Fr. 2.70 DIENSTAG, 25. AUGUST 2015 AZ 5000 Aarau | Nr 229 | 20. Jahrgang [email protected] 058 200 58 58 [email protected] 058 200 55 55 [email protected] 058 200 53 53 Mujinga Kambundji Sie pulverisiert den 100-m-Landesrekord Satya Nadella Der Microsoft-Chef hat aus Windows eine Datenschleuder gemacht Philippe Rey Wettinger Gemeinderat will in Zukunft keine Schulprovisorien mehr SPORT 15 LEBEN & WISSEN 4 BADEN-WETTINGEN 27 China-Crash reisst Börsen weltweit in die Tiefe Schwarzer Montag Sorge um China heizt Ausverkaufsstimmung an den Börsen an VON FABIAN HOCK, FELIX LEE, TOMMASO MANZIN, RENZO RUF, ANDREAS SCHAFFNER Anschnallen bitte. Der Herbst wird an den Finanzmärkten stürmisch. Gestern brachen die Aktienkurse regelrecht ein. Der Schweizer Leitindex gab zeitweise um mehr als 7 Prozent nach. Schliesslich schloss der Swiss Market Index (SMI) bei 8468,89 Punkten um 3,75 Prozent im Minus. Andere europäische Börsen verzeichneten noch deutlichere Abgaben. An der Wall Street in New York verlor der Dow-Jones in der Spitze 6,6 Prozent. Am Abend verlangsamte sich die Talfahrt. Begonnen hatte das Börsenbeben in der Nacht auf den Montag in Schanghai, wo der Leitindex um 8,5 Prozent abstürzte. Seit Juni verlor die Börse in Schanghai 30 Prozent an Wert. Wie die US-Grossbank BNY Mellon errechnet hat, wurden in dieser Zeit 3500 Milliarden Dollar vernichtet. An den Rohstoffmärkten nahmen die Anleger ebenfalls Reissaus. Hintergrund der Entwicklung ist die Sorge um die Wirtschaft in China — eine Konjunkturlokomotive für die Weltwirtschaft. Um Exporte anzukurbeln, hat Chinas Notenbank in den letzten Wochen die Landeswährung Yuan mehrfach abwerten lassen. Experten wie etwa Anja Hochberg, Anlagechefin für die Schweiz und Europa bei Credit Suisse, gehen jedoch davon aus, dass die Wachstumsschwäche weiter mit staatlichen Massnahmen bekämpft wird. «Es ist momentan auch etwas Panik im Markt», sagt der Chefökonom von UBS-Schweiz, Daniel Kalt, gegenüber der Finanznachrichtenagentur AWP. KOMMENTAR Angst auf dem Börsenparkett Z wei Emotionen leiten die Börsianer: Angst oder Mut. Gestern nahm die Angst überhand, viele Anleger von China über die USA bis hin zu uns in die Schweiz verloren den Mut, verkauften Aktien im grossen Stil. «Ein Blutbad» nennen dies die Aktienhändler, wenn ihre Bildschirme nur noch rote Zahlen zeigen. von Andreas Schaffner KOMMENTAR RECHTS, SEITEN 2/3 Ist der Pessimismus berechtigt? Oder wollten die Profis, die in den letzten Jahren massiv vom Börsenaufschwung profitiert hatten, Kasse machen? Ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Vieles spricht längerfristig für eine wirtschaftliche Erholung in Europa, aber vor allem in den USA. Doch wie robust diese ist, das ist unklar. Hier gilt es, die nächsten Tage abzuwarten. Bis Klarheit darüber herrscht, wird es eine holprige Achterbahnfahrt bleiben. Gut möglich, dass die Aktienmärkte bis Ende Woche noch einmal einen Taucher machen. «Wild, archaisch und tödlich» Nie waren die Miniröcke kürzer als hier und im Prager Frühling. Hier meint den Automobil-Rennsport in seiner «goldenen Epoche» von ungefähr 1960 bis 1985. Der Sündenfall war Indianapolis 1987: Da verdiente der Sieger erstmals mehr als eine Million Franken. Seither herrscht steriler Kommerz auf Rundkursen, die vor allem nachts wie Gameshows wirken. Eine Ausstellung in Kriens blättert noch einmal zurück, mit einer Reihe unbekannter Fotos. Wir – junge Frau, gesetzter Herr – fuhren hin mit vertauschten Rollen. SEITE 19 Die Aktienmärkte sind abhängig davon, was die Notenbanken entscheiden. Wird die Notenbank in China weiterhin den Yuan schwächen? Wird die Notenbank in den USA Mitte September die Zinsen erhöhen? Darüber herrscht noch viel Unsicherheit. Gewissheit, das ist die wirklich schlechte Nachricht des gestrigen Tages, gibt es in einer Hinsicht: Für die Schweizer Wirtschaft bleibt die Lage angespannt. Läuft es in China und in den USA schlecht, bleiben die Aufträge aus, stagnieren die Exporte. Lassen die USA die Zinsen tief, bleibt der Franken auf absehbare Zeit stark. Mit dem milden Sommerwetter ist es definitiv vorbei. Dieser Herbst wird zumindest an den Börsen stürmisch. FOTO: ZVG @ [email protected] MEINUNGSSEITE Eidgenössische Wahlen im Aargau Baden Wen die Wirtschaft in Bern will Wird Obrist 3. Stadtratskandidat? Vor den Wahlen geben zahlreiche Organisationen und Institutionen Empfehlungen ab, wen man in den Nationalund Ständerat entsenden soll. Nach dem Aargauischen Gewerbeverband publiziert jetzt auch die Aargauische Industrie- und Handelskammer ihre Empfehlungen für den Nationalrat. Ihr Kriterium ist die «besondere Wirt- Bereits Anfang Juli hat die SP anlässlich ihrer Nominationsversammlung Jürg Caflisch mit knapper Mehrheit als Stadtratskandidat nominiert. Nicht viel deutlicher wählte die FDP vor einer Woche Mario Delvecchio. Jetzt deuten die Zeichen aber darauf hin, dass es am Wahltermin, dem 18. Oktober, nicht beim Duell zwischen diesen beiden INSERAT schaftsfreundlichkeit» von Kandidierenden. Dabei fokussiert sie auf SVP, FDP und CVP sowie erstmals auch auf die BDP. Von keinem der beiden Verbände empfohlen wird GLP-Nationalrat Beat Flach, obwohl er in einem neuen Ranking der Zeitschrift «Bilanz» in Sachen Wirtschaftsfreundlichkeit am viertbesten abschneidet. SEITEN 22/23 bleiben wird. In einem engagierten Leserbrief bricht Peter Conrad senior, alt CVP-Stadtrat, eine Lanze für Erich Obrist (SP) und schlägt ihn als Stadtratskandidaten vor. Obrist gab sich gestern auf Anfrage zurückhaltend. Interessant ist, dass Conrad selber vor 30 Jahren als «wilder» CVP-Kandidat portiert und in den Stadtrat gewählt wurde. SEITE 21 Gastautor Adrian Lobe zur Demokratie als mögliches Auslaufmodell «Am Ende geht es um die Frage, was uns Freiheit wert ist.» SEITE 20 BT 2 0 0 3 5 9 772297 130005 AARGAUER ZEITUNG www.aargauerzeitung.ch DIENSTAG, 25. AUGUST 2015 BADEN 21 BADENER TAGBLATT BADEN-WETTINGEN, ZURZACH-AARETAL Stadtrats-Ersatzwahl: Sind es bald drei? Baden Analogie der Geschichte: Peter Conrad (CVP), vor 30 Jahren «wild» portiert, schlägt Erich Obrist (SP) vor VON ROMAN HUBER SP und FDP haben in der parteiinternen Ausmarchung ihre Kandidaten nominiert: Jürg Caflisch schwang bei der SP gegen Erich Obrist mit 22 zu 19 Stimmen obenaus, Mario Delvecchio bei der FDP mit 32 zu 26 Stimmen gegen Andrea Libardi. Dass nicht die Parteien, sondern das Stimmvolk das letzte Wort hat, lässt sich aber in der politischen Geschichte mehrfach nachlesen. Ein Stimmberechtigter hat sich nun zu Wort gemeldet. In einem Leserbrief (siehe rechts) äussert sich alt Stadtrat Peter Conrad unzufrieden über diese Auswahl und bringt Erich Obrist ins Spiel. Nicht verwunderlich, denn sowohl nach der Nomination von Caflisch als auch derjenigen von Delvecchio gab es kritische Stimmen parteiintern wie extern. BRIEFE AN DIE A Z Ein spannender Wahlkampf genü gt nicht Baden: Zur Stadtra ts-Ersatzwahl vom 18. Oktober «Hätte der Freisinn einen überzeugenden Kandidaten präsentiert, hätte ich vielleicht geschwiegen.» Peter Conrad alt Stadtrat Eine Aktion «doch noch Obrist»? Dass sich mit Conrad ein Bürgerlicher einschaltet und Obrist (SP) gegen seinen Parteikollegen und den freisinnigen Delvecchio ins Rennen schicken möchte, überrascht auf den ersten Blick. Conrad erklärt ungeschminkt: «Hätten die Freisinnigen eine in jeder Beziehung überzeugende Kandidatur präsentiert, hätte ich vielleicht geschwiegen.» Indem die FDP ihren Kandidaten zudem als Hoffnungsträger bezeichne, werde sie bei den Gesamterneuerungswahlen 2017 wahrscheinlich das Stadtammannamt anstreben», so Conrad. Das sei zwar ihr gutes Recht. «Doch ein in Baden wenig bekannter Bewerber ohne politischen Leistungsausweis wird den jetzigen Amtsinhaber kaum aus dem Sattel werfen können.» Das Badener Tagblatt hat Erich Obrist gestern mit dem Leserbrief von Conrad konfrontiert. Obrist übt sich in vornehmer Zurückhaltung: «Nach dem knappen Nominationsentscheid der SP bin ich nicht überrascht, dass es zu Reaktionen in der Öffentlichkeit gekommen ist.» Es könne aber nicht seine Aufgabe sein, solche im jetzigen Augenblick zu kommentieren. Obrist hält lediglich fest, dass es jeder- Baden Was für ein Zirkus! Wenn man sich auf dem Bahnhofplatz plötzlich im Mittelalter wähnt, und Kinder auf Einrädern ihre Kunststücke zum Besten geben – ja dann kann nur der Kinderzirkus Robinson in der Stadt sein. Mit akrobatischen Einlagen und grosser Freude verzauberten die Kinder und Jugendlichen am vergangenen Wochenende ihr Publikum. Trainiert werden die jungen Artisten unter dem Jahr von Profis, im Sommer gehen sie jedes Mal mit einem neuen Thema auf Tournee. Ob auf dem Einrad oder dem Trampolin – ihre Show findet grossen Anklang beim Badener Publikum. SEITE 28 FOTO: BARBARA SCHERER «Die SP hat einen Kandidaten nominiert. Deshalb stellt sich die Frage einer Kandidatur für mich im Moment noch nicht.» Erich Obrist SP-Einwohnerrat des links wie rech ts grassierenden politischen Fund amentalismus, de r so gar nicht zur be währten Badene r Politkultur passt. Die Kultur einer Der Kampf um de Stadt ist ein wen frei werdenden sentliches Stando Stadtratssitz würd rtmerkmal und im e nicht weniger Wettbewerb der spannend, aber Städte entscheigehaltvoller, wenn dend. Grund genu noch eine weitere g, dass wir BürgePerson dabei wä rinnen und Bürg re: Erich Obrist nä er dieser Stadt mlich. In Baden Führungsfehler de aufgewachsen, po r Parteien korrilitisiert Obrist seit gieren. Der notabe 1998 als über die Parteigrenzen hinne vor der Nomination abgeschlos aus geschätzter Ei sene Deal der nwohnerrat. Hier bürgerlichen Parte kennt man ihn als ien, jedwede fundiert arguKandidatur der Fr mentierenden, rh eisinnigen zu un etorisch begabten terstützen, ist mir Parlamentarier un suspekt und erin d als besonnenen nert an den omin Brückenbauer. Se ösen Biertischine solide AllgeDeal zwischen M meinbildung mit arkus Schneider Maturaabschluss, und Roger Hube seine mit Erfolg r vor den letzten abgeschlossenen Stadtammannwah pädagogischen Au len. Sie sind besbildungen an kanntlich unselig der HPL Zofinge n mit Weiterausb herausgekomilmen. Da die Abm dung und Diplom achung, jedenfalls abschluss am Le h- in der CVP, rerseminar Basel nicht vom Parteivo für das Lehramt lk abgesegnet und da für bildende Kuns her demokratisch t und nicht zunicht legitimiert letzt seine im Mili ist, ist sie für mich tär gewonnene und wohl auch fü Führungserfahru r viele besorgte ng befähigen ihn Bürgerinnen und wie keinen Zweit en zur Übernahm Bürger dieser e Stadt so weni des freigeworden g massgeblich wi en Kulturressorts, e der unselige Wahlvo aber auch jedes rschlag der Sozia anderen Stadtratsldemokraten. Nach ressorts. Dass dies dem Wahlgesetz seine roten Parkönnen 10 Stimm teigenossen an de berechtigte r Nominationsve r- schriftlich ein sammlung nicht e Kandidatur lan erkannt oder zucieren. Tun wir es! mindest nicht ge Die Chancen steiwichtet und den ge sozialistischen Ha n, dass Baden ab rdliner Caflisch 2018 einen neuen und geeignete vorgezogen habe n Stadtammann n, ist ein Abbild hat. PETER CONRAD, DER mann frei sei, seine Wunsch-Zusammensetzung des Stadtrates zu präsentieren. «Zurzeit gibt es zwei Kandidaten, die in demokratischen Nominationsverfahren ermittelt wurden», fügt er an. Ob sich das «Teilnehmerfeld» noch vergrössere, werde sich dann zeigen. Die Frage, ob er sich allenfalls in diesem Teilnehmerfeld vorstellen könne, umgeht Obrist elegant: «Na- ÄLTERE türlich denke ich immer über meine politische und berufliche Zukunft nach. Die SP hat einen Kandidaten nominiert. Deshalb stellt sich die Frage für mich im Moment noch nicht.» Es ist kein Zufall, dass es gerade Peter Conrad ist, der mit einem Leserbrief das parteipolitische Geschehen in Baden aufmischt. Somit sieht es 30 Jahre nach den spektakulären Stadtratswahlen von 1985 danach aus, als könnten sich die Geschehnisse von damals wiederholen. Als es bei den Gesamterneuerungswahlen um die Nachfolge von CVP-Stadtrat Josef Rieser ging, hebelte der Personalausschuss der CVP Baden den initiativen und als scharfsinnig geltenden, jedoch direkten und unbequemen Parteipräsidenten Peter Conrad aus, der als Stadtratskandidat gesetzt galt. Nach geheimer Sitzung schlug der Vorstand der Parteibasis André Roth vor. Laut Zeitungsbericht herrschte eine beklemmende Stimmung, als dann an der Parteiversammlung Conrad den Rücktritt als Parteipräsident und den Verzicht auf eine Stadtrats-Kandidatur bekannt gab. 1985: Zuerst war ein Leserbrief Bei der CVP lief es aber nicht programmgemäss. Isabelle Wanner, heute GLP-Einwohnerrätin, erinnert sich: Sie habe damals unter dem Pseudonym «Angelique» einen flammenden Leserbrief für Peter Conrad geschrieben. «Wir waren überzeugt, dass der Stadtrat einen Politiker vom Format Peter Conrad brauchte.» Der Leserbrief blieb nicht ohne Wirkung. Es bildete sich ein Komitee «doch noch Conrad», das diesen kurz vor dem ersten Wahlgang portierte. Mit von der Partie waren bekannte Persönlichkeiten, auch aus der CVP selber, wie unter anderen der legendäre Edi Zander. Im ersten Wahlgang am 22. September 1985 verpassten Conrad (1374 Stimmen) und Roth (1286) das Absolute Mehr. Am 30. September beschloss die CVP an einer denkwürdigen Versammlung mit 55 zu 25 Stimmen, am Einer-Vorschlag festzuhalten und gab mit 60 zu 19 Roth den Vorzug. Im zweiten Wahlgang wurde Conrad knapp vor dem offiziellen Kandidaten Roth gewählt. Die Geschichte, ausgelöst von einem Leserbrief, könnte sich also bei Erich Obrist wiederholen. Wer sich letztlich alles zur Wahl stellt, wird nach Anmeldeschluss am 4. September feststehen. Zudem: Im ersten Wahlgang ist jede in Baden stimmberechtigte Person wählbar. Bis und mit 18. Oktober ist also Spannung garantiert. Baden Hochuli kontert Rassismus-Tadel Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus bezeichnete den Umgang des Kantons mit den Asylbewerbern beim Badener Kantonsspital in dieser Zeitung als «diskriminierend». Grund: Die Bewegungsfreiheit der Flüchtlinge wird zum Schutz des Spitalbetriebs eingeschränkt. Tabuzonen sind etwa die Cafeteria oder das Hauptgebäude. Regierungsrätin Susanne Hochuli (Grüne) kontert die Vorwürfe in der «SonntagsZeitung» als realitätsfremd und entgegnet: «Das würde man mit einem Pfadilager auch so machen.» Denn sensible Infrastrukturen wie jene eines Spitals müssten geschützt werden – nicht vor Asylsuchenden, sondern generell von grossen Gruppen von Menschen, die den Betrieb potenziell stören könnten. Das sei eine sachliche Begründung und nicht diskriminierend, so Hochuli. Abgesehen davon werde die Regelung von den Betroffenen verstanden und respektiert. «Die Asylsuchenden sehen wie alle anderen Personen selber, dass sie sich in einem sensiblen Umfeld bewegen.» Letzte Woche bezogen 20 Flüchtlinge ihre Betten im Badener Notspital. Rund 180 weitere Asylbewerber werden in den kommenden Wochen dort untergebracht. (PKR)
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