Ausgabe | 11 18. März 2016 powered by Wirtschaft Bayer und BASF drängen auf den Gentechnik-Markt Brasilien BASF rechnet für 2017 bereits mit einem Sprung auf bis zu zehn Prozent am Soja-Saatgutmarkt in Brasilien B rasilien ist der zweitgrößte Produzent von Soja und ein Kerngebiet von Monsantos Insektizid Roundup. Doch nach und nach wollen nun auch andere Unternehmen etwas von der Torte haben. Zwei deutsche Firmen, die Bayer AG und BASF SE planen derzeit, mit genmanipulierten Sojabohnen Monsanto in Brasilien Marktanteile streitig zu machen. 94 Prozent der brasilianischen Sojabohnen sind gentechnisch verändert. Die Regierung rechnet für dieses Jahr mit einer Ernte in Höhe von mehr als 100 Millionen Tonnen. Dabei wollen beide vor allem auch davon profitieren, dass immer mehr Unkraut und Insekten gegen Roundup resistent sind. Bayer beispielsweise war schon einmal am brasilianischen Markt zu finden, hatte aber vor zehn Jahren seine Anteile an der Sojabohnen-Branche in Brasilien verkauft. Nun startet das Unternehmen im Oktober einen neuen Versuch: mit dem Verkauf von Sojapflanzen, die gentechnisch so verändert sind, dass sie von Glufosinat beinhaltenden Unkrautvernichtern nicht beschädigt werden. Brasilien ist der weltweit zweitgrößte Produzent von Soja. „Wir glauben fest an die Marktdynamik der Unkraut-Kontrolle in Brasilien“, zitiert Bloomberg Eduardo Mazzieri von Bayer von einer Pressekonferenz in Nao-me-Toque. „Die Landwirte brauchen Alternativen.“ Foto: Flickr/Bruno Caimi/CC by 2.0 Bayers Liberty-Link-Soja, wurde bereits 2010 von den brasilianischen Behörden zugelassen. Seitdem hat das Unternehmen nach und nach von Sojabohnen-Firmen in Brasilien gekauft, die nun helfen sollen, die Analyse Hunderttausende Tote durch arbeitsbedingte Krebserkrankungen Jedes Jahr sterben in der EU mehr als 100.000 Menschen an arbeitsbedingten Krebserkrankungen. Diese Zahl übersteigt die Anzahl der tödlichen Arbeitsunfälle um das Zwanzigfache, wie eine Untersuchung des Europäischen Gewerkschaftsinstituts (ETUI) zeigt. In Deutschland sind es ca. 17.700 Fälle. Die Internationale Arbeitsorganisation schätzt die Zahl der weltweiten Todesfälle aufgrund arbeitsbedingter Krebserkrankungen auf 666.000. Krebs ist Todesursache Nummer 1, zumindest in den Hochlohnländern. Hintergrund sind krebserregende Stoffe, denen die Mitarbeiter während ihrer Ar- beit ausgesetzt sind. So sind beispielsweise von den über 100.000 arbeitsbedingten, tödlichen Krebserkrankungen in der EU 55 bis 85 Prozent auf Asbest zurückzuführen. Derzeit werden 179 Wirkstoffe von der Internationalen Agentur für Krebsforschung als bekannte oder potenziell krebserregende Stoffe beim Menschen eingestuft. (Gruppe 1 und 2a). Weitere 285 Wirkstoffe gelten als potenziell krebserregende Stoffe der Gruppe 2b. Die Weltgesundheitsorganisation rechnet damit, dass die Zahl der Neukrebserkrankungen bis 2035 um 70 Prozent zunehmen wird. Derzeit werden weltweit jedes Jahr 14 Millionen neue Krebserkrankungen diagnostiziert. „Arbeitsbedingte Krebserkrankungen sind eine Epidemie, über die niemand spricht. Jedes Jahr sterben Tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die EU tut seit zwölf Jahren rein gar nichts dagegen“, sagt Esther Lynch, politische Sekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB). „Die Gewerkschaften verlangen verpflichtende Obergrenzen für krebserregende Substanzen am Arbeitsplatz, um solche vorhersehbaren Todesfälle künftig zu verhindern. Jeder einzelne Fall von arbeitsbedingtem Krebs ist einer zu viel!“ 1 powered by Ausgabe | 11/16 Präsens Bayers mit der Gen-Soja im Land zu erhöhen. In diesem Jahr sollen 2.000 Bauern die Gen-Soja anpflanzen. Glufosinat, gegen das die Gen-Soja von Bayer immun sein soll, gilt als gesundheitsschädlich. Aus diesem Grund hatte die EU vor drei Jahren den Einsatz des Wirkstoffes beschränkt. Dennoch dürfen sowohl die als Glufosinat-resistent geltenden, gentechnisch veränderten Pflanzen als auch deren Früchte in rauen Mengen in die EU eingeführt werden. BASF setzt auf Sojapflanzen, die unbeschadet mit dem Wirkstoff Imidazolinon besprüht werden können. Dafür arbeitet BASF mit dem staatlichen Forschungsinstitut Embrapa zusammen. Das Unternehmen rechnet im kommenden Jahr bereits mit einem Anteil von 10 Prozent am brasilianischen Sojamarkt. 2015 hatte BASF die Erlaubnis erhalten, seine entwickelte Gen- 18. März 2016 Soja Cultivance in die EU zu importieren. Doch Monsanto ist nicht zu unterschätzen. Die gegen Glyphosat resistente Gen-Soja Intacta dominiert den Markt und kann auch Gift gegen Insekten abgeben. In diesem Jahr soll Monsanto zufolge die Anbaufläche für Intacta-Soja in Südamerika auf 14 Millionen Hektar verdoppelt werden. Bis 2019 könnten es noch einmal 14 Millionen Hektar sein. Kassenärzte Stärkere Kontrolle für Gesundheitsorganisationen gefordert Es sei eine größere Handhabe notwendig, um durchgreifen zu können E Unions-Fraktionsvize Georg Nüßlein sagte: „Eine stärkere aufsichtsrechtliche Kontrolle ist richtig, reicht aber nicht.“ Es müsse sich auch an den internen Strukturen der KBV etwas ändern. Bei der KBV gibt es seit Jahren massive Kritik an den Gehältern von Funktionären. So gibt es Streit darüber, ob die an den im Jahr 2014 zurückgetretenen KBV-Chef Andreas Köhler bezahlten Gehälter rechtmäßig waren. Das Gesundheitsministerium hatte Anfang Dezember Anzeige gegen Köhler wegen des Verdachts auf Untreue erstattet. Gerichtlich wurde er bereits auferlegt, einen Mietkostenzuschuss von 96.000 Euro zurückzuzahlen. Im Zwielicht stehen auch Immobiliengeschäfte der KBV, die rund 165.000 Ärzte und Psychotherapeuten vertritt. Die Berliner Staatsanwaltschaft durchsuchte Anfang Februar Büros und Computer der Vereinigung. „Angesichts der großen Summen, die von den gesetzlich Versicherten sowie (über den Gesundheitsfonds) Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern dafür aufgebracht werden, hat die Öffentlichkeit ein Anrecht auf größtmögliche Transparenz und wirksame staatliche Aufsicht bei der Verwaltung dieser Gelder durch die Selbstverwaltung“, so die Grünen in ihrer Anfrage, die von Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter angestrengt wurde. Gesundheitsminister Hermann Gröhe sieht einen neuen Handlungsbedarf. Foto: Flickr/ Michael Panse/CC by nd 2.0 in Zeitplan für einen Gesetzentwurf wurde nicht genannt. „Richtig ist, dass geprüft wird, ob und inwieweit es hinsichtlich der Spitzenorganisationen auf Bundesebene in der Gesetzlichen Krankenversicherung insbesondere einer Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen zum Haushalt und zum Vermögen bedarf“, sagte Ministeriumssprecherin Katja Angeli. Betroffen wären neben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) etwa auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die Kassenzahn- ärztliche Bundesvereinigung (KZBV), wie aus einer Kleinen Anfrage der Grünen mit dem Titel „Wertpapiergeschäfte der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und möglicher Handlungsbedarf der Bundesregierung“ hervorgeht. „Nach einem Prüfbericht des Bundesversicherungsamtes hat die KBV Teile dieser Mittel für Wertpapierspekulationen genutzt und dabei Verluste in Höhe von mindestens 1,1 Millionen Euro erlitten“, heißt es in der kleinen Anfrage. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg soll durch Wertpapiergeschäfte offenbar Geld verloren haben. 2 powered by Ausgabe | 11/16 18. März 2016 Forschung Miniroboter aus Muskelzellen Miniroboter werden immer häufiger eingesetzt, um Medizin im Körper an die entsprechende Stelle zu transportieren U m Miniroboter zukünftig besser steuern und für den Körper verträglicher machen zu können, haben Wissenschaftler der University of Illinois Muskelzellen von Mäusen genutzt. Diese werden in eine ringförmige Struktur gebracht und sind gentechnisch so angepasst, dass sie auf Lichtimpulse in einer bestimmten Frequenz mit Zusammenziehen reagieren. An den Muskelzellen werden unterschiedlich lange Beine aus dem 3D-Drucker befestigt. Das Zusammenziehen der Muskelzellen bei bestimmten Lichtfrequenzen sorgt dann dafür, dass sich der Miniroboter bewegt. Die unterschiedlich langen Beine ermöglichen einen exakten Richtungswechsel, je nachdem, welches Bein gerade stimuliert wird. Der Biobot ist nicht viel größer als ein paar Zentimeter und kann zukünftig unter anderem dazu dienen, Medikamente an die entsprechende Stelle im Inneren eines menschlichen Körpers zu transportieren. Aber auch andere Anwendungen sind denkbar. Der Trend hin zu kleinen Robotern, die im Inneren des Körpers eingesetzt werden, hält demnach weiter an. Zuletzt hatten auch Wissenschaftler der Carnegie Mellon University eine einfache Version von Mikro-Robotern hergestellt. Diese bestehen Die Muskelzellen, die die Beine bewegen, stammen von Mäusen. Foto: Ritu Raman, University of Illinois aus Stäben magnetischen Materials. Jeder Roboter ist rund einen Millimeter lang und hat zwei Greifarme. Ein Magnetfeld ermöglicht es, sie zu bewegen und die Greifarme zu bedienen. Bis jetzt haben die Roboter kleine Objekte transportiert und Brücken aus Stäben mit einer Y-Form gebaut. Der leitende Wissenschaftler Metin Sitti hofft, dass spätere Versionen mit Bauteilen für Mikromaschi- nen in den Körper injiziert werden können. Diese Maschinen würden mit dem Blut schwimmen und könnten bei der Heilung von Wunden helfen. Dem Experten nach müssen die Bauteile kleiner werden, damit sie leichter in den Körper gelangen können. „Es macht aber keinen Sinn, wenn sie zu klein sind. Der Roboter soll schließlich im Inneren des Körpers zusammengebaut werden“, so Sitti. Digital Online-Praxen dürfen künftig keine Arzneien mehr verordnen Verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen künftig nicht mehr über Online-Praxen verordnet werden D ie Regierung reagiert mit der Änderung des Arzneimittelgesetzes auf Online-Portale, die kostenpflichtige Sprechstunden von Ärzten über das Internet anbieten. Ein Rezept wird dem Nutzer dabei meist zugesendet oder von der Online-Praxis direkt an eine deutsche Versandapotheke geschickt. Mit der gesetzlichen Änderung sollen unter anderem Falschdiagnosen vermieden werden. „Um den Patientenschutz weiter zu verbessern, wird im AMG geregelt, dass eine Abgabe von verschreibungspflich- tigen Arzneimitteln grundsätzlich nicht erfolgen darf, wenn die Verschreibung offenkundig nicht nach einem direkten Arzt-Patienten-Kontakt ausgestellt wurde. Und außerdem: „Im Heilmittelwerbegesetz wird klargestellt, dass nicht nur die Werbung für das Teleshopping, sondern auch das Teleshopping selbst als besondere Ausprägung der Werbung verboten ist. Es wird zudem geregelt, dass das Teleshopping auch für Behandlungen durch Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte verboten ist.“ Der Entwurf sieht auch strengere Sicherheitsvorkehrungen für die Teilnehmer an klinischen Tests von Arzneimitteln vor. Die Ethik-Kommissionen der Länder, die auch künftig maßgeblich an der Genehmigung solcher Prüfungen beteiligt sein sollen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen und sich beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte registrieren lassen. Prüfungsteilnehmer müssen vor einer Studie von einem Arzt aufgeklärt werden. „Hochwertige klinische Prüfun- 3 powered by Ausgabe | 11/16 gen sind eine Voraussetzung für einen schnellen und sicheren Zugang zu neuen Arzneimitteln“, sagte Gesundheitsminister Gröhe anlässlich der Änderung des Arzneimittelgesetzes. Dabei müssten die 2016 soll der Entwurf des „Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ in Kraft treten. Mit der Änderung will das Gesundheitsministerium zwar die Sicherheit der Trotz schwindender Ärzte auf dem Land sollen Patienten für rezeptpflichtige Medikamente nun nicht auf eine Online-Konsultation mit ihrem Arzt zurückgreifen können. Foto: Flickr/ wr52351/Cc by nd 2.0 notwendigen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger und ein reibungsloses Genehmigungsverfahren Hand in Hand gehen. Im August Patienten stärken, es erschwert jedoch die Suche nach Lösungen für den Ärzte- und Apothekenmangel in ländlichen Regionen. Gerade hier ist die Konsultation von Ärzten 18. März 2016 über das Internet eine wirklich sinnvolle Alternative, die durch die Änderung nun jedoch erschwert wird. Aber auch die Idee, mit Apothekenkiosken wenigstens eine Grundversorgung in diesen Regionen sicherzustellen, wird nun neu zu diskutieren sein. In Schottland kommt ein solcher Kiosk derzeit zum Einsatz. In einem Gemeinschaftsprojekt hat das digitale Dienstleistungsunternehmen Atos zusammen mit anderen Partnern wie etwa den Universitäten von Glasgow, Edinburgh und der Robert Gordon University den RoboterApotheken-Kiosk entwickelt. Platziert in einem beliebigen Dorfladen, können sich die Einwohner quasi in den Kiosk setzen und über einen Bildschirm direkt mit einem Apotheker sprechen. Dann ist der Einwohner in der Lage, dem Apotheker seine Symptome zu beschreiben und sich ein Medikament empfehlen zu lassen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Verschreibung des Arztes von dem Roboter-Kiosk einscannen zu lassen, sodass der Apotheker direkt darauf zugreifen kann. Sobald das Medikament bereitsteht, erhält der Nutzer eine Nachricht auf sein Handy. Einmal den über die Textnachricht übermittelten Code eingegeben, kann das entsprechende Medikament entgegengenommen werden. Studie Unterschiede zwischen Mann und Frau Krankenstand stieg 2015 auf Rekordhoch D er allgemeine Krankenstand ist im vergangenen Jahr auf den höchsten Wert seit 16 Jahren gestiegen. Der DAK-Gesundheitsreport zeigt zudem, dass Männer und Frauen unterschiedlich krank sind: Frauen haben etwa mehr Kranktage, gehen aber auch häufiger krank zur Arbeit als Männer. Bei Krankheiten wie Depressionen, Krebs und Herzinfarkt gibt es große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Eine aktuelle Studie der DAK fand nun heraus: Das wirkt sich auch auf den Krankenstand aus: Im Jahr 2015 fehlten Frauen zum Beispiel 14 Prozent häufiger im Job als ihre männlichen Kollegen, dafür aber kürzer. Frauen gingen auch häufiger krank zur Arbeit, Männer gingen dafür seltener zum Arzt. Nach der Studie erreichte der allgemeine Krankenstand im vergangenen Jahr mit 4,1 Prozent zudem den höchsten Wert seit 16 Jahren. 2015 waren an jedem Tag des Jahres durchschnittlich 41 von 1.000 Erwerbstätigen krankgeschrieben. „Es gibt immer wieder Grippewellen, die den Krankenstand nach oben treiben wie beispielsweise im vergangenen Jahr“, erläutert Herbert Rebscher, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Doch unsere Analysen ergeben, dass steigende Krankschreibungen wegen psychischen Erkrankungen sowie Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems Auslöser des kontinuierlichen Anstiegs sind.“ Auch die Zahl derer, die sich mindestens einmal im Jahr von einem Arzt hat krankschreiben lassen, stieg von 48,2 Prozent in 2014 auf 50,4 Prozent. Die meisten Ausfalltage gingen dabei auf das Konto der sogenannten Muskel-Skelett-Erkrankungen, wie beispielsweise Rückenschmerzen. Psychische Leiden nahmen – auf bereits hohem Niveau – erneut leicht zu. Sie verursachten rund drei Prozent mehr Fehltage als 2014 und rangieren somit auf der Liste der häufigsten Diagnosen auf Platz drei. Doch nicht nur die allgemein hohe Zahl der Krankschreibungen ist interessant, ebenso spannend sind die Geschlechterunterschiede bei krankheitsbedingten 4 powered by Ausgabe | 11/16 Ausfalltagen und ihren Ursachen, welche die aktuelle Studie der DAK-Gesundheit erstmals umfassend untersucht. Für die Analyse hat die Kasse den Krankenstand von rund 2,7 Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet. Außerdem wurden mehr als 5.000 Frauen und Männer im Alter von 18 und 65 Jahren durch das Forsa-Institut repräsentativ befragt und zahlreiche Experten eingebunden. Der Krankenstand bei den Frauen lag 14 Prozent höher als bei den Männern. Damit waren in 2015 an jedem Tag 44 von 1.000 weiblichen Beschäftigten krankgeschrieben. Bei den Männern waren es 39. Darüber hinaus zeigt der Report, dass eine Krankschreibung bei Frauen im Durchschnitt zwar kürzer ausgefallen ist, dafür aber häufiger vorkam: Mit insgesamt 134,4 Krankheitsfällen je 100 Versicherte lagen Frauen vor ihren männlichen Kollegen mit 115,8 Krankheitsfällen. „Unser Report zeigt, dass der viel zitierte kleine Unterschied zwischen Frauen und Männern viel größer ist als gedacht“, sagt Rebscher. „Die Ergebnisse verdeutlichen sehr genau, wo die Einflussfaktoren beim Krankenstand liegen und wie hoch der jeweilige Anteil bei den Geschlechtern wirklich ist.“ So zeigt die Untersuchung der Erkrankungen, dass Männer in allen Altersgruppen sehr viel öfter wegen Herz-KreislaufErkrankungen im Job fehlten als Frauen (+ 65 Prozent mehr Fehltage). Zwischen 45 und 64 Jahren erkrankt fast jeder zehnte Mann an einer koronaren Herzerkrankung. Bei Foto: DAK-Gesundheit Verletzungen hatten Männer fast doppelt so viele Fehltage (+ 48 Prozent). Gründe sind hier zum einen die höhere Risikobereitschaft sowie andere Tätigkeiten im Beruf. Frauen fehlten hingegen deutlich öfter wegen psychischer Erkrankungen als Männer (+ 67 Prozent mehr Fehltage). Vor allem von Depressionen waren sie weit häufiger betroffen. Sie nahmen auch öfter Psychopharmaka ein: Jede elfte Frau bekam im vergangenen Jahr beispielweise eine Verordnung für Antidepressiva, aber nur jeder zwanzigste Mann. Der größte Geschlechterunterschied beim Krankenstand zeigt sich laut DAKGesundheitsreport bei Krebserkrankungen. Hier gab es 74 Prozent mehr Fehltage bei Frauen. Insgesamt ist das Risiko an Krebs zu erkranken bei Frauen und Männern zwar gleich, Krebs trifft Männer jedoch meist im höheren Alter – ab etwa 60 Jahren. Prostatakrebs ist bei ihnen am weitesten verbreitet. Bei Frauen tritt vor allem Brustkrebs auf – der aber meist schon im Erwerbsleben. Auch der Job hat einen Einfluss darauf, wie oft Frauen und Männer sich krankmelden. In vielen Branchen haben Frauen einen höheren Krankenstand. Dazu gehören die öffentliche Verwaltung und das Gesundheitswesen. Beim Blick auf die Berufe zeigt sich: Nur in seltenen Fällen wie beispielsweise im Gartenbau und bei den Naturwissenschaften gab es in 2015 einen höheren Krankenstand bei Männern (+ zwölf und + sechs Prozent). Schwangerschaftskomplikationen 18. März 2016 spielten insgesamt eine eher kleine Rolle im Krankheitsgeschehen. Bei genauerer Betrachtung wird aber deutlich: Sie erklären über alle Altersgruppen hinweg zwölf Prozent des Unterschiedes beim Krankenstand von Frauen und Männern. Bei den 20 bis 24-jährigen Frauen sind aber 73 Prozent des Unterschiedes beim Krankenstand auf Schwangerschaftskomplikationen zurückzuführen. Beim persönlichen Umgang mit Krankheit und Krankschreibung werden die Geschlechterunterschiede besonders deutlich: Berufstätige Männer gingen im Durchschnitt 4,2 Mal im Jahr zum Arzt. Berufstätige Frauen waren sieben Mal in den Praxen. Selbst bei einer Betrachtung ohne Vorsorgeuntersuchungen und schwangerschaftsbedingten Behandlungen wird deutlich, dass Frauen häufiger behandelt wurden. Die Analyse der DAK-Gesundheit zeigt außerdem, dass Frauen oft in Berufen arbeiten, in denen sie mit offensichtlichen Krankheitssymptomen, wie beispielsweise einer starken Erkältung, nicht zur Arbeit gehen können. Mehr als jede zweite Frau gab dies an (53 Prozent), aber nur 45 Prozent der Männer. Auch tragen Frauen immer noch einen großen Anteil bei der Betreuung kranker Kinder: Mehr als jede vierte Frau (27 Prozent) sagte, dass sie sich bei einer Erkrankung des Kindes selbst krank gemeldet hat, weil sie sich nicht anders zu helfen wusste. Bei den Männern waren es nur 17,5 Prozent. Darüber hinaus gingen Frauen, wenn sie krank sind, häufig trotzdem zur Arbeit (+ zwölf Prozent). 67 Prozent der Frauen gaben an, mindestens einmal im Jahr krank zur Arbeit gegangen zu sein. Bei den Männern waren es 60 Prozent. Als Hauptgrund wurde von Frauen genannt, dass sie Kollegen nicht hängen lassen wollten (86 Prozent). Jede zweite Frau sagte, dass Kunden oder Patienten darunter leiden, wenn sie sich krank melden würde. „Für die geschlechtersensible Gesundheitsforschung sind diese Ergebnisse ein wichtiger Baustein“, sagt Petra Kolip, Professorin für Prävention und Gesundheitsförderung an der Universität Bielefeld. „Diese sehr konkreten Daten des DAK-Reports sind hilfreich, um möglichst passgenaue Maßnahmen ableiten zu können.“ 5 powered by Ausgabe | 11/16 18. März 2016 Ärzte Nach Germanwings-Absturz: Ärzte sollen Schweigepflicht brechen Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland gibt es dazu keine eindeutige Gesetzeslage. Das müsse sich nun ändern Airlines müssten zudem Piloten helfen und für diese das finanzielle Risiko minimieren, wenn sie erkrankten und um ihre Fluglizenz fürchteten. Foto: Flickr/Martin Roell/CC by sa 2.0 Ä rzte sollten bei einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ihre Schweigepflicht brechen. Das ist die Empfehlung der französischen Luftfahrtbehörde BEA nach dem Crash der Germanwings-Maschine im März 2015 mit 150 Toten. Deutschland sollte dabei nicht erst Maßnahmen der EU abwarten, sondern sofort handeln, heißt es im Abschlussbericht, der am Sonntag veröffentlicht wurde. Kritiker fürchten um den Datenschutz von Patienten. Der Arzt des Germanwings-Copiloten Andreas L., der das Flugzeug absichtlich in den französischen Alpen abstürzen ließ, empfahl nach Angaben der Ermittler kurz vor dem Flug dessen Einweisung in die Psychiatrie. Konkret wurden das deutsche Verkehrsministerium und die Bundesärztekammer aufgefordert, zügig eindeutige Richtlinien herauszugeben. Es müsse daran erinnert werden, dass die ärztliche Schweigepflicht gebrochen und zuständige Behörden informiert werden könnten, wenn die Gesundheit eines Piloten möglicherweise die öffentliche Sicherheit gefährde, so die BEA. In diesem Zusammenhang müssten Definitionen entwickelt werden, was unter „bevorstehender Gefahr“ und „Bedrohung der öffentlichen Sicherheit“ zu verstehen sei. In Deutschland und Frankreich sei die ärztliche Schweigepflicht tief verankert, sagte BEA-Direktor Remy Jouty vor Journalisten. „Aber ich hoffe, dass es da etwas Bewegung gibt.“ In beiden Ländern sei die Gesetzeslage nicht eindeutig, weswegen Ärzte aus Sorge um ihre Zulassung dazu tendierten, sich streng an die Schweigepflicht zu halten. Airlines müssten zudem Piloten helfen und für diese das finanzielle Risiko minimieren, wenn sie erkrankten und um ihre Fluglizenz fürchteten. Ähnlich äußerte sich die Vereinigung Cockpit, die die Interessen der Piloten vertritt. Spezielle Programme und eine intensive Betreuung seien nötig. „Bei diesen Programmen können betroffene Besatzungsmitglieder Hilfe suchen, ohne direkte Konsequenzen für ihren Arbeitsvertrag zu fürchten. Nur so kann die Basis für das notwendige Vertrauen zwischen Arzt und Patient hergestellt werden, das nötig ist, damit sich ein Patient öffnet.“ Zwangskontrollen trieben Betroffene dagegen in den „Untergrund“. Es sei wichtig, beim Kriterienkatalog strenge Maßstäbe beim Datenschutz anzulegen, der festlegt, welche Krankheiten gemeldet werden müssen. Die Germanwings-Muttergesellschaft Lufthansa teilte mit, die Flugsicherheit bleibe das höchste Ziel. „Selbstverständlich wird das Unternehmen daher auch weiterhin eng mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten und auch bei einer möglichen Umsetzung konkreter Maßnahmen unterstützen.“ Der damals 27-jährige Copilot Andreas L. hatte laut dem Abschlussbericht im Dezember 2014 Symptome einer psychotischen Depression gezeigt und in den Monaten danach mehrere Ärzte aufgesucht. Einer von ihnen habe L. rund zwei Wochen vor dem Todesflug einen Aufenthalt in der Psychiatrie empfohlen. Keiner der Ärzte habe die Flugaufsichtsbehörden oder den Arbeitgeber informiert. Zudem habe Andreas L. seine Krankheit vor seinem Arbeitgeber geheim gehalten. Bei dem Absturz des GermanwingsAirbus in Südfrankreich waren alle Passagiere ums Leben gekommen. Den Ermittlern zufolge gibt es auch Hinweise darauf, dass L. Probleme mit seinem Sehvermögen hatte und möglicherweise fürchtete, deswegen seinen Job zu verlieren. Häufigere Nachuntersuchungen seien nötig, wenn Piloten mit einer Erkrankung wieder als arbeitsfähig eingestuft würden. Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Chefredakteurin: Jennifer Bendele. Redaktion: Anika Schwalbe, Gloria Veeser, Julia Jurrmann, Cüneyt Yilmaz. Sales Director: Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: [email protected]. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro Jahr. Bezug: [email protected]. Mediadaten: [email protected]. www.deutsche-gesundheits-nachrichten.de 6
© Copyright 2025 ExpyDoc