Bildungkirche: 1/2015 ausgerechnet Wir brauchen mehr Pfarrerinnen und Pfarrer! Je jünger, desto Teilzeit Ich will den Job, ich will ihn nicht Einmal Pfarrer/in, immer Pfarrer/in S. 4 S. 8 S. 1 2 S. 1 6 E IN E PU BL IK AT ION VON A + W U N D P W B 2 IN H A LT Wir brauchen mehr Pfarrer/innen! Liebe Leserin, lieber Leser 4 Basel-Stadt: Mehr Pfarrstellen in neuen Rollen 6 Je jünger, desto Teilzeit 8 «Ich bin ganze Pfarrerin– auf einer halben Stelle» 10 Ich will den Job, ich will ihn nicht, 12 Die Ermöglicher 14 Einmal Pfarrer/in, immer Pfarrer/in? 16 Aus der Sackgasse in die Weite 18 Kreuz und quer 21 Bildungkirche 22 Medientipps 24 Portrait 25 Kolumne 27 Agenda 29 Die Kirchen befinden sich in einem tiefgreifenden Wandel. Sie müssen sich neu orientieren und ihren Weg finden. Doch was ist die Strategie? Orientiert man sich an der Vergangenheit, dem Dogma oder gar an den aktuellen, empirisch wahrnehmbaren Herausforderungen? Sowohl als auch: Wir brauchen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Theorie und Praxis, zwischen Dogma und Erfahrung beidseitig befahrbare Brücken, wollen wir denn sprach- und lernfähig bleiben. In dieser Ausgabe beginnt unser Lernprozess mit der Beobachtung, mit empirisch wahrnehmbaren Fakten. Diese führen zu Fragen, Reflexion, Thesen und Diskursen. Und darauf freuen wir uns! Mathias Burri Redaktor Magazin Bildungkirche, A+W Herausgeber: Konkordatskonferenz und Weiterbildungsrat Mitarbeitende an dieser Nummer: Matthias Bachmann (mb), WEKOT, Zürich; Mathias Burri (mbu), A+W, Zürich; Stephan Hagenow (sh), Ref BeJuSo, Bern; Juliane Hartmann (jh), A+W, Zürich; Andreas Heieck (ahk), pwb, Bern; Thomas Schaufelberger (ts), A+W, Zürich; Jacques-Antoine von Allmen (java), A+W, Zürich Redaktionsadresse: A+W, Redaktion Magazin Bildungkirche, Blaufahnenstrasse 10, 8001 Zürich, Tel. +41 44 258 92 43, [email protected] Gestaltung: Liliane Jakob, A+W Gestaltungskonzept: Raffinerie AG, Zürich Illustrationen: Lina Müller Druck: Druckerei Robert Hürlimann AG, Zürich Auflage: 5400 Verteiler: Das Magazin Bildungkirche geht an Studierende, alle Pfarrpersonen im Amt, alle weiteren kirchlichen Mitarbeitenden, die Mitglieder der kantonalen Kirchenleitungen sowie die Präsidentinnen und Präsidenten der lokalen Kirchenbehörden der Schweiz. Die Zeitschrift wird aufgrund der Adressangaben der Kantonalkirchen versendet. Für Adressberichtigungen wende man sich an die Redaktion ISSN: 2297-2536 Erscheinungsweise: vierteljährlich Nächste Ausgabe: Juni 2015 Thema: sprachlos Website: magazin.bildungkirche.ch 4 Von Jacques-Antoine von Allmen, Beauftragter Weiterbildung, A+W Die Kirche schrumpft. Wir brauchen mehr Pfarrer/innen! Weniger Mitglieder – weniger Pfarrstellen. Diese Gleichung stimmte in der Vergangenheit nicht, und vieles spricht dafür, dass sie auch in Zukunft nicht stimmt. Bislang hat der Mitgliederrückgang keinen direkten Niederschlag in der Anzahl der beschäftigten Pfarrpersonen gefunden, wie nebenstehende Abbildung zeigt. In Zürich nehmen die Pfarrpensen proportional weniger stark ab als die Mitgliederzahl. In anderen Kirchen bleibt die Anzahl Pfarrpersonen trotz Mitgliederrückgang konstant oder nimmt sogar leicht zu. Das bedeutet: Eine Pfarrperson ist für weniger Mitglieder zuständig. Das Pfarrstellenquorum nimmt ab. In allen Kantonen verteilen sich die verfügbaren Pfarrstellenpensen unter mehr Pfarrpersonen. Der Grund: es arbeiten mehr Pfarrpersonen (gewollt oder ungewollt) in Teilzeit. Für abnehmende Pfarrstellenquoren gibt es mindestens zwei Erklärungen: 1. Die Kirche reagiert auf die Erwartung der Mitglieder. Diese werden weniger, aber ihre Erwartungen werden individueller. In der Folge werden die Aufgaben im Pfarramt vielfältiger, der Zeitaufwand nimmt zu. Das Quorum wird angepasst (solange die Finanzen dies zulassen). 2. Die Kirche trifft eine strategische Entscheidung. Basel-Stadt macht vor, dass sich die Kirche von der Volks- zur Mitgliederkirche entwickelt. Zum «Service public» kommt die intensivere Begleitung der engagierten Mitglieder durch Pfarrpersonen hinzu. Gemeindeentwicklung ist nur mit entsprechendem Ressourceneinsatz zu haben. These: Den übrigen Kantonalkirchen steht die Entwicklung zur Mitgliederkirche bevor; dies löst in den kommenden Jahren einen erhöhten Pfarrnachwuchsbedarf aus. MEHR... Lesen Sie die Antwort von Lukas Kundert auf Seite 6. Jacques-Antoine von Allmen, Beauftragter für die Weiterbildung, gehört zu einem der grössten Pfarrjahrgänge: 1961. AU S G E R E C H N E T : P FA R R P E R S O N E N - M I T G L I E D E R ENTWICKLUNG VON PFARRSTELLEN UND MITGLIEDERZAHLEN AN DEN BEISPIELEN ZÜRICH UND BASEL-STADT BASEL-STADT, SEIT 1994 120% 100% 106% 100% 100% 80% 104% 70% 60% 55% 2160% 30 081 2190% 38 120 2070% 20% 54 459 40% 0% 1994 2004 2015 ZÜRICH, SEIT 1989 120% 100% 100% 100% 94% 97% 100% 96% 99% 98% 89% 86% 80% 80% 60% 347 29 480% 455 752 344 31 780% 491 815 350 32 300% 539 221 20% 33 250% 40% 571 694 5 0% 1989 1994 Mitglieder Stellenprozente Stellen 2002 2010 Quelle: WEKOT 6 Von Lukas Kundert, Kirchenratspräsident Ref. Kirche Basel-Stadt Basel-Stadt: Mehr Pfarrstellen in neuen Rollen Die Kirche Basel-Stadt hat seit 1994 die Anzahl Pfarrstellen pro 10 000 Mitglieder verdoppelt. Und das ist erst der Anfang, meint Kirchenratspräsident Lukas Kundert. Die Allokation der Finanzen geschieht in den meisten Kantonal- und Landeskirchen der Schweiz nach den Mitgliederzahlen in den einzelnen Gemeinden (und darüber hinaus leisten sich die meisten Kirchen übergemeindliche Ämter und Dienste). Für die Gemeindearbeit bedeutet das, dass auf etwa 2000 bis 3000 Mitglieder eine Pfarrstelle entfällt. Mehr ist kaum finanzierbar. Es ist dabei unbedeutend, wie lebendig oder tot das Gemeindeleben ausfällt und wie viele Menschen zum Beispiel den Gottesdienst besuchen und wie viele Freiwillige zur Mitarbeit motiviert werden können. RADIKALER BRUCH ODER LICHTERLÖSCHEN Dieses mitgliederbezogene Geldverteilungsprinzip muss radikal gebrochen werden. Denn diese rein fiskalisch definierte Finanzierungsmechanik hat für die Kirche in der Schrumpfungsphase tödliche Wirkung: Erstens belohnt sie nicht erfolgreichen Gemeindeaufbau, zweitens trägt sie den Bedürfnissen der einzelnen Kirchenglieder nicht Rechnung. Wir wissen, dass eine Pfarrperson – wenn sie sehr gut arbeitet – maximal 300 Personen erreichen kann. Das heutige Finanzierungssystem geht also davon aus, dass 3000 Mitglieder dafür bezahlen, was dann 300 Mitglieder «konsumieren». Das widerspiegelt sich zum Beispiel im Platzangebot der Kirchen: 1970 zählte die Kirche in Basel 135 000 Mitglieder, Platz in den Kirchen konnten nur 13 000 finden. Man ging schon damals davon aus, dass auch an den hohen Feiertagen maximal ein Zehntel der Mitglieder die Kirche besuchen wollen. Zudem führt dieses System dazu, dass die Schrumpfung der Mitgliederzahl zu einer Ausdünnung des Angebots führt. Diese Abwärtsspirale führt irgendwann zum Lichterlöschen in der Kirche. Lukas Kundert ist Kirchenratspräsident der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt. Seine aktuelle Publikation: Die evangelisch-reformierte Kirche – Grundlagen für eine Schweizer Ekklesiologie, TVZ 2014. 7 AU S G E R E C H N E T : P FA R R P E R S O N E N - M I T G L I E D E R 1 PFARRPERSON AUF 300 AKTIVE MITGLIEDER Heute ist Kirchenmitglied sein und bleiben ein bewusster Akt. Die Kirche Basel-Stadt setzt voll auf diejenigen, die aktive Mitglieder sein wollen. Wir arbeiten daran, dass die 300 «KonsumentInnen» bereit werden, die Vollkosten für die Kirche selbst zu tragen. So müssen wir uns zum Ziel setzen, dass in 15 Jahren auf 300 Mitglieder mindestens eine Pfarrstelle kommt. Das ist nicht mit einem Steuermittelallokationsmechanismus über die reine Mitgliederzahl zu leisten. Es braucht andere, zusätzliche Instrumente. So haben wir heute erreicht, dass nicht wie 2004 noch eine Pfarrstelle auf 3000 Mitglieder entfällt, sondern dass jetzt bereits 1000 Mitglieder eine Pfarrstelle mit allem Drum und Dran (Sigristen- und Organistendienst, Diakonie, Katechese, Raumbedürfnisse u.v.m.) finanzieren. WIR BENÖTIGEN 70 PFARRPERSONEN Ich denke, dass sich die Pfarrpersonen vermehrt auf die genuinen pastoralen Aufgaben fokussieren: Verkündigung, Konfirmationsunterricht, einige Kasualien. Für die weitere Arbeit müssen die an der kirchlichen Arbeit Interessierten weitere Mitarbeitende einstellen. Denn volkskirchlich geprägte Mitgliederkirche bedeutet: die Kirche wirkt in der Nachbarschaft, im Quartier, in der Gesellschaft diakonisch und missional – mit dem Blick auf alle Menschen. Nur wirkt sie nach aussen nicht nur durch die Pfarrpersonen, sondern in erster Linie durch den Dienst weiterer Mitarbeitenden. Sie sind dort Zeugen des Evangeliums, wo sie leben, arbeiten und vernetzt sind. Die Pfarrpersonen nehmen die traditionellen pastoralen Aufgaben so wahr, dass sie viel Zeit und Energie in die Begleitung und Beratung der Teammitglieder investieren können. So hoffen wir, die Anzahl der Mitglieder unserer Kirche bei 20 000 zu stabilisieren und von der Ausstrahlung her an Fahrt zu gewinnen. Dazu benötigen wir mittelfristig 70 Pfarrpersonen. Da stellt sich natürlich die Frage, woher sie bei der gegenwärtigen Nachwuchssituation kommen sollen. Wir verfolgen deutlich eine andere Strategie als einige andere Kirchen der Deutschschweiz, die Sparrunden und Kirchgemeindefusionen durchführen. Die volkskirchliche Ausrichtung der Basler Mitgliederkirche kommt immer noch am besten zum Ausdruck in der VI. These von Barmen: «Der Auftrag der Kirche, in welchem ihre Freiheit gründet, besteht darin, an Christi Statt und also im Dienst seines eigenen Wortes und Werkes durch Predigt und Sakrament die Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk.» In diesem Verständnis kann Service Public die Tätigkeit der Kirche nicht erschöpfend beschreiben – ihre missionale Dimension soll die Kirche mit genügend Ressourcen und Energie leben. Heute sind von 30 Pfarrstellen in Basel 5 durch Stiftungen und Vereine finanziert. Das erfordert einerseits Kostentransparenz: die finanzielle Situation der Kirche muss für die Mitglieder leicht nachvollziehbar sein. Andererseits muss die Wirksamkeit der Pfarrstellen wahrnehmbar sein: wer zahlt, will sehen, was durch sie/ihn ermöglicht wird. 8 Von Juliane Hartmann, Beauftragte Ausbildung Je jünger, desto Teilzeit Die Statistik ist eindeutig: Je jünger die Pfarrerinnen und Pfarrer sind, umso mehr arbeiten sie im Teilpensum. Welches sind die Auswirkungen auf Kirchen und Gemeinden? Und was bedeutet dies für das Pfarrbild? Pfarrer, die frisch in den Beruf einsteigen, bevorzugen ein Teilpensum. Oder müsste es heissen Pfarrerinnen? Ist etwa die zunehmende Anzahl von Frauen eine Ursache des Teilzeittrends? Zu den Gründen gibt es verschiedene Hypothesen: tatsächlich legen Frauen Wert auf einen Mix zwischen Erwerbsarbeit und Beruf; ebenso jedoch die Generation Y, die auch in anderen Berufsfeldern nach Teilzeitarbeit verlangt. Damit verbunden ist der Wunsch nach Abgrenzung, sei sie zeitlich, inhaltlich oder auch emotional. Ursache wie auch Folge dieses Trends ist, dass sich Pfarrerinnen und Pfarrer nicht mehr als omnipräsente, für alles zuständige, alles könnende und alles wissende Amtspersonen verstehen. Mit abnehmender zeitlicher Verfügbarkeit gehen darum oft auch Schwerpunktbildungen im Pfarramt einher. KLÄRUNG DES BERUFSBILDS Teilpensen im Pfarramt führen also zu einer Klärung des Berufsbilds: Um eine Teilmenge abzugrenzen, muss zunächst das Ganze bekannt, benannt und festgelegt werden. Mit dieser Festlegung wird das Pfarramt, das sich lange Jahre einer genauen Definition entzogen und dies auch theologisch begründet hat, wesentlich neu bestimmt. Was ändert sich, wenn ein umfassendes Amtsverständnis mit einem Pflichtenheft konfrontiert wird, in dem geklärt wird, was zur Arbeit einer Pfarrerin gehört – und was nicht? Zeitunglesen, der Schwatz im Dorf, Essen mit einer Freiwilligengruppe ...? Kann eine Pfarrerin nur zur Arbeit in die Kirchgemeinde kommen? Fragen, die in den Kantonalkirchen bisher sehr unterschiedlich geregelt sind. Fragen auch, die ein neues Pfarr- und damit auch Kirchenbild provozieren. MEHR... Lesen Sie das Interview mit Teilzeit-Pfarrerin Denise Perret auf Seite 10. Generation Y ist ein soziologischer Begriff für die Jahrgänge 1977-1998: gut ausgebildet, technologieaffin, legen sie Wert auf Gestaltungsfreiheit innerhalb und ausserhalb des Berufs, fordern mehr Zeit für Familie und Freizeit. Juliane Hartmann, ist Beauftragte für die Ausbildung der Pfarrerinnen und Pfarrer der Konkordatskirchen und arbeitet bei der Arbeitsstelle A+W in Zürich. Sie ist verantwortlich für das ekklesiologisch-praktische Semester und die Weiterbildung in den ersten Amtsjahren. 9 AUS GE R E C H N E T : VOL L Z E I T- T E IL Z E I T PFARRPERSONEN DER KONKORDATSKIRCHEN: JAHRGÄNGE UND IHRE VERTEILUNG AUF PENSEN Jahrgang 1985 1984 1983 1982 1981 1980 1979 1978 1977 1976 1975 1974 1973 1972 1971 1970 1969 1968 1967 1966 1965 1964 1963 1962 1961 1960 1959 1958 1957 1956 1955 1954 1953 1952 1951 1950 1949 1 3 1 1 1 3 1 3 4 3 2 3 2 3 2 4 5 4 5 4 2 2 1 3 2 4 1 2 8 6 3 9 12 1 11 3 13 3 2 7 2 3 4 9 3 16 2 8 3 7 3 13 5 1 7 13 9 16 10 8 2 12 9 15 18 11 17 10 8 24 5 12 9 27 15 32 33 15 10 11 7 8 6 1 3 16 0 10 4 3 4 1 10 6 1 2 19 12 13 19 18 9 10 8 6 5 7 10 25 4 5 7 7 6 5 15 13 9 25 15 19 15 9 12 26 6 10 33 19 4 14 11 35 22 7 14 8 2 6 1 2 20 30 40 50 100% Pensum 80–99% Pensum 50–79% Pensum <50% Pensum 60 70 Quelle: WEKOT Anzahl Personen 10 Von Juliane Hartmann, Beauftragte für die Ausbildung, A+W «Ich bin ganze Pfarrerin – auf einer halben Stelle.» Teilzeitarbeit im Pfarramt: Kann das tatsächlich gelingen? Für Gemeinde wie auch für PfarrerInnen?Antworten aus der Realität einer Baselbieter Kirchgemeinde. Juliane Hartmann: Denise, du arbeitest zu 50% als Pfarrerin in einer grossen Kirchgemeinde, in der drei weitere Pfarrer mit unterschiedlichen Pensen arbeiten. Was siehst du als Chancen dieses Arbeitsmodells? Denise Perret: Für mich ist es eine ideale Möglichkeit, Familien- und Berufsarbeit miteinander zu verbinden. Weil ich nur begrenzte Zeit zur Verfügung habe, bin ich viel fokussierter als früher. Jetzt habe ich fast jeden Tag eine Deadline: bis um 18 Uhr muss vieles erledigt werden, und ich mache mich dran. Das hilft mir, Projekte anzureissen und auch durchzuziehen. Ich erledige die meisten Dinge sofort und kommuniziere schnell. Überhaupt merke ich, dass Planung und Kommunikation zentrale Punkte geworden sind. Ich würde sagen, ich arbeite mit viel System. Welche inhaltlichen Vorteile siehst du in der Teilzeitarbeit? Meine andere Lebenswelt speist meine Arbeit als Pfarrerin: Ich bekomme einen anderen Blick auf die Menschen, mit denen ich zu tun habe, und die Erfahrungen als Mutter befruchten meine Veranstaltungen in der Gemeinde. Verschiedene Lebenswelten weiten den Blick und sind eine Ressource fürs Pfarramt und die Kirchgemeinde. Nebenbei: die regelmässigen pfarramtsfreien Zeiten sehe ich auch als Burnout-Prophylaxe! Wie stehen denn deine Kollegen zu dir als Teilzeitpfarrerin? Für sie ist es wichtig, dass es klare Regelungen und Vereinbarungen gibt: wann ich da bin, dass ich meine Mails einmal pro Tag checke, wie ich erreichbar bin, auch im Notfall. Obwohl dies fast nie genutzt wird. Denise Perret (36) ist in Therwil BL aufgewachsen, hat zuerst eine Handelsmittelschule absolviert und in einer psychologischen Praxis für Berufsund Laufbahnberatungen gearbeitet. Nach der KTS in Bern und dem Theologiestudium in Basel wurde sie 2008 ordiniert. Die ersten 3 Jahre im Amt hat sie in Chur gearbeitet, wo sie auch im Pfarrhaus gewohnt hat. Jetzt ist sie Pfarrerin in Sissach BL mit einem 50%-Pensum und Mutter eines 2-jährigen Sohnes. 11 AUS GE R E C H N E T : VOL L Z E I T- T E IL Z E I T Daneben braucht es auch eine gewisse Grosszügigkeit und Flexibilität, ja auch Vertrauen, dass es gut für alle ist. Wenn wir stur wären oder anfingen zu ««stündele», würde unser Modell nicht funktionieren. ... und die Kirchenpflege? Für die Kirchenpflege hat die Teilzeitarbeit auch Vorteile: mehr Köpfe denken mit, die Kirche wird vielfältiger und wir können uns gegenseitig flexibler vertreten. Ich denke, wir können den Kirchenpflegen ruhig etwas zutrauen: Auch hier braucht es klare Regelungen. Unsere Kirchenpflege ist sehr offen in der Kommunikation, das hilft. Ich weiss, was erwartet wird, und sie wissen von mir, was ich leisten kann und wo ich meine Grenzen sehe. Du wohnst in einer Privatwohnung, die eine halbe Wegstunde von der Kirchgemeinde entfernt ist. Ich finde es super, dass ich zuhause auch mal in Trainerhosen die Türe aufmachen kann. Der Arbeitsweg, mit Velo oder Zug, ist für mich pure Psychohygiene und auch eine Zeit, die ich für mich habe. Zuerst hatte ich zuhause ein eigenes Büro – inzwischen genügt mir mein Fairphone völlig. Zugleich hätte es auch Vorteile, in der Gemeinde zu wohnen: die Wege wären kürzer, ich wäre am Ort präsenter und ins politische und gesellschaftliche Leben miteingebunden. Wobei ich sagen kann: die Sissacher sehen mich klar als «ihre Pfarrerin» – dazu hilft sicher auch mein zentrales Büro in der Gemeinde. Als Teilzeitpfarrerin haben Arbeit und auch Arbeitsbereiche klare Grenzen … .. und doch ich bleibe eine volle Pfarrerin! Das ist mir wichtig. Ich habe zwar einen Schwerpunkt im Bereich Kinder und Familie; doch die ganze Breite des Pfarramts will ich unbedingt im Blick behalten. Kasualien und «normale» Gottesdienste gehören für mich, wenn auch reduziert, unbedingt dazu. Siehst du in der Teilzeitarbeit auch Auswirkungen aufs Berufsbild von uns Pfarrern und Pfarrerinnen? Sicher rücken Klarheit und Kommunikation in den Fokus. Wir sind ein sehr vielfältiges Team aus Voll- und Teilzeitangestellten. Die einen haben mehr zeitliche Ressourcen als andere. Diese Durchmischung von unterschiedlichen Menschen, Aufgaben und Ressourcen, die zusammenwirken, das macht Kirche hoffentlich auch weiterhin aus. 12 Von Matthias Bachmann, Marketing Theologiestudium Ich will den Job, ich will ihn nicht, … Wer heute evangelische Theologie studiert, braucht sich um die spätere Anstellung nicht zu sorgen. Die Pensionierungswelle der Zwanzigerjahre wird eine gigantische Lücke in den Pfarrerbestand reissen. Die Nachrückenden haben die Wahl und können die Bedingungen diktieren. Wie kaltblütig werden sie sein? Ganz am Schluss, als ich das Mikrofon bereits abgeschaltet habe, kommen die Sätze dann doch noch. «Wenn die Bedingungen schlechter werden, dann muss ich nicht im Pfarramt bleiben», sagt einer der drei Gesprächsteilnehmer, alle im Vollstudium Theologie in Zürich oder Basel. Ich besuchte die drei in der Abschlusswoche des EPS (Ekklesiologisch‐ Praktisches Semester) im Kloster Kappel. Im Soziologenjargon gehören sie zur Generation Y. Dieser Generation sagt man gerne nach, dass sie gut auf den eigenen Vorteil zu achten weiss. Selbstverwirklichung steht im Vordergrund – man verfolgt sie sowohl im Privaten wie im Beruflichen. Daher ist Teilzeitarbeit beliebt, Loyalität eher weniger. Viel Gestaltungsspielraum soll der Job dann trotzdem bieten, schliesslich ist der Beruf für einen da und nicht etwa umgekehrt. Diese Anspruchshaltung junger Menschen sieht die Soziologie befeuert durch demographische Entwicklungen: Relativ kleine Jahrgänge müssen in den kommenden 15 Jahren die riesigen Babyboomer ersetzen, die Richtung Pension rücken. Bei der Situation der Pfarrschaft wird die Nachwuchslücke allerdings dadurch klaffender, dass Theologie in den Achtzigerjahren ein Modefach war und heute eher das Gegenteil erlebt. So kommt es, gesetzt einmal, die Bedingungen bleiben stabil, dass in den Zwanzigerjahren jeweils rund 20 neue Pfarrpersonen rund 70 abtretende ersetzen müssen.Das Erstaunliche an den drei Gesprächsteilnehmern ist, dass ihnen diese Situation durchaus bewusst ist, sie aber keinerlei Anstalten machen, sie auszunützen. Ihnen geht es um etwas ganz anderes. MEHR... Lesen Sie auf Seite 14, worum es den drei Studierenden geht... Matthias Bachmann, Theologe aus der Babyboomergeneration, die voraussichtlich 2030 pensioniert wird. Zurzeit ist er im Auftrag der Deutschschweizer reformierten Kirchen und der Theologischen Fakultäten damit beschäftigt, mehr Menschen für das Theologiestudium und den Pfarrberuf zu gewinnen. 13 AUSGERECHNET: NACHWUCHS-PENSIONIERUNGEN AUSBLICK: PENSIONIERUNGEN VON PFARRPERSONEN IM KONKORDAT (OHNE TESSIN) Jahr 2051 2050 2049 2048 2047 2046 2045 2044 2043 2042 2041 2040 2039 2038 2037 2036 2035 2034 2033 2032 2031 2030 2029 2028 2027 2026 2025 2024 2023 2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016 2015 0 10 20 30 40 Pfarrpersonen (Gemeinde- und Spezialpfarramtsstellen) 50 60 70 Quelle: WEKOT Anzahl Personen 14 Von Matthias Bachmann, Marketing Theologiestudium Die Ermöglicher Ariane Albisser, Francesco Cattani und David Jäger studieren Theologie im Vollstudium und haben Kurs aufs Pfarramt genommen. Matthias Bachmann traf die drei zum Gespräch. Ihm begegnete eine ideologiefreie Gruppe, die vor allem eines will: auf die Leute hören und mit ihnen gemeinsam Gemeinde entwickeln. Matthias Bachmann: Werdet ihr bereits umworben von euren Kantonalkirchen? Ariane Albisser: Weniger von meiner Kantonalkirche, mehr von Personen in der Kirchgemeinde: «Gellet Sie, wenn Sie dann fertig sind, dann bewerben Sie sich bei uns!» Bei der Basis spüre ich eine gewisse Angst, dass sie plötzlich ohne Pfarrperson dastehen könnte. In absehbarer Zeit werdet ihr euch auf eine Pfarrstelle bewerben. Worauf werdet ihr achten? Francesco Cattani: Ich würde einen Kurzabriss geben über meine theologischen Positionen. Es muss eine Kongruenz geben zwischen der Gemeinde und mir. AA: Das Schöne an der reformierten Landschaft ist, dass es sehr unterschiedliche Profile gibt und entsprechend unterschiedliche Gemeinden – da ist für jeden etwas dabei, was passt. Wenn ich dann in einer Gemeinde bin, ist mir vor allem wichtig, dass die Leute nicht einfach Ja und Amen zu allem sagen, sondern sich aktiv einbringen und selbständig denken. Ich will keine Marionettengemeinde, in der ich die Puppenspielerin bin. Ihr überrascht mich! Ich dachte, ihr würdet bei einer Bewerbung mehr auf eure privaten Vorlieben achten: Teilzeit, Teampfarramt (oder auch nicht), Schwerpunktpfarramt … AA: Ich fände es schwierig, mich zu bewerben und zu sagen: Ich gebe keinen Religionsunterricht. Als Theologin will ich mich nicht einer Aufgabe prinzipiell versperren. Ihr könnt euch auch ein klassisches Einzelpfarramt vorstellen? David Jäger: Ja, aber nicht zu abgelegen. Ich möchte mich jetzt nicht in 15 AUSGERECHNET: NACHWUCHS-PENSIONIERUNGEN ein Bergtal zurückziehen. In Stadtnähe kann ich mir das vorstellen. FC: Ich hätte Mühe mit einem Einzelpfarramt, vor allem in einer ländlichen Gegend. Aber ich würde das wiederum theologisch begründen. Für mich spielen Themen wie soziale Gerechtigkeit und schwul‐lesbische Theologie eine wichtige Rolle. Mit diesen Themen würde ich vermutlich eher in eine urbane Milieugemeinde passen. Ihr wollt, dass eure Theologie zur Gemeinde passt. Habt ihr nicht den Anspruch, die Menschen zu überraschen, sie mit einer frischen, coolen Theologie zu überzeugen? DJ: Ich habe den Anspruch, auch ganz andere Leute anzusprechen als die Kerngemeinde. Ich habe schon das Gefühl, dass ich eine coole Theologie habe, die genau diese neuen Leute ins Boot holt (lacht). FC: Coole Theologie, na ja. Ich hatte schon oft das Gefühl, eine coole Theologie zu haben, und dann veränderte sie ein Erlebnis wieder grundlegend. Theologie ist etwas Wandelbares, das finde ich schön. AA: Ich traue der Gemeinde zu, dass alle Priester sind. Alle können über Gott nachdenken und theologische Gedanken entwickeln. Wenn man immer nur anknüpft, befördert das dann nicht eine konservative Kirche? AA: Man muss in der Gemeinde ankommen, aber dann muss man auch ausbrechen aus dem Bestehenden. Das prophetische Wächteramt fehlt heute häufig, dabei gehört es in jede Pfarrstelle. Menschen wachzurütteln, heisst ja auch, an ihrer Situation anzuknüpfen. Ihr versteht euch stark als ergebnisoffene Ermöglicher, die mit Leuten unterwegs sind. Ist das die Zukunft der Kirche? FC: Nur so können wir in Zukunft Kirche machen. Leute, die als Protestanten geboren werden und es fraglos bis zum Tod bleiben, wird es in Zukunft nicht mehr geben. Die Leute bleiben an der Kirche nur interessiert, wenn sie sich zusammen mit einem Theologen auf eine Reise begeben können, Dinge entdecken und gestalten können. AA: Früher dachte man eher, dass etwas perfekt sein muss. Für mich ist klar: Es kommt nie zu einem perfekten Abschluss. Vielleicht spürt man an diesem Punkt, dass nun eine neue Generation und mit ihr eine Werteverschiebung da ist. Ganz hypothetisch: Ihr werdet in den Fünfzigerjahren pensioniert. Wie sieht die reformierte Kirche dann aus? DJ: Sie hat ein neues Logo! (Gelächter) FC: Vielleicht bin ich ein Optimist. Aber ich glaube, dass sie sehr vital sein wird. Ariane Albisser (22) kommt aus dem Kanton Schwyz und studierte in Zürich und Göttingen Theologie. Nun steht der Master in Zürich an. Francesco Cattani (31) kommt aus Zürich und hat dort bis zum Bachelor Theologie studiert. Für den Master ging er nach Toronto. Im Sommer folgt das Lernvikariat. David Jäger (37) wohnt mit seiner Frau und zwei Kindern in Basel. Besuchte die Kunstgewerbeschule und studierte Philosophie. Im Sommer beginnt er mit dem Lernvikariat. 16 Von Mathias Burri, Bildungsentwicklung und Kommunikation A+W Einmal Pfarrer/in, immer Pfarrer/in? Verglichen mit anderen Berufsgruppen, wie zum Beispiel derjenigen der Lehrpersonen, sind Pfarrerinnen und Pfarrer ihrem Beruf auffallend treu. Spricht diese Berufstreue für die Attraktivität des Pfarrberufs und eine hohe Berufszufriedenheit – oder gibt es andere Gründe? Viele Pfarrerinnen und Pfarrer sehen sich ständig steigenden Erwartungen ausgesetzt. Einerseits sinkt die Bedeutung von Kirche und Pfarrberuf in der Gesellschaft und andererseits wird in der aktuellen Orientierungskrise der Kirche die Bedeutung des Pfarramts als «Schlüsselberuf» betont, so zum Beispiel im Impulspapier «Kirche der Freiheit». Es scheint als laste auf den Pfarrerinnen und Pfarrern der grosse Druck, die Kirche erfolgreich durch die aktuellen Veränderungen und Herausforderungen zu führen. Neben Erwartungen von Seiten der Kirchenleitenden und -mitgliedern kommt bei Pfarrpersonen zudem eine innere «Tendenz zur massiven Selbstüberforderung» zum Ausdruck, wie Jan Hermelink es formuliert. Dass die steigenden Anforderungen an die Einzelperson der Pfarrerin und des Pfarrers zu einer Selbstüberforderung führen können, ist mehr als verständlich. Warum jedoch bleiben die Pfarrpersonen gemäss nebenstehender Statistik ihrem Beruf trotzdem treu? Dies kann für die hohe Attraktivität eines Berufs sprechen, der viel Gestaltungsraum lässt, sehr sinngebend ist und viel Kontakt mit unterschiedlichen Menschen ermöglicht und die Pfarrpersonen viel Schwieriges aushalten lässt. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass Pfarrpersonen durch ihre spezifische Ausbildung und Erfahrungen schlichtweg weniger Möglichkeiten haben, im Arbeitsmarkt andere berufliche Aufgaben und Stellen zu finden. Sind Pfarrpersonen vielleicht, so Stimmen von Personalberatenden und Betroffenen, quasi eingeschlossen in einem sehr spezifischen Berufsbild? Und was bedeutet dies für die Personalentwicklung und -führung der Pfarrschaft? MEHR... Lesen Sie die Antworten von Stephan Hagenow auf Seite 18. Impulspapier Kirche der Freiheit. Herausgegeben vom Rat der EKD, 2006. Jan Hermelink: Gegenwärtige Anforderungen an den Pfarrberuf. In: Kirche leiten in Person. Beiträge zu einer evangelischen Pastoraltheologie. Leipzig, 2003. Mathias Burri (40) ist Theologe, Mitglied der reformierten Landeskirche Aargau und arbeitet bei A+W als Stabsmitarbeiter in den Bereichen Bildungsentwicklung und Kommunikation. 17 AUSGERECHNET: BLEIBEN-NEUOR IENT IERUNG STATUS DER ORDINIERTEN NACH ORDINATIONSJAHR (relative Verteilung; Zahlen der Zürcher Kirche) Ordinationsjahr 2013 1 12 2012 10 2011 5 3 2 2010 13 2009 2 1 11 2008 1 1 1 1 1 1 2007 10 2006 1 1 11 6 2005 12 2004 13 2003 2 1 3 1 3 2 2002 17 2001 5 1 2 3 2000 6 8 1999 5 11 1997 18 1996 1 1990 5 0% 10% 20% 30% 40% 3 3 9 4 8 5 50% 4 1 2 4 2 60% 2 2 8 1 1 3 5 9 1988 1 3 7 13 1989 5 4 4 16 1 3 3 18 1991 2 3 1 15 1993 1 2 15 1994 2 1 10 1995 1 5 17 11 1 2 1998 1992 2 70% 80% 90% 100% Pfarramt (inkl. Seelsorge) Kirchlich (z. B. Religionsunterricht, Gesamtkirchliche Dienste) Nicht-Kirchliche Tätigkeiten Pensioniert Verstorben Quelle: WEKOT 18 Von Stephan Hagenow, Personalentwicklung Ref BeJuSo Aus der Sackgasse in die Weite Weiterbildung als Mittel zur Stärkung der Berufstreue und Perspektiveneröffnung. Seit mehreren Jahren nimmt ein Thema stets den ersten Platz bei der vom Berner Pfarrverein initiierten und von Staat und Kirche finanziell unterstützten «Beratungsstelle Pfarramt» ein: Perspektivlosigkeit beziehungsweise Sackgassengefühl. Pfarrerinnen und Pfarrer beklagen ihre fehlende Motivation und eine fehlende Perspektive: «Einmal Pfarrer, immer Pfarrer». Vermehrt tritt bei Pfarrerinnen und Pfarrern das Gefühl auf, sie seien durch ihre Ausbildung und ihren Beruf in eine Sackgasse geraten. Gerade auch jüngere Pfarrpersonen fragen in der Beratung vermehrt nach ihrer Berufsidentität und Rolle in der Gesellschaft. Ins Bild passen da auch die alarmierenden Zahlen eines erhöhten Anteils von Erkrankungen bei WeA-Pflichtigen. Dauerthemen bleiben der hohe Anteil von Kompetenzklärungen gegenüber Behörden sowie Konflikte mit Teammitgliedern. PFARRBERUF ALS SACKGASSE? Die breite Ausbildung zum Pfarramt ist wertvoll, aber auch zu wenig tief, um damit in anderen Berufen zu punkten. Im heutigen Bildungssystem zählen nur zertifizierte Qualifikationen, nicht aber langjährig erworbene Kompetenzen. Die Erfahrungen arbeitslos gewordener Kolleginnen und Kollegen zeigen, dass heute überall CAS/DAS/MAS-kompatible Aus- und Weiterbildungen gefragt sind und die Personalchefs von Wirtschaft und Verwaltung wenig mit den theologischen Abschlüssen anfangen können - auch wenn die Kompetenzen ausreichen bzw. oft sogar Überqualifikationen ins Spiel kommen. TREND TEILZEIT-PFARRAMT Nimmt man die anonymisierten Berichte der Beratungsstelle als Seismograph für die Befindlichkeit der Pfarrschaft und hört zugleich, wie schwer es für arbeitslos gewordene Pfarrpersonen geworden ist, in anderen Stellen unterzukommen, stellen sich zentrale Fragen für die Personalentwicklung. Zumal die geschilderte Problematik parallel mit ei- Die Weiterbildung in den ersten fünf Amtsjahren (WeA) ist verbindlicher und abschliessender Teil der Ausbildung der reformierten Pfarrerinnen und Pfarrer. CAS, DAS, MAS (Certificate, Diploma und Master of Advanced Studies) sind fachspezifische Weiterbildungsangebote. Stephan Hagenow (49) ist seit August 2013 Leiter der Fachstelle Personalentwicklung der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn und war vorher 15 Jahre Pfarrer in der Kirchgemeinde Solothurn. 19 AUSGERECHNET: BLEIBEN-NEUROIENT IERUNG nem weiteren Trend dahergeht: Im Kanton Bern hatten im Jahr 2013 nur noch 143 von 502 Pfarrpersonen eine Vollzeitstelle. Insgesamt betrug der Frauenanteil 39%, die Zahlen der in den letzten Jahren Ordinierten zeigen aber deutlich, dass sich das Verhältnis in den nächsten 15 Jahren umkehren wird. Das heisst: zwei Drittel der Pfarrpersonen werden Frauen sein parallel zum Trend zu mehr Teilzeitstellen. In Zukunft wird es schlicht mehr Pfarrerinnen und Pfarrer geben, die ein zweites Einkommen brauchen. DAS ZWEITE STANDBEIN Hier stellen sich grundsätzliche Fragen für die Anstellungsträger, wie man diesen Trends begegnen kann, damit das Pfarramt weiter attraktiv und die Identifikation mit dem Beruf erhalten bleibt. Denn für den einzelnen braucht es sehr viel Energie, um sich neben dem Pfarrberuf ein zweites Standbein aufzubauen. Im Umgang mit dieser Frage gibt es zwei gegensätzliche Meinungen: Eine Strömung meint, dass es auch eine Aufgabe der Aus- und der Weiterbildung wäre, Kooperationen mit anderen Berufen einzugehen, die wenigstens die Anerkennung von bestimmten Modulen mit sich bringen würde (z.B. Psychologie, Journalistik, HR, Soziologie, Pädagogik). Eine andere Strömung warnt davor, die kirchenspezifischen Aus- und Weiterbildungen so zu erweitern und stattdessen lieber eigene Gefässe zu standardisieren, weil sonst die besonders Kreativen abwandern könnten, die wir dringend in der Kirche brauchen. Nur haben die Erfahrungen mit dem Studiengängen Medienpfarrer/in oder Spiritualen gezeigt, dass nach deren Abschluss viel zu wenige bis gar keine entsprechenden Betätigungsfelder zur Verfügung standen. TIEFGREIFENDE VERÄNDERUNGEN Meines Erachtens steht die Gemeinde- beziehungsweise Kirchenentwicklung und in Folge davon auch die Personalentwicklung vor tiefgreifenden Veränderungen. Gemeindekultur und Berufsbild ändern sich, wenn nur noch ein Drittel in Vollzeit tätig ist und die Fluktuation steigt. Ich glaube jedoch nicht den Unkenrufen, wonach der Pfarrberuf immer mehr zum «Job» wird. Nach wie vor arbeitet die überwiegende Mehrheit aller Pfarrerinnen und Pfarrer mit hohem Engagement, innerem Feuer und Herzblut. Viele spüren durch ihre Ordination eine innere Berufung, die sie zu unglaublichen Leistungen befähigt, sie aber auch manches Krumme aushalten und ertragen lässt. Trend Teilzeitstellen: 2013 waren im Kanton Bern 502 Pfarrerinnen und Pfarrer mit 36 000 Stellenprozenten im Gemeindepfarramt tätig, 60% Männer und 40% Frauen. Dazu kamen noch 50 Pfarrpersonen mit 1400 Stellenprozenten in Seelsorgestellen und Spezialpfarrämtern, überwiegend Teilzeitstellen, besetzt mit 32 Frauen und 18 Männern. Es gibt keine Statistik über die Verweildauer im Pfarramt, klar ist aber seit Jahren der Trend zu Teilzeitstellen. Nur noch 143 Pfarrpersonen üben in Bern ein 100%- Pfarramt aus, vielleicht sind es noch einige mehr, weil in einigen gemeindeeigenen Stellen die Teilzeitanteile auf 100% ergänzt werden. Ansonsten gibt es in 5%-Schritten alle Beschäftigungsgrade, sogar zwei 5%-Stellen. Am häufigsten sind je 71 Personen mit 80% und 50%. Um eine 100%-Stelle besetzen zu können, muss man heute drei Personen ordinieren, weil nur Teilzeitanstellungen gewünscht sind oder andere Stellen als ein Gemeindepfarramt angestrebt werden. 20 AUSGERECHNET: BLEIBEN-NEUROIENT IERUNG Was könnte man tun, damit diese Leidenschaft und Berufstreue erhalten bleibt? 1. FÜHRUNGSKULTUR Auf der Organisationsebene mangelt es vielfach an konkreter Arbeitsplatzgestaltung, der Einsatzplanung und einer effektiven Führung. Wohlgemerkt ist hier nicht einer einseitigen Hierarchisierung oder der Unterordnung der Pfarrpersonen unter den Rat das Wort geredet. Es braucht viel stärker als bisher eine gemeinsame Führungskultur, die aus theologischen Grundsätzen gespeist wird. Gemeinsame Weiterbildungen von Pfarrschaft und Behördenmitgliedern oder mit anderen Ämtern bzw. Berufsgruppen sind bisher eher die Ausnahme. 2. EIGENVERANTWORTUNG In einem säkularen Umfeld intensivieren sich immer stärker die Anforderungsprofile. Es bleibt den Pfarrleuten selbst überlassen, ob sie sich dem notwendigen lebenslangen Lernprozess unterziehen. Hier ist stärker als bisher die Eigenverantwortung zur Weiterbildung gefragt, die durch Anreizsysteme der Anstellungsträger gefördert werden sollte. Hingabe und Leidenschaft zum Beruf bzw. zur Berufung benötigen Nahrung. Kreativität braucht Anregungen. 3. LAUFBAHNBERATUNG Neben die verschiedenen Formen von Mitarbeitergesprächen in den Gemeinden muss eine persönliche Begleitung beziehungsweise Laufbahnberatung durch die Landeskirchen treten. Das Element der persönlichen Begleitung der Mitarbeitenden ist zugleich ein wichtiges Präventionsmittel gegen die geschilderte Perspektivlosigkeit. Allfällige Konflikte und Frustrationen können frühzeitiger erkannt werden. Zugleich sollte die Weiterbildung durch Kooperationen mit verwandten Berufen Perspektiven eröffnen, die Pfarrpersonen ein weiteres Betätigungsfeld ermöglichen. 4.NETZWERKE Die sozialen Beziehungen und Netzwerke der Pfarrerinnen und Pfarrer untereinander müssen wieder wachsen. Die vielen vor sich hin kränkelnden Pfarrvereine bieten ein trauriges Bild, andere Formen werden nur sehr vereinzelt praktiziert. Im kollegialen Austausch liegen grossartige Chancen zur Begegnung, zur Intervision, zum Einüben von Teamfähigkeit, zum Austragen von Konflikten im geschützten Raum, aber auch zur gemeinschaftlichen Pflege der eigenen Spiritualität, wie es sie in keiner anderen Berufsgruppe gibt. Buchtipp: Jörg Bade. Bevor der Tank leer ist. Burnout - ohne mich! Luther Verlag 2012. 21 KREUZ UND QUER und Bedeutungsverlust. Gleichzeitig werden dabei von der Glarner Kirche gesellschaftliche Trends als Chancen für die Kirchen angesehen, so zum Beispiel das erwachte Interesse an Religion und Spiritualität, an Werten, Rückzug, Stille sowie neuen Formen von Gemeinschaft. Die Kirche will mit dem 2013 gestarteten Projekt «Glarner Generationenkirche» einen Reformprozess durchführen, um einen gastlichen Lebensraum mit vielfältigen Zugängen zu schaffen. Die Kirche will sich in der Gesellschaft wieder «neu, wirksam, attraktiv, vielDer Deutsche Evangelische Kirchentag 2015 fältig und greifbar positionieren». http://www.ref. in Stuttgart steht unter der Losung «damit wir ch/gl/default/index/index/id/5213 klug werden» (Psalm 90, Vers 12). Die Losung wird jeweils vom Präsidium des Kirchentags ausgewählt und ist der Leitgedanke der ganzen Veranstaltung. Auf der Website wird dieser wie folgt umschrieben: «Der Glaube an Die Reformierte Kirche Baselland hat in ihrer Gott wird zur Quelle der Klugheit. Glauben för- Herbstsynode dem Antrag des Kirchenrats zur dert das Verstehen unseres eigenen Lebens.» Schaffung einer neuen Stabsstelle Kirchenhttp://www.kirchentag.de/programm/inhalte/losung. und Gemeindeentwicklung zugestimmt. Zu html den Aufgaben der neuen Stelle gehört die Beratung und Begleitung der Kirchgemeinden in Fragen der Gemeindeentwicklung, die Förderung des Austauschs und die Sensibilisierung und Initiierung von übergemeindlicher Zusammenarbeit bis hin zur Bildung von regionalen Kirchgemeinden. Die Vollzeitstelle wurde bis Anfang März ausgeschrieben und ist auf fünf Jahre befristet. http://refbl.ch/refbl/aktuelles/mel- Kirchentag 2015: «damit wir klug werden» Neue Stabsstelle Kirchenund Gemeindeentwicklung Reformprozess: Glarner Generationenkirche dungen/Ergebnisse-der-Herbstsynode-2014.php «Unsere Kirche ist für eine Gesellschaft gebaut, die es heute nicht mehr gibt», sagte Pfarrer Ulrich Knoepfel, Präsident des Kirchenrats, an der Frühjahrssynode vor zwei Jahren. Die Evangelisch-Reformierte Landeskirche des Kantons Glarus kämpft wie andere Kirchen auch mit rückläufigen Mitgliederzahlen 22 BILDUNGKIRCHE Manuela Liechti-Genge wird neue Beauftragte für das Lernvikariat ten sind auch in der deutschen ökumenischen Bewegung Kirche2 (www.kirchehochzwei.de) engagiert. Neben ihren Büchern und Vorträgen kann man einen der Referenten, Christian Hennecke, auch über seinen Blog kennenlernen: christian-hennecke.blog.de (mbu) Quest: Info-Abend am 17. März 2015 Pfarrerin Manuela Liechti-Genge wird per 1. Juni 2015 mit einer 50%-Anstellung neue Beauftragte des Lernvikariats des Konkordats. Die Theologin und Leiterin des Weiterbildungsstudiengangs CAS Ausbildungspfarrer/ in an der Universität Bern übernimmt damit die Verantwortung für die Organisation, Durchführung und Evaluation der Seminarwochen und Module des Lernvikariats. Sie wird Teil des Pfarr-Ausbildungsteams von A+W. (mbu) Im Herbst 2015 startet an den Theologischen Fakultäten Basel und Zürich der Studiengang Quest. Mit Quest eröffnen die Konkordatskirchen Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern die Möglichkeit, in vier Jahren zum Pfarrer, zur Pfarrerin zu werden. Drei Jahre dauert das berufsbegleitende Quest-Theologiestudium, gefolgt vom einjährigen Lernvikariat. Kurzentschlossene haben am Info-Abend vom 17. März Gelegenheit, sich über den Studiengang zu informieren. Vertreterinnen und Vertreter des Konkordats und der beteiligten Fakultäten werden Informationen aus erster Hand liefern. Anmeldeschluss zu Quest ist der Der nächste Impulstag fresh expressions of 15.4.2015. (mb) church findet nicht wie bereits angekündigt im November 2015, sondern neu am Samstag, Info-Abend: 17.3.2015, 18.30 Uhr, Hirschen16. Januar 2016, im Kirchgemeindehaus Neu- graben 50, 8001 Zürich (5 Gehminuten vom münster in Zürich statt. Referenten sind die Hauptbahnhof) deutschen Theologen Philipp Elhaus (Ev.luth. Landeskirche Hannover) und Christan Hennecke (Bistum Hildesheim). Die Referen- Neues Datum Impulstagung Fresh Expressions: 16. Januar 2016 23 BILDUNGKIRCHE Ausblick 2016: Paris, München, Lübeck und Äthiopien Neben bewährten und neuen Weiterbildungen vor Ort bietet pwb 2016 auch Kurse in Paris, München, Lübeck, in den mitteldeutschen Reformationslanden und Äthiopien an. Weiter konnte für einen Kurs in Bern zum Thema Inspiration und Kreativität für den Berufsalltag die aus Funk und Fernsehen bekannte Therapeutin Brigitte Lämmle („Lämmle live“) gewonnen werden. Das neue Weiterbildungsprogramm, das im kommenden Juni erscheint, zeigt dann genauer, was hinter diesen Hinweisen im Einzelnen steckt. (ahk) Sabbatical in London glied des Mitarbeiterkonvents gestalten die Teilnehmenden Gottesdienste, arbeiten in Bildungs- und Kulturangeboten mit und lernen Ansätze von Fresh Expressions kennen. Die Kirche stellt einen Arbeitsplatz an der 79 Endell Street zur Verfügung und hilft bei der Suche nach einer preiswerten Unterkunft in kirchlichen Gasthäusern oder eines Privatzimmers bei Mitgliedern der Kirche. Informationen und Anmeldung auf www.bildungkirche.ch/sabbatical (mbu) Osez le jour! Mardi 2 mai 2015 Sornetan Comment devenons-nous, vivons-nous, rendons-nous visible, expérimentons-nous l’Eglise? Ce sont ces questions que propose d’aborder la troisième édition de la journée « Osez le jour !» Cette journée qui nous conduira du jour à la nuit nous propose d’expérimenter des passages vers la lumière, une vie qui se concrétise, un projet qui prend corps… La journée fera la part belle à l’expérimentation (à travers des ateliers à choix), à l’art (vitraux, musique, etc.), à la découverte. Débutée dans l’église des Genevey dans laquelle F. Vouga éclairera théologiquement les vitraux d’Yves Voirol, elle se conclura dans l’église de Sornetan à travers une célébration. Avec, comme fil rouge musical la participation d’A. Garcia. (Marc Balz) Date: Mardi 2 mai 2015, de 14h à 22h Intervenants: François Vouga, professeur de Nouveau Testament, Antonio Garcia, musicien professionnel Die Swiss Church in London bietet neu die Contact: Alain Wimmer, formation-resp@ Möglichkeit eines zwei- bis dreimonatigen centredesornetan.ch Sabbaticals in London. Als temporäres MitWebsite: www.centredesornetan.ch 24 MEDIEN FILM VERGISS MEIN NICHT BUCH NOTIZEN UND DETAILS 1964–2007 BUCH WIE KLINGT REFORMIERT? HANDBUCH KIRCHENENTWICKLUNG Unter dem Motto Vergiss mein nicht portraitiert der deutsche Filmemacher David Sieveking seine an Demenz erkrankte Mutter. Mit den zärtlichen Augen des Sohnes bekommt der Zuschauer einen tiefen Einblick in die Familienkonstellation, die sich dramatisch verändert. Gleichzeitig würdigt Sieveking das Leben einer besonderen Frau, ihr politisches Engagement, ihre Rolle als Geliebte und Mutter. Der Film dokumentiert die anrührende Liebe der Familie zur Mutter, die alle Schwierigkeiten überdauert und auch Situationskomik zulässt. Am Ende bleibt der Zuschauer mit dem Gefühl zurück, eine wunderbare Frau und Familie kennen gelernt zu haben, die einen schwierigen und doch gangbaren Weg meistert. (Melanie Pollmeier, Arbeitskreis Kirche und Film) Titel: Vergiss mein nicht Genre: Dokumentarfilm Regie: David Sieveking Jahr: 2013 (DVD) Verführung zum Schmökern, zum sich Erinnern, zum Kopfnicken und Kopfschütteln, zum Mitschimpfen und Loslachen, zum Nach- und Weiterdenken. Ein Brevier, das die Kolumnen Kurt Martis in der Zeitschrift Reformatio während über 40 Jahrzehnten vereint. Horizonterweiterung und Gedankenvertiefung , Kirchen- und Kulturgeschichte, Poesie und Theologie mit kritischem Geist und wachem Humor. Ein Schatz an Perspektiven und Sprachschöpfungen, theologischen und weltlichen Entdeckungen. Urprotestantisch in der Arbeit mit und am Wort. Danke. (jh) Titel: Kurt Marti. Notizen und Details. Herausgeber: Hektor Leibundgut, Klaus Bäumlin und Bernhard Schlup. Verlag: TVZ Seiten: 1422 Seiten Erscheinungsjahr: 2010 ISBN: 978-3-290-17541-2 Der Sammelband zu Andreas Martis 65. Geburtstag bietet etliche inspirierende Ideen für die praktische Gestaltung des Gottesdienstes. Dargestellt wird etwa dessen liturgisches Konzept als «Weg» und «Raum» mit entsprechenden Folgerungen für Gottesdienstaufbau und geeignete Lieder. Oder: Unter dem Titel «Lieder wählen» finden sich Orientierungshilfen für das Vorgehen bei der Liedauswahl für den Gottesdienst. Pointiert und bedenkenswert formuliert Marti: «‘Heilsam‘ soll und darf der Gottesdienst sein, und dazu bedarf er der liturgischen Qualität in ihren unterschiedlichen Hinsichten» (S.27). Kurzum: Zu Lektüre und Gottesdienstvorbereitung sehr zu empfehlen! (ahk) Autor: Andreas Marti Herausgeber: David Plüss, Katrin Kusmierz und Kirsten Jäger Verlag: TVZ Seiten: 256 Erscheinungsjahr: 2014 ISBN: 978-3-290-17790-4 Das Handbuch für Kirchen- und Gemeindeentwicklung ist so etwas wie die Visitenkarte des Zentrums für Kirchenentwicklung in Zürich. Eine gelungene Visitenkarte – wie ich meine. In einem breiten theologischen Horizont wird das Thema entfaltet. Wer das Buch in die Hand nimmt, kann darin eine ebenso profunde theologische Orientierung erwarten wie auch praktische Anregungen für die Tätigkeit vor Ort. Pfarrerinnen und Pfarrer, deren Zeitbudget knapp bemessen ist, können bei der Lektüre auswählen: Das Buch erschliesst sich gut über die einzelnen Artikel, so dass man sich ein eigenes Lektüre-Menü zusammenstellen kann. Grund genug also sowohl für theoretisch wie für praktisch Orientierte, das Buch mit Neugier in die Hand zu nehmen. (Albrecht Grözinger) Herausgeber: Ralph Kunz, Thomas Schlag Verlag: TVZ Seiten: 537 Seiten Erscheinungsjahr: 2014 ISBN: 978-3-7887-2839-7 25 PORTRÄT: MAT THIA S SALADIN Eine hammermässige Kirche bauen Foto: Peter Hauser Mir war schon vor dem Theologiestudium klar: Ich will in Sissach eine neue ICF-Gemeinde mitbegründen. Das klappte, ich habe dort jetzt eine Pastorenstelle mit einem Teilzeitpensum. Der Basler ICF-Pastor riet mir dann, an der Theologischen Fakultät Basel zu studieren. Ich würde mich nicht als evangelikal bezeichnen. Ich meine es einfach ernst mit dem Glauben und halte ihn für sehr relevant. Vor allem will ich nicht Theologie betreiben unabhängig von der Kirche. Theologie muss für mich ein Ziel haben. Für mich ist die Kombination Studium/Teilzeitpastor daher ideal und sehr be- reichernd. Ich glaube, dass wir jetzt schon einen Teil von Gottes Reich erleben dürfen. Deswegen will ich mich voll und ganz dafür einsetzen, eine hammermässige Kirche zu bauen! Im Studium habe ich an theologischer Weite gewonnen. Ich realisiere, was Menschen vor mir gedacht haben und was das wert ist. Ich bin in der Landeskirche gross geworden. Im Augenblick passt mir das ICF, da kann ich etwas reissen. In ferner Zukunft kann ich mir schon vorstellen, dass in der Landeskirche eine Aufgabe auf mich wartet. 26 QUEST uest: Jetzt Pfarrer/in werden? Der neue Studiengang für den vereinfachten Quereinstieg in das reformierte Pfarramt startet am 14.9.2015 Dauer Drei Jahre Studium (berufsbegleitend) plus ein Jahr Lernvikariat Anmeldefrist 15.4.2015 Info-Abend 17.3.2015, 18.30 Uhr Hirschengraben 50, 8001 Zürich W W W. T H E O L O G I E S T U D I U M . C H / Q U E S T 27 KOLU M N E : M AT T HI A S K R IEG Ausgerechnet GARTEN Was mache ich da eigentlich? Ich bin durch Heirat zu einem Garten gekommen. Mähe Rasen, jäte Beete, schneide Bäume, stecke Zwiebeln. Zufrieden bin ich nicht. Dem Ganzen fehlen irgendwie Stil und Pfiff. Eines Abends mache ich zwei Zeichnungen: Wie es ist, und wie es sein soll. Ich sehe nun aus der Distanz einer fliegenden Krähe, was ich da mache, was es mich kostet, was es uns bringt. Die eine Zeichnung. Dabei entsteht eine Vorstellung mit Ideen. Ausgerechnet Obstbäume? Nein, dafür habe ich keine Zeit. Pfingstrosen und Schwertlilien, ja, nun ausgerechnet die! Vor meinen Augen entsteht eine Anlage, die den Namen Garten verdient. Die andere Zeichnung. Fortan weiss ich, was ich mache. Selbst aus der Distanz einer hüpfenden Erdkröte. UMKEHRUNG Praxis & Theorie muss es heissen. So herum! Nicht, wie es immer so blindlings daherkommt. Theorie & Praxis ist falsches Denken! Immer ist zuerst eine Praxis. Ein Machen ohne besonderes Nachdenken. Bis es sich eines Tages aufdrängt. Meist wegen der Ressourcen & Benefits. Meist wegen der Grenzen des Machbaren. Theorie ist Sichtung der Praxis. Hinsehen, was da eigentlich gemacht wird. Praxis ist Wahrung der Theorie. Machen, was da eingesehen wurde. Das aber nicht einmal, sondern Hin & Wieder. Auch ohne Organisationsberatung. AUSGERECHNET Eine Gemeinde sei doch kein Garten, höre ich sagen. Pfarrerinnen und Pfarrer seien keine Erdkröten, Gemeindeglieder keine Pfingstrosen oder Obstbäume. Mag sein. Man muss Gleichnisse nicht mögen. Wer aber nicht will, dass irgendeine Krähe ausrechnet, wie viele Kröten der Garten braucht, lässt sich lieber vorübergehend Flügel wachsen und von der eigenen Theorie beflügeln. Schliesslich ist der Garten ja das gemeinsame Biotop, in dem Gottes Blumen des Guten blühen. Lieber nicht auf eine fremde und teure Krähe warten … 28 CAMPUS KAPPEL Kappel: Theologiewoche für junge Menschen vom 13.–17. Juli 2015 Mit Barbara Bleisch Pierre Bühler Knackeboul u.v.a.m. PHILOSOPHIN THEOLOGE RAPPER W W W. C A M P U S K A P P E L . C H 29 Alle Informationen und Anmeldung für Weiterbildungsangebote auf: bildungkirche.ch Planen Sie Ihre Weiterbildung 2015? Auf unserem Bildungsportal bildungkirche.ch finden Pfarrerinnen und Pfarrer, Sozialdiakoninnen und Sozialdiakone, kirchliche Mitarbeitende und Behördenmitglieder passende Weiterbildungsangebote in allen Handlungsfeldern. Ü B E R FAC H L I C H E KOM PE T E N Z E N Sa, 25. April 2015 TIPP Stellvertretendes Sühnopfer – Auslauf- oder Zukunftsmodell? Wie Jesu Tod als Heilsereignis zu deuten sei, darüber wird seit der frühen Christenheit gestritten. Am Studientag wird die Deutung seines Todes als stellvertretendes Sühnopfer diskutiert und ihr Ertrag für Verkündigung, Bildung und Seelsorge geprüft. Anmeldung bis 25.3.2015 19.–20. Mai 2015 und 11. September2015 TIPP Aktiver Umgang mit den eigenen Ressourcen. Leben im anspruchsvollen Pfarramtsumfeld gestalten. Der Kurs zeigt Gestaltungselemente des Umgangs mit der eigenen Berufung sowie den Berufsbelastungen. Anmeldung bis 25.4.2015 31. August – 4. September 2015 TIPP Orte der Reformation (Exkursionsseminar) Ausgehend vom Rügel erkunden wir fünf Reformationsorte: Basel, Schaffhausen, St. Gallen, Chur, Neuchâtel. Anmeldung bis 30.6.2015 7.–8. September 2015 Dogmatik IV: Ekklesiologie Ein zweitätiges Seminar. Anmeldung bis 30.6.2015 22.–26. Juni 2015 NEU Freier predigen: Preaching by Heart. Wie kommt es, dass sich während der Predigt Gottes Wort in den Herzen der Zuhörer ereignet? Darüber verfügen wir letztendlich nicht, aber es gibt bewährte Methoden, die helfen. Thomas Kabel und Henry Sturcke bieten einen Raum zur praktischen Erprobung. Anmeldung bis 31.3.2015 23.–25. November 2015 Update Bibelwissenschaft II Jesus und sein Wirken im Licht aktueller Forschung. Anmeldung bis 31.3.2015 23.–27. November 2015 TIPP Johannes PREDIGEN. Kontextuelle Auslegung des vierten Evangeliums. Predigen zählen zu den zentralen Aufgaben pfarramtlicher Tätigkeit. Der Kurs lädt ein, sich auf weniger bekannte Methoden zur Predigtvorbereitung einzulassen und sich zugleich mit neuerer Literatur zum Johannesevangelium auseinanderzusetzen. Anmeldung bis 31.3.2015 VERKÜNDIGUNG UND GOTTESDIENST BILDUNG UND S PIR I T UA L I TÄT 24.–28. August 2015 «Wortwechsel» Predigt in nachmoderner Zeit. Anmeldung bis 31.5.2015 29. Juni – 1. Juli 2015 TIPP Wie Lebenswelten im Glauben unterwegs sind Milieusensible Arbeit mit Glaubenskursen: Was braucht es an Formen, Sprache, Symbolik und Metaphorik, um mit Menschen aus anderen Milieus einen Weg zu finden und zu gehen? Anmeldung bis 31.3.2015 14.–18. September 2015 Was ist reformiert? Antworten aus Kunst und Architektur. Anmeldung bis 31.7.2015 NEUES DATUM 14.–16. Juni 2015 Kleiner Gottesdienst – Grosse Chance Liturgische Feiern am Sonntag und im Alltag Anmeldung bis 31.3.2015 26.–28. Mai 2015 TIPP Maria, Moses & Noah Biblische Heldinnen und Helden im Film. Vermittelt wird eine Übersicht biblischer Figuren in aktuellen Medienprodukten. Im Zentrum stehen die Wirkungsgeschichte dieser Figuren im Film und die Umsetzung in die kirchliche Praxis. Anmeldung bis 30.4.2015 2.– 6. November 2015 Kurz-Exerzitien – Tage im Schweigen «Gott, du mein Gott, dich suche ich.» (Ps. 63,2) Anmeldung bis 31.3.2015 9.–13. November 2015 TIPP Bibliolog – Grundkurs Biblische Texte und sich selbst neu erfahren. Bibliolog begeistert, seit er in der Schweiz eingesetzt wird, ganz unterschiedliche Personen von 8 bis 80 Jahren. Kirchlich Engagierte öffnen sich für Zwischentöne und Unerwartetes. Distanzierte werden neu fasziniert vom Reichtum unserer Tradition. Anmeldung bis 31.3.2015 16.–18. November 2015 Lernen und Lehren mit digitalen Medien Ein praxisorientierter Grundkurs Medienbildung. Anmeldung bis 31.3.2015 30 AGE N DA 16.–18. November 2015 Konf to go – Vertiefungsseminar Die Gelegenheit, die eigene Planung zu überdenken und sich durch das neue, vielseitige Lehrmittel für eine (zumindest teilweise) neue Gestaltung des Konf-Jahres inspirieren zu lassen. Anmeldung bis 31.3.2015 DI A KONIE U N D SEELSORGE 21.–25. September 2015 LOS Stufe 1 In diesem Kurs werden die Grundlagen der lösungsorientierten Methode, erweitert durch psychoanalytische Elemente und ein Instrumentarium zur Evaluation des rhetorischen Geschehens in der Seelsorge und anderen kommunikativen Situationen, vermittelt. Anmeldung bis 31.3.2015 Der Kurs ermöglicht die Teilnahme am Internationalen Symposium zum 200-jährigen Jubiläum der Basler Mission. Anmeldung bis 31.3.2015 SABBAT ICAL S WEITERBILDUNG IN DEN ERSTEN AMTSJAHREN 31. August – 4. Sept. 2015 Kommunikation erleben und gestalten Wie kommuniziere ich wirkungsvoll und authentisch? Anmeldung bis 31.3.2015 29. Juni – 3. Juli 2015 Jung – ja und? Seelsorge mit Jugendlichen Praxishilfen für Pfarrpersonen Anmeldung bis 31.3.2015 Swiss Church in London Für zwei bis drei Monate als Mitglied des Mitarbeiterkonvents die Swiss Church in London erleben und mitgestalten! Informationen und Anmeldung unter www.bildungkirche.ch/sabbatical STUDIENREISE 26.–30. Oktober 2015 Komplexe Gesprächssituationen kreativ meistern Einführung in die systemische Seelsorge Anmeldung bis 31.3.2015 STUDIENREISE GEMEINDEENTWICKLUNG UND LEITUNG 19.–24. April 2015 Chagall, die Bibel, der 4. September 2015 Midrasch TIPP Partner in der Studienreise nach Nizza. Gemeindeleitung Wir tauchen in die farbige Die partnerschaftliche Welt der Bilder von Marc Gemeindeleitung ist ein Chagall ein, die ganz neue anspruchsvolles Modell. Zugänge zur Bibel An dieser Tagung fragen erschliessen. Der Dialog wir nach dem Beitrag der zwischen Bild, Bibeltext Professionellen zu einer und rabbinischer gelingenden Partnerschaft Auslegung eröffnet mit der Behörde. ungeahnte Dimensionen. Anmeldung bis 31.3.2015 Anmeldung bis 31.3.2015 23.–27. September 2015 TIPP Mission gestern = Zukunft der Gemeinde? Reise zu Fresh Expressions of Church 24.–30. Oktober 2015 Die anglikanische Kirche hat sich aufgemacht, Gemeinden zu gründen jenseits der traditionellen Parochien. Die Reise kommt diesen Aufbrüchen auf die Spur und fragt nach Impulsen für unsere eigene Arbeit im Gemeindeaufbau. Anmeldung bis 31.3.2015 31 AGE N DA HIGHLIGHTS Piazza Grande 10.–14. August 2015 Filmkurs am internationalen Filmfestival Locarno. Filme als Leitmedium unserer Zeit erzählen oft Geschichten, die Grundfragen des Lebens berühren und biblische Themen aufgreifen. Das vielfältige Angebot eines Filmfestivals geht über das normale Kinoprogramm hinaus und eröffnet neue Horizonte. Anmeldung bis 31.3.2015 Update Bibelwissenschaft II Neues Datum: 23.–25. November 2015 Die Entwicklung der Bibelwissenschaft ist in den letzten Jahren nicht stehen geblieben. Der Kurs gibt aktuelle Impulse für die eigene Auseinandersetzung mit den Jesuserzählungen und den Umgang mit ihnen in der Praxis. Anmeldung bis 31.3.2015 Freier predigen: Preaching by Heart 22.–26. Juni 2015 Wie kommt es, dass sich während der Predigt Gottes Wort in den Herzen der Zuhörer ereignet? Darüber verfügen wir letztendlich nicht, aber es gibt bewährte Methoden, die helfen. Thomas Kabel und Henry Sturcke bieten einen Raum zur praktischen Erprobung. Anmeldung bis 31.3.2015 Literaturclub mit Hardy Ruoss 17.–21. August 2015 Die Seminarteilnehmenden diskutieren aktuelle und neueste Literatur. Sie entdecken darin Spiegelungen der Fragen unserer Zeit, die ihnen in ihrer beruflichen Tätigkeit selbst immer wieder begegnen. Anmeldung bis 30.4.2015 Aus- und Weiterbildung der Pfarrerinnen und Pfarrer Blaufahnenstrasse 10 CH-8001 Zürich Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn Weiterbildung pwb Altenbergstrasse 66 CH-3000 Bern 25 Bildungsportal für kirchliche Mitarbeitende: www.bildungkirche.ch
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