Bundesanstalt für Wasserbau Forschungskompendium

Bundesanstalt für Wasserbau
Forschungskompendium Verkehrswasserbau 2014
Filterstabilität grober Gesteinskörnungen
Netzplan-Nr.:
A39520470001
Projektleiter:
Dr.-Ing. J. Stein, Abteilung Geotechnik, Referat Erdbau und Uferschutz (G4)
E-Mail:
[email protected]
1 Problemdarstellung und Ziel
1.1 Ingenieurwissenschaftliche Fragestellung und Stand des Wissens
Eine Standard Bauweise zur Sicherung der Böschungsufer an den Bundeswasserstraßen ist die Schüttung loser Wasserbausteine auf einem Kornfilter. Um eine langfristige Deckwerksstabilität zu gewährleisten, muss die Körnungslinie des Kornfilters auf die Größe der Deckwerkssteine abgestimmt sein.
Der feinkörnigere Kornfilter darf nicht durch Kontakterosion in die Poren der Deckschicht eindringen.
Gleichzeitig muss er den darunter anstehenden Boden zurückhalten.
Die hydraulischen und mechanischen Vorgänge bei der Durchströmung der Deckwerke durch die
Wellenbelastung aus der Schifffahrt sind weitestgehend unbekannt und sollen mit diesem FuEVorhaben untersucht werden. Mit Hilfe der Erkenntnisse sollen die aus der Literatur bekannten Filterregeln auf sehr grobe Gesteinskörnungen erweitert oder ggf. neue Regeln formuliert und auf die Bemessung von Filterstufen für die Wasserbausteinklassen der TLW (2003) angewendet werden.
1.2 Bedeutung für die WSV
Die Deckwerke sind ein großes Anlagevermögen der WSV. Durch die Ergebnisse der Untersuchungen
soll die Bemessung der Deckwerke optimiert und die Unterhaltungsaufwendungen minimiert werden.
Mit den Untersuchungen können die Einflüsse der Schifffahrt auf die Deckwerke genauer bestimmt
werden. Die Entwicklung eines neuen und auf die groben Gesteinskörnungen angepassten Berechnungsansatzes zur Bemessung der Kornfilter gegen Kontakterosion führt zu einer sichereren und
wirtschaftlicheren Durchführung von Baumaßnahmen an den Bundeswasserstraßen.
1.3 Untersuchungsziel
Ziel der Untersuchungen ist die Erforschung der hydraulischen und mechanischen Prozesse in Filter
und Deckwerk an den Ufersicherungen der Binnenwasserstraßen. Im ersten Versuchsstadium soll
gezeigt werden, inwieweit in einem großmaßstäblichen Modellversuch mit einem realitätsnahen Deckwerk eine Abbildung der welleninduzierten Strömungsprozesse und Deckwerksverformungen möglich
ist. Darauf aufbauend sollen Filterregeln für sehr grobe Gesteinskörnungen entwickelt und auf die
Bemessung neuer Filterstufen für die neuen Wasserbausteinklassen der TLW (2003) angewendet
werden.
2 Untersuchungsmethoden
Zur Erfassung der komplexen Strömungsverhältnisse und der daraus resultierenden Deckwerksverformungen werden wirklichkeitsnahe Modellversuche auf dem BAW Gelände durchgeführt. Bei einem
Versuch wird ein Deckwerk bestehend aus Wasserbausteinen mit darunter liegendem Kornfilter in den
Probekasten eingebaut. Der Deckwerksaufbau entspricht einer Standardbauweise nach MAR (2008).
Dieser wird in einem Tauchbecken auf dem BAW Gelände zur Simulation der Strömungs- und Wellenbelastung mit Hilfe eines Mobilkrans zyklisch auf und ab bewegt. Beim Eintauchen und Ziehen des
Kastens werden der Filter und die Deckschicht durchströmt. Es wird sowohl filterstabiles als auch nicht
filterstabiles Material untersucht.
Zur Erfassung der periodischen Änderungen der Drücke und Strömungsgeschwindigkeiten ist das
Deckwerk in mehreren Ebenen mit Porendruckgebern, Erddruckkissen und Sonden zur Messung der
Strömungsgeschwindigkeit bestückt. Zur Begutachtung der Verformungen und Umlagerungen von
Filtermaterial und Wasserbausteinen kann der Kasten nach den Versuchen an zwei Seitenwänden
geöffnet werden. Zusätzlich hat er Sichtfenster zur Beobachtung von Umlagerungen an der Schicht-
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grenze zwischen dem Filter und den Wasserbausteinen während des Versuchs. Die Verformungen an
der Deckwerksoberfläche werden photogrammetrisch aufgenommen.
Für die Verifizierung der Messergebnisse sind Messungen in situ vorgesehen. Dafür kann der beschriebene Versuchskasten verwendet werden oder alternativ werden in ein Böschungsdeckwerk
Porendruckgeber eingebaut.
3 Ergebnisse
In 2014 wurden die im Tauchbecken der BAW durchgeführten Versuche ausgewertet. Bei allen Versuchen war ein 70 cm dickes Deckwerk aus 40 cm Wasserbausteinen CP 90/250, unterlagert von einer
30 cm dicken Filterschicht, eingebaut. Die Filterkörnungen wurden variiert (Splitt 2/16mm, Splitt
16/32 mm und Kies 2/63 mm). Bei jeder Versuchsserie wurde der Versuchskasten 100-mal zyklisch
eingetaucht. Nach festgelegten Intervallen wurden die Änderungen der Lagerungsdichten, die Oberflächensetzungen und die Eindringung des Filters in die Deckschicht bestimmt. Die Strömungsgeschwindigkeiten wurden kontinuierlich aufgezeichnet. Entsprechend sind die nachstehend beschriebenen Auswertungen in Verformungsbeobachtungen und Hydrodynamik unterteilt.
Verformungsbeobachtungen:
Für alle Versuche wurde die Filterstabilität berechnet. Beim Ausbau wurden vom Filter aus 3 Tiefenlagen Siebproben zur Bestimmung von Änderungen in der Kornverteilung entnommen. Tendenziell wird
das Material nach oben hin feinkörniger. Bei allen Versuchen konnte ein Materialtransport des Filters
in die Wasserbausteine beobachtet werden. Zusätzlich wurde eine Setzung der Oberfläche der Deckschicht gemessen.
Beim feinkörnigsten Filtermaterial Splitt 2/16 mm kam es zum Kollaps. Der Splitt filtrierte in die Matrix
der Wasserbausteine. Gleichzeitig sanken mit steigender Zyklenzahl die Wasserbausteine in die
Filterschicht. An den Kastenecken wurde das Material nach oben ausgespült. Das Verformungsverhalten bestehend aus Oberflächensetzungen, Filtereindringung und Änderung der Lagerungsdichte
wurde ausgewertet und grafisch dargestellt.
Hydrodynamik:
In Bild 1 ist beispielhaft ein Zyklus mit Eintauch-, Ruhe- und Auftauchphase an Hand der Messergebnisse der Tauchpegel, und Porendruckgeber sowie der Delft-Geschwindigkeitssonde dargestellt. Für
die Auswertung werden einzelne Messzyklen betrachtet und die Maxima ausgelesen. Über die Porosität wurden die mit der Delft-Sonde gemessenen Abstandsgeschwindigkeiten in Filtergeschwindigkeiten umgerechnet. Die Werte wurden mit Hilfe der Geschwindigkeitsmessungen der Flügelradsonden
und der aus den Porenwasserdruckmessungen berechneten Wasseranstiegsgeschwindigkeiten verifiziert. Zur Beschreibung des Strömungsverhaltens wurden Reynolds- und Froude-Zahlen bestimmt.
Der Strömungsgradient wurde mit Hilfe der gemessenen Porenwasserdrücke und Strömungsgeschwindigkeiten bestimmt und mit rechnerischen Ansätzen nach Forchheimer (Chang, 2001) und
Ergun (Herwig, 2008) verglichen.
Eine Parameterstudie mit Variation verschiedener physikalischer Parameter und Durchführung einer
Dimensionsanalyse zur Bestimmung von maßgebenden Einflussfaktoren ist in Arbeit. Auf Grundlage
der Auswertung der zeitlichen Änderung der Messergebnisse während der Belastungsfolge und Abgleich mit den Verformungen soll ein Erosionskriterium erstellt werden. Dafür wurden Kennwerte in
Anlehnung an das Shields-Diagramm bestimmt und dargestellt. Für die hier untersuchten Materialien
müssen die Grenzen für den Bewegungsbeginn des Sohlmaterials nach Shields (1936) neu ermittelt
werden.
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Bild 1:
Phasenverlauf eines Tauchvorgangs, Auslesen von Messdaten für Druck und Strömungsgeschwindigkeit
4 Arbeitsprogramm und Zeitplan
Um die Versuchsreihe abzuschließen werden weitere Versuche mit unterschiedlichen Materialen
durchgeführt. Es ist geplant zur Verifizierung der Messergebnisse Naturmessungen an einer Kanalstrecke heranzuziehen.
2015: - Durchführung weiterer Modellversuche
- Weitere Auswertung der Versuchsergebnisse und Erstellung eines Erosionskriteriums
- Ggf. Formulierung von weiterem Entwicklungsbedarf
- Erstellung eines Abschlussberichtes
Laufzeit des Vorhabens: 2011 bis 2015.
5 Literatur
Chang (2001): Experimentelle Untersuchung zur freien Konvektion an Rohren in einer Kies/Wasserschüttung
Herwig (2008): Strömungsmechanik: Einführung in die Physik von technischen Strömungen
Shields (1936): Anwendung der Ähnlichkeitsforschung auf Geschiebebewegung. Peußische Versuchsanstalt für Wasserbau und Schifffbau. Berlin 1936
TLW 2003: Technische Lieferbedingungen Wasserbausteine
6 Veröffentlichungen
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