Ist die Ertragsfähigkeit unserer Böden gefährdet?

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Pflanze
BAUERNBLATT l 5. Dezember 2015 ■
Bodenserie – Teil 2: Bodenverdichtung – Auswirkungen und Vermeidung
Ist die Ertragsfähigkeit unserer Böden gefährdet?
Bodenverdichtungen
werden
zum Beispiel durch tiefe Fahrspuren und eine nur langsame Wasserinfiltration nach Regenereignissen für den Betrachter sichtbar.
Physikalisch betrachtet ist mit einer Bodenverdichtung eine Zunahme der Lagerungsdichte verbunden. Die Bodenpartikel werden durch mechanische Beanspruchungen, die über das natürliche
Kompensationsvermögen des Bodengefüges hinausgehen, verschoben und in eine dichtere Packung überführt. Dies führt in der
Regel zu veränderten Bodeneigenschaften, die sich auf das
Pflanzenwachstum direkt oder indirekt auswirken und damit die Ertragsfähigkeit des Standortes beeinflussen.
Tiefe Fahrspuren und nur langsame Infiltrationen von Niederschlägen zeigen
Bodenverdichtungen an.
Foto: Dr. Conrad Wiermann
barkeit des Standortes wird also
durch Bodenschadverdichtungen
besonders im Unterboden negativ
beeinflusst.
Einschätzungen
Grünländereien auf Niederungsstandorten, bei denen ganzjährig
aufgrund des hohen Grundwasserstandes die Gefahr von Bodenverdichtungen auch durch Erntefahrzeuge besteht.
Zur Einschätzung der potenziellen
Verdichtungsempfindlichkeit einzelner Standorte steht vom Landesamt
für Landwirtschaft, Umwelt und
ländliche Räume (Llur) im Landwirtschafts- und Umweltatlas umfangreiches Kartenmaterial im Internet bereit. Mit diesen Karten ist es möglich,
bis auf Teilflächenebene eines Schlages die aktuelle Verdichtungsempfindlichkeit in Abhängigkeit von der
tatsächlichen Nutzung abzuschätzen.
(Karten: http://www.umweltdaten.
landsh.de/atlas/script/index.php sowie Artikel im Bauernblatt Nummer
48 vom 28. November).
Kommt es durch mechanische Be- zur Situation in der Praxis
anspruchung zu einer Überlastung
der Eigenstabilität des Bodens, werIn der Landwirtschaft sind das Beden das Bodengefüge und damit zahl- wusstsein und das Wissen über die
reiche Bodenfunktionen modifiziert. negativen Auswirkungen von Bodenschadverdichtungen vielerorts
vorhanden. Allerdings werden die
Auswirkungen
auf das Pflanzenwachstum bereits existierenden Probleme oftmals unterschätzt, da zum einen
Ausschlaggebend für die dann Strukturschäden nicht jedes Jahr
veränderten Bodeneigenschaften ist zum Tragen kommen und diese zum
das Porensystem: Je nach Intensität anderen durch Bodenbearbeitungsder Überlastung werden Porengän- maßnahmen, zumindest oberflächge zusammengedrückt und damit lich betrachtet behoben werden
verengt oder Poren abgeschnitten, können. So treten besonders bei der
sodass die Kontinuität des Porensys- Ernte von spät räumenden Feldtems nur noch eingeschränkt gege- früchten wie Silomais, Zuckerrübe
ben ist. Dies hat zur Folge, dass Was- oder einiger Gemüsekulturen immer
Schadverdichtungen
serspeicher und -leitungsfunktio- wieder Belastungssituationen auf,
im Feld erkennen
nen, der Gasaustausch mit der At- die die Eigenstabilität des Bodengemosphäre, die Erwärmung der Bo- füges übersteigen. Dies gilt besonGrundsätzlich sind Bodenschaddenmatrix und die Zugänglichkeit ders für die Bereiche rund um die verdichtungen nur durch Laborunvon Partikeloberflächen negativ be- Feldeinfahrten und das Vorgewen- tersuchungen zur Porengrößenvereinflusst werden. Im Hinblick auf das de. Neben der Gefährdung von teilung und durch LeitfähigkeitspaPflanzenwachstum sind diese Verän- Ackerstandorten müssen in diesen rameter eindeutig zu bestimmen. Im
derungen oft mit Stauwasserbil- Betrachtungen
dung, Sauerstoffarmut, langsamer auch GrünlandErwärmung im Frühjahr sowie einer standorte einbeschlechten Durchwurzelbarkeit ver- zogen werden:
zeitigen
bunden. Je nach Lage der Struktur- Im
schäden im Profil und dem Ausmaß Frühjahr, wenn
der Dichtlagerung wirken sich Bo- die Bodenstabidenverdichtungen mehr oder weni- lität durch den
ger intensiv auf das Pflanzenwachs- dann oft hohen
tum aus. Besonders Strukturschäden Wassergehalt
im Unterboden, die nicht durch Bo- herabgesetzt ist,
oft
denbearbeitungsmaßnahmen gelo- werden
ckert werden können, führen in Jah- schwere Fahrren mit extremen Witterungsverläu- zeuge zur Gülle- Besonders auf dem Vorgewende und den Feldeinfahrten
fen (lange Trocken- oder lange Nie- düngung einge- treten hohe Bodenbeanspruchungen auf, die zu tief reiderschlagsperioden) zu erheblichen setzt. Zudem be- chenden Bodenverformungen führen können.
Ertragsausfällen. Die Bodenfrucht- finden sich viele
Foto: Dr. Conrad Wiermann
Feld können erste Anhaltspunkte
durch einfache Methoden gewonnen werden: Mit Bodensonden, die
langsam in den Boden bis zirka
40 cm eingeführt werden, können
mechanische Störschichten (u. a.
Pflugsohlen) detektiert werden. Etwas genauere Auskunft geben sogenannte Penetrometer, die den Kraftaufwand messen und aufzeichnen,
der notwendig ist, um eine definierte Spitze in den Boden zu drücken.
Das Ergebnis dieser Messungen ist
allerdings stark vom aktuellen Wassergehalt des Bodens abhängig, sodass die gemessenen Kraftaufwendungen nicht absolut, sondern relativ zu bewerten und deshalb Vergleiche zwischen Standorten mit unterschiedlichen Bodenarten nur eingeschränkt möglich sind. Auch mit der
sogenannten Spatendiagnose lassen
sich Verdichtungsschichten bis zirka
30 cm erkennen: Anhand eines ausgestochenen Bodenziegels können
Plattengefüge und ein gestörtes
Wurzelwachstum erkannt werden.
Auch der Geruch (muffig), die Bodenfarbe (grau/blau) und der Zustand der Stoppelreste (nicht zersetzt) können als Anhaltspunkte für
die Beurteilung des Verdichtungszustandes herangezogen werden.
Regeneration
von Bodenverdichtung
Bodenverdichtungen sind in der Regel als langfristige Veränderungen des
Bodengefüges zu bewerten. Eine Regeneration ist je nach Standort, Bodenart, Nutzung und Lage der Bodenverdichtung nur bedingt möglich:
Während Schadverdichtungen im
Oberboden durch Bodenbearbeitungsmaßnahmen teilweise behoben
werden können, sind schadhafte Veränderungen des Bodengefüges im
Unterboden wesentlich dauerhafter
und können sich, wenn überhaupt,
nur über lange Zeiträume regenerieren. In diesem Zusammenhang sind
besonders Quellungs- und Schrumpfungszyklen sowie Aktivitäten der Bodenflora und -fauna bedeutsam. In
Abhängigkeit vom Tongehalt können
BödendurchÄnderungendesWassergehaltes quellen beziehungsweise
schrumpfen. Hierbei kann je nach Intensität der Austrocknung und Anzahl
der Zyklen ein weitverzweigtes Riss(=Poren-)System entstehen. Auch Aktivitäten der Bodenlebewesen wie Regenwürmer und Pflanzenwurzeln
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systeme können
auf
geeigneten
Standorten und
bei angepassten
Fruchtfolgen die
Tragfähigkeit des
Bodens erhöhen.
Die gezielte Zufuhr von Kalk
kann Aggregierungsprozesse unterstützen
und
Verschlämmungsneigungen
abschwächen. Auch
Bodenverhältnisse auftreten. Foto: Dr. Marek Filipinski die Zufuhr von organischer
Subist besonders der Feuchtezustand im stanz und der Anbau von ZwischenUnterboden zu berücksichtigen. früchten beziehungsweise tief wurAuch das Kartenmaterial zur Ab- zelnden Pflanzen können das Boschätzung der Verdichtungsemp- dengefüge stabilisieren und das
findlichkeit des Llur bezieht sich auf Kompensationsvermögen gegeneine Bodentiefe von 40 cm. Neben über mechanischen Beanspruchunden Eigenschaften des Bodens sind gen erhöhen. Neben diesen gezielKenntnisse über die eingesetzten ten Maßnahmen zur Erhöhung der
Maschinen und Fahrzeuge bedeut- Eigenstabilität des Bodens sind
sam: Grundsätzlich gilt, dass mit stei- auch die Sortenwahl und die
gendem Fahrzeuggewicht die Bo- Fruchtfolgegestaltung in diesem
denbeanspruchung in zunehmen- Zusammenhang bedeutsam: Der
den Tiefen wirksam wird und damit Anbau geeigneter Fruchtarten sodas Verdichtungspotenzial des Unterbodens steigt. Technische Lösungen beispielsweise zur Reduzierung
des Kontaktflächendrucks sind in
Bodenschadverdichtungen köndiesem Zusammenhang nur bedingt
nen die Ertragsfähigkeit landgeeignet, Bodenschadverdichtunwirtschaftlicher Nutzflächen gegen zu verhindern, da die Achslast in
fährden. Besonders Änderungen
der Regel über die Tiefenwirkung
des Bodengefüges im Unterboder Belastung entscheidet. Allerden können bei Extremwetterladings sollten sämtliche vorhandenen
gen zu erheblichen ErtragsverTechniken genutzt werden, um die
lusten führen. Um BodenverBodenbeanspruchung so weit es
dichtungen zu vermeiden, sollte
geht zu minimieren. Hierbei können
sich der Bewirtschafter vor jeder
Breitreifen und ReifeninnnendruckBodenbeanspruchung über den
regelanlagen helfen, sollten in ihrer
tatsächlichen
Bodenzustand
Wirkung aber nicht überschätzt werauch im Unterboden informieden. Dies gilt besonders bei wiederren, um die potenzielle Verdichholten Überrollungen: Mehrmalige
tungsempfindlichkeit abzuschätBefahrungen in einer Spur führen zu
zen. Neben der Beurteilung der
immer stärker in die Tiefe reichenden Verformungsprozessen des Bodengefüges. Sichtbar werden diese
Deformationen häufig im Herbst
durch tiefe Fahrspuren. Das mehrmalige Befahren in einer Spur sollte
deshalb möglichst auch auf dem
Vorgewende und im Umfeld von
Feldeinfahrten vermieden werden.
können dazu beitragen, verdichtete
Bodenkompartimente aufzulockern
und mit einem Sekundärporensystem
zu durchziehen. Derartige Prozesse
nehmen sehr lange Zeiträume in Anspruch. Die Intensität beider Mechanismen nimmt mit der Bodentiefe ab
und resultiert meistens nicht in einem
Gefüge, das der Ausgangssituation
entspricht, denn einzelne (Kleinst-)
Kompartimente bleiben verdichtet.
Da Sandböden kaum zur Quellung/Schrumpfung neigen, sind
Schadverdichtungen in der Regel hier Auch während der Ernte von Kohl und anderen Gemüsearten können abhängig von der Witterung labile
besonders dauerhaft.
Tiefenlockerungen
nur in Ausnahmefällen
Zur Behebung von Bodenverdichtungen in 30 beziehungsweise 40 cm
Tiefe wird häufig über Tiefenlockerungen diskutiert. Eine solche Maßnahme sollte, besonders wenn sie flächendeckend erfolgen soll, sorgfältig
geplant und sensibel durchgeführt
werden. Eine Tiefenlockerung ist nur
dann sinnvoll und Erfolg versprechend, wenn der Boden nicht nur
oberflächlich, sondern bis in größere
wie von früh beziehungsweise sicher abreifenden Sorten mindert
das Risiko, Erntearbeiten in feuchten Jahreszeiten durchführen zu
müssen. Eine Erweiterung der
Fruchtfolgen um beispielsweise Getreide-GPS und/oder Ackergras als
Alternativen zu Silomais bietet
nicht nur Vorteile hinsichtlich des
Nährstoffmanagements, sondern
auch aus Sicht des vorsorgenden
Bodenschutzes.
Dr. Conrad Wiermann
Landwirtschaftskammer
Schleswig-Holstein
Tel.: 0 43 31-94 53-300
[email protected]
Dr. Eckhard Cordsen
Landesamt für Landwirtschaft,
Umwelt und ländliche Räume
Tel.: 0 43 47-704-550
[email protected]
Dr. Dirk-Christian Elsner
Landesamt für Landwirtschaft,
Umwelt und ländliche Räume
Fax: 0 43 47-704-599
[email protected]
FAZIT
Penetrometer können helfen, Bodenschadverdichtungen zu orten.
Foto: Gregor Schmitt-Rechlin
Tiefen ausgetrocknet ist. Um die
Lockerung zu stabilisieren, ist nachfolgend eine sensible Bewirtschaftung unbedingt erforderlich. Es ist
dann dringend zu empfehlen, zumindest im Folgejahr unter anderem einen tief wurzelnden Pflanzenbestand zu etablieren sowie mechanische Belastungen soweit es geht zu
vermeiden. Hintergrund hierfür ist
die Tatsache, dass gerade tief gelockerte Böden eine geringe Eigenstabilität und deshalb im Umkehrschluss
eine hohe Verdichtungsneigung aufweisen.
Maßnahmen leisten
wertvollen Beitrag
Neben den aufgezeigten ZusamStrategien zur Vermeidung
menhängen zwischen Bodeneigenvon Bodenverdichtung
Um schädliche Bodenverdichtungen zu vermeiden, ist es zunächst
notwendig, die Bodenart zu kennen
und den aktuellen Feuchtigkeitszustand richtig einzuschätzen. Hierbei
schaften einerseits und technischen
Lösungen andererseits sollte das
Augenmerk des Bodenbewirtschafters auf gezielten Maßnahmen zur
Verbesserung der Bodenstabilität
liegen. Flache Bodenbearbeitungs-
aktuellen Situation ist eine langfristige Strategie zur Verbesserung der Bodenstabilität erforderlich. In diesem Zusammenhang sind besonders pflanzenbauliche Maßnahmen wie Bodenbearbeitung,
Fruchtfolge,
Sortenwahl und Düngung bedeutsam. Aber auch die Kenntnis
und Umsetzung von technischen
Hilfsmitteln kann die Bodenbeanspruchung reduzieren und somit die Verdichtungsgefährdung
herabsetzen. Grundsätzlich muss
gelten: vermeiden anstatt meliorieren.
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