Wildtiere nicht gefährden ! - Rheinisch Westfälischer Jäger

18 WILDTIER-SCHUTZ
Vor dem Start der Grünlandernte
Wildtiere nicht gefährden !
Die Zeit der Grasernte überschneidet sich mit den Setz- und Brutzeiten vieler
Wildtiere, die dabei leider jedes Jahr getötet werden. Wie man diese Verluste
verhindern kann und welche Gefahren von Kadavern ausgehen, erläutern Dr.
Klaus Hünting (Landwirtschaftskammer) und Forstassessor Gregor Klar (LJV).
A
ls der erste Schnitt noch zur Heubergung genutzt wurde, kam dabei das meiste Wild zu Schaden.
Durch die Erzeugung von Qualitätssilage (früher erster Schnitt) hat sich die
Hauptgefährdung heute auf den zweiten
Schnitt ausgedehnt.
Eine weitere Gefahr droht frei lebenden
Tieren, wo Grünroggen für Silage angebaut wird. Abweichend vom normalen
Getreide, dessen Erntetermin außerhalb
der Brut- und Setzzeiten weniger Gefahr
für Wildtiere bedeutet, wird Grünroggen kurz vor oder fast zeitgleich mit dem
ersten Gras geschnitten. Unabhängig davon, ob es sich um Grünroggen, Ackergras oder Dauergrünland handelt, gefährdet jede Ernte bis zur ersten Maiwoche in erster Linie Feldhasen. Zur Zeit
eines zeitigen zweiten oder späten ersten
Schnittes (Ende Mai bis Anfang Juni) ist
nahezu das gesamte Wild betroffen. Neben Rehen, die dann meist gesetzt haben, sind ab der zweiten Mai-Dekade
auch Bodenbrüter, wie Fasanen, und erneut Feldhasen durch Mahd gefährdet.
Ein Verschieben des Schnittes auf einen
deutlich späteren Zeitpunkt würde Wild
zwar sehr zugute kommen, doch damit
verbundene Qualitäts- und Ertragseinbußen entsprechen nicht dem Anspruch
hochleistender Tiere an Grobfutter.
Botulismus gefährlich
Sollten Tiere bei der Ernte ins Erntegut
gelangen, könnten überall natürlich vorkommende Clostridium-Bakterien aus den
Kadavern das hochgiftige BotulinumToxin bilden. Für Menschen sind schon
minimalste Spuren dieses Toxins in
Reinform tödlich, bei Tieren scheinen
­
Pferde empfindlicher darauf zu reagieren
als Rinder. Durch die in der Praxis übliche
Futtervorlage mit Mischwagen können
vergiftete Partien homogen vermischt werden und bei einer größeren Zahl an Tieren
zu Vergiftungen mit deutlichen Leistungseinbußen führen. Daher sollte bei der
Ernte jegliche Kontamination von Futter
mit getöteten Tieren vermieden werden.
Wie das Wild verscheuchen?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten,
Wild von der Fläche zu vergrämen, dazu
zählen u. a. abends vor der Mahd aufgestellte Rascheltüten und Flatterbänder,
die Wild vertreiben. Zu frühes Aufstellen
ist zu vermeiden, da Wild diese Störung
schnell wieder akzeptiert und zurück in
die Fläche zieht. Akustische Wildretter
können auch abends vor der Mahd an
Scheuchen montiert werden. In Siedlungsnähe sollten sie aus Lärmschutzgründen weg von der Bebauung eingesetzt werden. Die Haltbarkeit der Akkus
LJV Wildretter als Rehwildschreck.
Rheinisch-Westfälischer Jäger · 4/2016
Zwei Wochen alte Fasanenküken müssen
noch aus der Fläche getragen werden.
beträgt fünf bis sechs Stunden, für
Nachteinsätze sollten sie daher mit einer
Intervallschaltung versehen werden.
Kostengünstige, sehr laute, am Mähfahrzeug befestigte Warnsirenen sorgen
für einen Vertreibungseffekt noch bei der
Mahd. Die Bauanleitung ist über den
LJV erhältlich (Tel. 02 31/28 68-600,
Fax: 02 31/28 68-600, E-Mail: info@
ljv-nrw.de, Internet: www.ljv-nrw.de).
Sie funktionieren jedoch leider nicht
bei sich drückenden Jungtieren und brütenden Fasanenhennen.
Absuchen hilft am besten
Das Absuchen zu mähender Flächen
mit ausgebildeten Jagdhunden kurz vor
dem Erntezeitpunkt verbunden mit dem
Hinaustragen gefundenen Wildes ist die
effektivste Form der Wildrettung. Sie
setzt aber eine gute Kommunikation
zwischen Bewirtschafter und Revierinhaber voraus – und vorhandene Rückzugsräume. Idealerweise werden Revier­
inhaber schon so früh wie möglich (mindestens 24 Stunden vorher) über den
anstehenden Termin informiert, da je
nach Flächengröße ggf. mehrere Suchengespanne für eine erfolgreiche Flächen-
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kontrolle benötigt werden und dieses mit
etwas mehr Vorlaufzeit besser zu organisieren und zu realisieren ist. Suchen Sie
frühzeitig das Gespräch, um in der arbeits­
intensiven Erntezeit einen reibungslosen
Ablauf des Absuchens der Flächen nach
Wildtieren sicherzustellen. So früh wie
möglich darüber zu sprechen ist das entscheidende, rettende Kriterium!
Bei der Mahd selber ist darauf zu achten, dass Wild die Möglichkeit bleibt,
die Flächen sicher zu verlassen – es also
nicht durch Mähen von außen nach innen in die letzten verbliebenen Bahnen
zusammengetrieben wird.
Bei immer breiter und schnelleren Ernte­
maschinen ist das Mähen von innen nach
außen eine der wenigen Möglichkeiten,
Wild eine kleine Fluchtmöglichkeit durch
noch ungemähte Teile der Parzelle zu ermöglichen (bei über 2,5 ha von einer Sei-
te zur anderen) – besonders für Althasen
und Dreiläufer, selbst Fasanenhennen
können so ihre Küken noch in Sicherheit
bringen. Eine Diplomarbeit (Uni Potsdam/
2004) dokumentierte, dass Mähen von
innen nach außen nach kurzer Einarbeitung nicht zeit- und kostenintensiver ist
als die traditionelle Arbeitstechnik.
Abgelegte Kitze können aber dadurch
leider nicht gerettet werden – Ducken
und Tarnen schützt zwar Hasen und
Rehe vor natürlichen Feinden, aber nicht
vor Erntemaschinen. Um Kitze und andere Ducker vor dem Mähtod zu bewahren, muss man weiter abends zuvor
Scheuchen mit/ohne akustische Wildretter aufstellen und vor der Mahd mit
brauchbaren Jagdhunden mit oder ohne
akustischen Wildretter absuchen. Dabei
sollten Hundeführer und Hunde mit Gehörschutz ausgestattet sein.
Langfristiger Schutz
Da Rand- und Saumbereiche bei Wild
besonders begehrt sind, lohnt es sich, die
Nutzung dort zu überdenken. Die Möglichkeiten sind sehr vielseitig – Randstreifen, die nicht gerade im Schattenbereich von Bäumen liegen, könnten bei
den ersten Schnitten etwa stehen bleiben. Zum dritten Schnitt wäre das eher
extensive Material noch geeignet, um in
Wickelballen strukturreiches Futter für
Jungvieh und Trockensteher zu gewinnen.
Randstreifen, auf denen Futter immer
wieder mäßig wächst oder schlecht
trocknet, bieten sich auch für dauerhafte
Wildackermischungen an (WSM 3).
Mehrjährige Rückzugs-/Saumflächen
locken wildl ebende Tiere aus intensiv
genutzten Flächen und entschärfen die
Mähproblematik in den nächsten Jahren.
Blühstreifen anlegen
Blühende Feldränder sehen nicht nur
schön aus, sie sind eine echte ökologische
Aufwertung, erhöhen die Artenvielfalt
und fördern zusätzlich die Akzeptanz.
Schon wenige, gezielt angelegte Streifen mit blühenden Pflanzen vom Frühjahr bis zum Spätherbst helfen außerdem
bei der Mähstrategie von innen nach außen, da sie wild lebende Tiere anziehen.
Womöglich sollte auch eine Gliederung
großer Ackerschläge mit Blühstreifen
unter Nutzung von Förderprogrammen
angedacht werden.
Praxis-Tipp
LJV-Wildretter
richtig einstellen!
Ansprechpartner für Förderungen
und regionale Programme:
Auch als Sauenschreck geeignet
Hätten Sie‘s gewusst – der Ton an
der Piezosirene lässt sich verändern. Bei
Auslieferung der Bausätze ist er manchmal ab Werk nicht richtig eingestellt.
Dann hat Ihr Wildretter wenig bis gar
keine Wirkung auf wild lebende Tiere.
Nach der Öffnung des Gehäusedeckels
blickt man von oben auf die rechteckige
grüne Steuerungsplatine (s. Foto). Lösen
Sie jetzt die drei kleinen Befestigungsschrauben und drehen die Platine vorsichtig um. Auf der braunen Unterseite
befindet sich ein orangefarbener Drehschalter (sog. Potentiometer). Mit einem
kleinen Schraubendreher können Sie den
Schalter etwa um 180 Grad, von „West“
nach „Ost“ in zwei Richtungen drehen.
Der richtige Ton zum Vertreiben von
Wildtieren liegt in der Schalterstellung
Nord-Nordost (NNO/s. Foto).
Schrauben Sie alle Teile wieder an und
benutzen Sie beim Testen und Einstellen
einen Gehörschutz!
LJV NRW
Neue Wildund Kitzretter
Da der Piezo-Summer, der sich zum
Umbau zum Wildretter eignet, wieder
verfügbar ist, kann der modifizierte
Kitzretter (s. RWJ 5-14) mit Wahlschalter Dauer-Aus-10min und innenliegender Batterie ab sofort wieder geliefert
werden (86 €). Nach erfolgreichen
Tests gibt es jetzt einen neuen Kitzretter. Er ist wasserdicht und kann einfach am Waldrand aufgehängt werden.
Zusätzlich zum Ton blinkt ein blaues
Signallicht. Die Intervalle sind einstellbar, die Lebensdauer der Batterie in
Intervalleinstellung liegt bei über sechs
Monaten! An verschiedenen Wiesen
wurden mit dem blauen Licht auch
gute Erfahrungen zur Sauenabwehr
gemacht (98 €).
Info: www.bfi-elektronik.de
- örtlich zuständige
Untere Landschaftsbehörden,
- Kreisstellen d. Landwirtschaftskammer
NRW (www.landwirtschaftskammer.
de/wegweiser/kreisstellen.htm)
- Stiftung Rheinische Kulturlandschaft
(www.rheinische-kulturlandschaft.de)
oder Stiftung Westfälische Kulturlandschaft (www.kulturlandschaft.nrw)
Ohne die Schaffung von Rückzugsräumen laufen Maßnahmen zur Rettung der
wild lebenden Tiere ins Leere.
Pflegen Sie gute Kontakte zu Landwirten und Lohnunternehmern – nur so
können Wildtiere in freier Feldflur für
nachfolgende Generationen erhalten
und die Kontamination von Futter mit
getöteten Tieren vermieden werden.
Akustische Wildretter online bestellen
www.conrad.de, www.voelkner.de,
www.digitalo.de, www.bfi-elektronik.de,
www.bfi-elektronik.de
www.reichelt.de/reicheltpedia/index.php5/
Wildtiere_retten
www.amazon.de/Unbekannt-WILDRETTER-BAUSATZ/
dp/B00D5T554E