Beschulung von Flüchtlingskindern in Hamburg

BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
21/1697
21. Wahlperiode
02.10.15
Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 24.09.15
und
Betr.:
Antwort des Senats
Beschulung von Flüchtlingskindern in Hamburg – Nachfragen
Die Antworten des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage, Drs. 21/1532,
zeigen die Herausforderungen, vor die Hamburgs Schulen gestellt werden, in
aller Deutlichkeit. Die Antworten des Senats werfen allerdings einige Nachfragen auf.
Erfreulich ist, dass die schulpflichtigen Flüchtlingskinder sowohl in den Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen als auch in den Folgeunterkünften unmittelbar nach Zuweisung eines Wohnplatzes beschult werden, sodass die
Integration sofort beginnt. Problematischer stellt sich die Situation bei den
unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen dar, die zwischen vier und sechs
Wochen auf einen Schulplatz warten müssen.
Für die Integration ist es von erheblicher Bedeutung, dass neben dem Erlernen der deutschen Sprache die Flüchtlingskinder von Anfang Kenntnisse
über unser Rechts- und Wertesystem erlangen.
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
1.
Die Zeit zwischen Anmeldung und Vergabe eines Schulplatzes für die in
den Erstversorgungseinrichtungen wohnhaften unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen beträgt derzeit vier bis sechs Wochen.
a.
Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge warten aktuell auf
einen Schulplatz?
Für die Zuschulung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im allgemeinbildenden Schulbereich besteht bei der für die Zuschulung zuständigen Schulplatzvergabe im Schulinformationszentraum (SIZ) derzeit keine Wartezeit.
Im berufsbildenden Schulbereich sind zum Stichtag 25. September 2015 im Informationszentrum des Hamburger Instituts für Berufliche Bildung (IZ-HIBB) sämtliche 329
Neuanmeldungen bearbeitet und zu Beratungen terminiert worden. Die Zuweisung
einer Vorbereitungsklasse an einer berufsbildenden Schule wird bis zum 31. Oktober
2015 erfolgen.
b.
Wer kümmert sich tagsüber um die unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlinge, die auf einen Schulplatz warten?
Die Erstversorgungseinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind rund
um die Uhr mit Betreuungspersonal ausgestattet. Im Übrigen befinden sich die
Jugendlichen vor der Vergabe eines Schulplatzes in der Regel in einem Deutschkurs
bei einem Lehrinstitut. Dieses Angebot beginnt in der Regel wenige Tage nach der
Inobhutnahme.
Drucksache 21/1697
c.
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode
Wieviel zusätzliches Personal wird zu wann eingestellt, um diese
Situation zu beenden?
Das hohe Beratungsaufkommen im IZ-HIBB durch den unerwarteten Zustrom von
Flüchtlingen nach den Sommerferien wurde durch personelle Verstärkung aus allen
Referaten, Abteilungen und Schulen des HIBB bewältigt, insbesondere durch die
vorübergehende Bereitstellung von Beratungskräften des Beratungszentrums Berufliche Schulen (BZBS). Eine zusätzliche Stelle ist derzeit ausgeschrieben und wird
voraussichtlich bis zum 1. November 2015 besetzt sein. Die Ausschreibung einer Stelle Fachreferent/-in für Migration im IZ-HIBB befindet sich in Vorbereitung und kann
voraussichtlich auch zum 1. November 2015 besetzt werden. Die dann vorhandene
Personalressource wird für den Beratungsumfang voraussichtlich auskömmlich sein.
2.
An welchen Schulen und in welchen Basis- und IVK-Klassen wurden die
Orientierungsfrequenzen von zehn beziehungsweise 15 Schülern seit
Beginn des Schuljahres 2015/2016 jeweils für wie lange und um wie viele Schüler überschritten? Bitte pro Schule darstellen.
Siehe Drs. 21/1532.
3.
Sind der zuständigen Behörde Beschwerden von Lehrern oder Eltern
über „zu viele Flüchtlingskinder“ in den Regelklassen bekannt?
Falls ja, an welchen Schulen kam es wann zu Beschwerden und wie
wurde darauf jeweils reagiert?
Derartige Beschwerden sind der zuständigen Behörde bisher nicht zur Kenntnis
gelangt.
4.
Die Basis- und IVK-Klassen befinden sich an Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien. Für diese gibt es Bildungspläne, in denen verbindliche Vorgaben zur Unterrichtung aller Schüler der jeweiligen Schulform oder -stufe und damit auch der Flüchtlingskinder niedergelegt sind.
In diesen sind auch das Fach Politik/Gesellschaft/Wirtschaft, der Lernbereich Gesellschaftswissenschaften und das Aufgabengebiet Sozial- und
Rechtserziehung relevant. Ist damit sichergestellt, dass in allen Basisund IVK-Klassen neben Deutsch als Zweitsprache auch mindestens
eines dieser Themenfelder unterrichtet wird?
Falls nein, weshalb nicht?
Die zuständige Behörde hat keine Erkenntnisse darüber, dass den bestehenden Vorgaben nicht gefolgt wird, siehe Drs. 21/1369 und Drs. 21/1532.
5.
Gibt es nach Ansicht der zuständigen Behörde auch im Hinblick auf die
weiter steigenden Flüchtlingszahlen an Hamburgs Schulen und in den
Lerngruppen ausreichend Lehrpersonal für die Unterrichtung von
Deutsch als Zweitsprache?
a.
Wenn nein, aus welchem Grund wird auf den Einsatz von Honorarkräften zur Unterrichtung von Deutsch als Zweitsprache, insbesondere in den Lerngruppen der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung, verzichtet?
b.
Wenn nein, inwiefern ist seitens der zuständigen Behörde beabsichtigt, pensionierte Lehrer aus dem Ruhestand zurückzuholen?
Um den steigenden Bedarf an Lehrkräften für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) abzudecken, werden bereits eingestellte Lehrkräfte am Landesinstitut für Lehrerbildung
und Schulentwicklung in dem Bereich Deutsch als Zweitsprache weiterqualifiziert und
darüber hinaus bei Bedarf Lehrkräfte mit einer Qualifikation für DaZ zusätzlich eingestellt. Im Übrigen siehe Drs. 21/1692 und Antwort zu 10. d.
6.
Viele der Flüchtlingskinder sind aufgrund der Erlebnisse stark traumatisiert.
a.
2
Inwiefern kümmern sich Schulpsychologen um Flüchtlingskinder?
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b.
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Wie hat sich die Anzahl der Schulpsychologen (VZÄ) seit dem
Schuljahr 2012/2013 jährlich entwickelt?
Die Beratungsabteilungen der regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ)
beziehungsweise das BZBS stehen bei Bedarf zur Verfügung. Im Übrigen siehe Drs.
20/13705 und 21/129.
Zur Entwicklung der Anzahl der Schulpsychologen in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) in
den ReBBZ und im BZBS siehe folgende Tabelle:
Schuljahr
2012/13
2013/14
2014/15
2015/16*
Anzahl VZÄ
32,1
32,6
34,5
47,4*
Quelle: Interne Daten der zuständigen Behörde
*
Stand: September 2015
7.
Wie viele schulpflichtige Flüchtlinge werden aktuell durch Personal der
ReBBZ begleitet?
Die erfragten Daten werden von der zuständigen Behörde nicht erhoben; in der Fallerfassung der ReBBZ-Beratungsabteilungen werden die Merkmale Staatsangehörigkeit,
Aufenthaltsstatus oder das Kriterium „Flüchtling“ nicht erfasst.
8.
Sieht die zuständige Behörde einen wachsenden Bedarf hinsichtlich der
Begleitung von schulpflichtigen Flüchtlingen durch das ReBBZ?
Falls ja, inwiefern ist eine Aufstockung des Personals zu welchem Zeitpunkt geplant?
Siehe Drs. 21/1532.
9.
In Hamburg gibt es seit 1996 einen Sozialindex für alle staatlichen
Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien. Der Sozialindex
beschreibt die sozialen Rahmenbedingungen an Schulen auf einer Skala
von 1 bis 6. Dabei steht eine 1 für Schulen mit sehr schwierigen sozialen
Rahmenbedingungen und eine 6 für Schulen mit sehr begünstigten sozialen Rahmenbedingungen. Die letzte Aktualisierung des Sozialindex
wurde im Februar 2013 vorgenommen.
a.
Für welchen Zeitpunkt ist die nächste Aktualisierung regulär vorgesehen?
b.
Plant die zuständige Behörde, sie im Hinblick auf die stark zunehmende Beschulung von Flüchtlingskindern vorzuziehen?
Falls ja, auf wann?
Falls nein, weshalb nicht?
c.
Inwiefern soll die veränderte Situation an den Schulen durch die
große Anzahl von Flüchtlingskindern bei der nächsten Aktualisierung berücksichtigt werden?
Für die Aktualisierung des Sozialindizes gibt es keinen festgeschrieben Turnus. Im
Übrigen sind die Überlegungen der zuständigen Behörde hierzu noch nicht abgeschlossen.
10. Mit welchem Bedarf an zusätzlichen Lehrern für Deutsch als Zweitsprache rechnet die zuständige Behörde bis zum Ende des Schuljahres
2015/2016
a.
in Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen?
b.
an allgemeinbildenden Schulen?
c.
Stehen nach Erkenntnissen der zuständigen Behörden ausreichend
Bewerber für den steigenden Bedarf zur Verfügung?
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Siehe Drs. 21/1532. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. a. bis 5. b.
d.
Aus welchem Grund verzichtet die zuständige Behörde auf den Einsatz von Honorarkräften?
Honorarkräfte dürften aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen nur eingesetzt
werden, wenn es sich um eine selbständige Tätigkeit handelt und keine Einbindung in
den Schulbetrieb erfolgt. Insoweit scheidet ein Einsatz bei verpflichtendem Unterricht,
und insoweit auch für Deutsch als Zweitsprache, aus. Dieser Unterricht ist angestellten beziehungsweise verbeamteten Lehrkräften und Pädagogen vorbehalten.
e.
Laut „Hamburger Abendblatt“ vom 22. September 2015 setzt Hamburg auf Pensionäre in der Flüchtlingskrise: Frühere Beamte und
Angestellte sollen freiwillig mithelfen, den Zustrom von Asylbewerbern in Hamburg zu bewältigen und erhielten entsprechende
Schreiben von ihren Dienststellen. Wie viele ehemalige Lehrer und
Lehrerinnen wurden angeschrieben? Sollen diese auch wieder
unterrichten?
Falls ja, wo? Wie hoch ist die Höchstgrenze, bis zu der Pensionäre
hinzuverdienen dürfen?
Da bei Pensionärinnen/Pensionäre und Rentnerinnen/Rentnern die Höchstgrenze des
Hinzuverdienst von Arbeitsumfang, Stellenwertigkeit und der persönlichen Situation
abhängt, kann die Frage nicht generell beantwortet werden. Im Übrigen siehe Drs.
21/1692.
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