Harry Andersson Eichhahnweg 29a 38108 Braunschweig Geprüfter Pilzsachverständiger d. Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM-e.V.) Sprecher des DGfM-Fachausschusses „Pilzverwertung und Toxikologie“ Tel. Festnetz: +49 531 513190 Tel. mobil: +49 160 90207766 E-Mail: [email protected] Bei Pilzvergiftungen stehe ich Giftinformationszentren, Krankenhäusern und Ärzten nahezu ganzjährig 7 Tage in der Woche 24 Stunden zur Verfügung. Meine aktuelle Erreichbarkeit erfragen Sie bitte beim Giftinformationszentrum-Nord Tel. 0551 19240. Die wichtigsten Informationen und Empfehlungen bezogen auf Pilze für einen weitgehend gefahrlosen Kindertagesstätten-Betrieb mit Kindern < 4 Jahre. (Stand 01-2015) Die Haupterscheinungszeit von Pilzen reicht etwa von Anfang August bis Ende Oktober. Sie bilden aber Fruchtkörper je nach Art bei ausreichender Feuchtigkeit auch in den anderen frostfreien Monaten. Kleinkinder bis zu 4 Jahren sind durch Pilze bzw. Pilzfruchtkörper besonders gefährdet, da sie ihre Welt mit dem Mund erkunden. In den Statistiken der Giftinformationszentren nehmen Fälle mit Kindern bis zu 4 Jahren, in denen Pilze eine Rolle spielen, regelmäßig Spitzenpositionen ein. Die Einhaltung der vorgeschlagenen Empfehlungen sollen einerseits die Kinder schützen und einen möglichst gefahrlosen Aufenthalt gewährleisten, andererseits wirkt die Einhaltung für die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter exkulpierend. Auf den Außenflächen (Rasen, Beete, Mulch, Kompost), an Totholz (Stämme, Stubben, Äste, Rinde, verbautes Holz, Spielgeräte) oder an lebenden Bäumen, gelegentlich sogar in Blumentöpfen, wachsen verschiedene Pilzarten. Darunter sind ungenießbare, essbare und giftige Arten. Die Speisewert-Kategorien beziehen sich allerdings auf zubereitete Pilze, die 15 Minuten gekocht oder gebraten wurden. Diese Einteilung ist für den Rohverzehr jedoch nicht anwendbar. Bei den Kleinkindern, die normalerweise auf dem Areal anwesend sind, muss mit einem Rohverzehr durch Entdecken und sofortigem Probieren gerechnet werden. Nicht alle Pilzarten sind auf ihre Inhaltsstoffe und deren Wirkung auf den menschlichen Organismus untersucht. Von einigen Pilzen weiß man, dass sie roh verzehrt z. B. Magen-Darm-giftig sind, andere Arten rufen Organschäden (Leber, Nieren) hervor, wirken psychoaktiv oder besitzen hitzelabile Inhaltsstoffe, die hämolytisch oder agglutinierend wirken. Aber nicht alle Gifte und Inhaltsstoffe sind bekannt. Empfehlungen für den Notfall Wird vermutet, dass ein Kind einen Pilz oder Teile davon verzehrt hat, muss umgehend versucht werden, die Pilzart zu identifizieren oder zumindest bestimmte Arten auszuschließen. Hilfestellung durch Vermittlung eines/einer Pilzsachverständigen leisten die Giftinformationszentren (24 Stunden). Steht kein Pilzsachverständiger zur Verfügung oder treten Symptome auf wie z. B. Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, Schweißausbruch, Tränenfluss, Speichelfluss, Pupillenerweiterung oder -verengung, Atemnot oder schneller Puls auf, muss das Kind sofort unter Einsatz des Rettungsdienstes im Krankenhaus vorgestellt werden. Der Arzt wird dann wahrscheinlich nochmals versuchen, einen Pilzsachverständigen hinzuzuziehen. Die Identifikation der in Frage kommenden Pilzarten ist wichtig, weil unterschiedliche Syndrome auch eine differenzierte Behandlung erfordern. Pilzreste und/oder Erbrochenes unbedingt aufheben. Falls keine Pilzreste mehr vorhanden sind, Pilze in der näheren Umgebung des Kindes – an der vermuteten Fundstelle - einsammeln. Pilze nicht abschneiden. Zur Bestimmung wird der vollständige Fruchtkörper benötigt. Dazu werden die Pilze mit einem Finger oder Löffel vollständig aus der Erde gehoben. Der Pilzsachverständige kann oft noch aus Pilzresten oder Erbrochenem die verursachende Pilzart erkennen bzw. bestimmte Pilzarten ausschließen. Kein Erbrechen provozieren, kein Salzwasser zu trinken geben (kann lebensbedrohlich sein), keine Milch zu trinken geben. Prävention Bei Problemen mit Pilzen bzw. in Zweifelsfällen versuchen, einen Experten/Expertin hinzuziehen; z. B. vermittelt durch das jeweilige Giftinformationszentrum. Die Verwendung von Fungiziden scheidet im Bereich der Kinder aus, da die Flächen durch das Gift für Kinder nicht mehr nutzbar wären. Beschäftigte in den Kindertagesstätten sind i. d. R. pilzkundliche Laien und mit den vielfältigen Erscheinungsformen von Pilzen nicht vertraut. Für das Personal ist daher die Teilnahme an einer pilzkundlichen Wanderung empfehlenswert. Zumindest sollte die Kita ein Pilzbuch im Bestand haben, welches nicht nur Speisepilze abbildet, sondern einen Querschnitt durch die Welt der Pilze bietet. Abhängig vor allem von Feuchtigkeit, Temperatur und Jahreszeit ist davon auszugehen, dass verschiedene Pilzarten auf dem Außengelände, insbesondere auf dem Rasen, in den Beeten, auf Mulch sowie unter Bäumen Fruchtkörper ausgebildet werden. Einige Pilzarten wachsen sehr schnell und erscheinen fast „wie über Nacht“. Mit Wochenbeginn sollten – bevor die Kinder in den Außenbereich gelassen werden – die Flächen einmalig gründlich abgesucht und Pilzfruchtkörper aller Art entfernt werden. Im nachfolgenden täglichen Betrieb sollten zu Tagesbeginn die Flächen kurz nach Pilzfruchtkörpern abgesucht werden. Ebenso sollten die Blumentöpfe im Innenund Außenbereich auf Pilzfruchtkörper kontrolliert und diese ggf. entfernt werden. Die Pflanzen nehmen i. d. R. durch die Pilze keinen Schaden. Kleine Kinder sind Weltmeister im „Abpulen“. Die Suche nach Pilzfruchtkörpern sollte daher zu Wochenbeginn auch die Kontrolle der Spielgeräte aus Holz, Gerüste, Holzzäune und -bänke, liegende Baumstämme usw. einschließen. Im Bereich der Kleinkinder sollte so wenig wie möglich gemulcht werden. Auf Mulch wachsen weitere Pilzarten, die sonst nicht in dem Areal erscheinen würden. Mulch erschwert zusätzlich das optische Erfassen der Fruchtkörper. Pilze haben keine Kontaktgifte. Das Berühren auch von Giftpilzen birgt keine gesundheitliche Gefahr. Wird Berühren beobachtet, sollten die Hände des Kindes gewaschen werden um ggf. kleinste Pilzteilchen zu entfernen. In einigen Betreuungseinrichtungen kochen abwechselnd die Eltern der Kinder. Es muss gewährleistet sein, dass für die Kinder keine selbstgesammelten Pilze in den Mahlzeiten verarbeitet werden. Auch im Außenbereich für die älteren Kinder (> 4 Jahre) wachsen Pilze. Hier kann aber bereits durch spielerisches Belehren, Entdeckerspiele oder eine kleine Ausstellung auf die Gefahren durch Giftpilze hingewiesen werden. Unterstützung für den spielerischen Umgang mit Pilzen leistet die Deutsche Gesellschaft für Mykologie e. V. (DGfM) auf ihrer Homepage www.dgfm-ev.de, Button Projekte – Kinder und Jugend sowie durch einen Flyer für Kinder. Der Flyer kann bei der DGfM angefordert werden. Einige Pilzarten zersetzen totes oder lebendes Holz. Die Festigkeit des befallenen Holzes ist nach einiger Zeit beeinträchtigt. Werden Pilzfruchtkörper an Spielgeräten, Gerüsten usw. oder an Bäumen festgestellt, ist eine Prüfung der Festigkeit zu veranlassen. Harry Andersson
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