Methodentraining - Hinweise zur Arbeit mit Quellen - fit-for-net

Methodentraining - Hinweise zur Arbeit mit Quellen
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1. Übersicht zum kritischen Umgang mit schriftlichen Quellen
1. Analysieren: Quelle, Inhalt und Kontext
Wer ?
Was-Wann-Wie ?
Autor/in
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Quelle
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soziokultureller Hintergrund
Amt
Person
Standort
Perspektive
Beurteiung des
Blickwinkels
Beurteilung der
polit. und gesellschaftl. Position
Beurteilung der
Persönlichkeit
Beurteilung der
normativen Gebundenheit
Warum-Wozu ?
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Adressat
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Textart
Zeit und Ort
Aufbau
Leitgedanken
Schlüsselbegriffe
Einordnung der Quelle in den
geschichtlichen Zusammenhang (politisch, sozial, wirtschaftlich, kulturell)
Vergleich mit anderen Quellen
und Darstellungen
Problematisierung der historischen Aussage
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Privatperson
Öffentlichkeit
Machthaber
Nachwelt
Institution
Beurteilung der Aussageabsicht
Information
Manipulation
Meinungsbildung
Überlieferung
Überredung
2. Werten und Urteilen: Auswertung/ Quellenkritik
In der Fachliteratur finden sich eine Vielzahl
von Vorschlägen zur Quellenarbeit, Kataloge
von Fragestellungen und Arbeitsschritten, die
historische Texte erschließen sollen.
Die im folgenden aufgeführten Hilfen orientieren sich an unterschiedlichen Modellen (vgl.
Literaturliste), verstehen sich aber wie die
meisten von ihnen nicht als Patentrezept,
sondern als Anregung, die zeigen will, wie
man sich in den Umgang mit schriftlichem
Quellenmaterial einüben kann.
Auch sind nicht in jedem Fall alle Fragestellungen oder alle Arbeitsschritte bei jeder Quelle und in gleichem Umfang regelmäßig anwendbar; hier muss im Einzelfall
differenziert, ergänzt oder einfach gestrichen
werden. Deutlich aber soll werden, dass historische Quellen einen anderen Zugriff erfordern, als z.B. statistisches Material oder fiktionale Texte im Deutschunterricht.
Schema entnommen: Kursbuch Geschichte. Ergänzungsband Zentralabitur. Cornelsen.
1. A. 2005, S. 9. Eigene Ergänzungen.
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srquellen.doc/08.02.2006/Th
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2. Die Arbeit mit schriftlichen Quellen
Aufgabenstellung bei Klausuren / Abi 2006 (alt):
1. Charakterisieren Sie in quellenkritischer Sicht die Art und
Funktion der Quelle und ordnen Sie diese knapp, aber angemessen in den historischen Zusammenhang ein! (Vorstellen der Quelle)
2. Beschreiben, charakterisieren und erläutern Sie die Position von (o.ä.) …. (Inhaltswiedergabe und –erläuterung, Analyse und Sachurteil)
3. Ordnen Sie die Position ein, beurteilen Sie, vergleichen
Sie, nehmen Sie kritisch Stellung zu (o.ä.) …. (Kritische
Auseinandersetzung, Werturteil)
Vorbereitende
Schritte
Aufgabenstellung bei Klausuren / Zentralabitur (neu):
Interpretieren Sie die Quelle, indem Sie
1. die Quelle analysieren (Charakterisierung der Quelle, Wiedergabe von
Inhalt und Gedankengang),
2. die Grundhaltung … und die verwendeten Denkmuster im historischen
Kontext erläutern (Charakterisierung; Herausarbeiten von Grundpositionen z.B. durch Abstraktion, Reduktion usw. und ihre Erläuterung)
3. und … kritisch überprüfen …
Wesentliche Änderung : Die Aufgabe 1 (Analyse) umfasst über die bloße Quellenvorstellung hinaus auch Teile der alten Aufgabe 2 . Differenzierung der Begriffe ‚Interpretation’ und ‚Analyse’: Interpretation erscheint als der übergreifende Begriff.
Feststellen der Quellengattung und Kennzeichen ihrer Eigenart, Aussagemöglichkeit, Grenzen und Manipulierbarkeit (Gesetzestext,
Urkunde, Vertrag, Rede, Brief, Tagebuch, Parteiprogramm, Manifest, Testament, Tischgespräch; philos., theol. Abhandlung u.ä.).
(Voranalyse)
Überprüfen der Quellenüberlieferung und des Risikos von Eingriffen bei der Entstehung, Weitergabe und Publikation (vgl. Anmerkungen zu Quellen, z.B. Hinweise auf Übersetzungen, Ausschnitte, Kommentare von Herausgebern, Überlieferung, Informationswert
usw.): Primärquelle oder Sekundärquelle? (historische) Sekundärliteratur?
Sichern des Sach- und Problemverständnisses: die Sache durchschauen, sie einem Gegenstandsbereich zuordnen, einen Bezug
zum eigenen (Hintergrund-) Wissen herstellen; reichen die Kenntnisse nicht, ist der Rückgriff auf historische Darstellungen angebracht
Sichern des Inhaltes, des Wortverständnisses und der Sprachebene ('Wort' ist hier im weitesten Sinne gebraucht: nichts darf unverstanden bleiben, der Inhalt muß vollständig geklärt werden.), Gliederung (äußerer Aufbau, Sinnabschnitte, Schlüsselbegriffe, Argumentationsstruktur u.a. ) und Erläuterung.
Mögliche Hilfsmittel: der Kontext, Lexika, Fragen an Fachleute/Lehrer.
Rekonstruieren des historischen Umfeldes / Kontextes:
der geschichtliche Ort, die geschichtliche Zeit und der ereignisgeschichtliche Zusammenhang, denen die Quelle angehört, müssen
verdeutlicht werden.
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Neue
Aufgabenstellung
Analyse und Interpreta- Teilaufgabe / Aufgation der Textes
benformulierung
Äußere/innere Quellenkritik
1a
Bestimmung der
Textsorte, des
Urhebers und des
Adressaten
Schwerpunkte / Arbeitsschritte
Mögliche Fragestellungen
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Analyse
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Textsorte und Wirkungsmöglichkeiten ( s.o.)
Autor/Verfasser/Redner
Zuhörer/Zuschauer
Art der Überlieferung
Authentizität (Glaubwürdigkeit) und Vollständigkeit:
Vorlagen, Varianten, Informanten etc.
Materialkritik (Voranalyse)
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Historischer Kontext
1b Bestimmung des
historischen Kontextes/Einordnung
der Quelle in den
historischen Zusammenhang
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Entstehungszeitpunkt/raum
Entstehungsort/ Verhältnis
des Autors zu Entstehungszeitpunkt und -ort
Ereigniszusammenhang
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Ist der Verfasser von den Ereignissen betroffen, hat er selbst teilgenommen, ist er
von einer der Seiten eines Konfliktes begünstigt oder benachteiligt oder bedroht
(Perspektive/ Rücksichtnahme)?
Ist er ein 'Insider', ein zufälliger Zeuge oder Beteiligter, ist er berufsmäßiger oder
ungeübter Berichterstatter ? Ist die Quelle für die Öffentlichkeit gedacht?
Wieviel Erkenntnis erlauben ihm seine Bildung, seine Herkunft, sein Beruf und seine Rolle bei dem Ereignis (Kompetenz) ?
Hat er sich unmittelbar nach dem Ereignis Notizen gemacht oder
muss er Jahre später sein Gedächtnis bemühen (zeitliche Distanz)?
Ist er willens und in der Lage, zuverlässig und wahrheitsgemäß im Rahmen seiner
Möglichkeiten zu berichten?
Wie und wodurch wird seine Standortgebundenheit (Perspektive; s.o.) deutlich?
An welchen Adressaten will er sich wenden, mit welchen Erwartungen und Absichten (Intention)?
Hat er (denkbare) Gründe, in der Darstellung des Sachverhalts etwas zu verändern, besonders zu betonen, zu verschweigen, umzudeuten, zu übertreiben oder
zu verharmlosen?
Welche anderen Darstellungen/Sichtweisen sind bekannt, denkbar, wahrscheinlich?
Welches Datum enthält die Quellenangabe?
Gibt es eine Differenz zwischen Entstehungs- und Veröffentlichungszeitpunkt?
Hat der Entstehungs- oder Veröffentlichungsort eine funktionelle oder symbolische
Bedeutung (Ereignisse am gleichen Ort zu anderen Zeiten in anderen Ereigniszusammenhängen)?
Welche Namen, Begriffe, Sachverhalte erfordern eine notwendige Erläuterung,
ohne die ein Verständnis des Textes nicht möglich ist?
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Analyse / Erläuterung
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Analyse (Beschrei2
bung und Erläuterung)
Erfassen der Aussagen und Intentionen (ggf. Hinweis auf spezielle
Ausrichtung der
Untersuchung)
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Thema
Textgliederung
Schlüsselwörter/Begriffsanalyse
Inhaltsanalyse:
Textbeschreibung
Texterläuterung
zusammenfassendes
Sachurteil/ Sachkritik
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Interpretation (Kritische Auseinandersetzung)
3
Erklären, deuten
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und diskutieren der
Ergebnisse der
Quellenanalyse
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ƒ im Hinblick auf
Auswertungsfragen (textbezogen);
ƒ im Hinblick auf
weiterführende
Fragen / Aspekte / Zusammenhänge
•
Rückgriff auf eigene historische Kenntnisse und Erfahrungen
Einordnen der Erkenntnisse aus allen Ebenen der
Betrachtung (Vorwissen
und Aufgabenteile) Æ
Analyseergebnis)
Werturteil/Ideologiekritik
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Was ist aus der Quelle zu erfahren? Was ist offenkundiger Inhalt und Kern der
Aussagen?
Welche offenen , aber auch verdeckten Absichten und Anspielungen werden deutlich?
Wie ist der Text gegliedert? Wie argumentiert der Verfasser?
Auf welche Werte, Interessen und Gesetzmäßigkeiten beruft er sich?
Welche Begriffe und Vergleiche verwendet er?
Wurden die Begriffe einem möglichen Bedeutungswandel unterworfen?
Welche Assoziationen lösen seine Begriffe und Anspielungen aus, welche Gefühle,
Urteile (und Vorurteile) und Wertungen wecken sie beim Adressaten und beim heutigen Leser?
Welche Sicht der Dinge wird offenkundig oder unterschwellig gefördert?
Ist der Text /die Argumentation in sich widerspruchsfrei und logisch?
Was konnte der Verfasser der Quelle wissen, was nicht?
Zu welchen Wertungen kommt der Verfasser?
Inwieweit sind die Aussagen glaubwürdig?
Ist das Ergebnis mit bisherigen Erkenntnissen vereinbar?
Wenn nicht, ist die Argumentation, die zum Ergebnis führte, zumindest nachvollziehbar?
Zu welchen Ergebnissen führt ein Perspektivenwechsel ? (Wie sehen und beurteilen möglicherweise Angesprochene, Beteiligte, Betroffene, Gegner oder Andersdenkende den Sachverhalt ?)
Sind die Maßstäbe, die zur Wertung herangezogen werden, dem Gegenstand angemessen?
Hat die Arbeit den Erkenntnisstand erweitert? Welche Schlußfolgerungen für spätere Ereignisse/für die Gegenwart sind angemessen?
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