Flucht und Vertreibung am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, die öffentliche und politische
Wahrnehmung der Themen Flucht und
Vertreibung gestärkt werde. Genauso
wichtig seien die Kulturarbeit, aber auch
die vielen Brücken, die Vertriebene und
Aussiedler in ihre Heimatgebiete bauten.
Für dieses „breite und unermüdliche Engagement“ des BdVund seiner Mitglieder
dankte die Bundeskanzlerin ausdrücklich.
Den Bogen zu spannen „von den Flüchtlingsdramen der Vergangenheit zu denen
der Gegenwart, Historisches und Aktuelles zueinander in Beziehung zu setzen
und beides gleichermaßen in den Blick zu
nehmen“, wie Merkel es ausdrückte, ist
ein Ansatz, den die Bundesregierung und
der BdV teilen. BdV-Präsident Dr. Bernd
Fabritius MdB wies darauf hin, dass das
diesjährige Leitwort „Vertreibungen sind
Unrecht – gestern wie heute“ „leider
brandaktuell“ sei. Hinter jeder der öffentlich gewordenen Flüchtlingszahlen ständen schließlich „ebenso viele
Einzelschicksale, deren Leidensweg viele
Mitmenschen in Deutschland nur erahnen können.“ Auch darum gelte es, von
Verbandsseite aus immer wieder „Menschenrechte und Gesten der Empathie
für Vertriebene und Flüchtlinge, für Opfer von Gewalt und Terror einzufordern,
Vertreibungen als politisches Machtinstrument zu ächten, das kulturelle Erbe
der Vertriebenen zu erhalten und die gesamtgesellschaftliche Erinnerung an un-
ser Schicksal zu fördern“, so Fabritius.
Dieser Einsatz trage dazu bei, den schon
visionär in der Charta der deutschen
Heimatvertriebenen von 1950 eingeforderten Frieden in einem vereinigten Europa zu sichern.
Sowohl Fabritius als auch Merkel nutzten
die Gelegenheit, die ebenfalls anwesende,
ehemalige BdV-Präsidentin Erika Steinbach MdB für deren 16-jährige Verbandsführung zu würdigen. Durch
Steinbachs Arbeit seien viele der nun
Wirklichkeit werdenden Projekte erst
angestoßen worden, so die einhellige
Meinung.
Prominente Gäste des Jahresempfangs
waren u.a. Altbundespräsident Christian
Wulff, der Bundesminister für Verkehr
und digitale Infrastruktur Alexander Dobrindt, der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung Gerd Müller, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur
und Medien, Staatsministerin Prof. Monika Grütters MdB, der Beauftragte der
Bundesregierung für Aussiedlerfragen
und nationale Minderheiten Hartmut
Koschyk MdB, der Vorsitzende der
Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und
deutschen Minderheiten der CDU/CSUBundestagsfraktion Klaus Brähmig MdB,
der Vorsitzende des Netzwerks Aussiedler der CDU Heinrich Zertik MdB, der
Vorsitzende des Verbandes der Deutschen in Polen Bernard Gaida und der
ungarische Botschafter Dr. JózsefCzukor.
Ministerpräsident Tillich erhält Ehrenplakette des BdV
BdV
Für die Einführung des Gedenktags für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation in Sachsen erhält
Ministerpräsident Stanislaw Tillich die höchste Auszeichnung des Verbandes.
Bonn/Dresden - Das Präsidium des tung der Geschichte auch der deutschen
Bundes der Vertriebenen beschloss in seiner Klausurtagung Ende Januar, Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich
für die Einführung des Gedenktages im
vergangenen Jahr (immer am zweiten
Sonntag im September), mit der höchsten
Auszeichnung des Verbandes, der Ehrenplakette, zu würdigen.
„Mit Ihrer Entscheidung, einen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung
und Deportation in Ihrem Land einzuführen, haben Sie ein wichtiges und unmissverständliches Zeichen der Solidarität mit
den Heimatvertriebenen gesetzt und
Ministerpräsident Stanislav Tillich gleichzeitig deutlich gemacht, dass in IhFoto: Sächsische Staatskanzlei/J. Jeibmann rem Land die Bewahrung und Aufarbei5
Heimatvertriebenen und Flüchtlinge eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist“, hieß
es im Anschreiben.
Zur Auszeichnung im Rahmen des Tages
der Heimat am 29. August in der Urania
in Berlin werden weiterhin die Ministerpräsidenten Horst Seehofer (Bayern) und
Volker Bouffier (Hessen), die neben Sachsen ebenfalls diesen Gedenktag einführten, mit der Auszeichnung geehrt.
Die Ehrenplakette ist die höchste Auszeichnung des Bundes der Vertriebenen
und wird seit 1962 an Persönlichkeiten
aus Politik, Kirche und öffentlichem Leben sowie an Institutionen verliehen.
mm
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Verbandsarbeit
Neuer Landesvorstand gewählt
Die Mitglieder des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat
Sachsen/Schlesische Lausitz (LVS) haben am 28. März 2015 turnusgemäß einen neuen Vorstand gewählt.
Dresden - Auf dem Landesverbandstag im Dresdener Ortsteil Weißig
wurde MdL Frank Hirche von den
Delegierten einstimmig als Vorsitzender wiedergewählt. Ebenso wurden
Alexander Schulz und Peter Wolf als
stellvertretende Vorsitzende und Angelika Herzog als Schatzmeisterin in
ihren Ämtern bestätigt. Neu in den
Vorstand kam Helga Friedrich in der
Funktion als Schriftführerin.
Mit Ingrid Labuhn, Gisela Lossack,
Erika Köcher, Irtraut Schirotzek,
Adolf Braun, Florian Braun, Dr. Manfred Hellmund, Mario Morgner und
Friedrich Zempel unterstützen neun
Beisitzer den gewählten Vorstand in
den kommenden vier Jahren.
Als Geschäftsführer des Dresdener
Büros wurde Wolfgang Fiolka vom
Vorstand bestellt.
Frank Hirche bedankt sich im Namen
des neu gewählten Landesvorstandes
für das entgegengebrachte Vertrauen
der Mitglieder. „Wir sind hervorragend aufgestellt und ich freue mich
auf die kommenden Herausforderungen.“
Der neue Vorstand will vor allem als
Team agieren. Die inhaltlichen
Schwerpunkte der Arbeit des Landesverbandes liegen in der Pflege des
kulturellen Erbes der früheren deutschen Siedlungsgebiete in Europa als
Teil der deutschen und europäischen
Kultur sowie auf den Gebieten der
Völkerverständigung, der Integration
von Spätaussiedlern und der Jugendarbeit.
Text: mm/Foto: J. Lienig
Auszeichnung für Aussiedlerbetreuerin Julia Herb
Julia Herb für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet worden. Der
Regierungschef hatte am 14. Januar
2015 rund 1.000 Personen aus Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft zu einem
Empfang ins Dresdner Albertinum eingeladen, der unter dem Motto „Aus aller Welt – zu Hause in Sachsen“ stand.
Während der Veranstaltung zeichnete
Tillich sechs Ehrenamtliche, die sich
für die Integration von Aussiedlern und
Ausländern einsetzen, mit der Ehrenamtsurkunde des Freistaates Sachsen
aus. „Sie alle leisten einen wichtigen
Dienst für das Gemeinwohl. Sie alle
tun Sachsen gut“, sagte der MinisterDresden - Beim Neujahrsempfang des präsident.
sächsischen Ministerpräsidenten Sta- Julia Herb kam 1996 aus Estland nach
nislaw Tillich ist die Russlanddeutsche Dresden. Sie engagiert sich in der
Landsmannschaft der Deutschen aus
Russland – seit einigen Jahren als
Vorsitzende des Dresdner Ortsverbandes. Mit ihren Mitstreitern berät sie
Spätaussiedler, organisiert Deutschkurse, Begegnungsabende und Kinderprojekte und betreut eine
„Perlengruppe“, die filigrane Handarbeiten anfertigt. Außerdem ist sie Leiterin des Chores „Silberklang“, der mit
einem bunten Repertoire an Volks- und
Heimatliedern viele Veranstaltungen
bereichert.
Zu den ersten Gratulanten gehörte der
Vorsitzende des VDA-Landesverbandes
Sachsen, Peter Bien, der Julia Herb ermutigte, ihr Engagement für die Aussiedler fortzusetzen.
Text/Foto: Peter Bien
Spendenkonto des Landesverbandes:
Landesverband der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz
Ostsächsische Sparkasse Dresden
IBAN: DE10 8505 0300 0221 0036 57
BIC: OSDDDE81XXX
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Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Friedrich Zempel zum Siebzigsten
Erinnern wir uns: Infolge der Insolvenz des BdV-Landesverbandes war die Vertriebenenarbeit jahrelang gelähmt.
Zwar gingen die Chöre und Handarbeitsgruppen unbeirrt
ihrer wichtigen Kulturarbeit nach, doch aufLandesebene
fehlten neue Impulse. Diese kamen dann vom BdV-Kreisverband Freiberg und vor allem von seinem Vorsitzenden
Hubertus Unfried. In der Trägerschaft dieses Kreisverbandes erarbeitete eine Projektgruppe unter Leitung von
Torsten Nitzsche die Wanderausstellung „Unsere neue
Heimat – Sachsen“, die im Jahre 2009 im Sächsischen
Landtag erstmalig präsentiert wurde. Im selben Jahr wurde das Haus der Heimat in Reichenbach/OL eröffnet. An
beiden Eröffnungsveranstaltungen nahmen führende Repräsentanten der sächsischen Politik teil. Unterstützt und
finanziell gefördert wurden die Projekte vom SMI durch
Dr. Jens Baumann.
Hiermit hatten sich die Vertriebenen in der sächsischen
Friedrich Zempel im Haus der Heimat.
Öffentlichkeit erkennbar „zurückgemeldet“. Doch noch immer mangelte es an tragfähigen Strukturen. Deren Schaffung ist maßgeblich das Werk von Friedrich Zempel. Als Beamter
in leitenden Positionen, viele Jahre in der alten Bundesrepublik und zuletzt als Referatsleiter im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, brachte er eine reiche Erfahrung im Verwaltungshandeln mit. Aufseine Initiative wurde 2010 der Verein Erinnerung und Begegnung (EuB) gegründet, der seither landesweite Projekte der Vertriebenenarbeit
organisiert und Träger des Hauses der Heimat ist. Der Verein EuB wiederum errichtete noch 2010 die Stiftung Erinnerung,
Begegnung, Integration – Stiftung der Vertriebenen im Freistaat Sachsen. Die Grundlage für das Stiftungskapital schufder
KV Freiberg mit einer überaus erfolgreichen Spendenaktion, und das SMI stockte den eingeworbenen Betrag um das Fünffache auf. Abgeschlossen wurden die strukturellen Maßnahmen schließlich im Jahre 2011 mit der Gründung des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz. Friedrich Zempel hat alle diese
Maßnahmen nicht nur maßgeblich konzeptionell gestaltet sondern – dank seinem juristischen Sachverstand – mit stimmigen Satzungen versehen.
Friedrich Zempel „erlebte“ die Flucht als Ungeborener; im Mai 1945 kam er in Niedersachsen zur Welt. Seine Eltern, zur
deutschen Minderheit im Posener Land gehörend, besaßen dort ein großes Gut, das sie auch mit polnischen Arbeitern einträchtig bewirtschafteten. Er betont gern, dass seine Familie den glimpflichen Ausgang der Flucht mit Pferdegespannen einem polnischen Kutscher verdankt, der sie begleitet hat. Im Haus der Heimat zeugen Exponate und ein Bericht von dieser
Flucht. Im Westen war die Familie Zempel nicht willkommen. Dies war sicher ein wichtiger Grund dafür, dass der Sohn –
seinem Vater folgend – sich schon als Jugendlicher und als Jurastudent in Göttingen aktiv der Vertriebenenarbeit gewidmet
hat.
Für die Vertriebenenarbeit in Sachsen ist Friedrich Zempel ein Glücksfall – alle Fäden laufen bei ihm zusammen. Er ist ein
unermüdlicher Arbeiter. Es ist nicht ungewöhnlich, von ihm eine E-Mail zu erhalten, die er vor 6 Uhr oder nach 22 Uhr gesendet hat. Er kennt viele Persönlichkeiten und versteht es, sie für die Anliegen der Vertriebenen zu interessieren. Aber er
ist nicht nur „Theoretiker“. Wo immer es notwendig ist, packt er an: wenn es sein muss, auch mit Zollstock und Bohrmaschine.
Der einleitende Satz dieses Artikels wurde etwas einschränkend als fast alternativlos bezeichnet - aus gutem Grund; der alternative Satz lautet: „Das müssen wir mit Friedrich besprechen“. Im schönen Monat Mai beging Friedrich Zempel nun seinen 70. Geburtstag. Wir gratulieren nachträglich, sagen Dank und wünschen alles Gute!
Text und Foto: I. u. W. Schirotzek
Lindauer-Bilder in Kulturhauptstadt Pilsen zu sehen
Pilsen/Plzeň - Einer der Ausstellungshöhepunkte des Kulturhauptstadtjahres in Pilsen hat am
Mittwoch für Besucher geöffnet: Mehr als 40 Gemälde von Maori des Künstlers Gottfried Lindauer (18391926) sind bis zum 20. September in der Westböhmischen Galerie zu sehen.
Lindauer, ein gebürtiger Pilsener und studierter Maler, war 1874 nach Neuseeland ausgewandert. „Seine
Seele kehrt erstmals dorthin zurück, wo er geboren wurde, und die Seelen unserer Vorfahren, die er
gemalt hat, begleiten ihn“, sagte ein Maori-Ältester der Agentur CTK. Die Maori glauben, dass ihre
Vorfahren in den Bildern weiterleben.
Zuvor hatte die einzigartige Schau in der Alten Nationalgalerie in Berlin Station gemacht. Nun wurde sie
nach Angaben der Kuratoren um einige Gemälde aus der Pilsener Schaffenszeit Lindauers ergänzt,
darunter Porträts von Bürgern der Brauereihochburg. Pilsen ist, neben dem belgischen Mons,
Europäische Kulturhauptstadt 2015.
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Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Hoher Besuch beim Frühlingstreffen
Sächsischer Staatsminister des Innern zu Gast bei der Landsmannschaft der Deutschen aus
Russland in Dresden.
Dr. Josef Schneider, Vorsitzender des Euro-Bridge e.V; Adolf Braun,Referent für Vertriebenen- und Aussiedlerfragen der Sächsischen Staatskanzlei; Wolfgang Fiolka, Geschäftsführer des Landesverbandes der Vertrieben und Aussiedler im Freistaat Sachsen; Markus Ulbig, MdL-Staatminister des Innern; Julia Herb,
Vorsitzende der OG Dresden der LMDR; Dr. Jens Baumann; Referent im Sächsischen Staatsministerium des
Innern (v.l.n.r).
Dresden - Das diesjährige Frühlingstreffen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. (LMDR),
Ortsgruppe Dresden, fand am Nachmittag des 09. April 2015 im Pfarramt der
Dresdner St.-Paulus-Kirche statt.
Eine besondere Ehre für die Mitglieder
der LMDR war es, dass der Sächsische
Staatsminister des Innern und Kandidat für die Wahl des Oberbürgermeisters der Stadt Dresden, Markus Ulbig,
der Einladung folgte.
Neben ihm nahmen Adolf Braun, Referent für Vertriebenen-, Aussiedler- und
Spätaussiedlerfragen in der Sächsischen
Staatskanzlei, Dr. Jens Baumann, Referent im Sächsischen Staatsministerium
des Innern, zahlreiche Vertreterinnen
und Vertreter aus Partnervereinen, dem
Vertriebenenverband, der Euro-Bridge
sowie zahlreiche Aussiedler und Einheimische, deren Angehörige, Freunde und
Bekannte an der Veranstaltung teil.
Nach der Begrüßung durch die Ortsgruppenvorsitzende Julia Herb hielt der
Innenminister sein Grußwort. Er wür-
digte darin die Arbeit der LMDR, die
ausschließlich ehrenamtlich erfolgt. Besonders lobend äußerte sich Markus Ulbig über den Chor „Silberklang“ der
Ortsgruppe Dresden und dessen niveauvolle Auftritte, z. B. 2014 im Sächsischen Innenministerium. Aber auch
die Volleyballmannschaft der LMDR ist
ein gutes Beispiel für die gelungene Integration der Aussiedler und Spätaussiedler in Dresden.
Da der Mannschaft bei ihrem letzten
Spiel ein Missgeschick passierte – der
Ball war unauffindbar – überreichte der
Innenminister an den Kapitän der
Mannschaft einen neuen Volleyball.
Nach dem Auftritt von Markus Ulbig
wurde es musikalisch. Der Chor „Silberklang“ stimmte mit einem bunten Repertoire an Volks- und Heimatliedern in
mehreren Sprachen die Gäste auf den
Frühling ein. Das Publikum erwies sich
als textsicher und sang manche Strophe
mit.
Mit selbstgebackenem Kuchen und Kaffee wurde dann der gesellige Teil des
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Treffens eröffnet. Ein Dank geht an dieser Stelle an alle fleißigen „Bäcker(innen)“ und Helfer(innen).
Um die Kalorien nicht erst ansässig
werden zu lassen, schwangen die Gäste
anschließend zu musikalischer Begleitung kräftig das Tanzbein. An den Tischen gab es aber auch einen regen
Austausch, so manche Diskussion und
viele Gespräche.
Nach dieser gelungenen Veranstaltung
kann nun der Frühling – für viele die
wohl schönste Jahreszeit – endlich auch
in der Natur kommen. Das Treffen
zeigte, dass die Arbeit der LmDR in der
Politik und Öffentlichkeit wahrgenommen wird und eine hohe Wertschätzung
erfährt.
Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle dem Initiator Florian Braun, Vorsitzender der Landesgruppe Sachsen, der
leider aus gesundheitlichen Gründen
nicht selbst dabei sein konnte.
Birgit Matthes (Migrationsberatung für
Erwachsene)/mm
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Hoffnung im “vergessenen Dorf“
EuB unterstützt Deutsche in Rumänien.
Unter seinem Vorsitzenden Leopold
Langthaler geht der neue Vorstand mit
großem Engagement an die Arbeit. Die
Brauchtumsveranstaltungen wurden
intensiviert. Die Zahl der Mitglieder der
deutschen Gruppierungen steigt wieder.
Die Minderheit ist gesellschaftlich anerkannt, besonders gute Kontakte pflegt
sie mit der ungarischen Minderheit. Eine
kleine eigene Bücherei, eine Begegnungsstätten für Erwachsene sowie eine
kleinere für Kinder und Jugendliche, ein
eigener Kindergarten, gute Kontakte
nach Österreich und Deutschland sind
die Basis für die gesellschaftliche Arbeit.
Die Herausgabe einer eigenen Zeitung
ist in Vorbereitung.
EuB-Vorsitzender Friedrich Zempel (v.l.), Tochter Johanna, Michaela
Savatzki und Leopold Langtaler vom Demokratischen Forum
Oberwischau bei der Spendenübergabe.
Dresden/Oberwischau - Wenn Sie
nach den deutschen Minderheiten in Rumänien gefragt werden, fallen Ihnen sicher die Siebenbürger Sachsen mit der
europäischen Kulturhauptstadt Hermannstadt, die Banater Schwaben mit
der Nobelpreisträgerin Herta Müller und
vielleicht noch die Sathmarer Schwaben
ein. Von den Deutschen in Oberwischau
haben Sie vermutlich noch nichts gehört.
Auch mir ist es nicht anders gegangen,
als unsere Tochter Johanna im August
2014 als FSJ-lerin einer Schule in Oberwischau zugewiesen wurde.
derts auch nach Oberwischau deutschsprachige Siedler vor allem aus der Zips
(heutige Slowakei) und anderen deutschen Staaten gerufen. Sie bauten in der
sehr waldreichen Umgebung die Waldwirtschaft auf. In den folgenden 200
Jahren teilten sie das wechselvolle
Schicksal der Entstehung des rumänischen Staates mit den Rumänen und
den ebenfalls starken Minderheiten der
Ungarn und Juden. Die Juden wurden
während des Zweiten Weltkrieges fast
ausnahmslos ermordet. Heute zeugt nur
noch der auf einem Berghang über der
Stadt gelegene Friedhofvon ihnen.
Die Ansiedlung der Zipser in OberEin Minderheit mit Zukunft
wischau /Nordrumänien
Im Atlas fand ich dann Oberwischau in
Nord-Rumänien an der Grenze zur
Ukraine in dem Tal des Flusses Viseu.
Verschiedenen Internetseiten konnte ich
entnehmen, dass dort noch etwa 10001200 Deutsche leben.
Wie in viele andere Regionen Südosteuropas wurden Ende des 18. Jahrhun-
Anders als in Siebenbürgen und dem
Banat ist aber nach 1989 weniger als die
Hälfte der deutschsprachigen Minderheit aus Oberwischau abgewandert. Vor
etwa einem Jahr hat das Demokratische
Forum der Deutschen in Oberwischau
einen neuen Vorstand gewählt. In dem
neuen Vorstand ist keiner älter als 40.
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Deutschlehrerwerden gesucht
Problematisch ist jedoch die Versorgung
mit Deutschlehrern an den allgemeinbildenden Schulen in Oberwischau.
Weniger als die Hälfte der erforderlichen
Unterrichtsstunden kann durch ausgebildete Deutschlehrer abgedeckt werden.
Spendenaktion des EuB
Der junge Vorstand des Demokratischen
Forums der Deutschen in Oberwischau
bemüht sich, die Kinder- und Jugendfreizeitarbeit zu fördern; denn die öffentlichen Angebote sind in einer Kleinstadt
mit 17.000 Einwohnern und einer
großen Entfernung zu der nächsten
Großstadt sehr dürftig. Hier engagiert
sich Johanna neben ihrer Tätigkeit in
der Schule. Leider fehlt es in der Jungendbegegnungsstätte an Material. In
der letzten Ausgabe unserer Zeitung
hatten wir darüber berichtet und um
Spenden gebeten.
Die Aktion erbrachte 400 Euro, die ich
am 11. April dem Vorstand des Demokratischen Forums überreichen konnte.
Text/Fotos: Fr. Zempel
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Verbandsarbeit
Vertriebenen-Friedhof Freiberg:
Digitale Recherche zu Verstorbenen möglich
Die Gedenkstäte in Freiberg gehört zu den größten Anlagen in Deutschland. Viele Informationen zur
Entstehung, darunter das komplette Namensverzeichnis der Verstorbenen, ist aufCD erhältlich.
Der Gedenkstein wurde im September 2002 von Stanislaw Tillich
eingeweiht.
Foto: BdV-Freiberg
Freiberg - Als in den letzten Mona- ne gesonderte Ruhestätte, die man
ten vor Kriegsende 1945 der Flücht- Flüchtlingsfriedhof nannte. Bald jelingsstrom Sachsen erreichte, wurden doch wurde diese Ruhestätte eingeeb3500 Menschen in Freiberg unterge- net. Hubertus Unfried, dem
bracht. Zwischen 1945 und 1948 Vorsitzenden des BdV-Freiberg, ist es
verstarben 1375 registrierte Heimat- zu verdanken, dass nach der Wiedervertriebene, und man schuf ihnen ei- errichtung des Vertriebenenfriedho-
Die Vertreibung
Wir wurden aus unserer schlesischen Heimat vertrieben
und fuhren in das Nichts hinein.
Nichts außer unserem Leben ist uns geblieben,
musste es so sein?
Scheu fuhren wir die Straßen lang
Und immer weiter, immer weiter.
Uns allen war es öfters sehr bang,
Sehnsucht nach Hause war unser Begleiter.
Was wird die Zukunft jetzt uns bringen,
die Zeit, die noch so unberührt!
Mal sehen was da uns wird noch gelingen,
was uns in die Fremde führt.
Im Kindesalter sah man schon die Pflichten,
so auch mit etwas Gottvertrauen,
man musste jeden Tag die Arbeit richten
und immer nur noch nach vorne schauen.
Sehr früh mussten wir jeden Tag beginnen,
die Arbeit, die jetzt vor uns lag,
nur mit Fleiß und Mut kann man gewinnen,
so ging es bis heute Tag für Tag.
Heimatfreund Erhard Joseph/ Dahme im Kreis Liegnitz, heute Leipzig
fes 2002 eine zusätzliche Mahn- und
Gedenkstätte eingeweiht werden
konnte. Möglich wurde die Errichtung durch Unterstützung von Mitgliedern des BdV, dem Oberbürgermeister der Stadt Freiberg, der
Kriegsgräberfürsorge, dem Innenministerium Sachsens sowie weiteren
Sponsoren.
Der dreigeteilte Gedenkstein mahnt,
nie wieder Krieg, Vertreibung und
Vernichtung zuzulassen. Die Steine
mit ihren Bronzetafeln zeigen die
Wappen ehemaliger deutscher Landesteile und 144 Orte, aus denen die
Verstorbenen vertrieben wurden.
Neben der Vorgeschichte, der Planung, des Baus und der Einweihung
dieser Anlage finden sich auf einer
vom BdV-Freiberg herausgegebenen
CD ein komplettes Namensverzeichnis mit den Daten der Verstorbenen
und die Lage ihrer Gräber.
Die CD ist zum Preis von 10 Euro erhältlich über den Kreisverband Freiberg, Hubertus Unfried, Münzbachtal
9 in 09603 Großschirma.
mm
Reaktion auf Wolfskind-Artikel
Von Heimatfreund
Roland Müller aus
Brenndorf erreichte uns
folgende Zuschrift:
In der Ausgabe Januar
2015 der Zeitschrift
„Vertriebene und
Spätaussiedler in
Sachsen“ ist ein Artikel
über ein Wolfskind
enthalten, das nach
Informationen zu seiner
Das Schicksaal von
Mutter sucht. Ich habe
Hildegard Linde geb.
mich mit einem Mitglied
Langhans ist weiter
unklar.
des Geschichtsvereins in
Borna in Verbindung
gesetzt und er hat einiges über die gesuchte
Elisabeth Linde herausfinden können. Mir liegt
eine Kopie der Todesanzeige vor, eine Kopie vom
Hausbuch wo sie gewohnt hat und eine Kopie
eines Fotos mit dem Bruder Manfred. Weitere
Informationen ließen sich evtl. noch in
verschiedenen Archiven herausfinden.
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Verbandsarbeit
Enkelgeneration wird aktiv
Dresden - Angehörige der jüngeren Generation haben sich Anfang Mai in Dresden zu einem ständigen Arbeitskreis
“Bekenntnisgeneration Ostdeutschland“ zusammengefunden. Sie wollen sich alle vier bis sechs Wochen treffen, um
Themen der Heimatgebiete ihrer Großeltern zu besprechen und gemeinsame Aktionen und Kontakte in die Nachbarstaaten vorzubereiten. Einig waren sich alle Teilnehmer des ersten Treffens darin, dass in den Nachbarländern
viel mehr Interesse an der Geschichte der früheren Siedlungsgebiete der Deutschen besteht als in Deutschland
selbst. Hierin sehen sie einen guten Anknüpfungspunkt für Kontakte, insbesondere zur jüngeren Generation.
Nach Einschätzung von Teilnehmern besteht in der Enkelgeneration ein genügendes Interesse, um in allen größeren Städten Sachsens einen entsprechenden Interessentenkreis aufzubauen.
In den nächsten Wochen soll ein eigenes Internetportal aufgebaut werden. Weiterhin möchte man vor allen Dingen
mit jüngeren Deutschen aus Russland Kontakt aufnehmen. Das nächste Treffen ist für den 14. Juli vorgesehen.
Interessenten können sich per Mail an Marcus Röthig: [email protected] wenden.
Axel Schubin
Kurt Beyer, ehemaliger Propst von Königsberg, verstorben
Dresden - Am 3. Mai verstarb der Pfarrer und frühere
Propst von Königsberg, Kurt Beyer, an seinem 83. Geburtstag.
Kurt Beyer ist in seinem Leben immer ungewöhnliche Wege
gegangen. Mitten im Krieg begann der damals Zehnjährige
Russisch zu lernen. Während der Nazizeit ein fast lebensgefährliches Unterfangen für die Eltern. Später studierte er
Theologie und wurde Pfarrer in Brockwitz und Meißen. Seit
1972 arbeitete er auch für das Gustav-Adolf-Werk, das Protestanten in der ausländischen Diaspora betreut.
1991 ging er, unterstützt von seiner Frau Edith, als Propst
nach Königsberg, um die seelsorgerische Betreuung der dort
lebenden evangelischen Deutschen zu übernehmen. Hierbei
handelte es sich fast ausschließlich um Deutsche aus Russland, die sich nach dem Krieg in Nordostpreußen angesiedelt hatten. Die meisten hatten dies in der Hoffnung getan,
Edith und Pfarrer i. R. Kurt Beyer.
von
hier leichter in die Bundesrepublik aussiedeln zu könFoto: Ev.-Luth. Landeskirche Sachsen
nen. Insgesamt waren die Lebensverhältnisse Nordostpreußen jedoch schwieriger und rückständiger als in Russland. Insbesondere gab es so gut wie keine soziale und religiöse
Betreuung.
Kurt Beyer hatte von Anfang an mit großen Schwierigkeiten mit der russischen Bürokratie zu kämpfen. In seinen Arbeitsbriefen, die er regelmäßig an Unterstützer versandte, schilderte er diese Probleme. Das größte Problem bestand nicht in der
Beschaffung von Geld- und Sachspenden, sondern darin, diese Spenden nach Nordostpreußen zu bringen bzw. sie dort empfangen zu dürfen. Die Unterstützung der christlichen Gemeinden in der DDR vor der friedlichen Revolution war unvergleichlich leichter. Behördliche Zusagen, beispielsweise für Räume, wurden häufig wieder zurückgenommen, auch wenn eine
Gemeinde bereits mit Renovierungsarbeiten begonnen hatte.
Hinzu kam, dass viele Unterstützer aus Deutschland wenig Verständnis für seine Situation und den schwierigen Umgang
mit den russischen Stellen hatten. Sie erwarteten, dass er in seiner Arbeit an 1945 abgebrochene Traditionen anknüpfe. Dies
war nicht nur wegen des schwierigen Umgangs mit den Behörden, sondern auch wegen fehlender Erfahrungen und Kenntnisse über die nun hier lebenden Deutschen aus Russland unmöglich. Nur durch sein ungewöhnliches Gottvertrauen konnte
er diese Situation meistern.
Während seines Aufenthaltes in Nordostpreußen baute er 40 evangelische Gemeinden aufund leitete die Vorarbeiten für die
Errichtung eines evangelischen Zentrums für Nordostpreußen in Königsberg.
Genau genommen war Kurt Beyer nur bis 1996 Propst in Königsberg. Aber auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland
arbeitete er weiter erfolgreich für seine Gemeinden in Nordostpreußen und sammelte Spenden, für die er durch seine Arbeitsbriefe minutiös mit preußischer Korrektheit Rechenschaft ablegte.
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Friedrich Zempel
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Berichte aus den Kreisverbänden
Kirchentag der Ost- und Westpreußen in Chemnitz
Auch in diesem Jahr feierten die Ost- und
Westpreußen in Sachsen ihren Kirchentag der evangelischen Ostpreußen.
Wir trafen uns am Sonnabend, dem 11.
April 10 Uhr, wie schon im vergangenen
Jahr in der St.-Matthäus-Kirche in Chemnitz-Altendorf. In dieser Kirche waren wir
nun schon zum zweiten Mal Gast und Herr
Mestars, der Ehemann der Pfarrerin, begrüßte uns herzlich.
Pfarrer Plorin aus Rückersdorf, gebürtiger
Königsberger und Schriftführer bei der
GeO, war wieder nach Chemnitz gekommen und begleitete uns durch den Gottesdienst und dann auch weiterhin den ganzen
Tag in Gesprächen und Fragen. Der Gottesdienst begann mit einem Vorspiel des
Posaunenchores der St.-Matthäus-Gemeinde, der den Gottesdienst neben der
Orgel sehr schön musikalisch untermalte.
Pfarrer Plorin dankte Herrn Schulz für die
Organisation des Kirchentages und bedankte sich für die Gastfreundschaft der
Gemeinde.
Der Gottesdienst stand ganz unter dem
Schicksal von uns Vertriebenen, aber auch
dem Schicksal der Menschen, die heute
vertrieben werden.
In seiner „Besinnung“ zum Beginn erinnerte Pfarrer Plorin an den Beginn der
Vertreibung und die letzten unsinnigen
Bombardierungen unserer Städte kurz vor
Kriegsende vor 70 Jahren. Er gedachte der
Ermordung von Dietrich Bonhoeffer und
anderer Widerstandskämpfer und Gefangenen in den KZs noch kurz vor Kriegsende. Aber er mahnte auch, Gott für all das
gute Geleit in allem Schweren zu danken.
Die alttestamentliche Lesung aus dem
Buch der Könige im 17. Kapitel hielt uns
vor Augen, dass Gott den Ungehorsam des
Volkes Israel strafte und die Menschen
durch einen fremden König in ein neues
Land vertreiben ließ.
Danach gab ein Mädchen aus der Jungen
Gemeinde einen Zeitzeugenbericht „Vor
70 Jahren in Ostpreußen“. Junge Menschen hatten sich mit Zeitzeugen unterhalten und sich mit dem Schicksal der
Vertriebenen beschäftigt. Sie bedauerte,
dass im Geschichtsunterricht viel zu wenig über dieses Thema gesprochen wird
und sagte, das die Jugendlichen sich angesichts der heutigen Situation viel mehr
mit dem Thema beschäftigen müssten und
in der Schule gelehrt werden muss.
In der Lesung der Epistel aus 1. Petrus 1,
3-7, wurde uns durch die Auferstehung Jesu Christi gesagt, dass wir uns in der Hoffnung aufdas neue, unvergängliche Leben
bei Gott freuen können, wenn wir die Prüfung auf die Echtheit unseres Vertrauens
aufGott in Schwierigkeiten bestanden haben.
Nach dem gemeinsamen Glaubensbekenntnis hielt Pfarrer Plorin eine Predigt
über 5.Mose 32, 7. Er begann mit einem
Spruch aus dem Mittelalter „Ich komm,
weiß nicht woher. Ich bin, ich weiß nicht
wer. Ich gehe, weiß nicht wohin. Mich wundert, dass ich fröhlich bin.“
Historiker sagen uns: „Ohne Mindestkenntnis unserer Vergangenheit leben wir nicht
bewusst in der Gegenwart und finden auch
keine sinnvolle Zukunft. Die Vergangenheit ist nur scheinbar tot, doch sie lebt auf
verschiedene Weise weiter.“ Entsprechend
im Predigttext heißt es: „Bedenke der vergangenen Zeiten, was früheren Generationen geschah! Frage deine Eltern die werden
es dir sagen, und die Alten, die werden es
dir erzählen.“
Auf diese Worte baute Pfarrer Plorin seine Predigt auf. Heimatverlust, unsägliches
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Leiden, Schmerzen, Trauer, Wut und oft
die Frage nach Gott „Wo bist Du?“ Die Seelen waren verwundet. Der Neuanfang war
schwer. Alles hat sich tiefin das Gedächtnis eingebrannt.
Wie gehen wir nun heute damit um? Erinnern kann weh tun, weil es in Wunden
rührt.
Man sprach, bis auf einige Ausnahmen,
wenig über das Erlebte. In der DDR schon
gar nicht.
Später kamen dann Erlebnisberichte und
Erinnerungsbücher. Manche Vertriebene
konnten erst nach Jahren ihre Erlebnisse
endlich niederschreiben. Aber trotz allem
fällt auf, dass wenig darüber geschrieben
wurde, dass man in dieser Zeit auch Trost
und Hilfe von Gott und Menschen bekam.
Öffentlich wurde Flucht und Vertreibung
jedoch nicht genügend verarbeitet. Man
wollte es so bald als möglich vergessen. Es
gab eine Schlussstrich-Mentalität. Aber
wir, die noch lebenden Betroffenen, müssen nun unsere Schicksale weitergeben!
Krieg und Vertreibung sind so schreckliche Erlebnisse, dass man sie nicht der Vergangenheit anheim fallen lassen kann. Sie
müssen der Welt zur Mahnung dienen,
damit die heutige Generation und vor allem die Politiker bemüht sind, einen dauerhaften Frieden, Versöhnung und
Gerechtigkeit aufder Welt durchzusetzen.
Gott schenke uns allen dazu die Kraft!
In der Fürbitte wiederholten Pfarrer Plorin, Gerd und Helga Berger nochmals Bitten um Gerechtigkeit, Bitten für Flüchtlinge
in aller Welt und für Asylbewerber. Bitten
für die Medien, dass das Geschehen in der
Welt wahrheitsgetreu wiedergegeben wird.
Mach uns alle zu Boten des Friedens und
der Wahrheit.
Im Segen bedachte Pfarrer Plorin alle Menschen in fern und nah, die Lebenden und
die Verstorbenen. „Bewahre uns alle, Gott!“
Der Gottesdienst wurde durch den Gemeindegesang immer wieder mit Liedern,
wie „Danke für diesen guten Morgen“, „Ich
hör die Botschaft“, „Gib Frieden Herr“ und
“Verleih uns Frieden gnädiglich“ bereichert.
Der ausführliche Bericht des Gottesdienstes ist mir, der Autorin, deshalb so wichtig, weil er das Kernstück unseres
Kirchentages war.
Nach dem Gottesdienst gingen wir alle in
das Gemeindehaus. Alexander Schulz begrüßte uns nochmals offiziell, besonders
freute er sich über das Kommen von Frau
Elfriede Rick, mit ihrem Mann aus Dresden, die viele Jahre den ostpreußischen
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Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Kirchentag in Dresden organisiert hatte
und November 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz durch Ministerpräsident Stanislav Tillich, für ihre Arbeit mit der
Erinnerung an Flucht, Vertreibung und
Versöhnung, ausgezeichnet wurde.
Danach begrüßte uns Herr Ralph Burghart von dem Kreisvorstand der CDU in
Chemnitz. Er bedankte sich für die Gastfreundschaft in der Matthäusgemeinde
und sprach Herrn Alexander Schulz seinen Dank für die Organisation des Kirchentages aus. Er gedachte der Flucht und
der Vertreibung. Zum Abschluss wünschte er ein gutes Gelingen für unseren Tag.
Nach einer kurzen Pause folgte ein Vortrag mit Lichtbildern über das ostpreußische Kulturzentrum in Ellingen,
dargebracht von Herrn Wolfgang Freyberg, dem Direktor des Hauses. Er gab uns
Einblicke in die Arbeit des Museums, über
ständige und wechselnde Ausstellungen
und warb für einen Besuch im Museum,
der sich bestimmt für Alle lohnt.
Nach einem Mittagessen mit Kartoffelund Nudelsalat (selbst gemacht von der
Familie Schulz) mit Würstchen und einem
kurzen Plachandern hatte Alexander
Schulz eine Palästinenserin eingeladen,
die uns einen ausführlichen und sehr interessanten Bericht über ihre Heimat gab
(siehe Seite Panorama).
Sie berichtete nicht nur, sie hatte auch eindrucksvolle Bilder aus ihrem Heimatland
mitgebracht Ihr Name ist Lily Hanoush
und sie ist die Älteste von 4 Mädchen aus
einer christlichen Familie. Sie wurde in
Bethlehem in einer halb arabisch-palästinensischen und halb assyrischen Familie
geboren und bezeichnete sich als eine arabische- palästinensische Christin.
Sie klagte an, warum man in ihrem Land
schweigen muss. Sie klagte die Unterdrückung an. Aber sie und ihre Familie kämpfen dagegen nicht mit Waffen,
sondern mit dem Gebet zu Gott.
Sie erzählte über ihre Heimatstadt Bethlehem, die durchaus nicht mehr das kleine Bethlehem ist, welches wir aus der Bibel
kennen. Ihre Einblicke in das Leben in ihrem Land waren sehr interessant und aufschlussreich. Manches von dem, was sie
erzählte, ist für uns nicht nachzuvollziehen und man fragt sich, warum werden
diese unseligen Auseinandersetzungen
zwischen Israel und Palästina nicht end-
lich beendet.
An die Kirchen im Westen appellierte sie:
Denken Sie über das Gleichnis vom guten
Samariter nach. Kommen Sie und strecken ihre Hand aus, um Friedensstifter zu
werden.
Nachdem sie geendet hatte, gab es noch
viele Fragen, die Frau Hanoush aufgeschlossen beantwortete. An einem kleinen
Verkaufstisch konnte man schöne Holzarbeiten von Ölbaumschnitzern und Handarbeiten aus Palästina kaufen.
In der kleinen Kaffeepause, die nun folgte, gab es guten Kuchen, wieder von der
Familie Schulz selbst gebacken. Durch den
großen Einsatz der ganzen Familie von
Alexander Schulz waren auch alle Preise
für Essen und Trinken mehr als moderat.
Dank an alle, die mit geholfen haben.
Den Abschluss bildete ein kleines Programm des Kindergartens der Gemeinde
St. Matthäus.
Alles in Allem war es ein schöner und interessanter Kirchentag. Es gab nur einen
Wermutstropfen, es waren mit ca. 40 – 45
Menschen viel zu wenig Besucher da.
Wir freuen uns schon auf einen nächsten
Kirchentag.
Helga Berger
Kurt Weihe trägt die Heimat nicht nur im Herzen
Mit seinem Engagement in der Jugendarbeit plädiert Kurt Weihe von der Kreisgruppe
Limbach-Oberfrohna der Ost- und Westpreußen für eine Kultur der Erinnerung.
Limbach-Oberfrohna – Jugendarbeit
ist für Kurt Weihe schon immer ein besonderes Anliegen gewesen. So leitet er seit
vielen Jahren eine Kinder-Arbeitsgruppe
an der Gerhart- Hauptmann - Oberschule Limbach-Oberfrohna, die sich mit großer
Begeisterung der Bernsteinschnitzerei verschrieben hat. Die umgesetzten Werke
werden dann zum Beispiel zu Kreativmessen der Schule oder zu Heimatnachmittagen der Kreisgruppe mit großem Erfolg
präsentiert.
Neben der Arbeit mit den Schätzen unserer Heimat ist es für Kurt Weihe ein besonderes Bedürfnis, den Kindern und
Jugendlichen die Geschichte seiner Heimat näher zu bringen. In seinem jüngsten
Projekt mit Schülern der beiden neunten
Klassen der Gerhart- Hauptmann-Oberschule entstand mit Unterstützung der
Stadt eine filmische Dokumentation zum
Thema "Flucht, Vertreibung, Integration
- damals und heute". Die öffentliche Aufführung der Dokumentation unter Teilnahme von Oberbürgermeister Dr.
Hans-Christian Rickauer am 17. April fand
einen breiten Zuspruch in der Öffentlichkeit. Besonders beeindruckend für die zahlreichen Gäste waren die persönlichen
Schilderungen der Fluchterlebnisse Kurt
Weihes. Immer wieder wurde dabei deutlich, dass sich besonders die junge Generation für Frieden und Völkerverständigung
einsetzen muss, damit sich solche schrecklichen Ereignisse nie wiederholen.
In seiner langjährigen Arbeit als Vorstandsvorsitzender der Kreisgruppe LimbachOberfrohna kann Kurt Weihe aufeine lange Reihe von Erfolgen zurückblichen. So
organisierte er beispielsweise einen Schüleraustausch mit Jugendlichen aus dem
Königsberger Gebiet und Schülern der Gerhart- Hauptmann-Oberschule. Dabei besuchten russische Schüler für eine Woche
die Sachsen, dem ein Gegenbesuch in Kö13
nigsberg folgte. Außerdem organisierte er
15 Fahrten mit Landsleuten nach Ostpreußen, aus dem im Laufe der Jahre zahlreiche Freundschaften mit den heutigen
Bewohnern entstanden.
Die Einrichtung des Hauses der Heimat
in Reichenbach unterstützte Kurt Weihe
von Beginn mit großer Leidenschaft. Durch
viele Gespräche mit den Vertriebenen
schafft er es immer wieder, die zentrale
Erinnerungsstätte mit wertvollen Dokumenten und Gegenständen zu bereichern
und somit für die Nachwelt zu erhalten.
Damit ist es aber nicht getan. Mehre Schülerbesuche im Rahmen ihres Geschichtsunterrichts organisierte Kurt Weihe in Zusammenarbeit mit Lehrern.
Seit der Gründung im Jahre 1993 leitete
Kurt Weihe unsere Kreisgruppe. Diese
Funktion gab er mit Ende der letzten
Wahlperiode ab, engagiert sich aber weiter wie bisher. Seine einfühlsame Art mit
Menschen umzugehen ist für alle Landsleute und auch für unsere Jugend ein wertvoller Schatz, wie unsere leicht steigenden
Mitgliederzahlen beweisen.
Dafür gehört Kurt Weihe ein besonderer
Dank!
In heimatlicher Verbundenheit
Hannelore Kedzierski/mm
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Die Elchniederung gestern und heute
Die Landsmannschaft der Ost –und Westpreußen, Kreisgruppe Chemnitz e.V. hatte die Mitglieder zum Vortrag mit dem
Thema „Die Elchniederung gestern und
heute“ mit Herrn Prof. Hertel, Dresden/Kesselsdorfals Referenten eingeladen. Er ist
Mitglied und stellv. Kirchspielvertreter
Kaukehmen/Skören der „Kreisgemeinschaft Elchniederung“ (www.kreis- elchniederung.de), Vorstandsmitglied der
„Gesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs e.V.“ (www.kreis-elchniederung.de) und pflegt viele Kontakte zu Personen
und Institutionen im ehemaligen Ostpreußen.
Die Elchniederung (bis 1938 „Niederung“,
heute in etwa der Kreis Slavsk) ist der
nördlichste Kreis im Kaliningrader Gebiet. Im ehemaligen Ostpreußen lag nur
noch das Memelland nördlicher.
Das Niederungsgebiet umfaßt ca. 1000
km², wird westlich vom Kurischen Haff
und nördlich vom Memeldelta begrenzt
(vor 1923 und zwischen 1939 und 1945
gehörten auch Teile des Memellandes politisch zur Elchniederung) und liegt teilweise auch unterhalb des Meeresspiegels.
Die Bewohner der Elch- und Memelniederung hatten immer wieder gegen verheerende Überschwemmungen zu kämpfen.
Im Winter bildete sich eine dicke Eisschicht
aufder Memel, meist mit Eisstau. Diesen
Zustand bezeichnete man als „Schacktarp“
oder Wegelosigkeit. Begann das Eis zu
schmelzen, kam es zu den gefürchteten
Überschwemmungen in den Niederungsgebieten. Für den Schiffsverkehr waren
die Haff-Seitenkanäle wichtig, denn das
Wetter aufdem Haffkonnte schnell umschlagen. Bei Sturm war die Fahrt über
das Haffzu gefährlich.
Die Besiedlung der Elchniederung erfolgte ganz allmählich. Erste Spuren wurden
von einwandernden Kuren (im nördlichen
Baltikum) gefunden. Aber erst
durch die jahrhundertelange
Mühe der Melioration (begonnen vom Deutschen Orden, beendet durch vernachlässigte
Pflege) wurde dieses Gebiet
nach und nach urbar und entwickelte sich zu einer einzigartigen
Mensch-Natur-Symbiose. Im
sogenannten Elchwald, der
dem Kurischen Haffvorgelagert ist, hatte der Elch in den
Erlenwäldern und Mooren seinen Einstand. Erfreulich, dass
der Elchbestand seit Kriegsende wieder gewachsen ist.
Bis 1939 hatte die Elchniederung 55.000
Einwohner. Das Kreisgebiet gliederte sich
in 14 Kirchspiele mit Heinrichswalde als
Kreisort im Regierungsbezirk Gumbinnen, Kaukehmen (ab 1938 Kuckerneese,
heute Jasnoje), dem größten Ort und Groß
Skaisgirren (ab 1938 Kreuzingen, heute
Bolschakovo) als dem wichtigsten Verkehrs- und Handelsknotenpunkt. 1891
erfolgte der Anschluss an die Bahnstrecke Tilsit-Königsberg, die mit einer Kleinbahn, auch „Schnieffkeboahn“ genannt,
ab Bahnhof Groß Brittanien (bei Heinrichswalde) mit zwei Stichstrecken nach
Karkeln (dem „Venedig des Nordens“) und
nach Groß Gryszanen (ab 1938 bis 1945
Seckenburg, heute Zapovednoje) über Alt
Lappienen (ab 1938 Rauterskirch, heute
Bolschije Bereschkij = großes Flußuferchen) ergänzt wurde.
Mit der Rinderzucht und der Milchwirtschaft entstanden Molkereien, die den bekannten Tilsiter Käse herstellten. Auch
salz-und schwefelhaltige Quellen wurden
entdeckt und genutzt. Im Januar 1945 besetzten sowjetische Truppen Heinrichswalde.
Die barocke Kirche im Dorf Alt-Lappienen wurde als ein imposanter achteckiger Ziegelbau nach Vorbild einer
byzantinischen Kirche in Ravenna von
Anfang an als ev.-lutherisches Gotteshaus
errichtet und blieb es auch bis 1945. Nach
dem 2. Weltkrieg wurde diese Kirche zuerst als Schlachthof, später als Getreidelager genutzt. Im Jahre 1975 brannte der
gesamte Dachstuhl durch Blitzschlag ab,
die noch immer imposanten Fassadenmauern werden heute durch die größte
Storchenkolonie der Welt (so sagt man)
besiedelt. Durch Initiative der Kreisgemeinschaft „Elchniederung“ konnte das
Gelände Mitte der 1990er Jahre beräumt
und durch liebevolle Pflege jetziger Ein14
wohner wieder ansehnlich gemacht werden. Mit evangelischen Gottesdiensten der
Propstei Kaliningrad, der Kreisgemeinschaft Elchniederung und privater Personen unter freiem Himmel sowie bereits
erfolgter neuer Bestattungen wurde die
Kirche wieder „arbeitend“. Sie wird durch
die örtliche Gemeinde mit Liebe und wie
ein Augapfel gehütet.
Solche gemeinsamen Aktionen und Begegnungen zeigen den Willen zur Versöhnung. Restaurants haben wieder Namen
ehemaliger Besitzer, Wegweiser werden
oft in Russisch-Deutsch beschriftet, Straßenbahnen und Busse verwenden deutsche Ortsnamen in kyrillischer Schrift.
In Königsberg findet jeden Mittwoch 19
Uhr ein Deutscher Stammtisch statt.
Die Stadt Sovjetsk (früher Tilsit) erhielt
dank ihrer Bemühungen das alte deutsche Stadtwappen zurück, das KöniginLuise-Denkmal erfreut die Besucher wieder und im Hotel „Rossija“ liegt die Bibel
in deutscher Sprache aus. Das fördert nicht
nur den Tourismus, sondern dient der Versöhnung zwischen beiden Völkern.
Die Zuhörer dankten dem Referenten mit
viel Beifall für den interessanten Bericht.
Anschließend beantwortete er noch viele
Fragen der Zuhörer.
Der Kulturkreis „Simon Dach“ (www.vertriebene-in-sachsen.de/dateien/Kl-Vertriebene-Januar15.pdf) mit der Leiterin Ingrid
Labuhn gab der Veranstaltung mit ostpreußische Liedern den musikalischen
Rahmen.
Text/Fotos: Sieglinde Langhammer,
Prof. GünterH. Hertel
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Ostpreußischer Muttertag
Die Amerikanerin Anna Jarvis wollte
nach dem Tod ihrer Mutter erreichen,
dass alle Mütter noch zu Lebzeiten geehrt werden. Unermüdlich verbreitete
Sie Ihre Botschaft: “Schafft den Ehrentag der Mutter“. Bereits 1907 wurde der
zweite Maisonntag offiziell zum Muttertag erklärt.
Es dauerte nicht lange, bis dieser Brauch
nach Deutschland kam. In Ostpreußen
wurde den Müttern von jeher viel Liebe
und Anerkennung entgegengebracht. Der
Brauch, die Mütter in Ostpreußen am
zweiten Sonntag im Mai zu ehren, fand
schnell Verbreitung. Immanuel Kant
ehrte seine verstorbene Mutter mit folgenden Worten:
„Nie werde ich Ihrer vergessen, denn Sie
pflanzte und nährte zuerst den Keim des
Guten in mir: sie öffnete mein Herz den
Eindrücken der Natur, sie weckte und erweiterte meine Begriffe, und ihre Lehren
haben einen immerwährenden, heilsa-
men Einfluß auf
mein Leben gehabt“.
In der Gesellschaft
gab es die Anerkennung dieser
Leistungen für die
Familie jedoch
kaum. Das fehlende Wahlrecht
für Frauen und
schlechtere Bildungschancen verursachten massive
Benachteiligungen
der Frauen in der Gesellschaft, die teilweise bis heute nicht überwunden sind.
Es ist bedeutsam, dass dieser Feiertag
auch weiterhin besteht als Dank an alle
Mütter für ihre Leistungen bei der Weiterentwicklung unserer Gesellschaft, unabhängig von internationalen Frauenbewegungen und deren Zielen. In der
DDR wurde statt Muttertag der Internationale Frauentag jeweils am 8. März begangen.
Auch wir, die letzten der Erlebnisgeneration, haben es oft nur unseren Müttern
zu verdanken, dass wir Flucht und Vertreibung überlebten, denn unsere Väter
und älteren Geschwister waren im
Kriegsdienst, verwundet, in Gefangenschaft oder längst gefallen.
Unsere Kulturreferentin Ingrid Labuhn
gestaltete Ihren Vortrag mit vielen jeweils thematisch-passend eingebundenen Liedern. Dazu gehörten:
„Es war eine Mutter“, „Ein Kindlein ist
im Haus“, „Wenn in Großmutters Stübchen“, „In dunkler Stunde“. Den Abschluss stellte „Der Mond ist
aufgegangen“ mit dem sinnbildlichen
Tagesabschluss der mütterlichen Betreuung am Bettchen der Kinder dar.
Der Auftritt der Kindergruppe überraschte mit vielen schönen Häschenliedern: „Häschen in der Grube“, „Zwischen
Berg und tiefem Tal“, „Hat ein Häslein
große Not“, „Häschens Geburtstag“,
„Klein Häslein wollt spazieren gehen“
und „Die Luft ist so blau“.
Diese Liedfolge zeigt, dass die fünfsangesfreudigen Kinder auf das Osterfest
hinweisen wollten.
Herzlichen Dank sage ich Frau Ingrid
Labuhn für Ihren unermüdlichen Fleiß
und Ideenreichtum bei der Gestaltung
der Brauchtumsveranstaltungen und der
musikalischen Ausbildung der beteiligten Kinder. Anleitung erhält Frau Labuhn in Seminaren in Bad Pyrmont, die
sie aufeigene Kosten besucht. Dank gebührt auch Frau Krüßel mit den fleißigen Frauen im Handarbeitszirkel, die
auch die jeweils thematisch passende
Tischdekoration gestalten.
Unermüdlich ist auch die langjährige
Mitarbeit von Frau Bartkowiak und Frau
Janella sowie aller Helfer.
Die Veranstaltung endete mit dem gemeinsamen Gesang “Kein schöner Land“.
Herzlichen Dank sage ich auch den Mitarbeitern des SMI und Herrn Dr. Baumann für die gute Unterstützung.
Text/Foto: Sieglinde Langhammer
BdV-KV Vogtland und Heimatstube unter neuer Adresse
Auerbach - Wegen der sinkenden Mitgliederzahlen war der BdV KV
Vogtland nicht mehr in der Lage, seine bisherigen Räume in der Auerbacher Stauffenbergstraße zu finanzieren. Eine Lösung wurde gemeinsam mit der Stadt Auerbach mit dem Umzug des Büros und der
Heimatstube in das ehemaligen Rathaus von Rebesgrün gefunden. Für
die Räume in Rebesgrün muss der BdV nur für die Nebenkosten aufkommen und keine Miete bezahlen. Das Büro ist dienstags von 10 bis 16
Uhr unter Telefon 03744-81785 zu erreichen. Die neue Anschrift lautet:
BdV-Kreisverband Vogtland
Hauptstraße 70
08209 Auerbach-Rebesgrün
Insterburger mit neuem Treffpunkt
mm
Chemnitz/Zwickau – Die Heimatgruppe der Insterburger in Sachsen kann sich in der kommenden Zeit nicht mehr in den
altbewährten Räumen treffen. Das Gebäude in der Chemnitzer Hölderlinstraße wird totalrenoviert. Die Treffen finden daher
in diesem Jahr in Zwickau im Brauhaus hinter dem Dom statt.
Nächste Termine sind der 11. September und der 12. Dezember. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 14 Uhr, das
Weihnachtstreffen um 12 Uhr.
15
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Rundbrief der Schlesischen Landsmannschaft
Am 28. März fand unser diesjähriger Landesverbandstag in Freiberg statt. In diesem Jahr nahmen ausreichend Delegierte
an diesem wichtigen Termin teil. Dadurch war der Landesverbandstag beschlussfähig. Es bedarfdoch immer größerer Anstrengungen unserer hochbetagten Delegierten, um den Tagungsort zu erreichen. Hervorzuheben ist, dass der gesamte Vorstand der Freiberger Mitgliedsgruppe anwesend war. Auch die anderen Mitgliedsgruppen nutzten ihre Delegiertenzahl fast
aus. Eine Ausnahme bildete die Dresdner Gruppe, die nur mit einem Abgeordneten anwesend war. Sicher spielte dabei die
terminliche Überschneidung mit dem Landesverbandstag des LVS eine Rolle. Unser Landesverbandstag kann insgesamt als
sehr erfolgreich gewertet werden. In ruhiger und sachlicher Atmosphäre wurden die zahlreichen Tagesordnungspunkte abgearbeitet, zu Diskussionsbeiträgen befriedigende Antworten gefunden. Der amtierende Vorstand wurde entlastet und genießt das Vertrauen der Mitglieder des Landesverbandes. Nun kommt es schon daraufan, die Weichen für die anstehende
Vorstandswahl 2016 zu stellen. Sicher wird der eine oder andere Posten neu zu besetzen sein. Bitte machen Sie sich Gedanken darüber, wer aus Ihren Reihen eine Funktion übernehmen kann.
Nur mit einem kompletten Vorstand und der nötigen finanziellen Basis ist ein Weiterbestehen des Landesverbandes der
Landsmannschaft möglich. Wir als amtierender Vorstand hoffen, daß wir einen weiteren Beitragsrückgang stoppen können.
Heute, am 8. Mai, wird an den 70. Jahrestag der Kapitulation Deutschlands vor den Alliierten gedacht. Gedankenlos wird
dieser Tag von vielen Menschen und Medien auch als „Tag der Befreiung“ bezeichnet. Sicher, an diesem Tag endeten der
Krieg und die Herrschaft des Nationalsozialismus. Doch für große Teile des deutschen Volkes hörte das Elend nicht auf, es
begann erst richtig. Millionen Deutsche wurden von ihrem Eigentum, ihrer Heimat und oft genug von ihrem eigenen Leben
„befreit“. Es folgten die millionenfache Schändung deutscher Mädchen und Frauen, Hunger und der Beginn einer neuen Diktatur in der sogenannten „Ostzone“. Vergessen dürfen wir auch nicht das Leid der deutschen Kriegsgefangenen in Lagern der
Sowjetunion und in den „Rheinwiesenlagern“ der Amerikaner, Engländer und Franzosen, in denen Tausende nach Kriegsende starben. Erinnern wir uns auch an die Verschleppung tausender Deutscher zur Zwangsarbeit. Sieht man diese Tatsachen, wird man das Wort „Befreiung“ zurückhaltender gebrauchen. Gedenken wir an diesem Tag auch unserer eigenen Opfer!
Das nächste Großereignis für uns Schlesier wirft seine Schatten voraus. Am 20./21.06.2015 findet das Deutschlandtreffen in
Hannover statt. Unser „Stamm“ ist aufgerufen, zahlreich zu erscheinen, Flagge zu zeigen. Auch mit diesem Treffen werden
Weichen gestellt in Richtung Zukunft, Weiterarbeit oder Untergang? Zeigen wir der Politik, den Verfechtern der politischen
Korrektheit, den geschichtsvergessenen Medien, dass mit uns noch immer zu rechnen ist. Kommen Sie in Scharen nach Hannover, bringen Sie Freunde und Bekannte, Alt und Jung mit. Unser Vorstand wird fast geschlossen dabei sein. Sie auch?
Mit heimatlichen Grüßen
Friedemann Scholz
Deutschlandtreffen der Schlesier 2015 in Hannover
Um allen Schlesiern und an Schlesien Interessierten die Möglichkeit zu bieten, sich zu begegnen, hat der Bundesvorstand der
Landsmannschaft Schlesien beschlossen, 2015 wieder ein Deutschlandtreffen der Schlesier in Hannover anzubieten. Es steht unter
dem Motto „Gemeinsam für Schlesien“. Das Treffen findet, anders
als in den Vorjahren, nicht mehr auf dem Messegelände statt sondern im zentral gelegenen Kongresszentrum Hannover, das auch
mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar ist. Bitte berücksichtigen Sie bei Ihren persönlichen wie auch verbandlichen Plänen diesen Termin. Eingeladen sind alle
Schlesier, ob Nieder- oder Oberschlesier, sowie Nachkommen und auch Interessierte ohne schlesischen
Hintergrund. Rund 70 Jahre nach der Vertreibung wollen wir durch eine stattliche Besucherzahl der Öffentlichkeit zeigen, dass es immer noch viele Menschen gibt, denen Schlesien am Herzen liegt und für die
landsmannschaftliche Arbeit neue Impulse gewinnen.
16
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Verschollenes Kunstgut im Freistaat
Führt die Spur des Bernsteinzimmers nach Sachsen?
Gleich an drei sächsischen Orten soll sich das legendäre Kunstwerk befinden. Bad Schlema,
Deutschneudorf und Rodewisch sind die Favoriten der Schatzsucher.
Vergoldete Wände, prächtige Spiegel – und natürlich überall Bernstein: Das
legendäre Bernsteinzimmer, ein Geschenk Preußens an Russland, gilt als
Meisterwerk barocker
Schnitzkunst. Seit seinem
Verschwinden am Ende
des Zweiten Weltkriegs ist
das als „Achtes Weltwunder“ gerühmte Kunstwerk
auch ein Objekt der Begierde für Abenteurer.
Aber trotz vieler aufwendiger Suchaktionen ist die
auf 100 Millionen Euro
geschätzte Kostbarkeit bis
heuteverschollen.
Das Bernsteinzimmer, im Auftrag von Preußenkönig Friedrich I. gefertigt,
verschwand 1944 aus dem Königsberger Schloss.
befindet. Seit Jahren ist der 77-Jährige auf der Suche nach dem
Kunstschatz.
Bereits im April 2010 hatte Jesse aufGrundlage eines Erlebnisberichtes von Dieter Büttner aus Auerbach eine Grabungmit schwerem Gerät im Taubenberg-Forst gestartet. Büttners Großvater
hatte angeblich beobachtet, wie im April 1945 von WehrmachtsangehörigenschwereKistenineineHöhleodereinaltesMundlochgetragenwurden. SS-MännerdesBegleitkommandoshättennachder
Einlagerung die Soldaten erschossen, die Leichen in den Sollen geschafft und anschließend das Mundloch gesprengt. An die genaue
Stelle, die Büttner vom Opa gezeigt bekam, konnte sich der inzwischenverstorbeneRentnernichtmehrerinnern.
Die Suche verlief damals ergebnislos, der Stollen wurde nicht gefunden. Nun glaubt Jesse aber, einen neuen Anhaltspunkt gefundenzuhaben. DieserbefindetsichimTaubenbergerForstzwischen
Rodewisch, RützengrünundWernesgrün. GrundlageisteineKarte
desOberbergamtesFreiberg,aufderHohlräumeverzeichnetsind.
Nach seinen Recherchen wurde Albert Popp, ein Standartenführer
des Nationalsozialistischen Fliegerkorps aus Elsterberg und Neffe
von Sachsens Gauleiter Martin Mutschmann, mehrmals mit Sonderaufträgen betraut. „Er brachte beispielsweise Hitlers Halbschwester Angela Hammitzsch im März 1945 von Dresden nach
Berchtesgadenundleitete mehrere Kunstguttransporte im Auftrag
Harald Jesse ist sicher: „Die Spur führt ins Vogtland!“ Für eine des Gauleiters von Ostpreußen Erich Koch. Einer davon ging ins
intensive Suche fehlt dem Rentner derzeit aber das Geld.
Vogtland“, vermutet der Schatzsucher, zumal Popp seine Familie
„FürmichgibtesnurdieseeineStelle.“
nach Rodewisch brachte. Dort hatte er zeitweise seine Dienststelle
Rodewisch - „Die Spur führt ins Vogtland“ - ist der Titel einer und eröffnete sogar ein Konto bei der örtlichen Sparkasse, bevor er
kürzlich fertiggestellten Broschüre zu einer weiteren sächsischen sich vor der heranrückenden Front nach Johanngeorgenstadt zuVersteck-Theorie. Der Potsdamer Hobbyhistoriker Harald Jesse ist rückzog. Und schließlich wäre da noch der ehemaligen Angehörige
überzeugt, dass sich das legendäre Bernsteinstimmer im Vogtland des SS-Postschutzes GustavWyst aus Königsberg, dersich mit sei17
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
ner Familie nach Kriegsende in Elsterbergniederließ. Wyst gehörte
angeblich einem Sicherungskommando an, dass Kunstschätze aus
Königsberg nach Thüringen und Sachsen evakuierte, „darunter
auch das Bernsteinzimmer, oder zumindest Teile davon.“ Jesses
Vermutung basiert auf einem mysteriösen Funkspruch aus dem
NachlassWysts. Erlautete: „AktionBernsteinzimmerbeendet. EinlagerunginBIII. Zugängebefehlsgemäßgetarnt. Sprengungerfolgt,
Opfer durch Feindeinwirkung. Melde mich zurück. Gustav Wyst.“
Dies bestätigte der Sohn von Wyst dem Bernsteinzimmer-Fahnder
impersönlichenGespräch.
Der endgültige Beweis zum Verbleib des Bernsteinzimmers fehlt
Harald Jesse. „Ich hoffe noch in diesem Jahr geoelektrische UntersuchungenimTaubenbergerForstdurchführenlassenzukönnen.“
Weitere Informationen, auch zum Bezugder 45-seitigen Broschüre,
gibtesbeimAutorunterTelefon0331-862585.
Rätsel des Poppenwaldes im Ortsteil Wildbach weiter untersuchen
wird. Erste Erkundungenwurdenbereits vorgenommen, beidenen
verdächtige Geländemerkmale ausgemacht wurden. Untersucht
werden sollen speziell zwei Areale: Der Bereich, wo Reimann den
Zugangzu einem Geheimdepot vermutete, undeinweiteres Gebiet
am Muldenhang, wo sich nach Aussagen von Zeitzeugen bis 1945
derEingangzueinemheuteverschwundenenaltenStollenbefand.
SchatzfieberinDeutschneudorf
Bad Schlema - Vor 15 Jahren sah sich der Leipziger Detektiv
Dietmar Reimann (†2011) ganz nah am Ziel - dann verhinderte ein
Wassereinbruch, dass das Bernsteinzimmer im Poppenwald wiedergefunden wurde. Bei Bohrungen neben einem Hochwasserbehälters der Wismut, unter dem er den Lichtschacht eines
Bergwerkes vermutete, wollte er einen Hohlraum entdeckt haben.
Ins Bohrloch geworfene Steine schallten in einer Tiefe von 20 Meternhohl. Als tags daraufeine Kameranachuntengelassenwurde,
warallesvollerWasser.BisheuteistderHohlraumgeflutet.
Nunhatsicheine Arbeitsgruppe unterFührungvonBadSchlemas
BürgermeisterJens Müllergebildet, die in den nächsten Jahren die
Deutschneudorf- Eigentlich ist Deutschneudorfeinziemlich verschlafenes Erzgebirgs-Nest kurz vor der tschechischen Grenze. Neben Räuchermännern und Schwibbögen wartet der Ort mit einer
weiteren Besonderheit auf: Seit nunmehr 18 Jahren sucht Bürgermeister Heinz-Peter Haustein nach dem Bernsteinzimmer. Nach
einigerZeitderRuheundvielenFehlschlägen, selbstBetrügernging
der heute 60-Jährige auf den Leim, zeigte sich der Ortschef nun
wieder zuversichtlich. Haustein ist sich sogar so sicher, dass er das
betreffende Grundstück mit der vermuteten Einlagerung kaufte,
wieerderMOPO24bestätigte.
Nichtkleckern, sondernklotzenistdas Motto des ehemaligenFDPBundestagsabgeordneten, deneinigeimDorfderEinfachheithalber
„PeterdenGroßen“nennen. BeidenvielenGrabungeninstillgelegtenStollenundSchächten, inWäldernundamaltenGüterbahnhof
wurde bislangwederGoldnoch Bernstein gefunden, sondern lediglich Wehrmachts-Kochgeschirre und eine Maschinenpistole. Doch
jetztsollderBaggerwiederrollen. Rund10.000Eurohabeerfürdie
neueSuchaktioneingeplant.
Text/Fotos:mm
Viele Jahre suchte Dietmar Reimann Im Poppenwald
bei Bad Schlema erfolglos. Unter einem alten
Hochwasserbehälter vermutete der Detektiv den
Eingang zu einem Depot.
Über Jahre suchte Heinz-Peter Haustein das Bernsteinzimmer im Fortuna-Stollen. Dort konnten Touristen bereits eine angebliche Kiste mit Kunstgut
bewundern.
VerstecktimPoppenwald?
Buchbesprechung: Flucht und Vertreibung vor 70 Jahren – Zeitzeugen berichten
Anlässlich des Beginns der Vertreibung der
Deutschen aus Mittel- und Osteuropa hat
derVerlagHille einneues BuchvonGünter
Hofmann mit dem obigen Titel herausgebracht. Hofmann ist in der Vergangenheit
bereits durch mehrere zeithistorische Publikationen bekannt geworden. In seinem
neuen Buch hat er Fluchtberichte von Vertriebenen aus verschiedenen ostdeutschen
Regionen zusammengetragen, die inzwischeninSachsenleben.
Rupert Neudeck, der aus Danzig stam-
mende allseits anerkannte Begründer von
Hilfsorganisationen für Flüchtlinge und
Kriegsopfer, schreibt hierzu in seinem Vorwort u. a.: „Günther Hofmann hat mit seinem Buch eine Epoche deutscher
Zeitgeschichte ans Licht gebracht, die in
den letzten 7 Jahrzehnten schmählich vernachlässigt worden ist… Das Buch wirkt
aufmich wie eine gute Botschaft: Denn nur
wenn wir uns erinnern können, kann die
Memoria an die furchtbar schweren Zeiten
am Ende des Krieges und nach 45 befrei18
end sein… Es ist gut, dass wir uns angesichts der tragischen Flüchtlingsströme aus
Syrien, aus dem Nord-Irak,… an die eigene
Fluchtsituation zurück erinnern… Sich
daran zurückzuerinnern wird helfen, das
eigeneLebeninGegenwartundZukunftzu
bewältigen–undanderen, diejetztindieser
lebensbedrohlichen Situation zu überleben
hoffen, beizustehen.“
Das Buch ist im Buchhandel für 14,90 €
erhältlich und kann unter der Nummer
ISBN: 978- 3-939025-55-9bestelltwerden.
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Panorama
Auslandsjahr:
tralpostämtern. Erschwerend käme
Palästinensische ChristininSchneeberg hinzu, dass zahlreiche italienische
Postbeamte sich gesetzwidrig weigerten, deutschsprachig beschriftete Sendungen ordnungsgemäß zuzustellen.
unterschiedlichen politischen Lagern
und der Verwaltungen, mit der Unterzeichnung einer Erklärung in deutscher und polnischer Sprache.
Initiatoren sind die Bundestagsabgemm ordneten Michael Kretschmer (CDU)
und Stephan Kühn (Grüne). UnterGrenzsicherung:
gibt es auch vom Görlitzer
Polen baut 50 Meter hohe Wachtürme stützung
Oberbürgermeister Siegfried Deinege.
Um per Bahn von Dresden nach Breslau zu kommen, müssen Reisende über
Leipzig, Berlin und Posen acht Stunden
aufwenden oder sieben, wenn sie mit
dem Bus ab dem Görlitzer Hauptbahnhof in die polnische Stadthälfte fahren
„Nach etlichen Mühen ist es gelungen,
und von dort einen Nahverkehrszug
Lily Hanoush, eine palästinensische
nutzen.
mm
Christin und Lehrerin für Englisch und
Statistik:
Religion an einer Evangelischen Schule
Stabile Mitgliedzahlen bei deutin Bethlehem, für ein Auslandsjahr
scher Minderheit
nach Deutschland zu bekommen“, bevon Raudingen kommend:
richtete stolz Frank Meinel, Pfarrer an Blick
ehemaligen Rauschenfelde
der St. Wolfgangskirche in Schneeberg. Vom
ist nur noch die Straße mit Die deutschen Vereine im südlichen
Am bekanntesten ist die in Träger- Schlagbaum und Grenzzaun übrig Ostpreußen freuten sich auf ihrer
Foto: mm jüngst in Sensburg/ Mrągowo durchgeschaft des Berliner Missionswerkes be- geblieben.
führten Tagung über die relativ stabifindliche Evangelische Schule Talitha
Kumi in Beth Jala/Bethlehem mit über Polen will die Überwachung der in- len Mitgliederzahlen des Verbandes.
1.000 Schülern, darunter Muslime und nerostpreußischen Grenze zum Kö- 2011 vermerkte die Deutsche MinChristen. Dort war Pfarrer Meinel im nigsberger Gebiet laut einem Bericht derheit in Ermland und Masuren
Mai mit 17 Schülern aus Schneeberg der BBC mit dem Bau mehrerer 7600 Mitglieder. In diesem Jahr
mm
und Dresden zu Gast. Hier wurde die Wachtürme verstärken. Der britische beträgt die Zahl 7100.
Idee geboren, Lily Hanoush an die Sender beruft sich auf die polnische
Sommerzeit:
Evangelische Grund- und die Evange- Nachrichtenagentur PAP.
Uhren ticken gleich
Die
sechs
bis
zu
50
Meter
hohen
lische Mittelschule nach Schneeberg
Wachtürme
sollten
bis
Juni
an
der
eteinzuladen. Die 36-Jährige ist unverheiratet und berichtet in den Klassen wa 200 Kilometer langen Grenze ferüber das Leben der palästinensischen tiggestellt werden, sagte eine
Sprecherin der polnischen Grenzpolizei
Christen in ihrer Heimat.
Besonders die palästinensischen der polnischen Nachrichtenagentur
Christen stehen im Brennpunkt des PAP. Die Baukosten in Höhe von vorNahostkonfliktes zwischen der jüdi- aussichtlich mehr als 14 Millionen Zloty
schen und muslimischen Religion sowie (umgerechnet 3,7 Millionen Euro) wür- Im Königsberger Gebiet gilt seit Ende
Israel und Palästina. Ihr Wirken für den zu 75 Prozent aus dem Topf der März erstmals die Mitteleuropäische
Frieden, besonders für die Bildung der Europäischen Union für den Schutz der Sommerzeit. Damit ticken die Uhren
erstmals seit der Teilung in ganz Ostpalästinensischen Kinder und jungen Außengrenzen bezahlt werden.
preußen wieder gleich. Für Touristen
Die
Wachtürme
würden
die
Grenze
Leute, ist vorbildlich. Sie leistet diesen
ergeben sich daraus nicht unerhebliche
rund
um
die
Uhr
überwachen,
heißt
es
Dienst seit elf Jahren unter unsägliVorteile, müssen doch die Uhren nicht
in
dem
Bericht
weiter.
mm
chen Schwierigkeiten.
mehr umgestellt werden, wenn sie in
Text/Foto: Helga Berger
das Gebiet reisen. Verspätungen zum
Initiative:
Zug, Bus oder Flugzeug dürften damit
Südtirol:
Bündnis
kämpft
für
Bahnlinie
fast ausgeschlossen sein. Ende Oktober,
Eigene Post gefordert
Dresden-Görlitz-Breslau
wenn die Uhren bei uns wieder auf die
Winterzeit umgestellt werden, wird es
Wie die PAZ in ihrer Ausgabe 16/2015
Nach
der
kompletten
Abschaffung
des
wieder eine Stunde Zeitunterschied geberichtete, erwägt die Südtiroler Langrenzüberschreitenden
Eisenbahnben.
desregierung, einen eigenen Postdienst
Personenverkehrs
Dresden-GörlitzBegründet wurde die Abschaffung der
zu gründen. Grund seien die „katastroBreslau/
Wrocław
zum
1.
März
2015
Zeitumstellung im Königsberger Gebiet
phalen italienischen Verhältnisse“. So
müssen
endlich
wieder
Fernzüge
rollen.
damit, dass der menschliche Organisgebe es immer mehr Beschwerden über
Das
fordert
die
Initiative
„Fernverkehr
mus einem unnötigen Stress ausgesetzt
eine unzureichende Zustellung oder
für
Görlitz“,
einem
breiten
Bündnis
aus
werde.
mm
über fehlende Briefmarken in den Zen19
Ausgabe 2/2015
Informationsblatt des Landesverbandes der Vertriebenen und Spätaussiedler im Freistaat Sachsen/Schlesische Lausitz e.V.
Osterschmaus mit dem Feind
Von Liesbeth Krüßel geb. Dauter aus Ludendorff
Es war das erste Osterfest fern der Heimat – 1945 und der
Krieg war noch nicht beendet. Nach wochenlangem Umherirren hatten wir endlich eine Bleibe bei einem Großbauern in
Sachsen gefunden. Dort wurde meine Mutter als Landarbeiterin mit ihren zwei Kindern aufgenommen.
Meine Geschichte beginnt am Ostersonntag. Unsere Mutter
war wie immer früh aufgestanden, um die Kühe zu melken
und mit Futter zu versorgen. Nachdem sie mit allem fertig
war, frühstückten wir gemeinsam. Noch heute habe ich den
Geschmack von frischer Kuhmilch und Sirupschnitten in Erinnerung. Wir waren noch nicht heimisch geworden, denn unsere Gedanken waren zu Hause und vor allem warteten wir
auf unseren Vater. Wir hatten seit Dezember 1944 nichts
mehr von ihm gehört.
Nun zurück zum Ostersonntag. Wir hatten aus dem Wald für
unsere Stube ein paar Birkenzweige geholt, denn unsere Mutter sollte sich wohlfühlen. Mit einem selbst angefertigten Mensch-Ärgre-Dich-Nicht-Spiel vertrieben wir uns die Zeit.
Wir waren glücklich, unsere Mutter für ein paar Stunden allein für uns zu haben. Es war ein ruhiger Nachmittag, als es
an unsere Tür hämmerte. Mein Bruder und ich liefen sofort zu
unserer Mutter. Die Angst war immer noch unser ständiger
Begleiter. Die Tür wurde aufgerissen und ein russischer Offizier und zwei Soldaten betraten unsere Küche. Vor Schreck
wie gelähmt, hingen wir an Mutters Rockzipfel. Der Offizier
verlangte für sich und seine Soldaten Kaffee und Kuchen. Als
meine Mutter sich von dem Schrecken erholt hatte, wurde sie
richtig wütend. So haben wir sie noch nie erlebt. Sie sagte: „Ihr
habt uns unsere Heimat genommen und uns aus unserem
Land vertrieben. Wir haben nichts, was wir euch noch geben
können. Wir sind arme Flüchtlinge.“ Einen Moment war es
ganz still in unserer Stube. Wir waren auf alles gefasst, nur
nicht aufdas was dann geschah. Der Russe nahm uns Kinder
auf den Arm und sagte: „Mamutschka, wir haben doch auch
Hunger“. Das Eis war gebrochen und unsere Angst wie weggeblasen. Unverrichteter Dinge verließen sie uns; wir waren
also mit dem Schrecken davongekommen.
Ich weiß nicht, wie lange wir so dagesessen haben, als es schon
wieder klopfte und die drei Soldaten mit einem großen Kuchenblech hereinmarschierten. Die Freude war riesengroß,
selbst die Kaffeebohnen hatten sie nicht vergessen. So haben
wir einen schönen Ostersonntag erlebt.
Noch wichtiger war, wir haben uns richtig sattgegessen. Es
sind noch einige Kuchenstücke übrig geblieben. Die Mutter
räumte sie weg und das war gut so, denn es klopfte schon wieder an der Tür und unser Bauer trat ein. Er wollte auch Kuchen haben. Da kannte er unsere Mutter aber schlecht. Ohne
eine Miene zu verziehen, behauptete sie, den Rest haben die
Russen mitgenommen.
Es sind schon viele Jahre vergangen und immer Ostern muss
ich daran denken. Mein Enkelkind würde sagen: Aber Oma,
das ist Geschichte.
Weitere aktuelle Informationen und Termine des Landesverbandes der Vertriebenen und
Spätaussiedler im Freistaat Sachsen / Schlesische Lausitz e. V., des Vereins Erinnerung und Begegnung e. V. (EuB) sowie des Hauses der Heimat erhalten Sie im Internet unter:
www.vertriebene-in-sachsen.de.
Redaktionsschluss der kommenden Ausgabe: 1. Oktober 2015.
Die nächste Ausgabe erscheint am 28. November 2015!
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Ausgabe 2/2015