Paul Schreyer: Wer regiert das Geld? – Banken

Paul Schreyer: Wer regiert das Geld? – Banken, Demokratie und Täuschung
Westend Verlag
Buchbesprechung
Eine der wichtigsten Prämissen unseres Wirtschaftssystems ist die Produktion von Geld, denn die
meisten wirtschaftlichen Handlungen werden in Geld abgerechnet. Paul Schreyer erklärt uns, wie
diese Prämisse heute lautet: Das elektronische Giralgeld, und damit ein Großteil des von uns
verwendeten Geldes, entsteht durch einen Buchungsvorgang der privaten Banken. Das verschafft
diesen Banken eine privilegierte Sonderstellung in unserem Wirtschaftssystem. Schreyer ergänzt die
Erklärung der Geldschöpfung mit interessanten Hinweisen auf die Bilanzierungstechniken der
Banken: Denn wenn Geld über einen Buchungsvorgang entsteht, muss die Geldschöpfung auch
irgendwo in den Bankbilanzen gerechtfertigt werden. Wer aber prüft und testiert Bankbilanzen? Es
sind weltweit vor allem vier große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften: KPMG, PwC, Deloitte und Ernst
Young, die weltweit auf einen Umsatz von mehr als 100 Mrd. $ kommen. Und nach welchen
Richtlinien testieren sie? Nach den IFRS-Richtlinien des IASB, des International Accounting Standard
Board. Aber: „Dieser Rat ist keine öffentliche Behörde, sondern eine private Organisation, bestehend
aus vierzehn Experten aus aller Herren Länder“, schreibt Paul Schreyer. „Das Problem ist systemisch:
Die Namen sind weitgehend austauschbar….Voneinander unabhängige, sich wechselseitig
kontrollierende Instanzen existieren kaum noch. Alle kennen sich, bezahlen sich, fördern sich…Die
große private Geldschöpfungs- und Wertschöpfungsmaschine im Inneren wird dabei streng
abgeschirmt und geschützt – durch falsche Bilanzrichtlinien, eine künstlich verkomplizierte
Buchhaltung sowie die Heerscharen von Aufsichtsbeamten, welche regelmäßig die Seiten wechselt.“
So viel zum aktuellen Zustand unseres Geld- und Finanzsystems. Dass das Problem nicht neu ist,
erläutert Schreyer durch einige interessante Kapitel, die sowohl der amerikanischen als auch der
deutschen Geldgeschichte gewidmet sind. In diesen Kapiteln wird dargestellt, dass historisch schon
immer ein Kampf zwischen den Befürwortern öffentlicher und privater Geldschöpfung stattgefunden
hat. Ein Kampf, den heute die privaten Geldschöpfer für sich entschieden haben: Heute gibt es eine
„informelle“ Regierung der nichtstaatlichen Finanzinstitutionen, wie sich zuletzt am Beispiel
Griechenland gezeigt hat:“Nationale Parlamente oder auch das EU-Parlament haben weiterhin nur
wenig Macht“, meint Schreyer. Deswegen stellt er am Schluss seines Buches Initiativen dar, die dafür
eintreten, dass Geld nicht mehr von den Banken, sondern von einer öffentlichen Institution
geschöpft/geschaffen wird. Als aussichtsreichstes Beispiel nennt er die Schweizer Vollgeld-Initiative,
denn dort kann das Volk selbst über das Geldsystem entscheiden. Ähnliche Gruppierungen gibt es
u.a. in Deutschland („Monetative“), England („positive money“) und den USA („American Monetary
Institute“). Die große Mehrheit unserer Bevölkerung, aber auch die meisten Politiker haben heute
aber leider zu wenig Ahnung davon, wie unser Geldsystem funktioniert. Dieses Buch ist ein wertvoller
Beitrag zur Aufklärung über dieses scheinbar so komplizierte System, das der Autor gut verständlich
zu erklären weiß. So kompliziert wie in vielen Lehrbüchern ist es eben doch nicht. Nur mit solcher
Aufklärung kann die dringend notwendige grundlegende Änderung des Geldsystems gelingen!
Klaus Karwat