so genügen sie den Anforderungen des BgH

Regress
PAK
FRISTENKALENDER
So genügen Sie den Anforderungen des BGH
| Wird auf eine versäumte Frist ein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt,
ist der BGH mit den Anwälten streng: Er stellt hohe Anforderungen an die
Organisation der Kanzlei. Der Anwalt muss sein Möglichstes tun, um Fehlerquellen bei Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen.
Dem kann er durch die Erstellung entsprechender Arbeitsanweisungen,
Zeitpläne und Checklisten sowie wiederkehrenden Belehrungen der Mitarbeiter über die Notwendigkeiten im Kanzleialltag Rechnung tragen. |
Die folgende Checkliste dient dazu als Arbeitshilfe. Von zentraler Bedeutung
ist aber, dass der Anwalt in einem Wiedereinsetzungsfall stets vorträgt, welche Maßnahmen er konkret getroffen hat, um die Fristversäumnis zu verhindern und, dass dem ohne sein Verschulden keine Rechnung getragen wurde.
CHECKLISTE 
BGH 26.2.15,
III ZB 55/14
Keine
Löschung
ohne Vorgang
BGH 26.2.15,
III ZB 55/14
Zuständigkeitsplan
BGH 27.1.15,
II ZB 23/13
PDF erstellt für Gast am 23.04.2016
Technischer
Ausfall I
BGH 27.1.15,
II ZB 21/13
Technischer
Ausfall II
Zu konkreten
Maßnahmen und
Verschulden
vortragen
/ Das sagt der BGH zur Führung des Fristenkalenders
Die gebotene Fristenkontrolle findet nicht statt, wenn die Fristenlöschung durch eine Bürokraft
erfolgt, der weder die Akte noch eine direkte Einzelanweisung des sachbearbeitenden Rechtsanwalts vorliegt. Die bloße Mitteilung einer anderen Bürokraft, die betreffende Frist solle
gelöscht werden, genügt als Grundlage für eine Fristenstreichung nicht.
Praxishinweis | Die Verpflichtung nur bei Vorliegen der Akte oder auf eine unmittelbare
Anweisung des Rechtsanwalts eine Frist zu verändern, muss in die Arbeitsanweisungen aufgenommen werden, über die regelmäßig – dokumentiert – zu belehren ist.
Für die Ausräumung eines Organisationsverschuldens des Rechtsanwalts muss eindeutig feststehen, welche Bürokraft zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils ausschließlich für die Fristenkontrolle zuständig ist.
Praxishinweis | Dem sollte der Rechtsanwalt durch einen Arbeits- und Zeitplan Rechnung
tragen, der zugleich auch klare Vertretungsregelungen vorsieht und insoweit keine Lücke lässt.
Ist der Zugriff auf einen ausschließlich elektronisch geführten Fristenkalender wegen eines
technischen Defekts einen ganzen Arbeitstag lang nicht möglich, kann es die Sorgfaltspflicht
des Rechtsanwalts in Fristensachen verlangen, dass die dem Rechtsanwalt vorliegenden
Handakten auf etwaige Fristabläufe hin kontrolliert werden.
Praxishinweis | Der Anwalt sollte mittels Arbeitsanweisung sicherstellen, dass ihm jeder Ausfall der EDV, der über einen zu bestimmenden Zeitraum hinaus andauert gemeldet wird. Sodann sollte eine Checkliste existieren, aus der hervorgeht, wie dem Abhilfe zu schaffen ist und
welche Maßnahmen zur Sicherung der Fristen zu treffen sind. Dazu gehört die Kontrolle der
Handakten. Empfehlen kann sich auch ein primärer Rückgriff auf die letzte Sicherungsdatei.
Ist der Zugriff auf einen ausschließlich elektronisch geführten Fristenkalender wegen eines
technischen Defekts vorübergehend nicht störungsfrei gewährleistet, kann die Sorgfaltspflicht
des Anwalts in Fristensachen die Umstellung auf eine manuelle Fristenkontrolle gebieten.
Merke | Der BGH stellt seit langem die elektronische Fristenverwaltung der manuellen gleich.
Die Anforderungen an die organisatorischen Vorkehrungen sind nicht unterschiedlich. Der
Rechtsanwalt muss deshalb auf Störungen in beiden Fristenkontrollsystemen sofort reagieren
und ggf. Sicherungen veranlassen. Generell kann es sinnvoll sein, zumindest die Notfristen
neben der elektronischen Verwaltung manuell zumindest zu notieren.
05-2015PROZESSRECHT
AKTIV
88
Regress
BGH 7.1.15,
IV ZB 14/04
Ausgangskontrolle – Brief
PAK
Vor dem Streichen der Frist muss sich die damit betraute Bürokraft anhand der Akten oder des
postfertigen Schriftsatzes vergewissern, dass zweifelsfrei nichts weiter zu veranlassen ist. Ferner
gehört dazu die Anordnung des Anwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Schriftsätzen
am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Dabei muss gewährleistet sein, dass diese erneut und abschließend prüft,
welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht
worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Schriftsätzen übereinstimmen.
Praxishinweis | An dieser Stelle hat der BGH die Arbeitsanweisung quasi selbst geschrieben.
Es wäre fahrlässig, wenn der Rechtsanwalt diese nicht übernimmt.
BGH 9.12.14,
VI ZB 42/13
Überprüfungspflicht
BGH 4.11.15,
VIII ZB 38/14
Keine
unsichtbaren
Altfristen
Zur wirksamen Ausgangskontrolle gehört auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten,
die gewährleistet, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden
Arbeitstags anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird.
Praxishinweis | Hier ist die Arbeitsanweisung gefordert. Der Anwalt tut gut daran, dabei ein
Vier-Augen-Prinzip zu pflegen. Zugleich wird gesichert, dass Bürokräfte Erfahrung sammeln und
Sorgfalt üben. Auf beides kann im Wiedereinsetzungsverfahren „als Plus“ hingewiesen werden.
Die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Anwaltsschriftsätze mittels Abgleichs
mit dem Fristenkalender dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen
noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben. Sie soll vielmehr auch gewährleisten, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht. Zu diesem Zweck sind Fristenkalender so zu führen, dass auch
eine gestrichene Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist. Das ist auch
bei einer elektronischen Kalenderführung erforderlich, denn sie darf keine hinter der manuellen Führung zurückbleibende Überprüfungssicherheit bieten.
Praxishinweis | Die Anforderungen des BGH an die elektronische Fristenverwaltung müssen
die Softwaredienstleister des Rechtsanwalts erfüllen. Diese sind unverzüglich um Auskunft zu
bitten, wie dem Rechnung getragen wird.
BGH 22.10.14,
XII ZB 257/14
Erkrankung
Auch bei unvorhergesehener Erkrankung muss ein Anwalt alle ihm dann noch möglichen und
zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergreifen. An einer schuldhaften Fristversäumung fehlt es nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden konnte; dies ist glaubhaft zu machen.
Praxishinweis | Für diesen Fall sollte der Anwalt standardisiert in einer Arbeitsanweisung anordnen, dass in allen Fristangelegenheiten unmittelbar ein Fristverlängerungsgesuch vorbereitet
und ihm zur Unterschrift vorgelegt wird. Soweit in Berufungsverfahren schon einmal eine Fristverlängerung gewährt wurde, ist zugleich anzuordnen, dass der Gegner unverzüglich gebeten
wird, einer weiteren Fristverlängerung wegen der Erkrankung zuzustimmen. Generell sollte der
Anwalt auch einen internen oder externen Vertreter haben, der Weiteres veranlassen kann.
BGH 16.10.14
VII ZB 15/14
PDF erstellt für Gast am 23.04.2016
Rückfragepflicht
Geht auf einen Fristverlängerungsantrag keine gerichtliche Mitteilung ein, muss sich der Prozessbevollmächtigte rechtzeitig über das wirkliche Ende der Frist – gegebenenfalls durch
Rückfrage bei Gericht – Gewissheit verschaffen.
Praxishinweis | Verzichten Sie darauf, um „stillschweigende“ Fristverlängerung zu bitten. Stattdessen empfiehlt es sich, um ausdrückliche Bestätigung nachsuchen. Fristverlängerungsgesuche
sollten in einer Liste geführt werden, die den Ausgang des Gesuchs, die zu wahrende Frist und den
Zeitpunkt für einen Kontrollanruf wiedergibt. Anruf und Auskunft über die Fristverlängerung sind so
zu dokumentieren, dass festgestellt werden kann, welche Bürokraft mit welcher Person bei Gericht
wann und wie gesprochen hat und welche Auskunft erteilt wurde. Gleichfalls sollte in der Arbeitsanweisung vorgesehen werden, dass bei Not- oder sonst nicht verlängerbaren Fristen mit dem
Kontrollanruf um eine sofortige Bestätigung der Fristverlängerung per Fax gebeten wird oder dass
widrigenfalls die mündliche Auskunft von der Bürokraft dem Gericht bestätigt wird.
05-2015PROZESSRECHT
AKTIV
89
Regress
BGH 25.9.14,
III ZR 47/14
Eigene
Handlungspflichten
BGH 27.8.14,
XII ZB 255/14
Ausgangskontrolle - Telefax
BGH 27.11.13,
XII ZB 116/13
Gegenkontrolle
PAK
Auch wenn der Rechtsanwalt (nach Eingang des Urteils in der Kanzlei) seine Angestellte im
Wege einer Einzelanweisung angehalten hat, die fehlerhaft eingetragene Frist zur Berufungsbegründung zu korrigieren, befreit ihn dies nicht davon, im Rahmen der Vorbereitung einer
Prozesshandlung (wie der Einlegung der Berufung) die Richtigkeit der Notierung der Berufungsbegründungsfrist eigenverantwortlich zu prüfen.
Praxishinweis | Die Arbeitsanweisung für den Rechtsanwalt bedeutet, dass nach dem Griff zur
Akte, die erste Frage dahin geht, ob eine Frist läuft, die zweite, wann sie endet und die dritte
Frage, ob beides richtig auf der Handakte notiert wurde.
Ein Rechtsanwalt genügt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender
Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax
anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige
Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden.
Praxishinweis | Um die tatsächliche Umsetzung einer solchen Arbeitsanweisung sicherzustellen, sollten Sie zugleich anweisen, dass die Ausführung der Kontrolle durch einen Haken an der
Seitenzahl dokumentiert wird. Dies gilt auch für die Prüfung der Telefax-Nr. des Gerichtes sowie
der Bestätigung, dass eine ordnungsgemäße Übertragung stattgefunden hat („OK“-Vermerk).
Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der
Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder
auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in alle geführten Fristenkalender eingetragen worden sind. Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisungen zur Berechnung und Notierung laufender Rechtsmittelfristen einschließlich deren Eintragung in den Fristenkalender eigenverantwortlich zu prüfen.
Praxishinweis | Tatsächlich ist ein Vier-Augen-Prinzip hilfreich. Während ein Mitarbeiter alle
Fristen einträgt, sollte ein weiterer, besonderes sorgfältiger Mitarbeiter mit der anschließenden Kontrolle beauftragt werden.
BGH 27.11.13,
III ZB 46/13
Postausgangsbuch
Wird zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags geltend gemacht, die fristwahrende Berufungsbegründung sei nach der Aufgabe zur Post verloren gegangen, kann ein Postausgangsbuch ein geeignetes Mittel sein, um die erforderliche Ausgangskontrolle zu gewährleisten. Das
ist aber nicht der Fall, wenn der Prozessbevollmächtigte die abzusendenden Schriftsätze erst
„nach Austrag“ (im Postausgangsbuch) kuvertiert und zum Versand (hier: zur Abholung durch
den Zustelldienst) bereithält, da dann keine zuverlässige Kontrolle möglich ist, ob die Absendung fristgerecht erfolgt ist.
PDF erstellt für Gast am 23.04.2016
Praxishinweis | Die Konsequenz dieser Entscheidung liegt auf der Hand: Es muss eine Anweisung existieren, dass die Austragung erst erfolgt, wenn die Post dem Postdienst übergeben wurde oder für diesen zur Abholung bereit gelegt wurde. Damit dies auch praktisch funktioniert,
muss die Nummer im Postausgangsbuch auf den Briefumschlag geschrieben werden, wenn
mehrere Schriftstücke an einen Adressaten gehen, etwa die örtlichen Gerichte. Da der Briefumschlag geschlossen ist, ist anderenfalls ja nicht feststellbar, welches konkrete Schriftstück übergeben wurde. Diese Verfahrensweise ist gleichfalls in die Arbeitsanweisung aufzunehmen.
BGH 12.9.13,
III ZB 7/13
Auszubildende
Die Faxübermittlung fristwahrender Schriftsätze darf einem Auszubildenden nur übertragen
werden, wenn dieser mit einer solchen Tätigkeit vertraut ist und eine regelmäßige Kontrolle
seiner Tätigkeit keine Beanstandungen ergeben hat.
Praxishinweis | Ein Auszubildender kann nur zur erfahrenen Fachkraft werden, wenn er auch
solch kritische Aufgaben wahrnimmt. Die Konsequenz der Entscheidung kann also nicht sein,
Auszubildenden keine Aufgaben der Fristenkontrolle zu übertragen. Vielmehr muss nur eine
hinreichende Kontrolle, ein Sechs-Augenprinzip installiert werden.
05-2015PROZESSRECHT
AKTIV
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