BAUSTEIN 3 / THEMENEINHEIT 1 – Mediation als Methode der Konfliktlösung KURZE BESCHREIBUNG DER AKTIVITÄTEN In dieser Themeneinheit erwerben die Teilnehmer/innen grundlegende Fähigkeiten der Mediation – als eine Form der Konfliktlösung mit Hilfe einer dritten Person. Die Teilnehmer/innen lernen, was Mediation bedeutet und wie diese Methode angewendet werden kann. Das Erlernen von Basiskompetenzen der Mediation geschieht mit dem Ziel, die Eskalation von Konflikten zwischen Jugendlichen zu verhindern. Die Teilnehmer/innen werden erfahren, wie sie einen Mediationsprozess leiten können; sie werden lernen, beide Parteien anzuhören, und über ihre Interessen sowie mögliche Lösungen nachzudenken. Die Teilnehmer/innen werden so in der Lage sein, die Lösung von Konflikten zu unterstützen und die Eskalation von Konflikten zu verhindern, damit es nicht zu gewalttätigen Situationen kommt. KENNTNISSE FÄHIGKEITEN KOMPETENZEN Wissen darüber erwerben, was Mediation bedeutet, warum Mediation wichtig ist und wie der Mediationsprozess umgesetzt werden sollte. Das Gespräch führen, Regeln festlegen und einhalten, die Fähigkeit zum aktiven Zuhören trainieren, kreative Fähigkeiten der Lösungsfindung entwickeln und zu Vereinbarungen kommen. Die Haltung der Konfliktparteien besser verstehen, in der Lage sein, in einer Konfliktsituation zu sein und nicht darauf zu reagieren. In der Lage sein, die Interessen und Bedürfnisse, die hinter dem Konflikt stehen, wahrzunehmen. METHODIK Handwerkszeug und Methoden Eine Geschichte erzählen - Arbeitspapier Nr. 1 Power-Point-Präsentation “Prinzipien und Phasen der Mediation” - Arbeitspapier Nr. 2 Rollenspiel in Kleingruppen – Arbeitspapier Nr. 3 ARBEITSPAPIER Nr.1: Die Geschichte von der Orange Der/die Trainer/in beginnt mit der „Geschichte von der Orange“. “Es war einmal eine Mutter, die hatte zwei Töchter. Eines Tages begannen die beiden Töchter, sich um eine Orange zu streiten. Es gab nur eine einzige Orange und beide Töchter wollten sie unbedingt haben.“ Frage an die Gruppe: “Wie würdet ihr diesen Konflikt lösen?” Die typische Antwort der Gruppe lautet: “Die Orange in zwei Hälften teilen.” Die Antwort des/der Trainer/in: “In diesem Fall hatte die Mutter eine Mediationsausbildung absolviert und wusste, dass Konflikte am besten dann gelöst werden können, wenn man herausfindet, welche Interessen hinter der jeweiligen Position (“Ich will die Orange!”) stehen. Also fragte die Mutter ihre Töchter: „Warum wollt ihr die Orange haben?“. So stellte sich heraus, dass die eine Tochter den Saft der Orange trinken wollte, während die andere Tochter die Orangenschale zum Kuchenbacken haben wollte.” Selbstverständlich lassen sich im realen Leben nicht immer so einfache Lösungen finden. Aber wenn wir einen Konflikt lösen möchten oder helfen möchten, einen Konflikt zu lösen, dann sollten wir uns mit den Lösungen nicht beeilen, sondern zunächst zuhören, warum eine Position für die jeweiligen Seite wichtig ist, um dann nach kreativen Lösungen zu suchen. Das bedeutet, dass es in der Mediation möglich ist, die bestmögliche Lösung für die Bedürfnisse beider Konfliktparteien zu finden. ARBEITSPAPIER Nr. 2: Prinzipien und Phasen der Mediation Konflikte sind eine normale Erscheinungsform im Alltag. Sie unterscheiden sich von Gewalt. Trotzdem stellen ungelöste Konflikte die Grundlage für Gewalt dar – wenn Konflikte lange andauern und es keine Lösung gibt, können sie eskalieren und zu gewalttätigen Situationen führen. Deswegen ist es so wichtig, in einer Einrichtung Mediationsregeln zu etablieren und eine Atmosphäre herzustellen, in der auf allen Ebenen der Lösung von Konflikten große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Definition von Mediation: Mediation ist eine Methode der Konfliktlösung, bei der der Konflikt mit Hilfe einer dritten neutralen Person gelöst wird (Mediator/in). Zu den Prinzipien der Mediation gehört, dass Mediation freiwillig ist, der Prozess transparent ist, beide Parteien selbst eine Lösung finden und der Mediator während des gesamten Prozesses neutral bleibt. Die Neutralität des Mediators ist entscheidend, weil eine neutrale Haltung ausgewogene Machtverhältnisse während des Mediationsprozesses garantiert. Mediation ist in allen Dimensionen menschlicher Kommunikation weit verbreitet – beginnend mit Nachbarschaftskonflikten, Konflikten in der Schule bis hin zu Konflikten zwischen Ländern und Nationen. Der/die Mediator/in kann jede Person sein, die das Vertrauen beider Parteien genießt. Das kann ein/e Lehrer/in oder jemand aus der Jugendgruppe sein oder auch ältere Schüler/innen, die als Mediator/innen ausgebildet wurden. Mediation hat bestimmte Phasen und dieses Verfahren hilft dem/der Mediator/in und den beiden Parteien dabei, eine Lösung zu finden. Mediationsphasen 1. Phase: Verabredungen zum Mediationsprozess und Festlegung von Regeln Zu Beginn erklären sich alle drei – der/die Mediator/in und die beiden Parteien – damit einverstanden, eine Lösung für den Konflikt zu suchen. Die Teilnahme sollte freiwillig sein, auch wenn die Parteien dazu motiviert werden können, indem erläutert wird, dass Konflikte belastend sein können, wenn sie über einen langen Zeitraum nicht geklärt werden – und zwar sowohl für die beiden Parteien als auch für weitere Menschen, die in den Konflikt involviert sind. Der/die Mediator/in schlägt vor, das Gespräch zu führen und herauszufinden, ob es möglich ist, den Konflikt zu lösen. Wenn die Parteien einverstanden sind, ist es notwendig, Gesprächsregeln aufzustellen. So können beispielsweise beide Parteien Regeln wie dieser zustimmen: „Wir schreien uns nicht gegenseitig an, wir sind höflich zueinander etc.“ Die Regeln können am Flipchart schriftlich festgehalten werden. Wenn eine Partei gegen die Regeln verstößt, kann auf die schriftliche Vereinbarung verwiesen werden. 2. Phase: Darlegung des Konfliktes und der Positionen In dieser Phase erzählen die Parteien, worum es in dem Konflikt geht: „Was ist passiert? Wofür kämpfst du? Was forderst du?”. Hier können die Parteien die Entwicklungsgeschichte des Konfliktes schildern und darstellen, was sie erreichen möchten. 3. Phase: Öffnung der Interessen Das ist eine sehr wichtige Phase, weil beide Parteien von der jeweils anderen Seite hören können, warum es ihnen wichtig ist, eine bestimmte Position einzunehmen bzw. bestimmte Forderungen zu stellen. In unserem Beispiel: Wozu willst du die Orange haben? Warum ist das wichtig? Die Antworten können gesammelt und am Flipchart festgehalten werden, so dass die eine Seite die Interessen der anderen Seite sehen kann. Am Ende geht der/die Mediator/in die Punkte einzeln durch und fragt jede Partei, ob sie die Interessen der anderen Seite verstanden hat. Hier geht es nicht um Zustimmung, sondern nur um das Verständnis der Interessen der jeweils anderen Seite. Interessen sind in diesem Fall Bedürfnisse. Es kann hilfreich für den/die Mediator/in sein, in den Kategorien der Maslowschen Bedürfnispyramide zu denken, um die Jugendlichen zu verstehen, und die Bedürfnisse der beiden Parteien laut auszusprechen. In dieser Phase sollte der/die Mediator/in die Methode des aktiven Zuhörens anwenden, um beide Parteien zu unterstützen, sich auszudrücken, und ihnen zu helfen, dem jeweils Anderen zuzuhören und seine Beweggründe zu verstehen. Wenn diese Phase erfolgreich ist, sollte es nicht schwer sein, zu einer Lösung und zu Verabredungen zu kommen. 4. Phase: Lösungen finden In dieser Phase unterstützt der/die Mediator/in die Parteien dabei, gemeinsam zu einer Lösung zu kommen. Dies sollte in Form eines sehr kreativen Prozesses geschehen. Die Anregung, die der/die Mediator/in den beiden Parteien gibt, kann beispielsweise so aussehen: „Jetzt habt ihr beide die Interessen des jeweils Anderen gehört. Denkt bitte darüber nach, was ihr dem Anderen anbieten könnt, welche Lösungen es gibt. Sagt das, was euch spontan einfällt. Denkt bitte nicht darüber nach, ob eine Lösung klug oder ob sie möglich ist. Sagt einfach, was euch einfällt, auch wenn es euch verrückt erscheint.“ Der/die Mediator/in sammelt die Antworten. Das kann auf verschiedene Weise geschehen: Die Antworten können am Flipchart festgehalten werden, so dass im nächsten Schritt die beiden Parteien Punkte danach verteilen können, welche Antworten für sie Priorität haben. Auf diese Weise kann eine Lösung gefunden werden. Die Antworten können auch auf kleine Kärtchen geschrieben werden, die auf den Boden oder auf den Tisch gelegt werden. Die beiden Parteien nehmen abwechselnd das Kärtchen weg, das ihnen am wenigsten geeignet erscheint, so dass am Ende die für beide geeignetste Lösung übrig bleibt. 5. Phase: Vereinbarungen Dies ist die kürzeste Phase, wenn die vorherigen Phasen erfolgreich verlaufen sind. In dieser Phase stimmen die beiden Parteien der Lösung zu. Der/die Mediator/in kann beide Parteien herausfordern, indem er/sie nachfragt, ob die gefundene Lösung wirklich die beste ist und woher sie das wissen. Die beiden Parteien und der/die Mediator/in können außerdem ein Folgetreffen verabreden, bei dem nach einem zeitlichen Abstand geprüft wird, ob die Vereinbarungen eingehalten wurden. ARBEITSPAPIER Nr. 3: Prinzipien und Phasen der Mediation Die Gesamtgruppe wird in Kleingruppen von fünf Personen aufgeteilt. Anleitung der Kleingruppen: “Bitte denken Sie jeder an einen Konflikt an Ihrem Arbeitsplatz, mit dem Sie konfrontiert sind oder waren. Entscheiden Sie, welchen der Konflikte Sie für das Rollenspiel auswählen möchten. Bitte entscheiden Sie, wer jeweils die Parteien spielt und wer die Rolle des/der Mediator/in übernimmt. Zwei Teilnehmer/innen übernehmen die Beobachterrolle.“ Der/die Teilnehmer/in, dessen Konflikt in Szene gesetzt wird, gibt die Anweisungen. Anweisungen für die Parteien: „Bitte stellen Sie sich vor, dass Sie eine der beiden Konfliktparteien sind und spielen Sie die Rolle möglichst realistisch.“ Anweisungen für den/die Mediator/in: „Bitte folgen Sie den Mediationsphasen und versuchen Sie, den Konflikt zu mediieren. Es handelt sich um eine Übungssituation. Wenn Sie sich unsicher fühlen und Hilfe brauchen, können Sie das Gespräch unterbrechen und die Beobachter/innen um Hilfe bitten.“ Anweisungen für die Beobachter/innen: „Bitte beobachten Sie das Rollenspiel, geben Sie der/dem Mediator/in ein Feedback und nennen Sie danach einen Moment, in dem Sie Mediationsfähigkeiten wahrgenommen haben, und einen Wunsch, was Sie anders gemacht hätten. Seien Sie bereit, wenn der/die Mediator/in nach Unterstützung fragt.“ Zeit für das Rollenspiel: 30 min. Zeit für die Diskussion in der Kleingruppe: 15 min. Nach der Kleingruppenphase kommt die gesamte Gruppe wieder zusammen und diskutiert im Plenum.
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