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Baiersbronn: Betörende Melodien mit Hypnoseeffekt - Baiersbronn - Schwarzwälder Bote
26.05.15 15:43
Baiersbronn
Betörende Melodien mit
Hypnoseeffekt
Schwarzwälder-Bote, 19.05.2015 18:51 Uhr
Ein großes Brett, darauf 40 Stielgläser. Mehr braucht eine Künstlerin wie Susanne Würmell
nicht, um ein Publikum per Fingerstreich zu bannen. Foto: Eberhardt Foto: SchwarzwälderBote
Von Tina Eberhardt
Baiersbronn-Buhlbach. Ein Brett voller Kristallkelche, zwei kreative Künstler
und ein völlig betörtes Publikum. Das Experiment mit besonderem Programm
an besonderem Ort ist beim Schwarzwald Musikfestival geglückt – mit einer
Glasharfe in der Glashütte Buhlbach.
Auf 40 Stielgläsern lässt sich mit der entsprechenden Fingerfertigkeit offenbar
alles machen: betörende Melodien mit Hypnoseeffekt oder ein Tango, der
selbst nach anderthalb Stunden Zuhörens noch eine solche Spannung
verbreitet, dass das Publikum wie an der Schnur gezogen gen Bühne lehnt.
Dabei sah die Bühnenausstattung des Programms "Rübezahl und Glasharfe"
ziemlich unspektakulär aus. Neben dem Satz Gläser noch ein Tischchen für den
Erzähler – das war’s. Mehr brauchten Glasharfenistin Susanne Würmell und
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Erzähler Henning Westphal auch nicht, um für die komplette Programmdauer
Totenstille in der Glashütte einziehen zu lassen – durchbrochen nur, wenn die
Zuhörer nach einer Musikeinlage wieder bewundernd die Luft durch die Zähne
einzogen.
Mit der Glashütte Buhlbach war ja auch der perfekte Ort für diese Art von
Programm gegeben. Vor dem Fenster pfiffen noch die Vögel, drinnen rahmte
die auf Glastafeln gemalte Geschichte des Spielorts das Geschehen ein, ergänzt
von den ehrenamtlichen Helfern des Kulturparks, die sich in historischer Tracht
um die Gäste kümmerten. Diese waren sichtlich gespannt, als Susanne
Würmell, ihr großes Glastablett auf der Schulter balancierend, die Bühne
betrat. Klänge wie Flöten und Orgelpfeifen, Kirchenglocken und Chöre stiegen
dort binnen Sekunden unter Würmells Fingern empor.
Ohr und Geist mussten mit diesem unerwarteten, feinen und zugleich gewaltig
klingenden Ansturm auf die Sinne erst einmal zurechtkommen. Mit einer
ruhigen, aber sehr dynamischen Erzählerstimme fing Henning Westphal die
verwirrten Sinne wieder ein; holte sie in die Geschichte von Rübezahl, die
bodenständig und fassbar war. Nach dem Ende des Programms blieb die Frage,
ob so ähnlich auch die Rezeptur des Rattenfängers von Hameln war. In
Buhlbach wären die betörten Zuhörer den beiden Künstlern wohl willig zur Tür
hinaus und überallhin gefolgt. Susanne Würmell und Hennig Westphal
harmonierten prächtig miteinander auf der Bühne. Beide verfügen über ein
erdverbunden wirkendes Charisma, das die perfekte Ergänzung für das
ungewöhnliche Kunstprogramm lieferte. Mit eindringlicher, aber nie
aufdringlicher Dramaturgie erzählte Henning Westphal die Geschichte des
armen Glashändler-Ehepaares Steffen und Ilse, die – jeder für sich – eine
Lektion des Berggeists Rübezahl erteilt bekamen. Am Schluss stand ein HappyEnd, dazwischen – wie es sich für eine Erzählung aus der Zeit der Aufklärung
gehört – diverse moralische Botschaften.
Susanne Würmell umrahmte die Erzählabschnitte mit zunehmend Staunen
machenden Musikeinlagen. Die hypnotischen, geheimnisvoll lockenden und
zugleich bedrohlich wirkenden Klänge, mit denen die Anrufungen des Berggeist
vertont wurden, passten noch ins Bild dessen, was sich der Kopf zum Stichwort
Glasharfe ausgemalt hat. Als Würmell aber unvermittelt in Mozarts Rondo Alla
Turca wechselte, drehten sich die Zuhörerköpfe ungläubig lächelnd zueinander.
Mit der Präzision eines Stabspielers zog Würmell die Töne aus den unscheinbar
aussehenden Kristallkelchen. Als einige Passagen später Edvard Griegs "In der
Halle des Bergkönigs" erklang, war die Faszination der Zuhörer gespannter
Neugierde gewichen. Was kann denn noch kommen? Südländische Rhythmen
mit Gitarrenunterstützung zum Beispiel. Oder – nach einem tosenden Applaus
des aus dem Bann gelösten Publikums – eine packende Version des Libertango,
an der vermutlich auch dessen Schöpfer Astor Piazolla wenig hätte auszusetzen
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gehabt.
"Ein Lob an das Publikum", meinte Henning Westphal am Ende der anderthalb
Stunden stiller Spannung im Saal. "Das war eine lange Zeit, die Sie
durchgehalten haben." Lange Zeit? Auch darüber konnten viele im Publikum
nur lächelnd den Kopf schütteln. Man wäre noch viel länger sitzen geblieben,
meinte mancher im anschließenden Gespräch. Die künstlerische Hypnose hatte
offensichtlich durchschlagende Wirkung.
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