Musik mit Streichinstrumenten - Erich-Benjamin

Erich-Benjamin-Stiftung
Projekte für Kinder in psychischer Not
Projekt 2 – ein Pilotprojekt
Musik mit Streichinstrumenten
für depressive und suizidgefährdete Kinder
und Jugendliche
Empfänger:
Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapie der LudwigMaximilians-Universität München
Direktor: Professor Dr. Gerd Schulte-Körne
Hinweise für Förderer und Paten
Musik eignet sich in besonderer Intensität als Ausdrucksmittel – gerade für Menschen mit
kommunikativen Störungen oder Defiziten. Insbesondere für Kinder und Jugendliche, die sich
zurückziehen, mutlos, schwermütig oder verzweifelt sind. Es gehört zu diesem Krankheitsbild,
dass solche Patienten meist nicht in der Lage sind, ihren Leiden verbal Ausdruck zu verleihen.
Musik kann ihnen zum Artikulations- und Mitteilungs-Medium werden. Und damit zum
Therapeutikum mit individueller Wirkungskraft.
Rhythmus, Melodie und Harmonie sind zentrale Elemente der Musik. Als ihre Träger und
Vermittler haben die verfügbaren Instrumente spezifische Funktionen und Eignungen.
- Rhythmus-Instrumente helfen, Kraft und Dynamik zu entfalten, vermitteln Körpergefühl,
erzeugen Körperbewusstsein: Schlagwerke wie Trommeln und Pauken (Drums), Rasseln,
Percussion, Xylo-/Vibraphon, fallweise auch Klavier, Gitarre, Contrabass, Tuba u.a.
- Melodie-Instrumente sind Träger von Melos und Gesanglichkeit. Sie eignen sich zur Simulation
und Darstellung von Stimmen – und damit von Emotionen und Temperamenten, meditativ bis
impulsiv, depressiv bis fröhlich: Streich- und Blasinstrumente, fallweise auch Tasten-, Zupf- und
Saiten- Instrumente.
Wunderwirkungen aus Saiten
Unter den Melodie-Instrumenten nehmen die Streichinstrumente besonderen Rang ein: Violine,
Viola, Cello, fallweise auch String-Bass. Sie können eine atmende, vibratoreich-schwingende,
tragende und damit sinnliche, gefühlsstarke Timbre-Anmutung entfalten. Dies besonders intensiv,
wenn Färbung und Ausdruck des Klangs zugleich zum Träger und Medium einer anrührenden
und/oder anzündenden, also gefühlsintensiven Melodie (oder eines harmonischen MelosGefüges) werden.
Über die so erzeugbaren Klänge und Klangfolgen hinaus gehen vom Instrument selbst, seinem
Material, seiner Formung und haptischen Wahrnehmbarkeit, weitere Impressionen aus, die
Wärme, Nähe, Geborgenheit vermitteln und damit Vertrauen und Sicherheit stiften können. Diese
Wirkung kann sich durch den zur Klangerzeugung notwendigen Umgang mit dem Instrument
(Handling) noch verstärken. Die emotionale Erfahrung kommt zugleich aus der „Gesanglichkeit“,
welche die Klänge des Streichinstruments suggerieren.
Erich-Benjamin-Stiftung
Projekte für Kinder in psychischer Not
Projekt 2 – ein Pilotprojekt
Musik mit Streichinstrumenten
für depressive und suizidgefährdete Kinder
und Jugendliche
Trost und Ermutigung aus Klängen
Ein richtig gehandhabtes Streichinstrument kann dem an depressiven Mitteilungsstörungen
leidenden Patienten also zum Partner besonderer Art werden – einem Gefährten, der keine
Ansprache braucht, aber Trost, Stärkung, Ermutigung gibt: einem Freund fürs Leben.
Der Einwand, dass solche harmonisierende und damit seelisch heilkräftige Wirkung nicht leicht
herstellbar sei, weil sich davor die Hürde des nur schwierig erlernbaren Spielens stelle, ist
nachweisbar nicht wirklich gewichtig, wenn motivationsstarke Musiker die Anleitung übernehmen,
wie im Förderprojekt der Erich-Benjamin-Stiftung vorgesehen. Um personelle Voraussetzungen
eben dafür schaffen zu helfen, gibt es das Förderprojekt der Erich-Benjamin-Stiftung.
Fazit
Ein Streichinstrument ist ein Kommunikationsmittel erster Ordnung. Auf ihm zu musizieren, führt
zu vielfältigen Kontakten – sofort nachvollziehbar mit Blick auf eine Kammermusikformation
oder ein Orchester. Die Werkliteratur für Streichinstrumente ist die umfangreichste und weitest
verbreitete; das Werkreservoire ist schier grenzenlos; es reicht von der einfachsten Solomelodie
bis zum komplexen Großwerk. Schon die Begegnung und Befreundung mit einem Instrument
kann seelische Grundlagen stiften, Ermutigung und Vertrauen erzeugen. Späteres gemeinsames
Musizieren begünstigt ein selbstverständliches Hineinwachsen in soziales Verhalten und soziale
Kompetenz – bis hin zu bewusstem Lernen, Streben, Werten, zu Motivation und Leistung.
Diese Einsichten sollen im Klinikbereich von Professor Dr. Gerd Schulte-Körne in die Praxis
umgesetzt werden: Stationär aufgenommene depressive Kinder und Jugendliche sollen
Gelegenheit erhalten, sich mit Geigen oder Celli vertraut zu machen. Um ihnen einen ersten
Zugang zu dieser Erfahrungswelt zu geben, sollen für sie Probekurse angeboten werden.
Diesen schließt sich später Gruppenunterricht an. In Sonderfällen auch Einzelunterricht.
Probekurs
Die Violine
Leitung:
Catherine von Nahmer, Geigenlehrerin und Musikpädagogin
Inhalt & Ablauf des Einstiegs:
-
Einleitung – Melodie auf der Solovioline
Vorstellung der Geige – Ergreifen, Empfinden, Erfahren
Personifizierung der Geige – Erkundung, Funktions- und Klangwahrnehmung
Rhythmus-Erfahrung – Gemeinsames Körperempfinden und Singen
Haltung und Ansatz der Geige
Der Bogen – Gewicht, Länge, Spitze, Handling / der Frosch
Bogenführung – Bewegung, Körpereinsatz, Erleben und Erfahrung
Zusammenwirken Geige und Bogen / Konzentration, Bewusstheit
Diskurs über Wirkungen, Wünsche, Möglichkeiten, Phantasien
Erich-Benjamin-Stiftung
Projekte für Kinder in psychischer Not
Projekt 2 – ein Pilotprojekt
Musik mit Streichinstrumenten
für depressive und suizidgefährdete Kinder
und Jugendliche
Das Violoncello
Leitung:
Jakob Schmidt, Cellolehrer und Musikpädagoge, Gymnasial- und Privatlehrer
Inhalt & Ablauf des Einstiegs:
Weitgehend entsprechend dem Muster des Geigen-Schnupperkurses
nach dem individuellen Konzept des Pädagogen:
- Vernetzung von Alltagsbewegungen mit dem Handling des Cellospiels
- Abbau von Ängsten und Hemmungen
- Animation zu Neugier a/ auf Musik allgemein - b/ auf das Instrument
- Ermutigung zu Versuch, Erleben, Erfahrung = Musizierlust
- Relation Einsatz + Belohnung
- Entwicklung der Beziehung Mensch-Instrument
- Erfahrung von Wirkungen – Zufriedenheit, Motivation, Freude
Gruppenunterricht
Der Gruppenunterricht soll einmal pro Woche in kleinen Formationen – 4 bis 6 Teilnehmern
– stattfinden und zunächst drei Monate dauern. Er soll verlängert werden können. Wenn sich
zeigt, dass das Teilnahme-Interesse sich ausweitet, stehen weitere qualifizierte Lehrkräfte zur
Verfügung.
Ziel des Unterrichts ist vor allem die Erzeugung, dann Vertiefung einer Freundschafts-Beziehung
zwischen dem Schüler und seinem Instrument. Freundschaft bedarf keiner Perfektion. Es sollen
keine perfekten Solisten ausgebildet werden. Dennoch ist der Gruppenunterricht so konzipiert,
dass dem Ausmaß der Entwicklung jedes einzelnen Teilnehmers keine Grenze gesetzt ist.
Der Lernprozess wird für alle nachvollziehbar und leicht fasslich gestaltet. Er vermeidet jede
Überforderung. Jeder Schritt ist so einfach gehalten, dass alle Abläufe für jeden nachvollziehbar
sind – und Freude am Geschehen wie auch Stolz aufs Erreichte auslösen. Neben den
methodischen Details steht die Motivation im Vordergrund.