Inklusion 2015 – Fachtagung MiZ (Fr. Icking)

Inklusion
als Aufgabe des kommunalen
Gemeinwesens
1. Inklusionsbeauftragte
Ingrid Icking hat für die Stadtverwaltung im
Februar 2013 diese Aufgabe übernommen;
Im Erstberuf Erzieherin; von 1983 bis 1987 Studium der
Sozialarbeit an der Hochschule Niederrhein,
seit 1984 für die Stadt Mönchengladbach tätig;
davon 2 Jahre als studentische Honorarkraft,
15 Jahre im Bereich der Jugendhilfe und 13 Jahre in
der Einzelfallberatung von Menschen mit Behinderung.
Stabsstelle Inklusion des Dezernats
für Recht, Soziales, Jugend, Gesundheit und
Verbraucherschutz
1 Vollzeitstelle Inklusionsbeauftragte
0,5 Stellen Technische Sachbearbeiterin/ Architektin
im Gebäude des
FB Gesundheit, Raum 016,
Am Steinberg 55, in 41061 MG
Telefon: 02161/ 25 3068
[email protected]
[email protected]
[email protected]
2. UN- Menschenrechtskonvention für
Menschen mit Behinderung (BRK)
Artikel 1: Zweck
Zweck dieses 2006 beschlossenen
Übereinkommens ist es,
den vollen und gleichberechtigten Genuss aller
Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle
Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu
schützen und zu gewährleisten
und die Achtung der ihnen innewohnenden
Würde zu fördern.
Die Themenfelder der BRK
 Inklusion
 Partizipation
 Selbstbestimmung
 Gleichstellung
 Barrierefreiheit
 Geschlechtergerechtigkeit und
 Kindeswohl/ i.S.v. Achtung des Entwicklungspotentials
Die BRK und ihr Paradigmenwechsel

Vom „behindert sein“ zum „behindert
werden“ oder

Behindern ist heilbar!
Beeinträchtigung und Behinderung: Vom
„behindert sein“ zum „behindert werden“
Beeinträchtigungen werden als individuelle Phänomene
Behinderungen als strukturelle oder soziale begriffen.

Dies ist eine Abkehr von der vorrangig medizinisch geprägten
Defizitorientierung.

Die „Teilhabe“ muss selbstbestimmt und gleichberechtigt sein.

Die Akzeptanz von „Vielfalt“ (Diversity)
bedeutet, Ungleichheit als gleichwertig anzuerkennen.
3. Begriffsbestimmung/
Rechtl. Basis
Definition von „Behinderung“ im Kontext von GG,
SGB, BGG, UN-BRK
Das Grundgesetz (GG) als Mutter aller Gesetze
benennt im Artikel 3 das Gleichheitsgebot und
konkretisiert ein Benachteiligungsverbot.
Es bezieht Menschen mit Behinderung ausdrücklich ein !!
Begriffsbestimmung/ Rechtl. Basis
SGB IX (§ 2,Abs.1,Satz 1) definiert: Menschen
sind behindert, wenn ihre
 körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder
seelische Gesundheit mit
 hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate
 von dem für das Lebensalter typischen
Zustand abweichen und daher
 ihre Teilnahme am Leben in der Gesellschaft
beeinträchtigt ist.
Begriffsbestimmung/ Rechtl. Basis

Behinderungen sind zu
ca. 5 % angeboren;
ca. 2 % durch Unfall und
ca. 93 % durch Erkrankungen oder Abbauprozesse erworben.

Menschen mit (drohender) Behinderung sind
keine homogene Gruppe!
Begriffsbestimmung/ Rechtl. Basis


Das SGB XII (Sozialhilferecht) beschreibt im 6.
Kapitel, Eingliederungshilfe (§ 53 f), Rechte auf
Unterstützungsleistungen für den genannten
Personenkreis und bezieht Menschen, die von
Behinderung bedroht sind, mit ein.
Das SGB XII befindet sich seit Jahren in Überarbeitung
und soll als Teilhaberecht modernisiert werden. Eine
zentrale Forderung der Betroffenen: Aufhebung der
Einkommens- und Vermögensgrenzen, die ihnen kaum
gestatten, finanzielle Rücklagen zu haben.
Begriffsbestimmung/ rechtl. Basis
Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG.NRW, seit 2004)
hat diese Definition von Behinderung übernommen. Es verpflichtet
im § 1 alle öffentlichen Einrichtungen und Institutionen:

die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung durch
mangelnde Teilhabemöglichkeiten zu beseitigen,

besonderen Bedürfnissen Rechnung zu tragen (je Abs.1),

hierzu mit den Betroffenen zusammenzuarbeiten (Abs. 2);
4. Gender/
Geschlechtergerechtigkeit



Die Gleichberechtigung der Frauen wird in
den Gesetzestexten ausdrücklich betont!!
Der Erkenntnis, dass Frauen überproportional benachteiligt werden und dieses
unbedingt auszugleichen ist, wird somit
Rechnung getragen – aber:
Anspruch und Wirklichkeit klaffen auch hier
noch weit auseinander.
5. Tätigkeitsfelder der Inklusion
5.1 Grundlagenarbeit
Zur Erreichung der Inklusion in allen gesellschaftlichen
Bereichen sollen in der Stadtverwaltung Konzepte und
Strategien zur Bewusstseinsbildung/ Sensibilisierung, zur Information,
Meinungs- und Willensbildung von Öffentlichkeit, Rat und Verwaltung
entwickelt und die Umsetzung dieser Strategien begleitet
und ausgewertet werden.
Betroffene, Angehörige und Verbände werden einbezogen,
dadurch Partizipation gewährleistet.
Partizipation in MG

Es gibt in Mönchengladbach keinen
Behindertenrat
sondern viele Gremien in vielen Bereichen der
sozialen Versorgung
5. Tätigkeitsfelder der Inklusion
5.1 Grundlagenarbeit – Partizipation durch Kooperation
mit:

„Arbeitsgemeinschaft der Behindertenverbände Mönchengladbach ARGE BV@MG“ bestehend aus Vertreter/innen des
Blinden- und Sehbehindertenverein für MG und Viersen e.V.;
der Pro Retina Deutschland e.V.;
des Leben mit Usher-Syndrom e.V.;
des Verein für Hörgeschädigte e.V.
Kreisverband MG im Sozialverband VdK NRW e.V.
5. Tätigkeitsfelder der Inklusion
5.1 Grundlagenarbeit – Partizipation durch Kooperation
mit:

AK Freizeit des Peter-Röhl-Haus des LVR

Bund der Gehörlosen; Gehörlosenverein

Mobi-Gruppe der LVR-Förderschule;

Selbsthilfegruppe „Forum für Menschen mit und ohne
Sehbehinderung“

Werkstattrat und Inklusionsbeauftragtem der Evang. Stiftung
Hephata
Tätigkeitsfelder der Inklusion
5.2 Gestaltung inklusionsorientierter
Unterstützungsangebote in den Bereichen:

Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene,
Familien:
Frühförderung, Kindertagesstätten, Kinder- und
Jugendarbeit, Kinder- und Jugendhilfe

Schulische Inklusion
Förderschwerpunkte/ -Orte, I-Helfer, Gebäude
Tätigkeitsfelder der Inklusion



Wohnen, Pflege, Gesundheit
Wohnraumversorgung; Wohnhilfen des LVR wie BeWo, Wohnheime;
Zugang und Finanzierung von Gesundheitsleistungen und Pflege
Arbeit
Sog. 1. Arbeitsmarkt/ geschützte Arbeitsplätze (Integrationsunternehmen, Werkstätten, heilpäd. Abteilungen), Int.-Fachdienste,
Freizeit, Sport, Kultur, Weiterbildung
Öffnung aller vorhandenen sowie die bedarfsorientierte Schaffung
neuer Angebote
Tätigkeitsfelder der Inklusion
5.3 Gestaltung einer barrierefreien Infrastruktur
als maßgeblichem Pfeiler der Inklusion:

bauliche Gestaltung und technische Ausstattung öffentlich
zugänglicher Gebäude (§ 55 BauO NRW) sowie Wohngebäude
(§ 49 )

Gestaltung der öffentlichen Verkehrsräume, Anlagen und
sonstiger der Allgemeinheit zugänglicher Flächen und
Freizeitstätten (Gaststätten, Versammlungsräume und –orte,
Volksfeste)
(gemäß DIN 18040 als Regel der Technik.)
Tätigkeitsfelder der Inklusion
5.3 Gestaltung einer barrierefreien Infrastruktur
als maßgeblichem Pfeiler der Inklusion:

Verkehr und Mobilität, insbesondere ÖPNV und Bahn

Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltung:
Bei persönlichen, telefonischen oder schriftlichen
Bürgerkontakten (Formulare, Anträge und Bescheide in
„einfacher Sprache“, Verwendung serifenfreier Schrift,
barrierefreie Internetauftritte etc.
6. Barrierefreiheit baul. Anlagen
6.1 § 55 BauO NRW: Barrierefreiheit öffentlich
zugänglicher baulicher Anlagen

(1) Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind,
müssen in den dem allgemeinen Besucherverkehr
dienenden Teilen von Menschen mit Behinderung, alten
Menschen und Personen mit Kleinkindern barrierefrei
erreicht und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend
genutzt werden können.
Barrierefreiheit

§ 55 BauO NRW: (2) Absatz 1 gilt insbesondere für

1.Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens,
2.Sport- und Freizeitstätten,
3.Einrichtungen des Gesundheitswesens,
4.Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude,
5.Verkaufs- und Gaststätten,
6.Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen.
Bei Stellplätzen und Garagen muss mindestens 1 von
100 der Einstellplätze, mindestens jedoch ein
Einstellplatz, für schwerbehinderte Menschen
vorgehalten werden.






Barrierefreiheit
§ 55 (3) Für bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und
Einrichtungen, die überwiegend oder ausschließlich von
Menschen mit Behinderungen oder alten Menschen
genutzt werden, wie


1.Tagesstätten, Schulen, Werkstätten und Heime für
Behinderte,
2.Altenheime, Altenwohnheime, Altenpflegeheime und
Altenwohnungen
gilt Absatz 1 nicht nur für die dem allgemeinen
Besucherverkehr dienenden Teile, sondern für die
gesamte Anlage und die gesamten Einrichtungen.
Barrierefreiheit
DIN 18040 als Regel der Technik
ist nicht in die BauO NRW eingeführt
Derzeit Überarbeitung der BauO NRW –
Barrierefreiheit wird fokussiert !!
Barrierefreiheit
6.2 Anzahl mobilitätseingeschränkter Personen
Von alters- und entwicklungsbedingten
Mobilitätseinschränkungen sind Kinder unter 6 Jahren ebenso
betroffen wie Menschen ab 65.
Annäherung an die Anzahl der mobilitätsbeeinträchtigten
und/oder schwerbehinderten Menschen in Mönchengladbach
2014/2015 (in Klammern 2012/2013):
• 12.772 (12.635) Kinder unter 6 Jahren
53.515 (54.598) Personen ab 65 Jahren plus
• 16.577 (15.628) Schwerbehinderte zwischen 7 und 64
Jahren
Barrierefreiheit
Anzahl mobilitätseingeschränkter Personen
Verteilung nach Geschlecht:
•
12.772 Kinder unter 6 Jahren:
6.233 w./ 6.539 m.
53.515 Personen ab 65 Jahren: 31.164 w./ 23.434 m.
•
16.577 schwerb. M. von 7- 64 J.: 7.772 w./ 8.805 m.
Barrierefreiheit
Anzahl mobilitätseingeschränkter Personen



In der Summe gelten etwa 84.000 von 263.000
Einwohnern unmittelbar mobilitätseingeschränkt
i.S. des § 55 BauO NRW– knapp ein Drittel aller
Bürger unserer Stadt!
Nicht ermittelbar ist die Anzahl ihrer Unterstützer: Eltern,
Großeltern, Geschwister, Partner, Bekannte etc, die als
Begleitung sekundär Betroffene sind.
7. Selbstbestimmte Teilhabe
Was verbindet die Inklusion
mit der Wurst ?
Beide haben zwei Enden:
 Die Öffnung der Gesellschaft durch Abbau
hemmender Parallelstrukturen
 Die (aktive, selbstbestimmte oder mindestens
passive) Teilnahme der Betroffenen am
öffentlichen Leben
Selbstbestimmte Teilhabe

Inklusion gelingt nicht als Einbahnstraße,
sondern nur von beiden Seiten: Menschen mit
und ohne Beeinträchtigungen müssen sich
aufeinander zu bewegen um sich zu begegnen:
Jedes Ankommen bedingt, sich zunächst mit
dem ersten tatsächlichen Schritt vom
bisherigen Standpunkt wegbewegt zu haben.
Multiplikation
Alle Mitarbeitende in helfenden Berufen sind
grundsätzlich Multiplikatoren der Inklusion.
Unterstützen Sie Menschen mit Beeinträchtigungen
und ihre Angehörigen zur Teilnahme und zur
Auslebung ihrer Rechte.
Jeder Schritt zählt!
Vielen Dank für Ihr Interesse