VGH München, Urteil v. 24.11.2015 – 15 B 13.2414 Titel: VGH München: Einsichtsmöglichkeit, Dachaufbau, Dachterrasse, Flachdach, Landesanwaltschaft, Berufung der Kläger, Rechtsquelle, Nachbarschutz, Nutzungsmöglichkeit, Beklagte, Interessenausgleich, Kostenschuldner, Grösse, Planbereich, Baufläche, Sonnenkollektor, Gemarkung, Wohngebiet Normenketten: BBauG 1960 § 9 I Nr. 1, II BauNVO1968 §§ 15 I 2, 16 II 2 Nr. 3, 18 BauNVO 1969 Art. 2 V 1 107 I Nr. 1, IV 1 § 113 Abs. 1 VwGO § 18 BauNVO 1968 § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO § 15 Abs. 1 BauNVO Schlagworte: Bauantrag, Baugenehmigung, Bebauungsplan, Festsetzungen, Nachbarschutz, Dachform, Flachdach, Flachdachbungalow, Unzulässigkeit von Dachterrassen, Interessenausgleich, Rücksichtslosigkeit Entscheidungsgründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München 15 B 13.2414 Im Namen des Volkes Urteil vom 24. November 2015 (VG Augsburg, Entscheidung vom 11. Juli 2013, Az.: Au 5 K 12.866) 15. Senat P.-M., als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Sachgebietsschlüssel: 920 Hauptpunkte: Zwingende Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse (eines); Zwingende Festsetzung der Dachform (Flachdach); Haustyp Flachdachbungalow ohne Dachaufbau; Unzulässigkeit von Dachterrassen; Nachbarschutz durch abschließenden, wechselseitigen Interessenausgleich im Bebauungsplan; Rücksichtslosigkeit infolge neuer Einsichtsmöglichkeiten, die nicht adäquate Folge der vorgegebenen baulichen Nutzungsmöglichkeiten sind; Rechtsquellen: In der Verwaltungsstreitsache 1. ..., 2. ..., gegen Freistaat Bayern, vertreten durch die Landesanwaltschaft Bayern, Ludwigstr. 23, 80539 München, - Beklagter beigeladen: ... bevollmächtigt: Rechtsanwälte ... wegen Baugenehmigung, hier: Berufung der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. Juli 2013, erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Müller, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Gänslmayer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schweinoch aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2015 folgendes Urteil: I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. Juli 2013 wird geändert. Die Baugenehmigung des Landratsamts Augsburg vom 29. Mai 2012 wird aufgehoben. II. Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten. IV. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand: 1 Die Kläger wenden sich gegen eine Baugenehmigung des Beklagten vom 29. Mai 2012 für die Errichtung einer Dachterrasse mit Außentreppe auf dem südlich benachbarten Grundstück der Beigeladenen (Fl. Nr. 1270/3 Gemarkung S.). 2 Auf beiden Grundstücken wurden, ebenso wie auf 28 weiteren Bauflächen im Geltungsbereich des am 14. Mai 1971 öffentlich bekannt gemachten, ein reines Wohngebiet festsetzenden Bebauungsplans „Am K.“, den §§ 4 und 7 Abs. 1 dieser Satzung entsprechend, rund 3,20 m hohe, eingeschossige Flachdachbungalows errichtet. Der hier maßgebliche, nahezu rechteckige Planbereich wird vom R.-weg im Osten, der K.-straße im Süden und der G.-straße im Norden umgrenzt und ist vom in Nord-Süd-Richtung verlaufenden R.-weg aus in Richtung Westen gemessen bis zu 86 m breit. Die Größe der Grundstücke in diesem Areal reicht von rund 300 qm bis knapp 800 qm. Das Gelände steigt in dem beschriebenen Umgriff von Ost nach West um gut zwei Meter an. Bis auf zwei schräg nach Süden ausgerichtete Sonnenkollektoren-Elemente auf dem Haus Nr. 12 befinden sich in dieser Umgebung, von Rauchgaskaminen und Belichtungskuppeln abgesehen, keine über die mit Kies bedeckten Dachflächen der Hauptgebäude hinausreichenden Dachaufbauten. 3 Im Jahr 2011 wurde an der Westseite des auf dem Baugrundstück befindlichen Bungalows eine Außentreppe in Spindelform errichtet und auf dem Dach ein circa 25 qm großer Bereich mit Platten belegt, um ihn als Dachterrasse nutzen zu können. Nach einer Baukontrolle reichte die Beigeladene Ende Januar 2012 einen Bauantrag ein, den der Beklagte mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid genehmigte. Die Bauvorlage zeigt eine auf der Westhälfte des Flachdachs mittig angeordnete Terrassen-Hauptfläche von 4,50 m mal 4,50 m, an die sich nach Südwesten, zur Spindeltreppe hin versetzt, ein kleinerer, etwa 2,00 m mal 2,80 m messender Teil anschließt. Um die gesamte Fläche herum soll ein abbaubares, 0,90 m hohes Metallgeländer errichtet werden, dessen senkrechte Stäbe - von Mitte zu Mitte - jeweils einen Abstand von 0,12 m aufweisen. 4 Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 11. Juli 2013 ab. Ob das Vorhaben in Widerspruch zum Bebauungsplan stehe, könne letztlich dahinstehen, denn die zum Maß der Nutzung und zur Dachform getroffenen Festsetzungen vermittelten regelmäßig keinen Nachbarschutz. Für eine diesen Maßgaben seitens der Plangeberin ausnahmsweise beigelegte drittschützende Wirkung fehlten zureichende Anhaltspunkte. Das Vorhaben sei auch nicht rücksichtslos. Das Rücksichtnahmegebot gebe den Nachbarn nicht das Recht, vor jeglichen Einblicken verschont zu bleiben. Im dicht bebauten innerstädtischen Bereich, der sich vorliegend als besonders kleinteilig darstelle, seinen gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten nahezu unvermeidlich. 5 Im Berufungsverfahren verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und beantragen, 6 die Baugenehmigung des Beklagten vom 29. Mai 2012 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 22. Juli 2013 aufzuheben. 7 Die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Zahl der Vollgeschosse und zur Dachform seien nachbarschützend, was sich aus ihrer Auslegung unter Berücksichtigung der Planbegründung und weiterer Umstände ergäbe. Die mit den genannten Festsetzungen verbundenen Beschränkungen der Planbetroffenen dienten auch der gegenseitigen Absicherung der nach der Begründung zum Bebauungsplan gegebenen guten Wohnlage am Osthang. Bestätigt werde diese Zielsetzung durch das bewusste Festhalten der Stadt an diesen Festsetzungen im fraglichen Bereich, obwohl mehrfach Änderungswünsche an sie herangetragen worden seien. 8 Daneben sei das Rücksichtnahmegebot verletzt, da von der Dachterrasse aus das gesamte Wohnzimmer der Kläger, der Flur bis zur Haustür, weitere Aufenthaltsräume und der gesamte rückwärtige Gartenbereich der Kläger „von oben herab“ eingesehen werden könnten. Dieses Maß an Einsichtsmöglichkeiten überschreite die Grenze des Zumutbaren. Mit der durch das Vorhaben eröffneten qualifizierten Einsehbarkeit, die den sozialen Wohnfrieden erheblich stören könne, müsse hier gerade nicht gerechnet werden. 9 Der Beklagte beantragt, 10 die Berufung der Kläger zurückzuweisen. 11 Auch aus den Vorgängen zu Umfragen der Stadt aus den Jahren 1987 bis 1989 zu Möglichkeiten der Dachgestaltung im Plangebiet ergebe sich nicht, dass die ursprünglichen Festsetzungen auch zum Zweck des Nachbarschutzes getroffen worden seien. Selbst wenn in diesem Zusammenhang einzelne Eigentümer auf ihre freie Aussicht als schutzwürdigen Belang hingewiesen hätten, belege dies nicht, dass die Stadt seinerzeit drittschützende Festsetzungen habe treffen wollen. Bei den gegebenen Größe- und Lageverhältnissen sei das Maß des für die Nachbarn Zumutbaren nicht überschritten. 12 Die Beigeladene beantragt, 13 die Berufung zurückzuweisen. 14 Regelungen zu Dachterrassen enthalte der Bebauungsplan nicht. Die Begründung zum Plan ziele nur darauf ab, den Gebietscharakter störende Nutzungen aus dem Plangebiet fernzuhalten. Über die festgesetzte Art der Nutzung hinaus vermittle der Plan keinen Drittschutz. Wegen der fehlenden Rücksichtslosigkeit sei auf das erstinstanzliche Urteil zu verweisen. 15 Wegen der weiteren Einzelheiten und des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Entscheidungsgründe: 16 Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Baugenehmigung vom 29. Mai 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in eigenen Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO. 17 1. Das bereits verwirklichte Vorhaben widerspricht dem Haustyp, den der am 14. Mai 1971 öffentlich bekannt gemachte Bebauungsplan „Am K.“ in der Fassung vom 9. Juni 1969, geändert am 5. Dezember 1969, für das Plangebiet verbindlich vorgeschrieben hat. Die Auslegung des Planexemplars und der Begründung zum Bebauungsplan sowie eine zu den Akten gelangte Äußerung des ersten Bürgermeisters vom 9. Dezember 1969 führen dazu, dass sich die Planbetroffenen untereinander auf die Einhaltung dieses Haustyps berufen können. 18 Der Bebauungsplan setzt in seinem hier maßgeblichen Geltungsbereich, der westlich des R.-wegs liegt, im Norden durch die G.-straße und im Süden durch die K.-straße begrenzt ist und aktuell 30 seit längerem bebaute und zwei unbebaute Grundstücke umfasst, ein reines Wohngebiet fest. Dazu treten die zwingende Begrenzung der Zahl der Vollgeschosse auf eines (vgl. neben der Planzeichnung auch § 4 des Textes der Satzung) und die weitere Festsetzung, dass für die Hauptgebäude nur Flachdächer zulässig sind (vgl. auch § 7 Abs. 1 des Textes). Die Begründung zum Bebauungsplan führt aus, dass die Nachfrage nach Wohnbauflächen in der nahe bei der Stadt Augsburg gelegenen Gemeinde sehr groß sei und für das - in seiner Ursprungsfassung annähernd doppelt so große - Plangebiet viele Bauanträge vorlägen. Wegen der guten Wohnlage (Osthang) werde das Gebiet als reines Wohngebiet ausgewiesen; es seien nur erdgeschossige Bebauung, Kettenhäuser und Einzelhäuser mit Flachdach zulässig. In einem während des Aufstellungsverfahrens an einen Einwender gerichteten Schreiben vom 9. Dezember 1969 führte der erste Bürgermeister zu den letztgenannten Festsetzungen aus, dass mit Rücksicht auf die Geländeform eine andere Bebauung nicht zugelassen werden könne; insbesondere dürfe der Ausblick in das Wertachtal und nach Augsburg nicht durch Dachaufbauten genommen werden. Zweigeschossigen Wohnhäusern mit Dachaufbauten könne daher nicht zugestimmt werden. 19 Die das Maß der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BBauG 1960, § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, § 18 BauNVO 1968, Art. 2 Abs. 5 Satz 1 BayBO 1969) und die Dachgestaltung (§ 9 Abs. 2 BBauG 1960, Art. 107 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 BayBO 1969) betreffenden Vorgaben beanspruchen ausnahmslose Gültigkeit. Der Bebauungsplan hat damit einen eingeschossigen, flach gedeckten Haustyp ohne Dachaufbauten entworfen und für verbindlich erklärt, an den die Planbetroffenen einerseits - ihre Baufreiheit einschränkend gebunden sind. Nicht zuletzt aber deshalb, weil der Bebauungsplan bewusst keine Ausnahmen von seinen zur Höhenentwicklung wie auch zur Baugestaltung festgesetzten Maßgaben vorgesehen hat (vgl. dazu: OVG NRW, U. v. 3.5.2007 - 7 A 2364/06 - BauR 2007, 1560 = juris Rn.51; U. v. 12.12.1991 - 7 A 172/89 juris Rn. 11 f.), liegt es nahe, dass dadurch auch ein abschließender Ausgleich der Interessen und Bauwünsche der Eigentümer im Plangebiet bewirkt werden sollte. Die strikte Einhaltung dieses deutlich hervorgehobenen Grundzugs der Planung liegt damit hier nicht allein im öffentlichen Interesse, sondern dient zugleich dem Interesse der Nachbarn am Fortbestand ihrer „guten Wohnlage“ am Osthang. Diese vermittelt auch - obgleich nicht von jedem, so aber doch von einer mehr als nur ganz geringfügigen Anzahl der Baugrundstücke aus - Ausblicke über das Wertachtal bis in das nahe gelegene Augsburg. Die Festsetzung des Bungalow-Haustyps dient deshalb in diesem besonders gelagerten Fall auch dem Nachbarschutz. 20 Einen Beleg für die Richtigkeit dieser Auslegung liefert der Umstand, dass die eingeschossige Flachdachbauweise ohne Dachaufbauten in den letzten vierzig Jahren einheitlich durchgehalten worden ist. Außer zwei haustechnischen Anlagen (schräg aufgestellte Sonnenkollektoren) finden sich - von Rauchgaskaminen abgesehen - keine die Flachdächer nennenswert überragenden Aufbauten. Das streitige Vorhaben ist das erste, das die bisher strikt ebenerdige Wohnnutzung um eine neue, zweite Ebene erweitern würde (vgl. ThürOVG, U. v. 26.2.2002 - 1 KO 305/99 - BRS 65 Nr. 130 = juris Rn. 36). Dass dies nicht den Intentionen des Bebauungsplans entspricht, ist demgegenüber seit mittlerweile mehr als vier Jahrzehnten „gelebte Überzeugung“ im Plangebiet. 21 Der Beklagte und die Beigeladene vertreten die Auffassung, das Vorhaben stehe nicht in Widerspruch zu einzelnen Festsetzungen des Bebauungsplans. Nachdem kein weiteres Vollgeschoss entstehe, werde die zwingende Festsetzung nur eines Vollgeschosses im Bebauungsplan nicht berührt. Da die Grundform des vorhandenen Flachdachs keine Wesensveränderung erfahre, könne das Vorhaben dieser Anforderung des Bebauungsplans an die Gestaltung der Hauptgebäude ebenfalls nicht widersprechen. 22 Diese Argumentation überzeugt nicht. Aus den zur Bestimmung des Inhalts der einschlägigen Festsetzungen des Bebauungsplans vorhandenen Unterlagen geht hervor, dass mit der Beschreibung eines allein zulässigen Haustyps - nämlich des eingeschossigen Flachdachbungalows ohne Dachaufbauten - das Verbot jeglicher (Wohn-)Nutzung auf den Dächern verbunden sein sollte. Die Unzulässigkeit der Errichtung von Dachaufbauten, wie beispielsweise der streitgegenständlichen Terrasse, ist zwar weder in der Legende zu den Planzeichen noch im Text der Satzung ausdrücklich angesprochen. Der Wille zum Ausschluss solcher Anlagen wird allerdings in den gleichzeitigen und zwingenden Festsetzungen zur Höchstzahl der Vollgeschosse und der damit verbunden Dachform im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans ausreichend deutlich verlautbart. Es kann keine Rede davon sein, dass Flachdächer als solche generell für beliebige darauf stattfindende weitere Nutzungen offen stünden, zumal wenn diese - wie hier - der eigentlichen Funktion des Daches als oberem Abschluss eines Gebäudes widersprechen. Mit dem auf diese Weise im Plangebiet entstehenden einheitlichen Erscheinungsbild strikt eingeschossiger Wohnhäuser ist die Errichtung mit Absturzsicherungen eingefriedeter und zweckentsprechend möblierter Terrassen an beliebigen Standorten auf den jeweiligen Dächern deshalb auch rein optisch unvereinbar. Bestätigt wird dieser Befund durch die bereits zitierte Äußerung des ersten Bürgermeisters vom 9. Dezember 1969, dass nach dem Willen der Satzungsgeberin die Zulassung jeglicher Dachaufbauten ausscheide. Der damit festgestellte Inhalt der planerischen Festsetzungen würde sinnentstellend konterkariert, wenn man die Zulässigkeit des streitigen Vorhabens allein an eigens für diese Beurteilung voneinander getrennt betrachteten Einzelfestsetzungen des Bebauungsplans messen wollte. Deswegen kommt es weder darauf an, dass hier kein neues Geschoss entstehen soll, noch ist es - isoliert betrachtet - von Belang, dass das Flachdach als solches erhalten bleibt. Das Vorhaben steht im Widerspruch zu dem festgesetzten Haustyp „Flachdachbungalow ohne Dachaufbau“. 23 Den Klägern steht danach ein von individuellen Beeinträchtigungen unabhängiger Anspruch darauf zu, dass in ihrer Nachbarschaft im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Am K.“ keine Nutzung der Dachfläche zu Wohnzwecken genehmigt wird. 24 2. Daneben erweist sich das streitige Vorhaben als rücksichtslos, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, weil von ihm Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst unzumutbar sind. Die in diesem Zusammenhang erforderliche Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls (BVerwG, B. v. 10.1.2013 - 4 B 48/12 - juris Rn. 7) ergibt das nachfolgende Bild. 25 Die Eigenart eines in einem konkreten Bebauungsplan festgesetzten einzelnen Baugebiets im Sinn des § 15 Abs. 1 BauNVO ergibt sich nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO. Sie lässt sich vielmehr abschließend erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde, soweit dieser in den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden (BVerwG, U. v. 4.5.1988 - 4 C 34/86 - BVerwGE 79, 309 = juris Rn. 21). 26 Die danach zu bestimmende Eigenart des Baugebiets ist oben unter 1. näher beschrieben. Die zwingende eingeschossige Flachdachbauweise wirkt sich maßgeblich auf die Bestimmung dessen aus, was den Planbetroffenen im Einzelfall an Belästigungen oder Störungen zugemutet werden kann. Das gilt umso mehr, wenn ein Vorhaben - wie hier - den vom Bebauungsplan abgesteckten Zulässigkeitsrahmen nur auf der Erdgeschossebene stattfindender Wohnnutzung verlässt. Mit der Verwirklichung eines solchen Vorhabens muss im Plangebiet niemand rechnen. Hier muss keiner der Planbetroffenen davon ausgehen, dass in sein Grundstück und in sein Wohnhaus von einer benachbarten Dachterrasse aus „von oben herab“ Einblick genommen wird. Diese neuen Einsichtsmöglichkeiten sind im vorliegenden Fall nicht die adäquate Folge der gegebenen baulichen Nutzungsmöglichkeiten und führen zu einer einseitigen und unzumutbaren Belastung der Nachbarn (vgl. ThürOVG, U. v. 26.2.2002 - 1 KO 305/99 - BRS 65 Nr. 130 = juris Rn. 43). Hier fällt zusätzlich ins Gewicht, dass gerade die nach Süden ausgerichtete Seite des Wohnhauses und der im Südwesten davon gelegene Terrassen- und Gartenbereich der Kläger von den angesprochenen Einsehbarkeiten betroffen sind. 27 3. Kosten: § 154 Abs. 1, Abs. 3 Halbs. 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. 28 Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO. 29 4. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Rechtsmittelbelehrung 30 Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden. 31 Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. 32 Beschluss: 33 Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.500, - Euro festgesetzt. 34 Gründe: 35 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG und berücksichtigt Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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