Hilfsmittel - Ausschreibung oder Rahmenvertrag

Hilfsmittel - Ausschreibung oder Rahmenvertrag
Die Zweckmäßigkeit der Ausschreibung von Hilfsmitteln wird viel diskutiert. Anders hingegen die
Frage, ob die Krankenkassen gegen ihre Rahmenverträge verstoßen, wenn sie die dort geregelten
Hilfsmittel ausschreiben.
Ausschreibung trotz Rahmenvertrag
Beispiel: Eine Krankenkasse hat einen Rahmenvertrag über Hilfsmittel der Produktgruppe 12.34.56.7
(fiktive 7stellige Hilfsmittelpositionsnummer) geschlossen. In ihm sind der Kauf der Hilfsmittel dieses
7Stellers und der Wiedereinsatz der Hilfsmittel geregelt, die zuvor im Hilfsmittelpool der
Krankenkasse eingelagert worden waren. Die Rahmenvertragspartner sind vertraglich verpflichtet,
den Hilfsmittelpool zu prüfen. Ist in ihm kein geeignetes Hilfsmittel vorhanden, dürfen sie der
Krankenkasse ein Hilfsmittel des 7Stellers zum Kauf anbieten.
Die Krankenkasse schreibt trotz Rahmenvertrag eine bestimmte Anzahl von Hilfsmitteln desselben
7Stellers aus und stellt sie in ihren Hilfsmittelpool ein. Damit verhindert sie, dass die
Rahmenvertragspartner diese Hilfsmittel zu den Konditionen des Rahmenvertrages an sie verkaufen
können. Ist das zulässig?
Systematik der Hilfsmittelverträge
„Soweit Ausschreibungen … nicht durchgeführt werden“, schließen die Krankenkassen
Rahmenverträge nach § 127 Absatz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Ein Rahmenvertrag darf
danach nicht geschlossen werden, wenn eine Ausschreibung stattfindet. Der Grund dafür liegt im
wesentlichen Unterschied beider Vertragsarten. Während ein Ausschreibungsgewinner allein zur
Versorgung berechtigt ist, steht der Rahmenvertrag aufgrund des Beitrittsrechts gemäß § 127 Absatz
2a SGB V grundsätzlich allen offen. Das exklusive Versorgungsrecht des Ausschreibungsgewinners
würde konterkariert, würde zusätzlich „allen“ die Möglichkeit zur Versorgung eingeräumt werden.
Nach der gesetzlichen Systematik der Hilfsmittelverträge stehen also die Ausschreibungsverträge und
die Rahmenverträge, denen beigetreten werden kann, nebeneinander.
Vertragsverstoß der Krankenkasse
Im Beispiel liegt die umgekehrte Konstellation vor. Der Kauf/Verkauf der Hilfsmittel ist dort im
Rahmenvertrag geregelt. Grundsätzlich sind alle Rahmenvertragspartner zum Verkauf an die
Krankenkasse berechtigt. Damit korrespondiert die Verpflichtung der Krankenkasse, die Hilfsmittel zu
den Bedingungen des Rahmenvertrages von den Vertragspartnern zu kaufen. Die Ausschreibung der
rahmenvertraglich geregelten Hilfsmittel für den Hilfsmittelpool verhindert aber, dass die
Rahmenvertragspartner diese Hilfsmittel an die Krankenkasse verkaufen können. Die Krankenkasse
verstößt somit gegen ihre Pflichten aus dem Rahmenvertrag. Sie stutzt durch die parallele
Ausschreibung den Rahmenvertrag auf den Wiedereinsatz zurück.
Mythos Fortgeltung
Der Rahmenvertrag im Beispiel könnte gekündigt worden sein und die Krankenkasse könnte ihn
„nur“ weiterhin gegen sich gelten lassen (ggf. bis zum Abschluss eines anderen Vertrages). Je nach
tatsächlichem Geschehen sind viele Rechtsfragen im Detail zu klären: War die Kündigung wirksam?
Stand: 15. Juli 2015
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Katrin Feierabend · Rechtsanwältin
www.kanzlei-feierabend.com
Wem gegenüber wurde sie wirksam erklärt? Zu welchem Zeitpunkt ist sie wirksam geworden? Was
genau bedeutet die Fortgeltung des Rahmenvertrages? Wird damit ein neuer Rahmenvertrag
geschlossen? Welche Konditionen beinhaltet dieser Vertrag? Mit wem wird er geschlossen? Wann
endet dieser Vertrag?
Losgelöst von den vielen Detailfragen lässt sich als grobe Richtschnur jedoch festhalten: Entweder
besteht weiterhin ein Rahmenvertrag; dann verletzt die Krankenkasse ihre rahmenvertraglichen
Pflichten mit ihrer Ausschreibung. Oder der Rahmenvertrag endete mit Abschluss des
Ausschreibungsvertrages. In diesem Fall sind die (ehemaligen) Vertragspartner der Krankenkasse frei
von ihren Pflichten nach dem Rahmenvertrag, insbesondere von der Verpflichtung zum
Wiedereinsatz zu den dortigen Konditionen.
Stand: 15. Juli 2015
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Katrin Feierabend · Rechtsanwältin
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