Einstellung als Beamter auf Widerruf im

VG Würzburg, Beschluss v. 28.08.2015 – 1 E 15.787
Titel:
Einstellung als Beamter auf Widerruf im Vorbereitungsdienst
Normenketten:
GG Art. 33 II
BV Art. 94 II
VwGO § 123
LIbG Art. 22 I 2, II 2, 25
BeamtStG §§ 7, 9
§ 9 BeamtStG
Art. 33 Abs. 2 GG
Art. 94 Abs. 2 BV
§ 123 VwGO
Schlagworte:
Beamter, Widerruf, Vorbereitungsdienst, Eignung
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 12.513,36 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung, ihn
zum nächst möglichen Zeitpunkt zum Vorbereitungsdienst in der 2. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn
Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt Steuern, im Beamtenverhältnis auf Widerruf einzustellen.
1.
Der am ... geborene Antragsteller nahm am 7. Juli 2014 erfolgreich an der Auswahlprüfung des
Landespersonalausschusses (LPA) für die zweite Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und
Finanzen im Einstellungsjahr 2015 teil, wobei er die Platzziffer 6 von 8279 Prüfungsteilnehmern erreichte.
Unter dem 3. Oktober 2014 bewarb sich der Antragsteller beim Bayerischen Landesamt für Steuern um die
Einstellung als Steuersekretäranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf zum 1. September 2015.
Am 27. Oktober 2014 fand beim Finanzamt B. ein Vorstellungsgespräch statt, in welchem festgestellt
wurde, dass der Antragsteller für den Einstieg in der 2. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung
und Finanzen, Fachlicher Schwerpunkt Steuern, nicht geeignet sei. Auf die Niederschrift über das
Vorstellungsgespräch wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Am 5. Februar 2015 fand auf Einladung des Antragsgegners ein weiteres persönliches Gespräch mit dem
Antragsteller beim Bayerischen Landesamt für Steuern statt. Der Verlauf dieses Gesprächs wurde mit
Aktenvermerk vom 25. Februar 2015 festgehalten. Darin wurde nach einer ausführlichen Schilderung des
Gesprächsverlaufs zusammenfassend festgestellt, dass aufgrund des gezeigten Verhaltens während des
Vorstellungsgesprächs erhebliche Zweifel an der persönlichen und charakterlichen Eignung des
Antragstellers bestünden. Der Antragsteller habe vor allem in Anbetracht seines Alters sehr nervös und
angespannt gewirkt, aber dennoch einen äußerst von sich selbst überzeugten Eindruck hinterlassen. Er
habe ohne Punkt und Komma geredet, sich häufig wiederholt, Regierungsdirektorin S. des Öfteren
unterbrochen und sei häufig nicht auf die gestellten Fragen eingegangen. Die Fehler suche er immer bei
anderen, was offenbar durch seine Überheblichkeit bedingt sei. Ursprünglich habe er in die innere
Verwaltung gewollt, er könne sich die Finanzverwaltung aber auch vorstellen. Auch habe der Antragsteller
geäußert, dass er eigentlich nur an der 3. Qualifikationsebene interessiert sei, ihm dies aber wegen seines
hohen Alters zu unsicher sei. Er wolle gern die modulare Qualifizierung absolvieren und habe sich im Laufe
des Gesprächs informiert, wie lange dies bis zum Bestehen dauern werde. Insbesondere im Bereich
Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Einfühlungsvermögen hätten sich während des gesamten
Gesprächs starke Defizite gezeigt. Eine entsprechende Konfliktfähigkeit und die Fähigkeit, in angemessener
Art und Weise mit Kollegen und Vorgesetzten zusammen zu arbeiten, werden erheblich in Frage gestellt.
Von einer Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf sei daher abzusehen.
2.
Mit Schreiben vom 2. April 2015, zugestellt am 8. April 2015, teilte das Landesamt für Steuern dem
Antragsteller unter Rückgabe der Bewerbungsunterlagen mit, dass er nach dem Vorstellungsgespräch am
5. Februar 2015 für eine Einstellung mit Einstieg in der 2. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung
und Finanzen, Fachlicher Schwerpunkt Steuern, nicht geeignet sei. Von einer Einstellung müsse daher
abgesehen werden.
3.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit am 7. Mai 2015 beim Verwaltungsgericht Würzburg eingegangenem
Schriftsatz Klage (Az.: W 1 K 15.402), über die noch nicht entschieden ist.
4.
Am 24. August 2015 beantragte der Antragsteller (sinngemäß),
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller zum 1.
September 2015 bzw. zum nächst möglichen Zeitpunkt zum Vorbereitungsdienst in der 2.
Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, Fachlicher Schwerpunkt Steuern, unter
Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf einstweilen zuzulassen.
Zur Begründung führte er (zusammengefasst und im Wesentlichen) aus, der Anordnungsanspruch ergebe
sich aus einer Verletzung seines Bewerberverfahrensanspruchs. Seine persönliche Eignung sei mit einem
tatsächlich ungeeigneten und rechtlich unzulässigen Personalauswahlinstrument abgeprüft worden. Nach
Art. 22 Abs. 1 Satz 2 des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG) stünden der Einstellungsbehörde zur
Überprüfung der persönlichen bzw. charakterlichen Eignung zwei Alternativen zur Wahl. Zum einen könne
das Vorliegen der persönlichen Eignung Gegenstand von Prüfungen sein. Diese seien in Art. 22 Abs. 1
LlbG abschließend aufgezählt, wobei im Falle des Antragstellers nur die Einstellungsprüfung einschlägig
gewesen wäre. Dabei sei nach der Kommentarliteratur lediglich die Integration der angesprochenen
Thematik in die Einstellungsprüfung zulässig. Der Antragsgegner habe aber die Regelung des Art. 22 Abs.
2 Satz 1 LlbG genutzt, die Einstellungsprüfung als besonderes Auswahlverfahren i. S. d. Abs. 7 derselben
Vorschrift auszuprägen. Diesem Verfahren ließen sich jedenfalls im Falle des Einstellungsjahrgangs des
Antragstellers keine Segmente bezüglich der persönlichen Eignung entnehmen. Im Übrigen dürfe an ein
Verfahren nach Art. 22 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 i. V. m. Satz 1 LlbG überhaupt nicht die Rechtsfolge des
Abs. 8 Satz 1 derselben Vorschrift geknüpft werden, da in diesem explizit auf die Alternative 2 verwiesen
werde. Im Verfahren nach der Alternative 1 könne das Nichtbestehen bzw. die Versagung der Einstellung
somit nur nach dem Nichtbestehen der gesamten Einstellungsprüfung erfolgen. Nach der zweiten
Alternative (Art. 22 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 i. V. m. Abs. 8 LlbG) werde die Überprüfung der persönlichen
Eignung im Rahmen einer eigenständigen mündlichen Prüfung gestattet. Dies dürfe aber nur unter der
Heranziehung wissenschaftlicher Maßstäbe geschehen. Ein derartiges Verfahren sei jedoch nicht zur
Anwendung gekommen. Für ein weiteres denkbares Verfahren sei seit der gesetzlichen Normierung der
Auswahlverfahren kein Raum mehr. Dies bedeute für die abgelehnten Bewerber eine irreparable Verletzung
ihres Bewerberverfahrensanspruchs, weil eine erneute fehlerfreie Durchführung des Auswahlverfahrens
zum Einstellungstermin 1. September 2015 bei realistischer Betrachtung nicht mehr möglich sei. Bei einer
erneuten Durchführung eines Auswahlverfahrens nach Art. 22 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 i. V. m. Abs. 8
LlbG gehe die Vergleichbarkeit der Leistung in Bezug auf das Wettbewerbsumfeld verloren. Es sei dem
Antragsteller daher nicht zuzumuten, dass er sich als einziger einer im Vergleich zum Bewerberfeld
modifizierten Maßnahme unterziehe. Deshalb könne die Auswahlentscheidung vorliegend nur ohne
Berücksichtigung eines Verfahrens zur Feststellung der persönlichen Eignung erfolgen. Dabei sei unter
Zugrundelegung des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 LlbG und der gleichzeitigen Unterstellung des Fehlens eines
sachlichen Grundes im Hinblick auf die vom Antragsteller erreichte beste Platzziffer unter allen Bewerbern
im Bereich der Steuerverwaltung von einer Ermessensreduzierung bei der Auswahlentscheidung auf Null
auszugehen. Des Weiteren habe der Antragsgegner auch sachfremde Erwägungen im Hinblick auf eine
Altersdiskriminierung sowie persönliche Befindlichkeiten in die Auswahlentscheidung einbezogen. Der
Antragsteller sei trotz seiner hervorragenden Platzziffer erst zur Einreichung der erweiterten
Bewerbungsunterlagen aufgefordert worden, nachdem er selbst aktiv geworden sei. Da dem Landesamt für
Steuern zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Informationen über seine Persönlichkeit vorgelegen hätten,
könne für diese Vorfestlegung lediglich das bereits übermittelte Geburtsdatum, eventuell auch der
Geburtsort i. S. einer regional-herkunftsbezogenen Diskriminierung, verantwortlich sein. Es werde
beantragt, vom Antragsgegner eine eidesstattliche Erklärung darüber einzuholen, wann die vier bis fünf
besten Bewerber nach der Platzziffer, welche sich in einem Lebensalter bis zu 25 Jahren befänden, durch
das Landesamt für Steuern nach Bekanntgabe der Platzziffer erstmalig kontaktiert worden seien und wann
diese ihre Einstellungszusage erhalten hätten. Des Weiteren falle auf, dass bei allen in den juristischen
Datenbanken dokumentierten Entscheidungen diejenigen Bewerber, denen die Einstellung aufgrund
fehlender persönlicher Eignung versagt worden sei, etwa 40 Jahre alt gewesen seien. Es werde beantragt,
im Wege einer eidesstattlichen Erklärung die Übermittlung der Geburtsdaten aller aus Gründen der
persönlichen Eignung abgelehnten Bewerber an das Gericht zu verlangen. Untypisch seien auch der
zeitliche Ablauf bis zur ursprünglichen Terminierung des zweiten Vorstellungsgesprächs auf den 24.
Februar 2015, d. h. etwa vier Monate nach dem ersten Vorstellungsgespräch am 27. Oktober 2014, sowie
das Verstreichenlassen weiterer sieben Wochen bis zur Mitteilung der Ablehnung. Der Antragsteller sei
auch nicht auf den Prüfungscharakter der Gespräche hingewiesen worden. Er sei davon ausgegangen,
dass bei dem zweiten Termin nur Restprobleme geklärt werden sollten. Der Prüfungscharakter sei auch
nicht in der Einladung zum ersten Vorstellungsgespräch thematisiert worden. Der Antragsteller sei
systematisch und vorsätzlich über den Charakter dieser Termine getäuscht worden. Die Einschätzungen
des Antragsgegners seien von Ungenauigkeiten, schlichten Behauptungen, Spekulationen und
Unterstellungen geprägt, welche teils über das zulässige Maß hinausgingen. Fakten aus dem Lebenslauf
des Antragstellers seien nachweislich unzutreffend zur Kenntnis genommen worden und seien aufgrund
ihres zutiefst selektiven Charakters zudem eindeutig tendenziös. Entgegen der Darstellung im
Gesprächsprotokoll des zweiten Vorstellungsgesprächs habe er nicht von einer Einkommenssteuer im
Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften gesprochen. Er habe auch nicht geäußert, dass ein Großteil aller
Steuerbescheide falsch sei, sondern einen Zusammenhang mit der kolportierten stark verdichteten
Arbeitsweise sowie der hohen Änderungsfrequenz der Steuergesetze und der hohen Fehlerzahl der
angegriffenen Bescheide hergestellt. Die daraus gezogenen Schlüsse des Antragsgegners bewegten sich
gänzlich im spekulativen Bereich und seien völlig unzutreffend. Der Antragsteller habe auch nicht geäußert,
„besser als der Beste“ in der Prüfung gewesen zu sein. Er habe lediglich die Gelegenheit seiner
Abschlusserklärung dazu nutzen wollen, das gute Abschneiden im Auswahltest noch einmal
hervorzuheben. Die Gesprächsleiterin habe eine Tendenz zu oft völlig unzutreffenden bzw. zumindest
sachlich unbegründeten Interpretationen und teils hochproblematischen, darauf folgenden Deutungen
gezeigt. Dies unterstreiche die Nichtgeeignetheit des ausgeübten Verfahrens.
Es sei auch ein Anordnungsgrund gegeben, da eine Entscheidung in der Hauptsache bis zum regulären
Ernennungstermin zum 1. September 2015 nicht möglich sei und der Antragsteller mit dem darauffolgenden
Ernennungstermin am 1. September 2016 die reguläre Altersgrenze nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG
überschreite. Eine gewisse Vorwegnahme des Begehrens in der Hauptsache sei unter diesen Umständen
möglich.
Ergänzend wurde auf die im Klageverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
5.
Für den Antragsgegner beantragt das Bayerische Landesamt für Steuern,
den Antrag abzulehnen.
Es fehle bereits an einem Anordnungsanspruch, da der Antragsteller aufgrund der fehlenden persönlichen
Eignung keinen Anspruch auf Übernahme in den öffentlichen Dienst habe. Auf die diesbezüglichen
schriftsätzlichen Ausführungen im Klageverfahren wurde Bezug genommen. Die persönliche Eignung i. S.
d. § 9 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) werde im Bereich der Einstellung in den
Vorbereitungsdienst in der 2. Qualifikationsebene der Steuerverwaltung durch Vorstellungsgespräche
überprüft. Der Inhalt und Ablauf der Gespräche sei durch die im Klageverfahren vorgelegten Niederschriften
glaubhaft gemacht. Die Beurteilung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sei ein gerichtlich
nicht voll überprüfbarer Akt wertender Erkenntnis des Dienstherrn, dem bei seiner Entscheidung ein breiter
Beurteilungsspielraum zustehe. Insbesondere sei es seinem pflichtgemäßen Ermessen überlassen,
welchen sachlichen Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimesse. Er
könne aus der Fülle der Vorkommnisse, Verhaltensweisen und Eindrücke, die im Verlauf eines
Vorstellungsgesprächs zu Tage träten, diejenigen bestimmen, die nach seiner Ansicht Gewicht und
Aussagekraft für das zu findende Eignungsurteil besäßen, sofern dies willkürfrei geschehe. Der
verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegende Beurteilungsfehler seien dem Antragsgegner nicht
unterlaufen. Dass der Antragsteller die Gespräche anders erlebt habe, liege in der Natur der Sache. Es
entspreche seinem Argumentationsmuster, dass er die Fehler nicht bei sich, sondern bei den ihn
befragenden Beamten suche, denen er Verständnis- und Memorierungsprobleme attestiere,
Realitätsverweigerung und Grammatikprobleme vorwerfe sowie Tendenz und Diskriminierung unterstelle.
Die Durchführung von Vorstellungsgesprächen zur Feststellung der persönlichen Eignung sei rechtmäßig.
Art. 22 Abs. 1 LlbG nenne zwei Alternativen, nämlich Prüfungen nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 LlbG oder ein
gesondertes wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren, insbesondere ein Assessment-Center oder ein
strukturiertes Interview. Dabei sei es in das Ermessen des Dienstherrn gestellt, welches Verfahren er wähle.
Die Vorstellungsgespräche stellten Einstellungsprüfungen dar und seien somit ein zulässiges Instrument zur
Überprüfung der charakterlichen Eignung. Die wissenschaftliche Fundierung eines Vorstellungsgesprächs
sei aufgrund der alternativen Formulierung des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG gerade nicht erforderlich. Aus der
genannten Vorschrift folge auch nicht, dass die Überprüfung der persönlichen Eignung im Rahmen des
besonderen Auswahlverfahrens (LPA-Test) erfolgen müsse. Das besondere Auswahlverfahren habe
lediglich Bedeutung für die Beurteilung der fachlichen Eignung eines Bewerbers. Der Begriff der
Einstellungsprüfung lege nicht nahe, dass lediglich eine Prüfung erfolgen dürfe, um sämtliche Aspekte der
nach § 9 BeamtStG erforderlichen Eignung zu überprüfen. Bei Nichtbestehen des Vorstellungsgesprächs
dürfe die Einstellung sehr wohl abgelehnt werden. Aus der Regelung in Art. 22 Abs. 8 Satz 1 LlbG, wonach
bei Durchführung eines gesonderten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahrens die Einstellung dessen
Bestehen voraussetze, folge nicht im Gegenschluss, dass bei Durchführung eines Vorstellungsgesprächs
das Bestehen entbehrlich sei. Die zuletzt genannte Vorschrift stelle für das gesonderte Auswahlverfahren
lediglich klar, was sich als allgemeiner Grundsatz bereits aus § 9 BeamtStG ergebe, nämlich die
Notwendigkeit der Eignung sowohl in fachlicher als auch gesundheitlicher und persönlicher Hinsicht. Der
Prüfungscharakter der Vorstellungsgespräche habe einem verständigen Betrachter klar sein müssen. In der
Einladung zum Vorstellungsgespräch beim Finanzamt B... sei explizit der Begriff „Vorstellungsgespräch“
verwendet worden. Mit Schreiben vom 16. Januar 2015 sei dem Antragsteller vom Landesamt für Steuern
mitgeteilt worden, dass aufgrund seines Vorstellungsgesprächs am Finanzamt B... beabsichtigt sei, mit ihm
ein „Gespräch zu führen“. Da es sich nicht um ein strukturiertes Interview gehandelt habe, sei auch ein
entsprechender Hinweis nicht erforderlich gewesen. Die Erwähnung des Begriffs „Prüfung“ in den
Einladungsschreiben sei ebenfalls nicht notwendig gewesen, weil der Antragsteller aus den gewählten
Formulierungen habe erkennen können, dass sein Einstellungsverfahren noch nicht erfolgreich beendet sei
und der Ablauf des Vorstellungsgesprächs am Finanzamt Einfluss auf seine Einstellung haben würde. Dies
gelte genauso für das zweite Vorstellungsgespräch, da er nach dem ersten Vorstellungsgespräch keine
positive Zusage über dessen Bestehen erhalten habe. In derartigen Vorstellungsgesprächen lediglich eine
abrundende Wirkung ohne große Relevanz für die Einstellung zu vermuten, widerspreche jeglicher
Lebenserfahrung. Aus den Einlassungen des Antragstellers, dass er sich auf die Gespräche vorbereitet
habe, ergebe sich auch, dass er die Bedeutung der beiden Termine sehr wohl erfasst habe. Da allein das
Landesamt für Steuern als Einstellungsbehörde die abschließende Entscheidung über die persönliche
Eignung oder Nichteignung treffe, habe der Antragsteller auch nicht über das Ergebnis des ersten
Gesprächs am Finanzamt informiert werden müssen. Sachfremde Erwägungen in Form der behaupteten
Altersdiskriminierung lägen nicht vor. Aufgrund des Ablaufs des Auswahlverfahrens beim LPA sei das
Landesamt für Steuern überhaupt nicht über die Bewerberdaten des Antragstellers informiert worden. Erst
durch seine Initiativbewerbung habe das Landesamt für Steuern überhaupt von seinen Bewerberdaten
erfahren können. Auch der Umstand, dass das zweite Vorstellungsgespräch erst für Februar terminiert
gewesen sei, lasse keine Altersdiskriminierung erkennen. Der Grund hierfür sei vielmehr die
Bearbeitungsdauer aufgrund der derzeitigen Einstellungszahlen und der damit einhergehenden hohen
Bewerberzahlen. Eine „Vereitelung des Rechtsschutzziels über die Zeitschiene“, wie vom Antragsteller
vermutet, sei nicht beabsichtigt gewesen. Der Antrag, den Antragsgegner zur Abgabe von eidesstattlichen
Versicherungen aufzufordern, gehe fehl. Das Begehren des Antragstellers ziele auf die Vorlage von
Urkunden ab, die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren jedoch durch den Glaubhaftmachenden selbst als
präsente Beweismittel vorgelegt werden müssten. Die Behauptung sachfremder Erwägungen in Form von
„persönlichen Befindlichkeiten“ seien völlig unsubstantiiert. Des Weiteren fehle es an einem
Anordnungsgrund, weil zum einen Ausnahmen von der Altersgrenze für die Einstellung nach Art. 23 Abs. 1
Satz 2 BayBG möglich seien und zum anderen eine vorläufige Einstellung in die Laufbahn der 2.
Qualifikationsebene als Beamter auf Widerruf nicht möglich sei, weshalb im Ergebnis die Hauptsache
unzulässig vorweggenommen würde. Im Falle einer Ernennung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf
könnte es unter Umständen schwierig werden, den Antragsteller aus sachlichen Gründen nach § 23 Abs. 4
Satz 1 BeamtStG wieder zu entlassen. Da kein Anspruch auf Einstellung bestehe, drohten dem
Antragsteller auch keine unzumutbaren Nachteile.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten
Bezug genommen. Die Prozessakten des Verfahrens Az.: W 1 K 15.402 wurden zum vorliegenden
Verfahren beigezogen.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist nicht begründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige
Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder
wesentlich erschwert werden könnte. Dabei ist grundsätzlich eine Vorwegnahme der Hauptsache
unzulässig. Im Hinblick auf die in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist
der Antrag begründet, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist
(Anordnungsanspruch) und es dem Antragsteller schlechthin unzumutbar ist, das Ergebnis des
Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind gemäß § 123 Abs. 3
VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
1.
Dem Antragsteller steht schon kein Anordnungsanspruch zur Seite.
1.1
Der Antragsteller stützt den geltend gemachten Anordnungsanspruch auf eine Verletzung seines
Bewerberverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV. Auf die Einstellung in den
Vorbereitungsdienst besteht, soweit dieser - wie hier der Vorbereitungsdienst für die zweite
Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen mit dem fachlichen Schwerpunkt Steuern keine allgemeine Ausbildungsstätte nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ist, jedoch kein Rechtsanspruch, was
durch Art. 25 LlbG klargestellt wird. Der Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV,
der durch § 9 BeamtStG konkretisiert wird, verleiht Bewerbern um öffentliche Ämter allerdings ein
grundrechtsgleiches Recht auf Einbeziehung in die Bewerberauswahl nach Maßgabe der Kriterien Eignung,
Leistung und Befähigung sowie auf rechtsfehlerfreie Anwendung dieser Kriterien (st.Rspr., z. B. BVerfG, B.
v. 4.10.2012 - 2 BvR 1120/12 - juris Rn. 11; BVerwG, B. v. 20.6.2013 - 2 VR 1/13 - juris; BayVGH, B. v.
14.8.2015 - 3 CE 15.993 - juris Rn. 21, jeweils m. w. N.). Dieser für die Einstellung in ein Beamtenverhältnis
geltende Grundsatz ist gleichermaßen auf die Zulassung zum Vorbereitungsdienst anzuwenden, der nach
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LlbG - neben den allgemeinen Ernennungsvoraussetzungen nach § 7 BeamtStG
sowie den laufbahnrechtlichen Voraussetzungen - eine Zugangsvoraussetzung für die Einstellung in das
Eingangsamt der jeweiligen Qualifikationsebene und Fachlaufbahn darstellt
(Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger, Beamtenrecht in Bayern, § 9 BeamtStG Rn. 108).
Der Begriff der Eignung i. S. v. Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG umfasst die persönliche und charakterliche
Eignung des jeweiligen Bewerbers, weshalb dieser - neben den anderen Ernennungsvoraussetzungen konstitutive Wirkung zukommt (BayVGH, B. v. 26.6.2014 - 7 BV 14.191 - juris Rn. 14 ff.;
Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger a. a. O., § 9 BeamtStG Rn. 53 ff., jeweils m. w. N.). Bei der
Feststellung der persönlichen und charakterlichen Eignung handelt es sich um einen Akt wertender
Erkenntnis, weshalb die Einstellungsbehörde - hier das Landesamt für Steuern - über einen
Beurteilungsspielraum verfügt (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger a. a. O., Rn. 24 f.). Dieser
Beurteilungsspielraum wird um ein Auswahlermessen auf der Rechtsfolgenseite ergänzt und teilweise
überlagert (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger a. a. O., Rn. 26 ff.). Die gerichtliche Kontrolle ist
daher darauf beschränkt, ob die Entscheidung der Einstellungsbehörde Beurteilungs- oder Ermessensfehler
aufweist (§ 114 VwGO), insbesondere, ob sie gegen Verfahrensvorschriften oder -regeln verstößt, den
gesetzlichen Rahmen oder die anzuwendenden Begriffe verkennt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde
legt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen anstellt (BayVGH, B. v.
26.6.2014 - 7 BV 14.191 - juris Rn. 24).
Hingegen kommt nach diesen Grundsätzen eine Ermessensreduzierung auf Null und damit im Ergebnis ein
Rechtsanspruch auf Einstellung, den der Antragsteller für sich geltend macht, nur ausnahmsweise unter
besonderen Umständen in Betracht, wenn keine andere Entscheidung als die Einstellung rechtmäßig
erscheint, etwa weil aus einer größeren Anzahl von Bewerbern ein Bewerber, der die
Einstellungsvoraussetzungen erfüllt, aus sachwidrigen Erwägungen ausgeschlossen wird (BayVGH, B. v.
17.9.2009 - 3 CE 09.1383 - juris Rn. 52; Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger a. a. O., § 9
BeamtStG Rn. 32). Dies setzt jedoch voraus, dass der betreffende Bewerber alle
Einstellungsvoraussetzungen erfüllt, was im Falle des Antragstellers gerade nicht feststeht, weil seine
persönliche Eignung nach Maßgabe des § 9 BeamtStG in Frage gestellt ist. Darüber vermögen die vom
Antragsteller geltend gemachten Fehler der Eignungsprognose nicht hinwegzuhelfen. Der Antragsteller hat
daher nur einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung der Eignungskriterien nach Art. 33 Abs. 2 GG
und § 9 BeamtStG.
1.2
Der Antragsgegner hat die Entscheidung, den Antragsteller wegen fehlender persönlicher bzw.
charakterlicher Eignung nicht einzustellen, ordnungsgemäß dokumentiert und begründet. Da die
Feststellung der persönlichen Eignung durch subjektive Eindrücke, Erfahrungen und Prägungen der die
Eignung feststellenden Personen beeinflusst wird, ist die gebotene gerichtliche Kontrolle des
Bewertungsvorgangs - entsprechend der Rechtslage bei Prüfungsentscheidungen - nur eingeschränkt
möglich. Um dem Bewerber eine effektive Rechtsverteidigung und dem Gericht eine Nachprüfung der
Entscheidung nach Maßgabe des § 114 VwGO zu ermöglichen, muss der Antragsgegner die dafür nötigen
Informationen vorlegen. Dazu gehören diejenigen Informationen, die nötig sind, um feststellen zu können,
ob die rechtlichen Vorgaben und Grenzen der Eignungsbeurteilung eingehalten wurden. Der
Informationsanspruch richtet sich damit grundsätzlich auch auf eine angemessene Begründung der
Entscheidung, d. h. auf die Bekanntgabe der wesentlichen Gründe, mit denen die Einstellungsbehörde zu
einer bestimmten Beurteilung der persönlichen Eignung gelangt ist. Erst dadurch wird der Bewerber in den
Stand gesetzt, Einwände gegen die Beurteilung wirksam vorzubringen und unberechtigte Eingriffe in sein
grundrechtsgleiches Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG abwehren zu können (vgl. VG Ansbach, B. v. 30.1.2013 AN 2 E 13.00004 - juris Rn. 26).
Der Antragsgegner hat vorliegend den Ablauf und den Inhalt des Vorstellungsgesprächs beim Landesamt
für Steuern als zuständiger Einstellungsbehörde am 5. Februar 2015 in der dazugehörigen Niederschrift
ausreichend dokumentiert. Die daraus hervorgehenden, für die Eignungsprognose wesentlichen
Erwägungen hat der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schreiben vom 28. April 2015 mitgeteilt. Damit
wurde der Antragsteller in die Lage versetzt, substantiierte Einwendungen gegen die von der
Einstellungsbehörde vorgenommene Einschätzung seiner persönlichen Eignung vorzubringen.
1.3
Der Bewerberverfahrensanspruch des Antragstellers ist nicht durch ein ohne erforderliche normative
Ermächtigung durchgeführtes Auswahlverfahren verletzt.
Soweit der Antragsteller die Auffassung vertritt, es sei ein Auswahlverfahren nach der zweiten Alternative
des Art. 22 Abs. 1 Satz 2 LlbG fehlerhaft durchgeführt worden, ist dem nicht zuzustimmen. Dem
Antragsteller ist zwar in seinem rechtlichen Ansatz beizupflichten, dass Art. 22 Abs. 1 LlbG zur Feststellung
der persönlichen Eignung eines Einstellungsbewerbers zwei verschiedene Möglichkeiten vorsieht. Zum
einen kann das Vorliegen der persönlichen Eignung, d. h. insbesondere der sozialen Kompetenz, der
Kommunikationskompetenz sowie der Organisationskompetenz, Gegenstand von Prüfungen nach Art. 22
Abs. 1 Satz 1 LlbG sein (Art. 22 Abs. 1 Satz 2 1. Alternative LlbG). Die genannten Prüfungen sind
Einstellungs-, Zwischen- und Qualifikationsprüfungen (Art. 22 Abs. 1 Satz 1 LlbG). Zum anderen, d. h.
alternativ zur erstgenannten Möglichkeit, kann die persönliche Eignung in einem gesonderten
wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren, insbesondere einem Assessment-Center oder einem
strukturierten Interview überprüft werden (Art. 22 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative LlbG). Es liegt im
Auswahlermessen des Dienstherrn, für welches dieser genannten Verfahren er sich für die jeweilige
Qualifikationsebene und Fachlaufbahn entscheidet (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger a. a.
O., § 9 BeamtStG Rn. 30).
Im vorliegenden Falle hat der Antragsgegner zur Feststellung der persönlichen Eignung der Bewerber entgegen der Ansicht des Antragstellers - die erstgenannte Alternative gewählt. Um gesonderte
wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren, insbesondere strukturierte Interviews, handelte es sich bei
den durchgeführten Vorstellungsgesprächen nicht. Es kommt daher nicht darauf an, ob die für das
gesonderte wissenschaftlich fundierte Auswahlverfahren in Art. 22 Abs. 8 LlbG normierten Anforderungen
eingehalten sind. Vielmehr bedient sich der Antragsgegner bei der Auswahl der Bewerber um eine
Einstellung in den Vorbereitungsdienst der zweiten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und
Finanzen des sog. besonderen Auswahlverfahrens nach Art. 22 Abs. 2 Satz 2 LlbG i. V. m. der Verordnung
der Bayerischen Staatsregierung vom 8. Februar 2000 (Auswahlverfahrensverordnung - AVfV, GVBl. 2000,
48, zuletzt geändert durch Verordnung v. 22.7.2014, GVBl. 2014, 286). Dieses besondere
Auswahlverfahren (vormals „Ausleseverfahren“) wird vom LPA durchgeführt und tritt an die Stelle der
Einstellungsprüfung nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 LlbG, wobei neben einer schriftlichen Prüfung
auch schulische Leistungen angemessen berücksichtigt werden (Art. 22 Abs. 2 Satz 2 LlbG). Es handelt
sich dabei nicht um eine beamtenrechtliche Prüfung, sondern um ein prüfungsähnliches Verfahren, das
aber in gleicher Weise wie eine beamtenrechtliche Prüfung dem Leistungs- und Wettbewerbsgrundsatz
nach Art. 33 Abs. 2 GG unterliegt (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger a. a. O., Art. 22 LlbG Rn.
8, 51).
In diesem besonderen Auswahlverfahren wird die fachliche Eignung der Bewerber überprüft (vgl.
Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger a. a. O., § 9 BeamtStG Rn. 108). Daneben ist die
Feststellung der persönlichen Eignung eines Einstellungsbewerbers im Rahmen eines oder mehrerer
Vorstellungsgespräche zulässig. Zwar sehen weder Art. 22 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abs. 7 LlbG noch die
§§ 10, 12, 15 AVfV eine gesonderte Überprüfung der persönlichen Eignung vor, insbesondere ist diese nicht
Gegenstand der schriftlichen Prüfung im Rahmen des besonderen Auswahlverfahrens für die zweite
Qualifikationsebene (§ 17 AVfV). Vorstellungsgespräche werden aber zur Überprüfung der persönlichen
Eignung in der beamtenrechtlichen Rechtsprechung sowie in der Literatur für zulässig gehalten; das Fehlen
der persönlichen Eignung rechtfertigt die Ablehnung des Bewerbers (BVerwG, U. v. 30.1.2003 - 2 A 1/02 juris; BayVGH, B. v. 17.6.2010 - 7 ZB 10.375 - juris Rn. 20; Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger
a. a. O., Rn. 54, 108 m. w. N.; vgl. auch BayVGH, B. v. 26.6.2014 - 7 BV 14.191 - juris Rn. 21). Dieser
Rechtsauffassung schließt sich die Kammer an. Die Feststellung der persönlichen Eignung durch
Vorstellungsgespräche ist dadurch gerechtfertigt, dass sie ein persönliches Werturteil erfordert, welches in
Ermangelung besonderer Normierungen - wie z. B. in Art. 22 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative LlbG für die
gesonderten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren vorgesehen - allein der Einstellungsbehörde
zusteht (Weiss/Niedermaier/Sum-mer/Zängl/Baßlsperger a. a. O., Rn. 25). Diese darf im Rahmen ihres
Auswahlermessens auch entscheiden, welchen Auswahlkriterien sie das entscheidende Gewicht beimisst,
und darf daher auch einen fachlich geeigneten Bewerber aufgrund fehlender persönlicher Eignung ablehnen
(BayVGH, B. v. 26.6.2014 - 7 BV 14.191 - juris Rn. 21; Weiss/Niedermaier/Sum-mer/Zängl/Baßlsperger a.
a. O., Rn. 28).
Eine normative Ermächtigung ist für die Durchführung von Vorstellungsgesprächen zur Feststellung der
persönlichen Eignung nicht erforderlich. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, auf
die der Antragsteller sich beruft (B. v. 17.6.2010 - 7 ZB 10.375 - juris Rn. 15 ff. unter Verweis auf BVerfG, B.
v. 18.6.1986 - 1 BvR 787/80 = BVerfGE 73, 280/295 ff.; ebenso schon VG Bayreuth, U. v. 4.12.2009 - B 5 K
09.757 - juris), fordert zu Recht eine normative Ermächtigung für flächendeckende und formalisierte
Auswahlprüfungen bei Beamtenbewerbern bestimmter Laufbahngruppen, und zwar ausdrücklich für das
sogenannte strukturierte Interview. In Reaktion auf diese Rechtsprechung hat der Landesgesetzgeber die
Ermächtigung für die Durchführung gesonderter wissenschaftlich fundierter Auswahlverfahren in Art. 22
Abs. 1 Satz 2 2. Alternative, Abs. 8 LlbG geschaffen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hält jedoch in
der genannten Entscheidung „ergänzende“ Vorstellungsgespräche zur „Abrundung“ der
Einstellungsentscheidung auch ohne normative Ermächtigung ausdrücklich für zulässig (BayVGH, B. v.
17.6.2010 - 7 ZB 10.375 - juris Rn. 15, 20). Diese „abrundende“ Berücksichtigung eines
Vorstellungsgesprächs mag in der überwiegenden Zahl der Fälle lediglich eine Bestätigung der bereits
aufgrund der schriftlichen Leistungen im Auswahlverfahren gewonnenen, auf die fachliche Eignung
bezogenen Prognose bedeuten. Es würde aber dem Leistungsprinzip nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Abs.
2 BV und § 9 BeamtStG nicht gerecht, wenn der Einstellungsbehörde die Befugnis abgesprochen würde, im
Falle eines Bewerbers, der nach ihrer aufgrund eines Vorstellungsgesprächs rechtsfehlerfrei gebildeten
Überzeugung persönlich (eindeutig) ungeeignet ist, auch ohne gesonderte normative Ermächtigung von der
Einstellung abzusehen. Die Rechtfertigung für die Versagung der Einstellung ist insoweit in dem
Auswahlkriterium der persönlichen Eignung nach § 9 BeamtStG zu sehen, welches durch die in Art. 22 Abs.
1 Satz 2 LlbG genannten Merkmale konkretisiert wird. Durch diese Konkretisierung wird der Maßstab der
Eignungsüberprüfung für die Bewerber voraussehbar und gleichzeitig eine willkürliche Handhabung des
Begriffs der persönlichen Eignung ausgeschlossen.
Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers schließen die Vorschriften über das besondere
Auswahlverfahren nach Art. 22 Abs. 2 Satz 2, Abs. 7 LlbG die Durchführung eines derartigen
Vorstellungsgesprächs auch nicht aus. Vielmehr sieht Art. 22 Abs. 7 Satz 2 LlbG lediglich vor, dass in der
Rechtsverordnung über das besondere Auswahlverfahren eine schriftliche Prüfung vorzusehen und zu
regeln ist, in welcher Weise die in bestimmten Fächern erzielten schulischen Leistungen berücksichtigt
werden. Ein ergänzendes Vorstellungsgespräch ist damit jedoch nicht ausgeschlossen. Entgegen der
Auffassung des Antragstellers werden auch nicht die Vorschriften über das gesonderte wissenschaftlich
fundierte Auswahlverfahren i. S. d. Art. 22 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative LlbG i. V. m. Abs. 8 derselben
Vorschrift umgangen, da es sich bei einem Vorstellungsgespräch gerade nicht um ein derartiges Verfahren
handelt.
1.4
Die vom Antragsgegner aufgrund des Vorstellungsgesprächs am 5. Februar 2015 getroffene (negative)
Eignungsprognose ist auch nicht in einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen.
Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers war für ihn die Bedeutung der Vorstellungsgespräche,
jedenfalls die des zweiten Vorstellungsgesprächs bei der Einstellungsbehörde, auf das es hier entscheidend
ankommt, aus dem Ablauf des Verfahrens und auch aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung erkennbar.
Der Antragsteller wurde zunächst mit Schreiben des Antragsgegners vom 13. Oktober 2014 aufgefordert,
beim Finanzamt B... als voraussichtlicher Ausbildungsstelle einen Termin für ein Vorstellungsgespräch zu
vereinbaren. In diesem Schreiben wurde ihm mitgeteilt, dass er für die Einstellung „in Betracht komme“,
mithin wurde ihm zwar die grundsätzliche Einstellungsbereitschaft signalisiert, aber keine Einstellung
zugesagt. Nach diesem ersten Vorstellungsgespräch, das am 27. Oktober 2014 stattfand, teilte sodann das
Landesamt für Steuern dem Antragsteller unter dem 16. Januar 2015 mit, dass „aufgrund seines
Vorstellungsgesprächs …“ beabsichtigt sei, mit ihm ein Gespräch zu führen. Bereits aus dem Wortlaut
dieser Einladung zu einem zweiten Vorstellungsgespräch und auch aus dem gesamten Ablauf war bei
objektiver Betrachtung erkennbar, dass der Einstellung des Antragstellers aufgrund des ersten
Vorstellungsgesprächs Hindernisse entgegenstanden, die durch das zweite Vorstellungsgespräch bei der
Einstellungsbehörde ausgeräumt werden sollten. Denn schon der Wortlaut des Schreibens vom 16. Januar
2015 mit der kausalen Verknüpfung („aufgrund“) konnte keinen Zweifel daran entstehen lassen, dass der
Verlauf bzw. das Ergebnis des ersten Vorstellungsgesprächs den Anlass des zweiten Gesprächs bildete.
Ferner entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens
einem Vorstellungsgespräch eine - unter Umständen auch ausschlaggebende - Bedeutung für die
Entscheidung über die Einstellung zukommt. Im Übrigen deuten - worauf der Antragsgegner zu Recht
hinweist - auch die Einlassungen des Antragstellers, er habe sich auf die Vorstellungsgespräche vorbereitet,
darauf hin, dass ihm deren Bedeutung nicht unerkannt geblieben ist. Schließlich konnte er auch aus dem
Inhalt des ersten Vorstellungsgesprächs schließen, dass seine persönliche Eignung den Gegenstand des
weiteren Vorstellungsgesprächs bilden würde.
Des Weiteren wurde auch der zeitliche Ablauf des Einstellungsverfahrens vom Antragsgegner plausibel
gemacht, so dass sich daraus entgegen der Ansicht des Antragstellers keine Anhaltspunkte für eine
willentliche Verfahrensverschleppung mit dem Ziel einer Vereitelung seines Bewerberverfahrensanspruchs
ergeben.
1.5
Schließlich weist die Entscheidung der Einstellungsbehörde auch inhaltlich keine Beurteilungsfehler auf.
Anhaltspunkte für eine vom Antragsgegner beabsichtigte Diskriminierung des Antragstellers aufgrund des
Lebensalters oder der regionalen Herkunft - wie vom Antragsteller vermutet - und damit für sachfremde
Erwägungen sind objektiv nicht erkennbar. Insbesondere kann aus dem Umstand, dass der
Einstellungsbehörde das Geburtsdatum und der Geburtsort des Antragstellers bekannt waren, nicht
geschlossen werden, dass die Versagung der Einstellung auf sachfremden, nämlich diskriminierenden
Erwägungen beruht. Die Einstellungsbehörde hat vielmehr ausschließlich sachliche Gründe für ihre
Entscheidung angeführt, die keinen Hinweis auf eine eventuelle Diskriminierung geben. Insoweit
unterscheidet sich der vorliegende Fall maßgeblich von dem Sachverhalt, der den vom Antragsteller
zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Ansbach zugrunde lag (VG Ansbach, U. v. 23.6.2015 AN 1 K 15.00530 - juris und B. v. 23.6.2015 - AN 1 K 15.00764 - juris). Denn dort hatte das Gericht
ausdrücklich Anhaltspunkte für sachfremde Erwägungen der Einstellungsbehörde festgestellt. Fehlen
hingegen solche Anhaltspunkte, so liefe die vom Antragsteller angeregte Einholung eidesstattlicher
Erklärungen von Amtsträgern des Antragsgegners über die Dauer des Einstellungsverfahrens bei anderen
Bewerbern bzw. über das durchschnittliche Alter anderer wegen fehlender persönlicher Eignung
abgelehnter Bewerber auf eine Beweisausforschung hinaus, die nicht das Ziel einer Glaubhaftmachung i. S.
v. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO sein kann.
Der Ablauf und Inhalt des zweiten Vorstellungsgesprächs beim Landesamt für Steuern als
Einstellungsbehörde, auf das der Antragsgegner für seine Entscheidung maßgeblich abgestellt hat, wurden
durch die dazugehörige Niederschrift dokumentiert. Diese Niederschrift stellt eine öffentliche Urkunde dar,
die als präsentes Beweismittel geeignet ist, ihren Inhalt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
glaubhaft zu machen. Der Antragsteller vermag den so dokumentierten Inhalt des Vorstellungsgesprächs
mit seiner abweichenden Darstellung einzelner Aussagen nicht zu erschüttern. Im Übrigen handelt es sich
bei der Beurteilung der persönlichen Eignung um ein personenbezogenes Werturteil, das entscheidend von
dem persönlichen Eindruck abhängt, den der Antragsteller im Vorstellungsgespräch bei den
Gesprächspartnern hinterlassen hat. Dieser persönliche Eindruck, der seinerseits maßgeblich durch
persönliche Erfahrungen und Wertungen geprägt wird, entzieht sich einer tatsächlichen Feststellung durch
das Gericht. Durch den Nachweis bestimmter Einzelereignisse oder ihres Fehlens kann deshalb nicht auf
die Fehlerhaftigkeit der Beurteilung geschlossen werden (st.Rspr., z. B. BayVGH, B. v. 3.6.2015 - 6 ZB
14.312 - juris Rn. 6 m. w. N.). Vielmehr muss der Antragsgegner die vorgenommene Beurteilung für das
Gericht plausibel machen (BayVGH a. a. O.), was ihm in der Niederschrift über das Vorstellungsgespräch
am 5. Februar 2015 sowie in der Begründung der Entscheidung vom 28. April 2015 auch gelungen ist. Der
Antragsgegner hat dabei erkennbar nicht entscheidend auf - der tatsächlichen Feststellung zugängliche Einzeltatsachen abgestellt, sondern den Eindruck seiner am Vorstellungsgespräch beteiligten Amtsträger
von dem Verhalten und der Persönlichkeit des Antragstellers in den Vordergrund gestellt. Die aus den
geschilderten Beobachtungen während des Vorstellungsgesprächs gebildete Überzeugung, dass der
Antragsteller im Hinblick auf die Merkmale der sozialen Kompetenz, der Kommunikationskompetenz sowie
der Organisationskompetenz nicht geeignet erscheine, weil (zusammenfassend) sich im Bereich
Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Einfühlungsvermögen während des gesamten Gesprächs starke
Defizite gezeigt hätten und eine entsprechende Konfliktfähigkeit und Fähigkeit, in angemessener Art und
Weise mit Kollegen und Vorgesetzten zusammen zu arbeiten, daher erheblich in Frage zu stellen sei, ist auf
dieser Grundlage nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat dabei entgegen der Einschätzung des
Antragstellers die Grenzen der sachlichen Kritik nicht verlassen, auch wenn einzelne Formulierungen - wie
etwa diejenige, dass der Antragsteller „um den heißen Brei herum“ geredet habe -, drastisch anmuten.
Entscheidend ist, dass der Sachgehalt der negativen Aussage erkennbar noch im Vordergrund steht,
nämlich hier, dass der Antragsteller auf Fragen nicht eingegangen, sondern diesen ausgewichen sei.
2.
Dem Antragsteller steht auch nicht der notwendige Anordnungsgrund zur Seite.
Zwar ist im streitgegenständlichen Bewerbungsverfahren, auf das sich der geltend gemachte
Bewerbungsverfahrensanspruch bezieht, eine Eilbedürftigkeit gegeben, weil der nächste Einstellungstermin
am 1. September 2015 stattfindet. Auch ist eine Vorwegnahme der Hauptsache, die in einer Verpflichtung
des Antragsgegners zur Zulassung des Antragstellers zum Vorbereitungsdienst zu sehen wäre,
ausnahmsweise möglich, wenn überwiegende Erfolgsaussichten bestehen und dem Antragsteller ohne den
Erlass der einstweiligen Anordnung schwerwiegende Nachteile drohen (BVerwG, U. v. 18.4.2013 - 10 C
9/12 - juris Rn. 22; Happ in Eyermann, VwGO, 14. A. 2014, § 123 Rn. 66a, jeweils m. w. N.). Solche
schwerwiegenden Nachteile drohen dem Antragsteller, weil ihm eine endgültige Vereitelung seines
Bewerberverfahrensanspruchs droht. Denn der Antragsteller wird zum nächsten Einstellungstermin am 1.
September 2016 bereits die Altersgrenze nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG mit der Vollendung des 45.
Lebensjahres überschritten haben. Eine Einstellung nach diesem Zeitpunkt ist in Anbetracht der in Art. 23
Abs. 1 Satz 2 BayBG vorgesehenen Ausnahmen zwar rechtlich nicht unmöglich, aufgrund der hohen
verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Anforderungen aber nicht sehr wahrscheinlich. Die Frage
der Vereinbarkeit der Altersgrenze mit höherrangigem Recht bzw. vorrangigem Unionsrecht kann daher
dahingestellt bleiben. Da die Hauptsache jedoch, wie gezeigt, keine überwiegenden Erfolgsaussichten
bietet, besteht keine Rechtfertigung für eine Vorwegnahme der Hauptsache im vorliegenden Verfahren.
3.
Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
4.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Eine
Reduzierung des Streitwerts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erscheint vorliegend nicht
angezeigt, da mit dem Antrag eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt wird.