Viktoriabad Bonn Das Ziel meiner Bachelorarbeit war die chronologische Baugeschichte des ersten Hallenbades in Bonn, das Viktoriabad in der Franziskanerstraße, von seinen Anfängen um 1900 bis heute zu erfassen und dokumentarisch aufzuarbeiten. Ein wichtiges Anliegen meinerseits war dabei ein Thema zu behandeln, das ortsgebunden an Bonn war und somit eine Nähe zu meinem Studien- und Wohnort aufweisen konnte. Neben dem hohen Anspruch an selbstständiger Recherchearbeit, der ich intensiv im Bonner Stadtarchiv und dem hiesigen Denkmalamt nachgegangen bin, sollten Aspekte wie Dokumentation, Architektur, Denkmalpflege und Städtebau miteinander kombiniert werden. Das sich in unmittelbarer Nähe zur Universität und somit zum Kunsthistorischen Institut befindliche Viktoriabad bot durch seine langjährige Entwicklung und die aktuellen Planungen in Kombination mit dem unter Denkmalschutz stehenden Kunstharzfenster eine gelungene Verbindung all dieser Elemente, der ich gerne in meiner Arbeit nachgegangen bin und in weiterem, regionalem Umfang auch meiner Masterarbeit widmen möchte. Im ersten Abschnitt wurde die städtebauliche Bedeutung des Standortes zwischen Rathausgasse, Belderberg, Franziskanerstraße sowie Stockenstraße durch seine historische Entwicklung herausgestellt. Für die Untersuchung war vor allem die Franziskanerstraße von Bedeutung, an derer sich das Franziskanerklosters von 1641 orientierte, das namensgebend für die Straße ab 1744 war und aufgrund dessen der Bau des ersten Viktoriabades in den Innenhof des Baublockes verlagert werden musste. Bedeutend für die weitreichende Geschichte des Geländes war außerdem ein Garten, der Mitte des 19. Jahrhunderts dem Eigentümer Franz Räss gehörte. Vermutlich betrieb dieser bereits eine kleine Badeanstalt auf seinem Grundstück, die leider nicht weiter dokumentiert ist. Die anschließende Untersuchung betrifft die erste Beethovenhalle, die man dort von Juli bis August 1845 als temporäre Holzkonstruktion erbauen ließ. Demnach handelt es sich bei dem vorliegenden Baugelände um ein Kernstück der Bonner Innenstadt, in der Nähe vieler historisch bedeutender Gebäude, wie beispielsweise dem Ostflügel des ehemaligen Kurfürstlichen Schlosses oder dem historischen Rathaus, das ebenfalls auf eine weitreichende Geschichte zurückblickt. Der darauffolgende Beitrag behandelt das erste Viktoriabad das zwischen 1903 und 1906 gebaut wurde. Trotz einer schwach dokumentierten Grundlage entstand mittels gebündelter Informationen wie Fotografien und Bauplänen ein rekonstruierender und beschreibender Rundgang durch das ehemalige Schwimmbad, dessen historistische Architektur eine Fülle an Dekor aufwies. Dieses erste Hallenbad in Bonn und das insgesamt 23. in ganz Deutschland trug auch im Jahr 1905 zur Gründung des ersten Bonner Schwimmvereins bei und vereinte zu seiner Zeit noch ganz andere hygienische Ansprüche als diejenigen, die uns heute geläufig sind: Wannenbäder für die tägliche Hygiene oder getrennte Schwimmhallen für Frauen und Männer zeugten hiervon. Anhand zahlreicher Rückschläge, die die Entwicklung des ersten Viktoriabades kennzeichneten, konnte ein Regenerationsbemühen festgestellt werden, welches das Bad selbst nach den verheerenden Beschädigungen des Zweiten Weltkriegs in purifizierter Form restau1 rierte. Dadurch wurde neben der Bedeutung, die das Viktoriabad damals für die Bonner Bürger eingenommen hatte auch ein anderes Empfinden im Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz sichtbar, infolgedessen man bemüht war, diese auch weiterhin zu erhalten. Nachdem sich das erste Viktoriabad bis in die 1960er Jahre bewahren konnte, veranlasste die Stadt den Abriss des historistischen Gebäudes zugunsten eines Neubaus (1964-71) auf nahezu gleichem Grund, der im nächsten Abschnitt behandelt und ebenfalls durch einen Rundgang unter Berücksichtigung der Architektur beschrieben wird. Vom Bonner Architekten Goswin Weltring geplant, erhielt es ebenfalls den Namen Viktoriabad. Architektonisch ist es im Gegensatz zum ersten Bad von einer Schlichtheit der Formen gekennzeichnet, die besonderen Wert auf die Verwendung unterschiedlicher Materialien wie Strukturglas, Schiefer oder Fassadenplatten aus Lavastein gelegt hat, die charakteristisch für Bauten dieser Zeit sind. Durch einen Besuch mit dem Stadtkonservator Dr. Talbot war es mir außerdem möglich, die Innenräume des seit 2010 geschlossenen Bades durch zahlreiche Fotografien zu dokumentieren, die auch im Abbildungsverzeichnis der Arbeit zu sehen sind. Obwohl das neue Bad ein vollständiger Ersatz für das erste war und beide Viktoriabäder verschiedene Architekturen aufweisen, konnten Ähnlichkeiten festgestellt werden, innerhalb derer gleichwertige Elemente in eine andere Zeitsprache umgesetzt wurden, wie beispielsweise die Kassettierung der Decke im Eingangsbereich. In diesem Vergleich lag für mich ein Reiz des Themas, der mich unterschiedliche Architekturen und den sich entwickelnden Umgang mit ihnen gegenüber stellen ließ. Einen weiteren Bestandteil der Arbeit bildet die Kunst am Bau, die das Wandrelief von Günter Ferdinand Ris an der Fassade der Franziskanerstraße sowie das monumentale Kunstharzfester von Wilhelm Jungherz am Belderberg beinhaltet, das seit 2013 unter Denkmalschutz steht. Hiermit sollte neben der Wertschätzung der Kunstwerke ein sinnvoller Übergang zu den Neubauplänen des Viktoriakarrees ermöglicht werden, da sie laut Ausschreibung der Stadt Bonn von 2014 Berücksichtigung im Neubau finden müssen. Vorbereitend auf die Planungen zur städtebaulichen Entwicklung des Viktoriakarrees wird anschließend der Umbau des Bades seit den 1990er Jahren eingebunden, der die Modifizierung im Hinblick auf die Stilllegung des Wannenbadtraktes beschreibt, der seitdem das Stadtmuseum sowie die Gedenkstätte für die Bonner Opfer des Nationalsozialismus beherbergt. Der Werdegang mündet chronologisch im nächsten Punkt in der endgültigen Schließung des Viktoriabades im Jahr 2010 im Hinblick auf den Planungsstand zum Zeitpunkt der Bearbeitung im September 2014. Im Rahmen der baukulturellen Führungen der Werkstatt Baukultur Bonn fand am 8. November 2014 eine Führung zum Viktoriabad statt, über die in der darauffolgenden Woche der General Anzeiger berichtete. Dabei konnte ich über 50 Personen an der Geschichte des Bades teilhaben lassen, die ein großes Interesse an der Entwicklung und den aktuellen Plänen gezeigt haben. Diese Zustimmung hat mich mitunter dazu veranlasst, die gesammelten Informationen in einem Architekturführer der Werkstatt Baukultur zu publizieren, der in diesem Jahr erscheinen soll. 2
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