Stuttgarter Erklärung - Bundeszahnärztekammer

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Position
Memorandum
Stuttgarter Erklärung des Vorstandes der BZÄK
Bundeszahnärztekammer, Juli 2015
Stuttgarter Erklärung des Vorstandes der BZÄK
Präambel
Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) vertritt die gesundheits- und professionspolitischen
Interessen des zahnärztlichen Berufsstandes. Dabei ist sie dem Gemeinwohl
verpflichtet. Ihr oberstes Ziel ist der Einsatz für ein freiheitliches, zukunftsorientiertes
Gesundheitswesen. Sie fördert eine fortschrittliche, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen
basierende Zahnheilkunde, die den Patienten in den Mittelpunkt stellt. Die Bundeszahnärztekammer als Dachverband der (Landes-) Zahnärztekammern ist damit mehr als die
Berufsvertretung der in Deutschland arbeitenden Zahnärzte.
Die (Landes-)Zahnärztekammern sind historisch als eine Rechtsform (Körperschaften
des öffentlichen Rechts) entstanden, die im staatlichen Auftrag, aber autonom, die Belange der Zahnärzte vertritt und gleichzeitig als Sachwalter des hohen Standards zum
Wohle der Patienten wirken. Diesen Auftrag setzen die Kammern verantwortlich um –
nach innen und nach außen. Da die Kammern dem Gemeinwohl verpflichtet sind,
wirken sie als Moderator zwischen unterschiedlichen Akteuren: In erster Linie zwischen
Zahnärzten und Patienten, aber auch der Öffentlichkeit und der Politik. Dabei agieren
sie innerhalb ethischer und gesellschaftlicher Herausforderungen. Dies stets mit dem
Fokus auf die beste zahnmedizinische Versorgung der Patienten.
Zur Gemeinwohlorientierung des zahnärztlichen Berufs gehört auch die
Selbstverpflichtung,
das
Aufgabenspektrum
der
Kammern
parallel
zu
gesellschaftspolitischen Herausforderungen weiterzuentwickeln. Ohne den besonderen
Beitrag der Zahnärztekammern wäre das konstitutive Vertrauensverhältnis zwischen
Zahnärzten und Patienten sowie der Öffentlichkeit nicht denkbar. Dies ist der
Ausgangspunkt ihres gesetzlichen Auftrages. Die Kammern sind die wichtigsten
Institutionen, um das Patientenwohl, die zahnärztliche Berufsausübung und die
gesellschaftlichen Herausforderungen in Einklang zu bringen.
Ihre Autonomie und den besonderen Anspruch müssen die Kammern nach innen und
nach außen immer wieder neu bestimmen. Neue gesellschaftliche und politische
Herausforderungen verlangen dies derzeit in besonderem Maße. Die Kammern müssen
nicht nur die aktuellen zahnmedizinischen Entwicklungen aufnehmen, sondern auch im
Hinblick auf ihren Gemeinwohlauftrag die gesellschaftlichen Entwicklungen aktiv
antizipieren.
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Auf ihrer Stuttgarter Klausurtagung hat die BZÄK unter anderem folgende
Herausforderungen ausgemacht, denen sie sich gemeinsam mit den (Landes-)
Zahnärztekammern auch in naher Zukunft verstärkt stellen muss:

Gemeinwohl- und Patientenorientierung müssen inhaltlich angepasst werden,
besonders in einer Zeit, in der einerseits der demografische Wandel die
Finanzierung von Gesundheitsdienstleistungen erheblich fordert und andererseits
Patienten mit stark gestiegenen Ansprüchen an Aufklärung, Information und
Versorgung zu beobachten sind.

Allen Zahnärzten selbst muss deutlich werden, dass ihre eigene Autonomie stark
vom autonomen Wirken der Kammer abhängt. Autonomie und Selbstkontrolle
gehen Hand in Hand!

Die „Deregulierungsstrategie“, die von Europa ausgeht, mündet in neuen
Regulierungen, die das freiberufliche Handeln in Frage stellen. Hierzu muss sich
die Kammer wie bisher klar positionieren.

Die Bundeszahnärztekammer versteht sich zunehmend als internes Netzwerk,
welches Aufgabenkooperationen unterschiedlicher Kammern und die
Vernetzung von Aufgaben einschließt. Dazu gehört auch eine klare
Verpflichtung, den gesetzlichen und gesellschaftlichen Auftrag zeitgemäß
umzusetzen.

Die Digitalisierung der Gesellschaft - insbesondere im Gesundheitswesen - ist ei-ne
große Herausforderung. Hier entstehen ganz neue Fragestellungen, nicht nur im
Umgang mit neuen gesundheitsbezogenen Daten, sondern auch im Hinblick auf
den Patientenschutz, und wie mit solchen Daten bzw. ihren Resultaten
umzugehen ist.
Die im Vorfeld der Stuttgarter Tagung eingerichteten Arbeitsgruppen zu ausgewählten
Themen haben sich bewährt. Weitere Themen werden vom Vorstand der BZÄK
bestimmt, um Soll- und Ist-Zustände zu identifizieren, an bestehenden Standards zu
arbeiten und bundeseinheitliche neue Standards zu setzen.
Die BZÄK und die (Landes-)Zahnärztekammern verpflichten sich selbst und ihre Mitglieder, den Gemeinwohlauftrag der Kammern nicht einfach fortzuschreiben, sondern
zu modernisieren. Als Körperschaft öffentlichen Rechts stehen die (Landes)Zahnärztekammern für unabhängige Interessenvertretung. In Teilen mögen bestimmte
Aufgaben auch von anderen Akteuren geleistet werden können, aber gerade diese
Form ist es, die das besondere Verhältnis von Zahnarzt und Patient in den Blick nimmt,
welches auf Vertrauen basiert und kein Kundenverhältnis darstellt.
Kammermitglieder nehmen an sich selbst wahr, dass ihre Kammern vor allem dazu da
sind, das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und ihren Patienten und damit den
gesellschaftspolitischen Auftrag zu schützen.
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Wer klug ist, führt gute Traditionen fort. Noch klüger ist, wer diese Traditionen an
aktuellen Veränderungen ausrichtet! Daran haben die BZÄK und die (Landes-)
Zahnärztekammern in Zukunft aktiv zu arbeiten und setzen einen internen Prozess in
Gang, der sich den Zukunftsthemen stellt. Dazu wird die BZÄK ein Beratungsgremium
einrichten, in dem weit über zahnärztliche Expertise hinaus Sachverstand
zusammengeführt wird, der gesellschaftliche Herausforderungen in die Perspektive der
Kammern übersetzt.
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