Lehrerhandreichung zur Sonderausstellung „Mumien der Welt“ (12. Febr. – 28. Aug. 2016) 1. Einführung 2. Begriffserklärungen und thematische Erläuterungen 3. Fächerzuordnungen und Einbindungsmöglichkeiten in den Unterricht 4. Museumspädagogisches Programmangebot 5. Begleitveranstaltungstermine 1. Mumien der Welt – Faszinierende Zeitzeugen der Vergangenheit Sie wecken die Neugier und beeindrucken: Mumien. Jede einzelne erzählt ihre eigene Geschichte, manchmal sogar als Zeuge dramatischer Ereignisse. Wer jedoch mit Mumien ausschließlich Ägypten verbindet, kennt nicht die ganze Geschichte. In einer der weltweit größten Sonderausstellungen zum Thema Mumien erhalten Besucher im Roemer- und Pelizaeus-Museum (RPM) einen Einblick in Mumifizierungstraditionen verschiedener Kulturräume. Dabei wird gezeigt, dass das Phänomen der Mumifizierung keineswegs auf Ägypten beschränkt ist, sondern vielmehr auf allen bewohnten Kontinenten der Welt nachweisbar ist: vom Totenkult der alten Ägypter über Moorleichen und südamerikanische Mumienbündel bis hin zum asiatischen Phänomen der Selbstmumifizierung. Vollkommen unterschiedlich sind dagegen die Beweggründe für den Versuch, die Körper der Verstorbenen zu erhalten. Die Mumien sind dabei Zeitzeugen von größtem Wert. Sie geben Aufschluss über die Lebensverhältnisse und manchmal sogar über die Glaubensvorstellungen der Verstorbenen. So werden die Mumien im Rahmen der Ausstellung als Individuen im Kontext der Kulturen präsentiert. Auf einer Reise durch die Naturräume und Kulturen werden die Exponate aus unterschiedlichen Kontinenten mit alt-ägyptischen Mumien aus den Magazinen des RPM ergänzt, die zum Teil erstmals gezeigt und eigens im Vorfeld wissenschaftlich untersucht wurden. Thematisiert werden außerdem neuzeitliche Formen der Mumifizierung, wie z. B. die Kryonik (Einfrieren). Für Schulen wird das Thema „Mumien der Welt“ verantwortungsvoll, zielgruppengerecht und sensibel im Rahmen museumspädagogischer Angebote vermittelt. Seite 2 von 9 2. Begriffserklärungen und thematische Erläuterungen Mumia Ursprünglich bezeichnet das persische Wort „mūm“ eine teerartige Substanz, die im Iran gefunden worden ist und der Heilkräfte zugewiesen wurden. Im 11. Jh. wurde sie in Europa als „Mumia“ bekannt. Als man in ägyptischen Mumien ebenfalls eine teerartige dunkle Substanz fand, wurde dieser Begriff auf die konservierten Körper übertragen, die nun ebenfalls als Mumia bezeichnet wurden. Tatsächlich besteht die dunkle teerfarbige Substanz, die in konservierten Körpern aus Ägypten zu finden ist, jedoch aus Harzen, Ölen und anderen Materialien die zur Einbalsamierung verwendet wurden und sich im Laufe der Zeit zu einer dunklen Masse verfestigt haben. Die scheinbare Identität der beiden Materialien führte dazu, dass zu Pulver zermahlene ägyptische Mumien bis Anfang letzten Jahrhunderts in Europa als Heilmittel verkauft wurden. Auch in der Malerei fand das Pulver als dunkles Farbpigment (Mumienbraun) Anwendung. Heute ist eine derartige Nutzung von Mumia nicht mehr gestattet. Mumien Der Begriff „Mumie“ wurde zunächst nur für konservierte Leichen aus Alt-Ägypten verwendet. Heute wird das Wort allgemein als Bezeichnung für menschliche oder tierische Körper genutzt, die durch Einwirkung natürlicher oder künstlicher Faktoren nicht verwest sind. Mumifizierung Man unterscheidet zwischen natürlicher und künstlicher Mumifizierung: Die natürliche, spontane Mumifizierung Normalerweise ist jegliches organisches Material Teil des Stoffkreislaufs. Menschliche Leichen und tierische Kadaver werden abgebaut und in einfache chemische Verbindungen zerlegt. Diese Prozesse werden sowohl durch körpereigene Enzyme als auch durch Bakterien ausgelöst, die aber bestimmte Umgebungsbedingungen erfordern. So ist für den vollständigen bakteriellen Abbau ausreichend Feuchtigkeit und Luftzufuhr erforderlich. Zudem nimmt die Aktivität sowohl der Enzyme als auch der Bakterien bei sehr niedrigen Temperaturen ab. Werden die natürlichen Abbauprozesse gehemmt, kommt es zur spontanen Mumifizierung toter Körper, die allerdings nur so lange anhält, wie der Leichnam dem konservierenden Milieu ausgesetzt ist. Wird er diesem Milieu entzogen, setzt der Seite 3 von 9 Verfallsprozess auch nach sehr langer Unterbrechung wieder ein. Darum verfallen beispielsweise Gletschermumien innerhalb kurzer Zeit, wenn sie in eine wärmere Umgebung gebracht werden. Bestimmte Naturräume begünstigen aufgrund ihrer Umweltbedingungen den natürlichen Leichenerhalt. Wüste Die große Trockenhaut in Wüstengebieten zum Beispiel führt zu einer schnellen Austrocknung toter Körper. In Ägypten hat man sehr viele auf diese Weise spontan erhaltene Leichen gefunden und viele Ägyptologen glauben, dass solche natürlichen Konservierungsprozesse die Ägypter zur Entwicklung ihrer Mumifizierungstechnik inspiriert haben. Eis In sehr kalten Regionen wie Eiswüsten oder Eishöhlen kommen die bakteriell bedingten Abbauprozesse durch die niedrigen Temperaturen zum Erliegen. Zudem entzieht die trockene und eisige Umgebung den Körpern die Feuchtigkeit. Menschliche und tierische Mumien, die man in arktischen Regionen oder im sibirischen Permafrostboden findet, sind auf diese Weise entstanden. Salz Auch sehr salzhaltige Böden fördern Mumifizierungsprozesse, da Salz dem Körper Flüssigkeit entzieht. Ein Beispiel hierfür sind die Salzmumien, die man in dem iranischen Salzbergwerk von Chehrābād gefunden hat. Moore In Mooren entstehen sauerstoffarme Milieus, in denen bakterielle Verwesungsprozesse gehemmt werden. Die dort wachsenden Moose enthalten zudem Substanzen, die das Wachstum der Bakterien stören und dadurch ebenfalls die Verfallsprozesse hemmen. Da diese Substanzen außerdem Kalzium binden, sind in den ansonsten oft hervorragend erhaltenen Moorleichen in vielen Fällen keine Knochen mehr vorhanden oder sie sind zumindest stark verformt. Da es in fast jeder Region mindestens ein Mikroklima gibt, das die natürlichen Verfallsprozesse hemmt, findet man spontan entstandene Mumien nahezu überall auf der Welt. Seite 4 von 9 Die künstliche Mumifizierung Eine Hemmung der natürlichen Verfallsprozesse lässt sich auch künstlich herbeiführen. Dabei sind die zugrundeliegenden Mechanismen die gleichen wie beim natürlichen Leichenerhalt. Sie alle zielen darauf ab, den enzymatischen und bakteriellen Abbau zum Erliegen zu bringen. Dies kann durch Austrocknung und Lagerung des Körpers unter Luftabschluss oder durch das Einbringen bakterizider Substanzen erfolgen. Die ältesten bekannten Mumifizierungstraditionen sind in Südamerika zu beobachten, wo das Volk der Chinchorro im Norden Chiles bereits um 5000 v. Chr. um den Erhalt vor allem von Kinderleichen bemüht war. Die Ägypter begannen dann im vierten vorchristlichen Jahrtausend ein sehr aufwändiges Verfahren zu entwickeln. Sie entfernten die inneren Organe, von denen der bakterielle Verfall ausgeht, und trockneten den Körper zudem mit einem als Natron bezeichneten Salzgemisch aus, um ihn anschließend mit pflanzlichen Harzen zu überziehen und sorgfältig einzuwickeln. Nach mehrtausendjähriger Entwicklung wurden in der 21. pharaonischen Dynastie die beeindruckendsten Ergebnisse erzielt und noch heute assoziieren die meisten Menschen den Begriff Mumie vor allem mit den erhaltenen Leichnamen der Ägypter. Aber nicht nur in Ägypten und Chile wurden die Toten mumifiziert. Balsamierungstraditionen entstanden tatsächlich auf allen bewohnten Kontinenten. Der Erhalt des Körpers über den Tod hinaus scheint ein allen Völkern gemeinsamer Wunsch zu sein. Leichen wurden zum Beispiel auch in Peru, in Neuseeland, in Australien oder in China mumifiziert. So unterschiedlich die Resultate aussehen mögen – die zugrundeliegenden Prozesse sind immer dieselben, wobei die chinesischen Feuchtmumien eine Ausnahme darstellen. In China ist es bereits vor 2000 Jahren gelungen, die Körper zu erhalten, ohne sie auszutrocknen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam es dann zu einer sprungartigen Verbesserung der Konservierungsverfahren. Chemische Lösungen, durch die das Blut ersetzt wurde, töteten Bakterien und brachten jegliche bakterielle Aktivität zum Erliegen. So gelang es, die Körper zu erhalten, ohne sie auszutrocknen und dadurch ihrer natürlichen Konturen zu berauben. Es gelang, die Verstorbenen genau so zu erhalten, wie sie zu Lebzeiten aussahen. Das Ergebnis sind perfekt erhaltene Mumien wie die der kleinen Rosalia Lombardo in Palermo oder die Körper der verstorbenen Führer sozialistischer Staaten. Als am besten erhaltene Mumie der Welt gilt der Körper Eva Peróns in Argentinien. Seite 5 von 9 3. Fächerzuordnungen und Einbindungsmöglichkeiten in den Unterricht Für Grundschulen im Rahmen des Sachunterrichts: Führung, Workshop oder Projekttag für Grundschulkinder ab der 3. + 4. Klasse. Im Mittelpunkt stehen u.a. Tiermumien von Katze, Hund, Fledermaus und Frettchen. Zusätzlich werden Fragen erläutert, wie z. B.: Was sind Mumien? Was können Mumien uns erzählen? Anatomisch-biologische, soziologische, gesellschaftliche und hierarchische Aspekte werden altersstufengerecht und teils spielerisch vermittelt. Für weiterführende Schulen (Gymnasien, Gesamt-, Real-, Haupt- und Berufsbildende Schulen): Je nach gewünschtem Zeitrahmen werden Führungen, ein Workshop oder Projekttag angeboten. Sie bieten für fast jedes Schulfach thematische Anknüpfungspunkte und Einbindungsmöglichkeiten in den Unterricht. Besonders interessant ist das Angebot für den Unterricht u. a. in den folgenden Fächern: Biologie: Zentrale Themen stehen im Mittelpunkt, wie z. B.: Was passiert nach dem Tod mit einem Körper? Wie funktionieren natürliche und künstliche Mumifizierung? Chemie: Folgende wichtige Fragestellungen werden behandelt: Welche biochemischen und molekularbiologischen Prozesse liegen den natürlichen Verfallsprozessen menschlicher und tierischer Körper zugrunde? Religion: Unterschiedliche Jenseitsvorstellungen und Formen des Totenkults sowie der ewige Zyklus von Entstehen und Vergehen werden erörtert. Kunst: Ästhetische und gestalterische Aspekte, aber auch das populäre Genre der Mumienfilme werden auf Wunsch thematisiert. Geographie und WUK: Regionale und kulturelle Aspekte bezüglich der Themen „Tod“ und „Mumifizierung“ werden vergleichend behandelt. Mumifizierung wurde auf allen bewohnten Kontinenten praktiziert. Wobei die spezifischen Balsamierungstechniken in vielen Fällen die geologischen und geographischen Gegebenheiten der Regionen widerspiegeln. Geschichte: Mumien sind wichtige Zeitzeugen, die von der Wissenschaft zum „Sprechen“ gebracht werden. Sie zählen zu den objektivsten Quellen, über die die archäologischen Wissenschaften verfügen. Seite 6 von 9 4. Museumspädagogisches Programmangebot Schulklassen: Grundschulen (3. + 4. Klasse): Als Führung (45 Min./ 40,- €), Workshop (90 Min./ 46,- €) oder Projekttag (180 Min./ 90,- €): Tierische Mumien! Katze, Hund und Fledermaus: Nicht nur Menschen - auch Tiere wurden mumifiziert. Aber was sind Mumien und warum gibt es sie? Wir beschäftigen uns mit dem Thema sensibel und spielerisch. Weiterführende Schulen: Überblicksführung (45 Min./ 40,- € oder 90 Min./ 70,- €): Mumien sind keine Monster! Lebendige Mumien? Die gibt es nur in Horrorfilmen! Aber Menschen haben sich schon immer dafür interessiert, wie ein Körper haltbar oder sogar wiederbelebt werden könnte. Unterschiedliche Mumifizierungs-techniken alter Kulturen werden ebenso erklärt wie moderne wissenschaftliche Methoden. Als Workshop (90 Min./ 46,- €) oder Projekttag (180 Min./ 90,- €): Mumienforscher! Erforschen und Erkennen: Wir starten mit einer spannenden Einführung in die Welt der Tier- und Menschenmumien sowie zum Thema Mumifizierung. Es folgt der aktive Teil mit einem Rollenspiel zur Mumie des Inka-Herrschers Pachacutec. Der Projekttag beinhaltet zusätzlich die Erstellung einer Mumien-Fotostory. Die Workshops „Tierische Mumien!“ und „Mumienforscher!“ sind auch als Kindergeburtstage (90 Min./ 46,- €) buchbar! Seite 7 von 9 Erwachsene: Überblicksführung (45 Min./ 40,- € oder 90 Min./ 70,- €): Faszination Mumien Der Wunsch nach Erhaltung des Körpers und ewigem Leben hat Menschen schon immer beschäftigt. Je nach Kultur und Epoche wurden unterschiedliche Mumifizierungstechniken entwickelt. Auch moderne Methoden wie die Kryonik (Einfrieren) sind Thema der Ausstellung. Themenführungen (45 Min./ 40,- € oder 90 Min./ 70,- €): Kombiführung: Ägyptische Mumien: Machen Sie mit uns eine Reise in die Welt der Mumien! Anhand ausgewählter Objekte der Sonderausstellung und der Dauerausstellung „Ägypten“ wird der Totenkult veranschaulicht. Philosophieführung: Dialogführung zu ethischen Fragen und der Ausstellbarkeit von Mumien: Wie wirken Mumien auf die Psyche der Besucher? Machen Mumien den Tod erklärbar? – Wir begeben uns auf Spurensuche in eine unbekannte Welt. Expertenführung (Termine nach Rücksprache): Diese von Kuratoren geleitete Führung gibt Interessierten Auskunft zu biologischen, chemischen und medizinischen Aspekten der Mumifizierung anhand von exemplarisch vorgestellten Objekten der Sonderausstellung. Zu den angegebenen Preisen kommt jeweils der Eintritt pro Person hinzu. Buchungen sind möglich unter Tel.: 05121/9369-20 oder [email protected]. Alle Formate ermöglichen unter museumspädagogischer Anleitung eine inhaltliche und sensible Auseinandersetzung mit zentralen Themen der Ausstellung, die teilweise in unserer Gesellschaft aus dem Alltag verdrängt bzw. tabuisiert werden. Seite 8 von 9 5. Begleitveranstaltungstermine Öffentliche Führungen (jeden Sonntag um 15.30 Uhr): „Mumiengespräche“ (45 Min.): Öffentliche Führung bestehend aus einem Erwachsenenrundgang mit paralleler Kinderführung zu ausgewählten Objekten! Preise: Erwachsene 2,- €, Kinder 1,- € + jeweils Eintritt pro Person 6.3.2016: Mumien-Entdeckertag (So. 11 – 17 Uhr) auch für Familien: Von Führungen bis zum Mumienstyling – erleben Sie einen schaurig-schönen Ausflug in die Welt der Mumien! Preise: Erwachsene 5,- €, Kinder frei 22.3.2016: Osterferienveranstaltung für Kinder (9- 12 Jahre): „Die Retter der Mumie“ (9.30 – 12 Uhr); Anmeldung unter Tel.: 05121/9369-0; Kosten: 4,- € Materialkosten inkl. Eintritt pro Kind 28.3.2016: Ostermontag RPM, ÖF um 14.30 und 15.30 Uhr Preise: Erwachsene 2,- €, Kinder 1,- € + jeweils Eintritt pro Person 2.4.2016: Nacht der Mumien (ab 19.30 Uhr) Abendveranstaltung zur „Langen Nacht der Museen“. Erleben Sie mit uns das Mumienfieber mit Performances, Lighting Design und Musik! Preise: 30,- € ; Eintrittskarten an der Kasse des RPM und unter Tel.: 05121/9369-0 16.5.2016 Pfingstmontag RPM, ÖF um 14.30 Uhr: Preise: Erwachsene 2,- €, Kinder 1,- € + jeweils Eintritt pro Person 22.5.2016: Internationaler Museumstag unter dem diesjährigen Motto „Museen in der Kulturlandschaft“. Das RPM präsentiert ein Angebot rund um die Sonderausstellung „Welt der Mumien“ Preise: Erwachsene 5,- €, Kinder frei 22.6.2016: Zeugnistag im RPM: „Mumienmanie“ (10 -17 Uhr) Preise: Kinder freier Eintritt 5.7.2016 und 26.7.2016: Jeweils Ferienpassprogramm: „Die Retter der Mumie“ (Kinder von 9 – 12 Jahren) Jeweils von 9.30 – 12 Uhr. Kosten: 4,- € Materialgeld inkl. Eintritt pro Kind. Anmeldungen bei der Stadt Hildesheim unter www.ferienprogrammhildesheim.de (ab Ende Januar) 13.8.16: Gothic-Special-ÖF anlässlich M’era Luna um 14.30 Uhr (45 Min.), Preise: Erwachsene 2,- € + Eintritt 14.8.2016: Mumien-Entdeckertag: (So. 11 – 17 Uhr) für große und kleine Besucher: Kinder bitte verkleidet kommen! Das beste Mumienkostüm wird prämiert! Preise: Erwachsene 5,- €, Kinder frei Verantwortliche Museumspädagogin: Julia Kruse M.A. Copyright: Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim 2015 Seite 9 von 9
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