Jüdische Quellen lesen

Frühjahrsworkshop des Arbeitskreises Geschichte der Juden
der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen, 6.4.2016 in Leer
Jüdische Quellen lesen
Organisation: Susanne Bracht (Ehemalige Jüdische Schule Leer), Gero Conring (Berufsbildende
Schulen II Emden), Rebekka Denz (Komm. Sprecherin des AK Geschichte der Juden, HiKo),
Dr. Rolf Uphoff (Stadtarchiv Emden)
Bei der Rekonstruktion der Vergangenheit konzentriert sich die jüdische ebenso wie die
allgemeine Geschichtswissenschaft häufig auf Texte als Hauptquelle. Tonquellen, wie
Musik oder Interviews der Oral History, oder Objekte der Sachkultur, wie bauliche Spuren
oder rituelle Gegenstände, werden selten in die Analyse einbezogen. Der
Frühjahrsworkshop widmet sich dieser Leerstelle und möchte zur Beschäftigung mit
vielfältigen Quellensorten und zur gemeinsamen Reflexion über die Verfügbarkeit und
„Nutzbarkeit” ebendieser für die Erforschung der jüdischen Geschichte in Niedersachsen
und Bremen anregen.
Die Veranstaltung des AK Geschichte der Juden ist als Arbeitsworkshop konzipiert, bei
dem die Teilnehmer/innen in Kleingruppen verschiedene textuelle, audiovisuelle
Quellensorten und solche der Sachkultur am Beispiel von Aspekten der jüdischen
Geschichte Ostfriesland diskutieren. Mithilfe von regionalen Quellenbeispielen werden
Chancen und Möglichkeiten, Grenzen und Schwierigkeiten ebenso wie Freuden
aufgezeigt, die bei der Arbeit mit den verschiedenen Quellengattungen entstehen.
Hilfsmittel – wie beispielsweise die einschlägige Literatur oder Internetseiten –, die bei der
Beschäftigung mit der Quellensorte von Nutzen sind, werden im Workshop vorgestellt.
Neben den Erläuterungen der Workshopleiter/innen soll gemeinsames Arbeiten und der
Austausch der Teilnehmer/innen im Mittelpunkt stehen. Drei Workshops mit der Dauer von
zwei Stunden werden angeboten, sie finden zeitlich parallel statt.
Wir bitten um Ihre Voranmeldung bei Herrn Bohmbach unter: [email protected]
Bitte teilen Sie bei der Anmeldung mit, an welchem Workshop Sie teilnehmen wollen.
Mittwoch, 6.4.2016, 10.30 bis 16.30 Uhr
Ehemalige Jüdische Schule Leer, Ubbo-Emmius-Straße 12, 26789 Leer
10.30 –11.30 Uhr
Führung durch die Ehemalige Jüdische Schule Leer (Susanne
Bracht)
11.30 – 12.30 Uhr
Pause mit Imbiss
12.30 – 13.30 Uhr
Begrüßung (Gero Conring, Rebekka Denz)
Im Anschluss Impulsvorträge zu den folgenden Workshops (s. u.)
13.30 – 15.30 Uhr
Workshops, 3 zeitlich parallel
15.30 – 16.30 Uhr
Plenum mit Fazit der Workshops, Diskussion
16.30 Uhr
Ende der Veranstaltung
Frühjahrsworkshop des Arbeitskreises Geschichte der Juden
der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen, 6.4.2016 in Leer
Workshop 1: Jüdische Friedhöfe und Grabsteine lesen (Menna Hensmann,
Stadtarchiv Leer, Rebekka Denz)
Bis heute können wir fast 20 jüdische Friedhöfe in Ostfriesland besuchen, zwei davon
befinden sich in Leer. Auf dem größeren der beiden Leeraner jüdischen Begräbnisstätten
an der Groninger Straße sind knapp 250 Grabsteine erhalten. Im Workshop wird der
jüdische Friedhof als Quelle für Aspekte der Stadtgeschichte, der jüdischen Gemeinde, der
jüdischen Begräbniskultur, der Kunstgeschichte und der Genealogie verdeutlicht. Wir
lesen gemeinsam Grabinschriften und widmen uns, auch unter Zuhilfenahme weiterer
Quellen, dem Lebensweg ausgewählter dort bestatteten jüdischen Frauen und Männer.
Der Besuch des Friedhofs ist bei entsprechender Witterung geplant. Die männlichen
Teilnehmer werden gebeten, eine Kopfbedeckung mitzubringen.
Workshop 2: Oral-History-Interviews lesen (Gero Conring)
Zeitzeugen/innen als Interviewpartner/innen sind nicht notwendig Experten/innen für die
historischen Zusammenhänge der von ihnen erlebten Zeit. „Bezeugen” können sie nur,
was sie persönlich gesehen und gehört haben. Befragungen von Zeitzeugen/innen
erheben deswegen keinen Anspruch auf historische Korrektheit. Was können diese
Aussagen aber dennoch leisten? Dieser Frage soll in diesem Workshop nachgegangen
werden. Eingeführt wird in das Thema mit Beispielen aus der Arbeit im Fach Geschichte
an der Berufsbildenden Schule II Emden. Schüler/innen haben in den letzten Jahren
betagte Emder Bürger/innen zu den Ereignissen während der NS-Zeit befragt. Die
Ergebnisse dieser Zeitzeugenbefragungen zum Thema „jüdische Mitbürger“ bzw. „Fremdund Zwangsarbeiter“ sollen als Einführung zur Thematik dienen.
Workshop 3: Jüdische Textquellen lesen (Susanne Bracht, Dr. Rolf Uphoff)
In diesem Workshop werden die Möglichkeiten und Grenzen für die Erforschung der
jüdischen Geschichte der „klassischen” Quellengattung „Text” fokussiert. Mithilfe von
einigen christlichen und (inner-)jüdischen Textquellen werden ausgewählte Aspekte
jüdischen Lebens in Ostfriesland gemeinsam diskutiert. Dabei wird der Blick auf die
Autorenschaft und das „Narrativ” der Quellen gerichtet. Beschrieben Christen jüdisches
Leben anders als Juden? Beispielsweise werden anhand von Zeitungsartikeln und einer
Festschrift verschiedene Perspektiven auf die Synagoge in Emden im 19. Jahrhundert
durchleuchtet. Die Facette wird durch die Beschäftigung mit den „Revisionsberichten über
das Synagogenwesen im Regierungsbezirk Aurich durch den Landrabbiner” ab 1909 um
eine sehr pragmatische Sicht auf das jüdische Gemeindeleben, den baulichen Zustand
und die Nutzung der Synagogen in Ostfriesland erweitert.