Wenn Zwiebelschalen Vollgas geben

Wenn Zwiebelschalen
Vollgas geben
So bauen Gemeinden ihre Bio-Abfall-Sammlung gezielt aus.
SAMMELT IHRE GEMEINDE
BIO-ABFÄLLE RICHTIG?
Werden in Ihrer Gemeinde bereits Grünschnitt und Gartenabfälle separat
gesammelt? Dann nehmen Sie die Speisereste gleich mit dazu. Bio-Abfälle
machen einen Drittel unseres Abfallsacks aus und landen einfach in der Kehrichtverbrennung. Viel Potenzial geht damit verloren. Denn Bio-Abfälle liefern
uns erneuerbare Energie und nährstoffreichen Dünger – allerdings nur dann,
wenn sie vergärt und nicht weggeworfen werden.
Setzen Sie sich in Ihrer Gemeinde dafür ein, dass möglichst viele Bio-Abfälle
gesammelt werden. Damit leisten Sie nicht nur einen wichtigen Beitrag zur
Energiewende und zum Umweltschutz – Sie sparen auch Kosten.
POTENZIAL AUSSCHÖPFEN – DREIFACH
PROFITIEREN
Rund 1,5 Mio. t Bio-Abfälle werden in der Schweiz pro Jahr getrennt gesammelt. Etwa ein Drittel davon wird vergärt. Daneben werden aber immer noch
1,8 Mio. t mit dem Kehrichtsack entsorgt. Das sind gemäss Bundesamt für
Umwelt (2014) ca. 200 kg Bio-Abfälle pro Einwohner und Jahr.
Hauptproblem ist: Viele Gemeinden sammeln ihre organischen Reststoffe
zwar bereits getrennt. Das Potenzial nutzen sie aber bei weitem nicht aus.
Vielfach deshalb, weil sie die Speiseabfälle nicht integrieren.
Klimafreundliche Energie und natürlichen Dünger produzieren
Nicht nur Garten- und Rüstabfälle, sondern auch Speisereste wie Brot, Käse,
Fleisch oder Fisch lassen sich zu klimafreundlichem Biogas vergären. Gemeinden, die diesen Schritt gehen, verwerten Bio-Abfälle gleichzeitig energetisch und stofflich und schliessen damit Stoffkreisläufe: Im Gärprozess entsteht CO2-neutrale Energie, die anschliessend als Ökostrom, Wärme oder
Treibstoff genutzt werden kann. Bei der Energieproduktion bleibt aber immer
eine wertvolle Biosubstanz übrig, das sogenannte Gärgut. Daraus können
wiederum nährstoffreicher Dünger, Bodenverbesserer oder Kompost für die
Landwirtschaft oder den Gartenbau hergestellt werden.
Würden alle Bio-Abfälle vergärt werden, die jetzt einfach im Kehrichtsack
landen, dann hätte man so viel Ökostrom, um mit einem Elektroauto die Erde
etwa 60 000 mal zu umfahren; zusätzlich könnten mit der erzeugten Wärme
30 000 Haushalte für ein ganzes Jahr beheizt werden.
Kosten reduzieren
Gemeinden, die ihre Bio-Abfall-Sammlung ausbauen, leisten nicht nur einen
wichtigen Beitrag zur Energiewende und zum Umweltschutz. Sie sparen
auch Geld: Die Logistik-Kosten der Separatsammlung bewegen sich auf dem
gleichen Niveau wie bei der Sammlung von Abfallsäcken für die Entsorgung
in der Kehrichtverbrennung – die Verwertungskosten der Bio-Abfälle sind
aber in fast allen Gegenden tiefer.
Prüfen Sie deshalb in Ihrer Gemeinde, ob Sie die Sammlung von Bio-­Abfällen
optimieren können. Machen Sie damit in vier kleinen Schritten einen grossen
Schritt Richtung Nachhaltigkeit.
«Wir sammeln jährlich rund
120 kg Garten- und Speiseabfälle pro
Kopf. Daraus entsteht erneuerbares Biogas, das
ins Gasnetz eingespeist wird. Die Bevölkerung erhält
darüber hinaus einmal im Jahr gratis Kompost, die
Landwirtschaft Naturdünger. Gross schreiben wir die
Information der Bevölkerung über wichtige Termine
und Aktionen: via Lokalzeitung, Wertstoffkalender,
Merkblätter und Internet. 2012 wurden wir deshalb
mit dem GREEN AWARD® ausgezeichnet.»
Stefanie Strebel, ­
Leiterin Abfall & Recycling Dübendorf
IN VIER SCHRITTEN BIO-ABFALL-­
­SAMMLUNG AUSBAUEN
Schritt 1: Optimierungspotenzial bestimmen
Beurteilen Sie, wo ihre Gemeinde bei der Separatsammlung von Bio-Abfall steht. Liegt sie im heutigen Durchschnitt oder sticht sie als Leuchtturm­
gemeinde hervor?
Sammeln Sie nur Gartenabfälle oder auch Speisereste? Schöpfen Sie das
vorhandene Potenzial aus? Wenn nein: Erhöhen Sie die maximale Sammelmenge und werden Sie damit zu einem Vorbild für die Region.
Nicht vergessen: Geht es um die Suche nach dem passenden Verwerter,
lohnt sich manchmal ein Blick über die Gemeindegrenzen. Eine überkommunale Zusammenarbeit zahlt sich oft aus.
Schätzen Sie mit der Grafik ab, welches Optimierungspotenzial zum Ausbau der Bio-Abfall-Sammlung in Ihrer Gemeinde liegt. Wählen Sie dazu die
­Logistik (Hol- bzw. Bringsystem), die in Ihrer Gemeinde zum Zug kommt,
sowie die Einwohnerdichte.
«Die Einwohner­
innen­und Einwohner von Morges
haben drei Möglichkeiten, ihre Bio-Abfälle
zu entsorgen. Je nach dem, welche ihre Bedürfnisse­sind: in den Plastik-Containern vor der eigenen
Haustüre, die wöchentlich geleert werden; an 18­in ­
der Stadt verteilten Öko-Sammelpunkten oder auf ­
der Mülldeponie. Aus all den Speiseresten und Gar­ten­­abfällen kam 2014 mehr als 122 kg Bio-Abfall pro
Kopf zusammen, der gleich mehrfach verwertet
wurde: als Biogas für Wärmversorgung und
Treibstoff (Biomethan) sowie als Dünger.»
Eric Hostettler
Leiter Strasseninspektorat, Morges
Mögliche Biomassemenge in k
­ g,
pro Einwohner und Jahr
Holsystem
60
60
100
60
80
40
Besiedlung
dicht ˃1000 Einwohner pro km2
mittel, 200 bis 1000
dünn ˂ 200
Bringsystem
80
40
Gartenabfälle
Speisereste
Schritt 2: passende Logistik wählen
Wie wird der Bio-Abfall in Ihrer Gemeinde heute gesammelt? Ist die Bevölkerung damit zufrieden? Braucht es allenfalls eine andere Logistik, wenn Sie
die Separatsammlung erweitern? Schätzen Sie mit dieser Übersicht ab, welche Logistik die richtige für Ihre Gemeinde ist. Je nach Bedarf ist es auch
möglich, verschiedene Systeme miteinander zu kombinieren.
Typ Logistik
Vorteile Nachteile
Holsystem
Behälter vor
dem Haus
minimaler Aufwand für den
Bewohner
muss regelmässig abgeholt
werden
höchster Anteil an
­ peiseresten
S
Organisation über Gemeinde
effizienteres Einsammeln, ­
da grössere Behälter pro
Sammelpunkt
mehr Aufwand für den
­Bewohner, da er den Abfall
bringen muss
Logistikkosten betragen
nur rund einen Drittel des
­Holsystems
Problem von Geruchs­
emissionen
Bringsystem
Behälter an
Sammelpunkten
Mit beschränktem Budget
kann man bis zu 120 kg pro
Einwohner und Jahr erzielen.
Logistik-Aufwand vergleichbar
mit Kehrichtsammlung
Bei dichter Besiedelung nur
mit betreuten Sammel­punkten
möglich
Ökologisch fraglich, wenn
Einwohner geringe Mengen
mit dem Auto bringen
Abgabe von Astschnitten
muss möglich sein
verschiedene Logistiksysteme mit Vor- und Nachteilen
Die Organisation der Logistik hängt von der Besiedlungsdichte und vom
Typ der gesammelten Abfälle ab: Speisereste werden meistens wöchentlich
gesammelt; bei Gartenabfällen ist auch eine 14-tägige Sammlung und eine
Winterpause denkbar.
Die Häufigkeit der Sammlung beeinflusst wiederum die Kosten von Hol- und
Bringsystemen.
Die Logistik für das Einsammeln der Bio-Abfälle kann von der Gemeinde
ausgelagert werden. Die Verwertung ist im Gegensatz zur fest zugewiesenen Kehrichtverbrennung frei ausschreibbar. So können Sie den günstigsten
Anbieter berücksichtigen.
So wird Ihre Gemeinde zur erfolgreichen Bio-Abfall-Sammlerin:
• Achten Sie auf kurze Entsorgungswege für die Bevölkerung.
• Sorgen Sie für einen regelmässigen Abholrhythmus im Sommer und ­
im Winter.
• Geschlossene Behälter haben sich in vielen Ortschaften bewährt. ­
Sie verhindern unangenehme Gerüche.
• Normbehälter, also einheitliche Behälter in der ganzen Gemeinde,
­erhöhen die Sammelleistung.
• Fremdstoffe wie Plastik im Bio-Müll führen zu Problemen bei der Verarbeitung. Besonders in sozial schwachen Quartieren, offen und frei zugänglichen Behältern sowie in der Nähe von Schulen sollte die Gemeinde dafür
sorgen, dass diese minimiert bzw. eliminiert werden.
• Beachten Sie, dass Speiseabfälle aus Gastgewerbe und Kantinen nicht
mit der Kommunalsammlung abgeführt werden dürfen.
• Für gemischte Bio-Abfälle aus Haushalten reichen ­konventionelle
­Sammelfahrzeuge.
Schritt 3: Finanzierung abklären
Die Kosten für die Verwertung von getrennt gesammelten Bio-Abfällen setzen­
sich in der Regel zu gleichen Teilen aus Logistikkosten (Sammlung und Trans-­
port) und Behandlungskosten zusammen.
Bei den Logistikkosten (vgl. Schritt 2) lässt es sich sparen. Allerdings sind die
Logistikkosten direkt mit der Sammelmenge verknüpft: Je weiter auseinander
die Sammelpunkte liegen, d.h. je günstiger die Sammelkosten werden, desto
kleiner wird die gesammelte Menge. Schweizermeister im getrennten Sammeln werden Sie nur mit kombinierten Hol- und Bringsystemen.
Verschaffen Sie sich einen Überblick über die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten von Hol- und Bringsystemen:
Finanzierungsmodelle für Bring- und Holsysteme
­Finanzierung
Vorteile
Nachteile
Grundgebühren
(pauschale Entsorgungsgebühr) oder
aus Steuern
hohe Mengen, einfache
Umsetzung, breite Akzeptanz
hohe Gebühren (nicht verursachergerecht, da nicht
mengenabhängig)
Mengenabhängige­
Gebühr nach
­Gewicht /Volumen
Günstiger als Grundgebühren, da verursachergerecht; keine Kosten für
Norm-Container
Gegenüber Grundgebühr
Mengenabnahme um ca.
30 %
Ungeeignet für Städte, da ­
es dort erfahrungsgemäss
Container braucht
Finanzierungsmodelle ausschliesslich für Holsysteme
­Finanzierung
Vorteile
Nachteile
Jahrespauschale pro
Container «Kübel­
gebühr» (z.B. mit
Identifikations-Tag /
Chip pro Container)
Günstiger als Grundgebühr,
da teilweise verursacher­
gerecht (Gebühr in Ab­
hängigkeit von Containergrösse)
Gegenüber Grundgebühr
Mengenabnahme um ca.
30%
Gebühr pro Con­
tainer-Leerung (z.B.
Kübel mit Identifikations-Tag / Chip)
Günstiger als Grundgebühr,
da verursachergerecht
Gegenüber Grundgebühr
Mengenabnahme um ca.
30%
Kosten für Normcontainer
Kosten für Normcontainer
Schritt 4: loslegen
Sie haben sich für eine Optimierung der Bio-Abfall-Sammlung in Ihrer Gemeinde entschieden? Biomasse Suisse hilft Ihnen gerne dabei, die richtige
Lösung zu finden – sei es politisch, technisch oder finanziell. Melden Sie sich
noch heute:
044 395 12 14
[email protected]
www.biomassesuisse.ch
Geschäftsstelle Biomasse Suisse
Oberdorfstrasse 40
3053 Münchenbuchsee
Tel. 031 858 22 24
Fax 031 858 22 21
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Antenne Suisse Romande
Chemin du Coteau 28
1123 Aclens
Tél. 021 869 98 87
Fax 021 869 01 70
[email protected]
www.biomassesuisse.ch
«Einmal pro Woche holen wir
alle Speise- und Gartenabfälle direkt bei
den Bielerinnen und Bielern zu Hause ab. Die
Bevölkerung kostet das nichts, da wir die Transportund Entsorgungskosten über die ordentlichen Grundgebühren finan­zieren. Eine gute Möglichkeit, die Leute
dazu zu bewegen, ihren ­Abfall zu trennen. Einen Teil ­des
Bio-­Abfalls wandeln wir anschliessend in Kompost um,
den anderen ver­gären wir zu Biogas. Daraus entsteht
wiederum ­er­neuerbarer Strom.»
Silvan Kocher
Leiter Strasseninspektorat, Biel