Majers Weinscheuer Schriesheim Man kann sich immer weiterentwickeln. Es liegt an einem selbst! Wollen wir das nicht alle? Eine wunderhübsche alte Sandsteinscheune zu einer Kulturbühne ausbauen, eigene Weinberge pflegen, tief im Süden feine Dinge einkaufen und hierzulande an die GenießerInnen bringen – und zu allem Überfluss: auch noch davon leben können? Der Unterscheid zwischen Christiane Majer und uns: Sie hat’s einfach gemacht. Weit über Schriesheim hinaus ist der Ruf der Weinscheuer gedrungen; wobei der Name beinahe irreführend ist. Freilich gibt’s hier Wein, guten, echten Schriesheimer Weinscheuer-Wein! Aber eben auch so viel anderes. Konzerte (etwa mit der Blue Note Jazz Company), Theater, Kabarett, „lukullische Gipfeltreffen“, Weinbergsspaziergänge, Seminare mit Wein und Käse, Wein und Schoggi, Wein und ... Petra Mohr, der Sommeliere aus Gaiberg – alles organisiert, durchgeführt, begleitet von Christiane Majer. Uff. Ganz schön viel, nicht wahr? „Das bewusste, legère, unkomplizierte Genießen“ ist es, was die Schriesheimerin vermitteln möchte. Und wohl auch selber beherzigt, sonst wäre sie nicht so entspannt bei all der Bismarckstr. 40 Schriesheim 06203 61240 www.majer-weingut.de Multiplikatorin für Weinkultur: Christiane Majer. 143 Umtriebigkeit. „Hier in Deutschland sind wir meistens viel zu fachbezogen.“ Majer meint wohl die verbohrtverbissenen Wein-Priester, die lieber Zensuren verteilen als sich nichtsnutziger Genießwurzelei hinzugeben. Doch auch eine bürokratisierte Lebensauffassung muss kein Schicksal sein; ein Abend in der Weinscheur kann da bestimmt neue Perspektiven eröffnen. Die Weine der Weinscheuer kommen aus den Schriesheimer Lagen Kuhberg (Einzellage) und Rittersberg (Großlage), mit 8 ha ein beträchtlicher Umfang. „Umweltschonend, nicht öko; individuell nach Jahrgängen“ geht das vielgereiste Multitalent im Weinberg vor. Majer-Weine zeichnen sich durch einen schlanken, aber durchaus nicht bodenlosen Stil aus. Selbst der Spätburgunder 2006 aus dem Barrique hat gar nichts Schweres an sich; vollfruchtig, mit würzigen, schmelzigen Anteilen, gibt er Kunde von seiner Schriesheimer Prägung. Scheuer, Fass und Rüttelpult, deutliche Signale, dass die Majer’schen Kultur-Ereignisse nichts für Asketen sind. 144 „Ein schöner Sommerwein“ ist der St. Laurent. Wiederum sehr subtil, angenehm und für den Jahrgang erstaunlich ausgewogen. Leicht gekühlt nicht nur für heiße Tage – aber auch! „Bei uns ist immer noch alles Handlese.“ Diesen liebevollen Umgang mit den Träubchen schmeckt man den Weinen an. „Maischegärung, keine dominanten Barriques ... so läuft das bei uns.“ – Etwas ganz Ungewöhnliches: der Grauburgunder Rittersberg aus dem kleinen Eichenfass von 2005. Da kommt einem kein Marktschreier entgegen, nein gar nicht. Eher ein charmanter, hintergründiger, umgänglicher Sympathikus, den man gerne zum Essen einladen möchte. „Spritzige Weine für den Barrique-Bereich? Aber sicher!“ Christiane Majer interpretiert ihren Beruf sehr subjektiv. Eine echte Stärke – denn ihre Kreszenzen heben sich deutlich hervor unter den vielen anderen, die sie für die Weinscheuer ins Angebot genommen hat. Da wäre noch so eine Leidenschaft: „Die Rebsorte, die ich exemplarisch hervorhebe, ist der Riesling. Der macht Deutschland aus, das ist unser Potenzial.“ Mit dem 2006er Riesling Kabinett trocken aus dem Kuhberg ward ein faszinierender Beitrag zum Thema Qualität in Schriesheim geliefert. So stellen wir uns Weine von hier vor: Eingebunden mineralisch, leuchtend und eindringlich, dabei weder laut noch vorlaut. Hier lohnt es sich, besonders 145 Gleich ist es soweit! Die bereitgestellte Gläser-Gruppe harrt des Weines wie der Gäste. Spielerische Inszenierung. Christiane Majer schafft Entfaltungsspielräume. Raumgreifend auch der große Spätburgunder aus dem Barrique. tief einzusteigen. Den Folgejahrgängen blicken wir mit gesteigertem Interesse entgegen. „Südafrika ist sehr faszinierend. Eine immens hohe Technik ...“ Ein Jahr lang hat Christiane Majer in den USA gelebt und auch dort jede Menge Weingüter besucht. So finden wir eben nicht nur Schriesheimer Eigengewächse auf der Karte. „Ich erlebe andere Regionen als Bereicherung.“ Vor-Ort-Kooperationen spielen eine immer größere Rolle. „Dieser Umbruch, dieses Miteinander hat erst in den letzten vier, fünf Jahren stattgefunden.“ Freut uns aufrichtig! Dabei fällt uns ein: Gibt’s eigentlich keine Männer in der Weinscheuer-Welt? „Nein, nein. Ich mach das alleine. Wein ist zwar immer noch eine Männerwelt, aber es tut sich auch da was.“ Folgerichtig zählt Christiane Majer zu den Mitgliedern bei „Vinissima“, der qualitätsfördernden Vereinigung von Winzerinnen, Sommelièren und Weinhändlerinnen. Vinissima bietet haufenweise „Möglichkeiten, sich ganz toll fortzubilden.“ Eine großartige Initiative, wahrhaftig! Von der sogar Männer mittelbar profitieren können. An einem Weinscheuer-Abend etwa. 146
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