Gebäude sind mehr als ihr Grundriss – deutschlandweit lassen sie sich nun DXWRPDWLVFKNODVVL¿]LHUHQ Für die Planung von Städten, Infrastruktur oder Energieversorgung werden kleinräumige Informationen zur Siedlungsstruktur benötigt. Der Gebäudebestand spielt dabei eine besondere Rolle, da dieser die physische Siedlungsstruktur prägt und sich durch dessen Nutzung Verteilungsmuster von Wohnungen, Arbeitsstätten und Infrastrukturen ergeben. Trotz der großen Bedeutung stehen der Wissenschaft und Praxis jedoch oftmals nur wenig aktuelle, räumlich stark aggregierte oder nur schwer zugängliche Informationen zur Verfügung. Die Stadt- und Regionalplanung oder das Risikomanagement verlangen heute aber weitaus detaillierte Informationen über den Gebäudebestand und dessen Struktur bis hin zum einzelnen Haus. In den amtlichen Geodaten, Karten und Diensten des Liegenschaftskatasters und der Landesvermessung sind die Gebäude in ihrem Grundriss zwei- oder dreidimensional modelliert. Der erfasste Gebäudegrundriss besitzt allerdings nur selten explizite semantische Informationen zur Gebäudefunktion, Wohnform, zum Baualter oder der Stockwerkszahl. Bundesweit einheitliche Festlegungen der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) sehen im Liegenschaftskataster lediglich eine funktionale Unterscheidung von „Wohngebäuden“, „öffentlichen Gebäuden“ und „Gebäuden für Industrie und Gewerbe“ zwingend vor. Gebäudedatensätze wie die amtlichen Hausumringe (HU-DE) sowie aus Luft-/Satellitenbildern, Laserscannerdaten, Karten und Plänen gewonnene Gebäudeobjekte besitzen hingegen gar keine attributive Beschreibung. Potenzielle 'DWHQQXW]HU VLQG GHVKDOE KlX¿J PLW GHU UHLnen Gebäudegeometrie konfrontiert, auf deren Grundlage zunächst nur wenige Erkenntnisse über die Siedlungsstruktur gewonnen werden N|QQHQ (UVW HLQ ]ZHFNPlLJ NODVVL¿]LHUWHV Gebäudemodell erlaubt es hingegen, verschiedene siedlungsstrukturelle Indikatoren zu der %HEDXXQJVGLFKWH GHU *HVFKRVVÀlFKHQGLFKWH sowie der Anzahl an Wohnungen und Bewohnern unter Nutzung moderner GIS-Technologie abzuleiten und in thematischen Karten zu visualisieren. 46 9ermessung Brandenburg 2/2014 Im Rahmen einer Dissertation wurde untersucht, ob und wie genau eine automatische Erkennung von Gebäudetypen in den Geodaten möglich ist. Die Arbeit entstand am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) in Kooperation mit dem Institut für Kartographie der TU Dresden. Es wurden Methoden zur automatischen Klassi¿]LHUXQJ YRQ *HElXGHJUXQGULVVHQ HUDUEHLWHW analysiert und bewertet. Die automatische KlasVL¿]LHUXQJGHU*HElXGHJUXQGULVVHHUIROJWLP6LQne eines datengetriebenen Mustererkennungsansatzes auf Grundlage von Trainingsdaten mit bekannter Klassenzugehörigkeit und objektbeschreibender Merkmale. Im Kern werden methodische Fragen der Datenintegration, der Datenvorverarbeitung, der Merkmalsextraktion und VHOHNWLRQHU|UWHUWVRZLHYHUVFKLHGHQH.ODVVL¿NDtionsverfahren hinsichtlich ihrer Genauigkeit unWHUVXFKW %LVKHULJH$QVlW]H VWW]WHQ VLFK KlX¿J DXI ZLVVHQVEDVLHUWH 0RGHOOH GLH ZHQLJ ÀH[LEHO bzgl. einer Änderung der Datengrundlage oder der Gebäudezielklassen sind. Bei dem neuen Ansatz wurde deshalb besonderer Wert auf eine hohe Flexibilität, Automation sowie eine zuverlässige Validierung gelegt. Die Praxistauglichkeit des Ansatzes wurde an verschiedenen GeobaVLVGDWHQ QDFKJHZLHVHQ (LQH ÀlFKHQGHFNHQGH Anwendbarkeit in Deutschland und Ländern mit vergleichbarer Datenlage ist damit gewährleistet. Für die Entwicklung wurde eine Referenzdatenbank mit über 800 000 Gebäudegrundrissen aufgebaut, für die jeweils der Gebäudetyp entsprechend einer Gebäudetypologie bekannt ist. In der Datenbank sind die Gebäude nach 11 städtebaulichen Typen (Einfamilienhäuser, Reihenhäuser, Plattenbauten etc.) differenziert. Dabei werden diverse Siedlungstypen (Stadt, Kleinstadt, Dörfer) und verschiedene Eingangsdaten (DTK25-V, DTK25, ATKIS, ALK/ALKIS, 3D-Gebäudemodelle) untersucht. In einer Modellselektion wurden 16 YHUVFKLHGHQH EHUZDFKWH .ODVVL¿NDWLRQVYHUIDKren getestet. Der Random-Forest-Algorithmus, ein maschinelles Lernverfahren, zeigte bei der Untersuchung die höchste GeneralisierungsfähigNHLWXQG(I¿]LHQ]XQGZXUGHDOVEHVWHV9HUIDKUHQ ausgewählt. Anschließend erfolgte eine detaillierte Genauigkeitsuntersuchung auf Grundlage aller Datensätze in der Referenzdatenbank. Für Ge- $EE(UJHEQLVGHUDXWRPDWLVFKHQ.ODVVL¿]LHUXQJDQ einem Ausschnitt von Dresden (Quelle: R. Hecht/IÖR) Abb. 2: Titel der Broschüre bäudegrundrisse im Vektormodell, speziell den Gebäuden aus der ALK, dem ALKIS oder dem ATKIS Basis-DLM sowie den amtlichen Hausumringen und 3D-Gebäudemodellen, konnte für alle VWlGWLVFKHQ *HELHWH HLQH .ODVVL¿NDWLRQVJHQDXigkeit zwischen 90 % und 95 % erreicht werden. Die Genauigkeit bei Nutzung von Gebäudegrundrissen extrahiert aus digitalen topographischen Rasterkarten, die eine geringere Qualität aufweisen, war mit 76 % bis 88 % niedriger. Kombination mit Gefahrenkarten lassen sich auch Informationen für den Katastrophenschutz und die Gefahrenabwehr ableiten. Die ErgebQLVVHGHU$UEHLWÀLHHQDXFKLQGHQ0RQLWRUGHU Siedlungs- und Freiraumentwicklung ein. Dieser informiert deutschlandweit über die Flächennutzungsstruktur und deren Entwicklung sowie die Landschaftsqualität und unterstützt Städte und Regionen in ihrem Bemühen in einer resVRXUFHQ XQG ÀlFKHQVFKRQHQGHQ (QWZLFNOXQJ Diese wissenschaftliche Dienstleistung des IÖR Bei der Entwicklung wurde auf amtliche Geoba- steht Interessierten im Internet unter www.ioerVLVGDWHQ JHVHW]W GLH IRUWVFKUHLEXQJVSÀLFKWLJ monitor.de kostenfrei zur Verfügung. sind und damit auch in der Zukunft zur Verfügung stehen. Somit ist eine zuverlässige Da- Nachzulesen ist die Arbeit im neuen Band der tenbasis gesichert und das Verfahren prinzipiell Schriftenreihe des IÖR (Hecht, Robert: Automain ganz Deutschland anwendbar. Die Übertrag- WLVFKH.ODVVL¿]LHUXQJYRQ*HElXGHJUXQGULVVHQ barkeit zwischen verschiedenen Regionen ist – Ein Beitrag zur kleinräumigen Beschreibung allerdings begrenzt. Differenzen in der Baukul- der Siedlungsstruktur, Band 63, IÖR Schriften, tur machen es erforderlich, dass zur Gebäu- Berlin: Rhombos-Verlag; ISBN: 978-3-944101GHNODVVL¿]LHUXQJ 'DWHQEDQNHQ PLW UHJLRQDO- 63-7). Die Entwicklung von Methoden zur auVSH]L¿VFKHQ7UDLQLQJVGDWHQDXIJHEDXWZHUGHQ tomatisierten Erfassung der Siedlungsstruktur sollten. ist ein wichtiger Aspekt der Arbeiten des Forschungsbereichs Monitoring der Siedlungs- und Die entwickelte Methodik ermöglicht ein breites Freiraumentwicklung am IÖR. Anwendungsspektrum in Wissenschaft, Planung (Stadt-, Regional- und Infrastrukturplanung), Po(Dr.-Ing. Robert Hecht, litik und Wirtschaft (u. a. Immobilienwirtschaft, Leibniz-Institut für Energiebedarfsplanung, Geomarketing). Durch ökologische Raumentwicklung) 9ermessung Brandenburg 2/2014 47
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