Tagung der Sektion Kultursoziologie in der DGS Zum Verhältnis von Empirie und kultursoziologischer Theoriebildung 30.09. – 02.10.2015, Universität Leipzig Die Analyse von kulturellen Klimawandelnarrativen im Rahmen kultursoziologischer Theoriebildung Annika Arnold (Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung, Universität Stuttgart) Abstract Das Paper skizziert und diskutiert einen kultursoziologischen Ansatz zur Analyse von Klimawandelnarrativen. Auf der Grundlage qualitativer Interviews wird eine Vorgehensweise zur Narrationsanalyse dargestellt, die sich insbesondere an kultursoziologischen Vorarbeiten, aber auch an Literaturtheorie und Narrationstheorie orientiert (Richardson 2007; Smith 2005; Labov und Waletzky 1997). Traditionell ist das Konzept von Narrativen in der qualitativen Biographieforschung (Jovchelovitch 2000; Schütze 1983) zu finden, seit einiger Zeit hält es u.a. aber auch Einzug in die kultursoziologische Forschung (Osbaldiston 2010; Lamont 2000). In diesem Zusammenhang fungieren Narrative jedoch weniger als Vehikel für die individuelle Lebensgeschichte des Befragten, sondern als gesellschaftliche Meta-Narrative, die es erlauben, die Bedeutung gesellschaftlicher Phänomene genuin kulturell nachzuvollziehen und Erklärungsmuster zu entwickeln. Dennoch fehlt bisher ein umfassender systematischer Ansatz zum Umgang mit Narrativen in diesen Arbeiten. Die vorliegende Studie adressiert diese Lücke kultursoziologischer Forschung, indem Narrative auf drei Ebenen untersucht werden: structure, content und form. Durch die Differenzierung dieser drei Sphären können die einzelnen Elemente (Charaktere, Hauptmotiv, etc.) zunächst unabhängig voneinander betrachtet und anschließend in Relation zueinander gebracht werden. Die Studie basiert auf der Analyse qualitativer Interviews mit Climate Change Advocates, d.h. Personen, die sich beruflich oder privat für Klimaschutz und Klimaanpassung engagieren. In diesen Experteninterviews, geführt in Deutschland und den USA, werden insgesamt 7 Narrative identifiziert (narrative of economy, narrative of history and responsibility, narrative of solidarity and humanity, etc.), die sich in sowohl in ihren Erzählmotiven als auch im Verhältnis der Charaktere zueinander unterscheiden. Der in diesem Dissertationsprojekt entwickelte Ansatz berücksichtigt die basale Prämisse von Kultursoziologie, wonach Kultur nicht rein als Gegenstand empirischer Forschung betrachtet wird, sondern in sich eine unabhängige Variable im sozialen Gefüge darstellt (Alexander und Smith 2003). Die kultursoziologische Konzeptualisierung von Narrativen mit Anwendung auf ein sozio-kulturelles Phänomen, in diesem Fall die Aushandlung des Problems Klimawandel im gesellschaftlichen Diskurs, ermöglicht einen analytischen Blick auf das Verhältnis zwischen kultursoziologischer Theoriebildung und Empirie. 1 Annika Arnold (ZIRIUS) Analyse kultureller Narrative Literatur Alexander, Jeffrey C., und Philip Smith. 2003. The strong program in cultural sociology: elements of a structural hermeneutics. In The meanings of social life. A cultural sociology, Hrsg. Jeffrey C. Alexander, 11-26. Oxford; New York: Oxford University Press. Jovchelovitch, Sandra und Martin W. Bauer. 2000. Narrative interviewing. In Qualtitative researching with text, image and sound, Hrsg. Martin W. Bauer und George Gaskell, 57.74. London: Sage Publications. Labov, William und J. Waletzky. 1997. Narrative analysis: oral versions of personal experience. Journal of Narrative and Life History 7:3-38. Lamont, Michèle. 2000. The dignity of working men. Cambridge: Harvard University Press. Osbaldiston, Nicholas. 2010. What role can cultural sociology play in climate change adaptation? Report from the National Climate Change Adaptation Research Facility Conference 2010. Cultural Fields. Newsletter of the TASA Cultural Sociology Thematic Group: 6-7. Richardson, Brian. 2007. Drama and narrative. In The Cambridge companion to narrative, Hrsg. David Herman, 143-155. Cambridge: Cambridge University Press. Schütze, Fritz. 1983. Biographieforschung und narratives Interview. Neue Praxis 13: 183-193. Smith, Philip. 2005. Why war? The cultural logic of Iraq, the Gulf War, and Suez. Chicago: University of Chicago Press. Kontakt: Annika Arnold, M.A. Universität Stuttgart - ZIRIUS Seidenstraße 36, 70174 Stuttgart [email protected] +49 711 685 839 44 2
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