„Wir wollen Meilensteine setzen“

INTERVIEW | Max-Theurer | Polterauer
„Wir wollen Meilensteine setzen“
Seit knapp vier Jahren führen Johannes Max-Theurer und Gerhard Polterauer gemeinsam die
Geschäfte des weltweit agierenden Fahrwegtechnik-Maschinenherstellers Plasser & Theurer.
Die ETR sprach mit beiden über neue Technologien, erweiterte Geschäftsmodelle und
Veränderungen im Unternehmen.
Herr Max-Theurer, just vor drei Jahren
(zur Innotrans 2012) führten wir unser
erstes Interview. Damals endeten Ihre
Worte: „Ich habe vor, das Unternehmen
im Sinne meines Großvaters weiterzuführen. Wir werden auch in bestimmten
Bereichen neue Wege gehen müssen,
wollen wir unsere Position auf den Weltmärkten behaupten oder noch ausbauen. Lassen Sie uns mal in zwei, drei JahGerhard Polterauer und Johannes Max-Theurer
ren das Gespräch weiterführen, dann
kann ich Ihnen dazu auch mehr sagen“.
Korrekt ?
Max-Theurer (lacht): Ja, richtig. Dann sagen
wir, mein Geschäftsführerkollege Gerhard
Polterauer und ich, Ihnen jetzt mehr.
Seit 2012 wird das Unternehmen durch
Sie beide quasi in Doppelspitze geführt.
Funktioniert das im Alltagsgeschäft?
(Fotos: Michael Rzepa)
Polterauer: Es war eine große Bewährungsprobe für uns, in die Fußstapfen von
Dr. Theurer zu treten und die Firma weiterzuführen. Ich glaube, dass wir dabei ein gutes
Team bilden, und dass wir es sehr viel weiter
gebracht haben, als vorhersehbar war. Wir
ergänzen uns wirklich gut.
Gibt es eine Arbeitsteilung zwischen
­Ihnen beiden?
Max-Theurer: Wir sehen das eigentlich situationselastisch, wie man so schön sagt. Natürlich hat jeder seine Präferenzen und kümmert sich darum. Besondere Relevanz in
diesem Zusammenspiel hat der sehr große
Erfahrungsschatz, den mein Kollege Polterauer durch seine langjährige Zusammenarbeit mit Dr. Theurer mitbringt. Das ist bei
wichtigen Entscheidungen sehr hilfreich.
Die letzten Jahre waren nicht einfach, es hat
zum Teil viel Gegenwind gegeben. Die haben wir aber mit unseren engagierten und
tollen Mitarbeitern gemeistert. Langsam
verspüren wir in Europa wieder Rückenwind
bei den Investitionen in die Schieneninfrastruktur (zustimmendes Nicken durch Polterauer). Wir freuen uns deshalb auf die Zukunft.
Herr Max-Theurer, Sie sprachen vor drei
Jahren von neuen Wegen, die zu gehen
sind. Welche sind Sie gegangen?
Max-Theurer: Zum Beispiel durch den
Einsatz neuer Technologien wie unsere
Hybridmaschine E3. E3 steht für Economic, Ecologic und Ergonomic. Damit
werden unsere Bahnbaumaschinen elektrisch.
Wie kann man sich das im Detail vorstellen?
Polterauer: Unsere Lösung ist ein neues Antriebskonzept für Bahnbaumaschinen, die
man sowohl durch einen Diesel- als auch
durch einen Elektromotor antreiben kann.
Die Nutzung der Energie kommt aus dem
Fahrdraht, sowohl für die Fahrt wie auch für
die Arbeit. Wir werden diese neue Technik
erstmals im Sommer in Österreich bei der
ÖBB einsetzen.
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Was war der Beweggrund für diese Entwicklung?
Max-Theurer: Steigende Treibstoffpreise,
niedrige Schichtpreise und hohe Personalkosten sind eine Realität, mit der viele Unternehmer zu kämpfen haben. Das war für
uns der Ausgangspunkt mit der Zielstellung: Wir wollen unseren Kunden helfen,
kosteneffizienter zu arbeiten, flexibel zu
agieren und das saubere Verkehrssystem
Bahn zu stärken.
Ist es nicht so, dass sich gerade in den
letzten Jahren die Anforderungen an Unternehmen hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit sehr verstärkt haben?
Polterauer: Ja, durchaus. Wir haben schon
seit vielen Jahren Wert auf die ökologische
Ausführung unserer Maschinen gelegt zum
Beispiel hinsichtlich Schallschutzmaßnahmen für Japan. Und diese Anforderungen
kommen jetzt immer stärker auch aus
Deutschland und von anderen europäischen
Bahnen. Deshalb war unser Schritt hin zu
Hybridmaschinen genau richtig.
Sie sagten E3 stehe für ecologic, ergonomic und economic. Sind das nur Schlagworte oder stecken da wirklich besondere Leistungen dahinter?
Polterauer: Da stecken schon ganz konkrete
Leistungen dahinter: Wir erfüllen Umweltschutzauflagen, wir haben verringerten
Schadstoffausstoß, wir haben Nachhaltigkeit durch Nutzung, wo grüner Bahnstrom
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verwendet werden kann. Wir haben Lärmreduktion. Das alles steht für ecologic.
Und wie sieht das bei ergonomic und economic aus?
Max-Theurer: Economic heißt für uns Senkung der Einsatzkosten, wie verringerte
Wartungskosten beim Antrieb und die
Senkung von Energiekosten. Mit der
Hybrid­technologie geben wir dem Unternehmer die Möglichkeit, den Strom der
Bahn zu nutzen, um mit der Maschine zu
arbeiten. In dem Moment, wo er bremst,
speist er wieder etwas ein, d. h. er kauft
den Strom einerseits von der Bahn, bringt
aber auch wieder Strom zurück, und das ist
natürlich eine durchaus kosteneffiziente
Art des Antriebs. Mit diesen neuen Maschinen haben wir auch einen höheren Bedienkomfort realisiert. Das ist dann der Ergonomic-Teil.
Gibt es auch schon Interessenten außerhalb des ÖBB Sektors?
Max-Theurer: Wir haben bereits eine Maschine mit diesem Antriebskonzept an die
Firma Krebs Gleisbau verkauft, die damit in
der Schweiz am Netz der SBB arbeiten wird.
Neben der Hybridtechnologie, gibt es
bei Ihnen noch andere Weiterentwicklungen in den zurückliegenden drei Jahren?
Polterauer: Ja. wir haben neue Maschinenkonzepte entwickelt. Zum Beispiel die Uni-
mat 09 4 x 4. Sie schließt die Lücke zwischen
unseren kompakten und den großen Universal-Stopfmaschinen. Mit hoher Wirtschaftlichkeit und Komfort und mit geringeren
Achslasten.
Neu ist auch die Universal-Reinigungsmaschine URM 700, die als spezielle Weichenreinigungsmaschine entwickelt wurde. Die
Maschine findet mittlerweile auch großen
Anklang hier in Europa.
Dazu gesellt sich als Neuentwicklung der
letzten Jahre unser Schweißroboter APT
1500R. Er ermöglicht automatisierte
Schweißvorgänge ohne manuelle Interaktion. Der erste Schweißkopf auf dem Markt,
der die Schienen automatisch einrichtet und
Qualitätsschweißungen durchführt.
Viele Innovationen, wie es scheint.
Max-Theurer (lächelt): Natürlich. Wir messen
den Innovationen bei uns im Hause auch einen sehr hohen Stellenwert zu. Im vergangenen Jahr 2014 haben wir mehr als doppelt
so viele Patente angemeldet als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Wir wollen
nicht vorhandene Technologien nachahmen. Wir wollen Meilensteine setzen.
Wo werden diese Maschinen produziert?
Im Linzer Hauptwerk ,oder auch an anderen Standorten?
Polterauer: Der Hauptteil kommt aus unserem großen Werk in Linz. So wie die vorher
genannten Neuentwicklungen. Es wurden
aber auch schon Maschinen bei unseren »
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Partnerfirmen, in verschiedenen Ländern
der Welt z. B. der Plasser American entwickelt.
Reichen Innovationen heute aus, um auf
dem immer schwierigeren Weltmarkt erfolgreich zu bleiben?
Polterauer: Die Innovation allein, die bringt
noch nichts. Sie müssen sie auch einsetzbar
machen. Und da arbeiten wir mit unseren
Spezialisten und unseren Fachleuten sehr
erfolgreich zusammen. Wir haben in kürzester Zeit Maschinen auf den Markt gebracht
und neu entwickelt, die sich bewähren. Unter anderem für Japan eine Einzelschwellenverlege- bzw Schwellenwechselmaschine,
die in Kürze verschifft wird.
Max-Theurer: Wir haben seit unserem Firmenbestehen 109 Länder der Erde beliefert.
Das letzte war in diesem Winter Sierra Leone.
Das zeigt, dass wir durchaus auch auf dem
Weltmarkt erfolgreich sind. Auch in Ländern,
wo wir natürlich mit asiatischer Konkurrenz
zu kämpfen haben, aber auch viel mit amerikanischen Wettbewerbern. Wir versuchen,
uns nicht zu sehr am Wettbewerb zu orientieren. Der Wettbewerb ist da und das ist
auch ganz normal so, das gibt es in jeder
Branche. Für uns ist wichtig, dass wir Arbeit
für unsere Mitarbeiter weltweit haben, genügend wirtschaftlich erfolgreiche Projekte
bekommen und vor allem die Technologie
des Eisenbahnbaus und der Eisenbahninstandhaltung vorantreiben können. Das ist
unser ­Credo. Dafür ist der enge und gute
Kontakt mit unseren Kunden sehr wichtig.
Nur gemeinsam mit ihren Spezialisten können wir hochentwickelte und wirtschaftliche
Maschinenkonzepte innerhalb kürzester
Zeit umsetzen. Wir sehen uns als Teil des Systems Bahn.
Bei unserem letzten Gespräch vor drei
Jahren erwähnten Sie, dass eine zunehmende Fokussierung auf den After Sales
Bereich anstehen wird. Was ist daraus geworden?
Max-Theurer: Wir haben unsere Angebote für
eine Betreuung der Maschine über den gesamten Lebenszyklus deutlich erweitern
können. Lassen Sie mich einige Zahlen nennen: Im Jahr 2014 hielten wir im Schulungscenter Linz und bei unseren weltweiten Partnerfirmen mehr als 250 Trainingskurse für Teilnehmer aus 39 Länder ab. Das
bedeutet mehr als 1500 Teilnehmer. Vor allem die neuen Trainingsmöglichkeiten wie
z. B. unsere 3D-Stopfsimulatoren finden breite Akzeptanz. Unsere Original-Ersatzteile
werden von Linz aus in alle Regionen der
Welt versandt. Wir verwalten eine Million Teile im Gesamtsystem. 50.000 verschiedene
Teile sind stets verfügbar. Jedes Jahr versenden wir mehr als sieben Millionen Teile. Weltweit gibt es 30 Lager die in unsere Original
Ersatzteillogistik eingebunden sind. Und wir
bieten unseren Kunden weltweit 170 Servicetechniker für den raschen Einsatz vor
Ort. Dies ermöglicht uns in Europa innerhalb
von maximal 24 Stunden und weltweit innerhalb von 2-3 Tagen vor Ort zu sein. Zu-
sätzlich bieten wir unseren Kunden Wartungsverträge, die die Überholung der
Maschinen in unseren Instandhaltungswerken einschließen. Unserem Ziel, dem Kunden über den gesamten Lebenszyklus der
Maschine zur Seite zu stehen, sind wir damit
in den letzten drei Jahren sehr nahe gekommen. Wir haben in diesem Bereich aber noch
viel vor.
Welche Veränderungen haben sich innerhalb des Unternehmens ergeben, welche
neuen Wege wurden beschritten?
Max-Theurer: Wir haben nicht nur Abläufe gestrafft, sondern Abteilungen und Strukturen
noch besser den Prozessen mit unseren Kunden angepasst. Wir haben jetzt eine eigene
Zulassungsabteilung. Diese hat sich mittlerweile sehr bewährt, weil diese Mitarbeiter
sich darauf konzentrieren können, die Zulassung für die Fahrzeuge von Anfang an, also
d. h. vom Verkaufsprozess an bis zum endgültigen Erlangen der Zulassung zu begleiten
und damit die Behörden und potenziellen
Kunden einzubinden. Der Kunde erhält von
uns eine Maschine, die er auch einsetzen
kann. Außerdem gibt es neu auch eine eigene Abteilung für Steuerungstechnik.
Polterauer: Darüber hinaus tätigen wir ständig Investitionen in unsere Produktion: Zusätzliches Personal, neue Fertigungsmaschinen, eine Reorganisation der vorhandenen
Strukturen. Auch Neubauten in unserem
Linzer Werk: eine neue Zuschnitthalle für die
wirtschaftlichere Produktion der Teile. In
» Die Innovation allein, die bringt noch nichts.
Sie müssen sie auch einsetzbar machen. «
 VITA
Gerhard Polterauer
Geschäftsführung
Plasser & Theurer
Nach Absolvierung der HTL Maschinenbau und einem anschließendem
Wirtschaftsstudium ist er seit 1971 bei
Plasser & Theurer und seit 2011 in der
Geschäftsleitung des Unternehmens tätig. Seine Lieblingsfreizeitbeschäftigung
ist der Schilauf und mit bescheidenem
Erfolg das Golfen.
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neue Lackieranlagen wurde investiert und in
ein Schweißwerk, das wir gerade in Linz umbauen.
Herr Max-Theurer, was waren für Sie die
Highlights seit Eintritt in die Geschäftsführung, worauf sind Sie besonders
stolz:
Max-Theurer (nachdenklich): Na ja, die Highlights: Ich bin glücklich, dass wir es geschafft
haben, in den letzten Jahren durchaus erfolgreich zu sein. Ich bin stolz darauf, dass
wir es geschafft haben, genügend Arbeit für
unsere Mitarbeiter zu haben und dabei auch
wirtschaftlich erfolgreich zu sein und dass
wir es geschafft haben, bestimmte Themen
weiter zu bringen, insbesondere Zulassungsthemen. Und wir alle (wendet sich Herrn Polterauer zu) sind stolz auf zwei Auszeichnungen, die wir im letzten Jahr erhalten haben:
Im Juni 2014 wurde uns von der International Heavy Haul Association als erstem Technologieunternehmen eine besondere Anerkennung ausgesprochen. Und im Oktober
erhielt Plasser & Theurer bei der 50 jährigen
Jubiläumsversammlung „50 Jahre Shinkansen ohne Personenschaden“ in Tokio als einziges nichtjapanisches Unternehmen eine
Auszeichnung. Wir haben noch sehr viel Potenzial und ich freue mich darauf, zusammen
mit Gerhard Polterauer und allen Mitarbeitern das Unternehmen in eine weiterhin erfolgreiche Zukunft zu führen.
Zu guter Letzt: Was haben Sie sich für die
weitere Zukunft vorgenommen?
Max-Theurer: Wir haben einige Neuerungen
für den Markt. Aber ich denke, es ist noch zu
früh, um darüber zu reden. Wenn Sie möchten, können Sie in drei Jahren gerne wieder
kommen, dann gibt‘s mehr.
Ist vorgemerkt. Wir bedanken uns bei
­Ihnen beiden für das Gespräch. 
(Das ETR-Interview führte in Linz Detlev K.
Suchanek)
» Wir sehen uns als Teil des Systems Bahn. «
 V ITA
Johannes Max-Theurer
Geschäftsführung
Plasser & Theurer
Nach Absolvierung der Handels­
akademie und eines anschließenden
Auslandsaufenthalts ist er seit 2011
in der Geschäftsleitung des Unter­
nehmens tätig.
Er liebt die Berge und in seiner Freizeit
widmet er sich dem Fliegenfischen.
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