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Ein Schlag zu wenig
In Nordhausen war Till Eulenspiegel einmal in einer Herberge Zeuge eines Pferdehandels, über den er sich ärgerte, denn der Rosshändler betrog den Käufer
gewaltig. Er überlegte, wie er dem Schelm wohl einen Denkzettel verpassen
könnte. Er vermutete, dass der Pferdehändler ein geldgieriger Mensch ohne jedes
Ehrgefühl sei, und darum sagte er zu ihm: „Hör, Jankel, es juckt mich, dir den
Buckel einmal gründlich vollzuhauen. Ich gebe dir zwanzig Hiebe und zahle dir
dafür fünfzig Taler.“
Da dachte der Rosshändler: „Die fünfzig Taler sind rasch verdient. Bereitet es
ihm Spass, mich zu prügeln, so soll es mir nachher umso grössere Freude machen, wenn seine fünfzig Taler in meiner Tasche klimpern.“ Und er ging auf die
Wette ein.
Die anwesenden Bürger wurden herbeigerufen. Man erklärte ihnen den Handel
und bat sie, sie möchten achtgeben, dass ja kein Unrecht geschehe. Der Betrüger legte sich also auf ein leeres Fass, und Eulenspiegel zählte ihm die Hiebe auf.
Die Bürger zählten mit. Dem Rosshändler ward es wind und weh, denn jeder
Schlag sass. Aber er kniff die Zähne zusammen und dachte: „Fünfzig Taler sind
ein schönes Stück Geld.“
Eulenspiegel aber schlug ohne Schonung, bis der Spitzbube neunzehn Schläge
bekommen hatte. Dann hörte er auf, setzte sich an den Tisch und tat, als ob
nichts geschehen sei. Da verlangte der Rosshändler seine fünfzig Taler, aber Till
antwortete gelassen: „Behüte, unser Vertag ging auf zwanzig Hiebe. Die hast du
nicht bekommen, daher bin ich dir nichts schuldig.“
So sehr der Schelm auch bat und flehte um den zwanzigsten Schlag, Eulenspiegel blieb unerbittlich und zog davon.