Personenfaktoren von Korruption (Arbeitstitel) Kurzfassung des Dissertationsvorhabens von Frank Heber Korruption galt lange Zeit als ein Delikt, das eher außerhalb Deutschlands ausgeübt wird und gegen das große Teile der deutschen Gesellschaft immun sind (Schaupensteiner, 2004: 117). Das stetige Aufdecken von Korruptionstaten in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen hat das Bild einer durchgängig integren deutschen Gesellschaft jedoch widerlegt. Korruption wurde beispielsweise in privatwirtschaftlichen Unternehmen, im öffentlichen Dienst oder in der Politik aufgedeckt (Bannenberg & Schaupensteiner, 2007: 104-206). Korruption wird in Organisationen begangen und verursacht materielle und immaterielle Schäden (BAK, 2014: 21), die auch in Deutschland erheblich sind (Bundeskriminalamt, 2014: 10). Ein Schaden materieller Art entsteht beispielsweise Unternehmen, die durch Korruption benachteiligt werden. Ein Schaden immaterieller Art entsteht beispielsweise, wenn ein Reputations- oder Vertrauensverlust gegenüber einem von Korruption betroffenen Unternehmen auftritt. Immaterielle Schäden aus Reputations- oder Vertrauensverlusten sind jedoch seltener als materielle Schäden, denn Schätzungen zufolge werden nur weniger als 10 Prozent aller begangener Korruptionstaten ermittlungstechnisch relevant (Hellfeld): Der größte Teil der Korruptionstaten bleibt im Verborgenen (Dunkelfeld) (Bannenberg & Schaupensteiner, 2007: 40). Die Konstanz des Korruptionsniveaus im Hellfeld und die Stetigkeit, mit der neue Korruptionsfälle entdeckt werden, zeigen, dass die bisherige Korruptionsprävention und –bekämpfung offenkundig nicht ausreicht, um Korruption nachhaltig einzudämmen (Bundeskriminalamt, 2014: 5-8). Denkbar ist, dass die aufgrund von Hellfelddaten gewonnenen Erkenntnisse nicht auf das Dunkelfeld übertragbar sind. Die Taten aus dem Dunkelfeld werden nicht polizeilich oder staatsanwaltschaftlich bekannt und könnten sich systematisch von den entdeckten Taten (Hellfeld) unterscheiden. Damit wäre es vordringlich, zunächst systematisch Daten über das gesamte Korruptionsfeld zu gewinnen. Eine Einschränkung auf Hellfelddaten ist aus methodischen Gründen jedenfalls kaum zu rechtfertigen. Setzt man an den Grundlagen menschlichen Verhaltens an, um Korruption besser zu verstehen, ist zunächst festzuhalten, dass menschliches Verhalten durch die Interaktion von Personen- und Situationsfaktoren determiniert wird, das gilt allgemein sowie speziell für korruptes Verhalten (Heckhausen & Heckhausen, 2010: 3-5). Akteurszentrierte Forschungsarbeiten belegen, dass Personenund Situationsfaktoren die Korruptionswahrnehmung beeinflussen (Heber, 2013: 144-156; Heber, 2012: 81-89; Litzcke, Linssen, Maffenbeier & Schilling, 2012: 73-118; Schön, 2011: 107-128). Als Personenfaktoren im Sinne der Dissertation werden Faktoren bezeichnet, die sich breiten Persönlichkeitsbereichen zuordnen lassen. Zu den breiten Persönlichkeitsbereichen zählen beispielsweise physische Merkmale, Temperament und interpersonelle Stile, Fähigkeiten, Handlungseigenschaften, Bewertungsdispositionen sowie Selbstkonzept und Selbstbefinden einer Person (Asendorpf & Neyer, 2012: 131-226). Insgesamt zeigt die Befundlage, dass Personenfaktoren einen größeren Einfluss auf die Korruptionswahrnehmung zu haben scheinen als Situationsfaktoren (Litzcke, Linssen, Heber & Schön, 2015: 12-17; Litzcke, Linssen, Schön & Heber, 2014: 5-13). Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass 1 Personenfaktoren bislang, verglichen mit Situationsfaktoren, hinsichtlich ihres Einflusses auf Korruption noch unzureichend untersucht sind. Folglich erscheint es, neben bisherigen Präventionsansätzen, sinnvoll, Korruption vermehrt akteurszentriert und aus differentialpsychologischer Sicht zu erforschen, da derzeit noch eine Erkenntnislücke hinsichtlich relevanter Personenfaktoren von Korruption besteht. Im Rahmen der Dissertation sollen Personenfaktoren im Dunkelfeld erhoben und systematisch analysiert sowie auf ihren Einfluss auf die Korruptionswahrnehmung hin untersucht werden. Denn erst die systematische Berücksichtigung aller potentiell relevanter Personenfaktoren sowie deren Interaktion würde eine Einschätzung des Gesamteinflusses von Personenfaktoren auf die Korruptionswahrnehmung ermöglichen. Die folgende Tabelle 1 veranschaulicht die umfangreichsten Arbeitsschritte bis zu Fertigstellung der Dissertation und die damit jeweils verbundenen Ziele. Schritt 2 beinhaltet zwei weitere Ziele der Dissertation, die nicht tabellarisch aufgeführt sind. Nämlich, das Überprüfen der Übertragbarkeit von Erkenntnissen angrenzender Forschungsfelder auf Korruption und das Überprüfen der Übertragbarkeit von Erkenntnissen aus dem Hellfeld auf das Dunkelfeld von Korruption. Vorgehen Schritt 1 Recherche der Persönlichkeitsbereiche, die eine Person umfassend beschreiben. Schritt 2 Recherche von Befunden aus angrenzenden Forschungsfeldern. Recherche der Befunde des Hell- und Dunkelfelds von Korruption. Schritt 3 Recherche geeigneter Messinstrumente. Schritt 4 Erstellen eines theoretischen Wirkungsmodells von Personenfaktoren. Schritt 5 Überprüfen des theoretischen Wirkungsmodells von Personenfaktoren. Schritt 6 Ergebnisinterpretation. Ziel Identifikation und Auswahl relevanter Personenfaktorklassen. Identifikation und Auswahl relevanter Personenfaktoren. Vermeiden von Redundanzen. Identifikation und Auswahl relevanter Personenfaktoren. Vermeiden von Redundanzen. Identifikation und Auswahl valider Messinstrumente. Empirische Validierung des theoretischen Wirkungsmodells von Personenfaktoren. Empirische Validierung des theoretischen Wirkungsmodells von Personenfaktoren. Erstellen einer Theorie der Personenfaktoren von Korruption. Tabelle 1: Arbeitsschritte und die damit verfolgten Ziele (eigene Darstellung). Relevante Personenfaktorklassen, die identifiziert wurden, sind: Persönlichkeit, Werte, Motive und Einstellungen. Hinter der jeweiligen Personenfaktorklasse stehen einzelne Personenfaktoren, die innerhalb der Dissertation berücksichtigt werden. Jeder Personenfaktor ist als unabhängige Variable zu verstehen, die auf ihren Einfluss auf die abhängige Variable hin untersucht wird. Als abhängige Variable wird die Korruptionsbereitschaft mittels der Hannoverschen Korruptionsskala (Litzcke, Linssen & Hermanutz, 2015) operationalisiert. Die Befunde der Dissertation sollen dabei helfen, den Gesamteinfluss von Personenfaktoren auf die Korruptionswahrnehmung besser abschätzen zu können und sollen in einer spezifischen Theorie der Personenfaktoren von Korruption münden. Die Dissertation ist somit 2 ein weiterer Baustein zur Herleitung einer allgemeinen Theorie von Korruption, die am Ende Erkenntnisse zu Situationsfaktoren und Erkenntnisse zu Personenfaktoren berücksichtigt. Literatur Asendorpf, J. B./Neyer, F. J. (2012). Psychologie der Persönlichkeit. Mit 144 Abbildungen und 110 Tabellen. 5. Auflage. Berlin: Springer. Bannenberg, B./Schaupensteiner, W. J. (2007). Korruption in Deutschland. Portrait einer Wachstumsbranche. 3. Auflage. München: Beck. Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) (2014). Jahresbericht 2013. Wien: Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK). Bundeskriminalamt Bundeskriminalamt. (2014). Korruption. Bundeslagebild 2013. Wiesbaden: Heber, F. (2012). Korruption. Einfluss von organisationalem Zynismus und emotionaler Kompetenz auf die Korruptionsbewertung. Hannover: Hochschule Hannover. [Elektronische Ressource] Online verfügbar unter: http://serwiss.bib.hs-hannover.de/frontdoor/index/index/ docId/329, zuletzt geprüft am 18.05.2015. Heber, F. (2013). Einflussfaktoren auf Korruptionsbereitschaft. Masterarbeit. Hannover: Hochschule Hannover. Unveröffentlichte Heckhausen, J./Heckhausen, H. (2010). Motivation und Handeln: Einführung und Überblick (S. 1-10). In: J. Heckhausen/H. Heckhausen (Hrsg.) Motivation und Handeln. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Mit 146 Abbildungen und 45 Tabellen. Berlin u.a.: Springer. Litzcke, S./Linssen, R./Heber, F./Schön, F. (2015). Korruptionsbewertung: Psychopathie, Intelligenz und das Fünf-Faktoren-Modell. In: Polizei & Wissenschaft, Bd. 16, Nr. 2, S. 2-23. Litzcke, S./Linssen, R./Hermanutz, M. (2014). Hannoversche Korruptionsskala (HKS 38). Schriftenreihe Personalpsychologie (Band 1). Hannover: Hochschule Hannover. [Elektronische Ressource] Online verfügbar unter: http://serwiss.bib.hs-hannover.de/frontdoor /index/index/docId/488, zuletzt geprüft am 18.05.2015. Litzcke, S./Linssen, R./Maffenbeier, S./Schilling, J. (2012). Korruption: Risikofaktor Mensch. Wahrnehmung - Rechtfertigung - Meldeverhalten. Wiesbaden: Springer VS. Litzcke, S./Linssen, R./Schön, F./Heber, F. (2014). Situative Risikofaktoren von Korruption – Gelegenheit allein macht keine Diebe. Hannover: Hochschule Hannover. [Elektronische Ressource] Online verfügbar unter: http://serwiss.bib.hs-hannover.de/frontdoor/index/index/d ocId/498, zuletzt geprüft am 18.05.2015. Schaupensteiner, W. (2004). Korruption in Deutschland. Lagebild, Maßnahmen und Gefahren (S. 117-136). In: A. Schilling/U. Dolata (Hrsg.). Korruption im Wirtschaftssystem Deutschland. Jeder Mensch hat seinen Preis… (3. Auflage). Murnau am Staffelsee: Mankau. 3 Schön, F. (2011). Korruption. Wie eine Hand die andere wäscht. Frankfurt am Main: Verlag für Polizeiwissenschaft. 4
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