■ BAUERNBLATT l 28. November 2015 Bodenserie Verdichtung – Teil 1: Llur stellt Karten ins Netz Wie empfindlich ist mein Boden? Fahrspuren nach einer Maisernte im Spätherbst bei zu feuchtem Boden, die auch tiefe Spuren im Unterboden hinterlassen. Foto: Dr. Marek Filipinski Die Erzeugung hoher und sicherer Erträge im landwirtschaftlichen Pflanzenbau setzt einen fruchtbaren und funktionsfähigen Boden voraus. Anforderungen der guten fachlichen Praxis an die landwirtschaftliche Bodennutzung sind unter anderem, dass die Bodenbearbeitung unter Berücksichtigung der Witterung standortangepasst erfolgt, die Bodenstruktur erhalten oder verbessert wird und Bodenverdichtungen so weit wie möglich vermieden werden. Dazu bedarf es einer bodenschonenden Bewirtschaftung unter Berücksichtigung der Bodenart, der Bodenfeuchtigkeit und des Bodendrucks, der von den eingesetzten landwirtschaftlichen Maschinen verursacht wird. Zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Praxis stellt das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes SchleswigHolstein (Llur) Karten der potenziellen Verdichtungsempfindlichkeit des Unterbodens unter ackerbaulicher und unter Grünlandnutzung im Landwirtschafts- und Umweltatlas bereit. Wie Verdichtungen entstehen Das Befahren und die Bearbeitung von Böden sind für die Landbewirtschaftung unvermeidbar. Dabei sind die Maschinen immer größer und schwerer geworden und werden immer später im Jahr eingesetzt. Dies kann zu Bodenverdichtungen führen, die über das natürliche Maß hinausgehen. Bodenverdichtungen im Oberboden lassen sich durch eine entsprechende Bereifung reduzieren oder durch Pflugeinsatz beseitigen. Dies ist im Unterboden, das heißt unterhalb rund 35 cm Tiefe, nur noch sehr eingeschränkt bis gar nicht mehr möglich (siehe obiges Bild mit Kommentar). Diese Verdichtungen bleiben in der Regel. Nicht überall reichen Tiefenlockerer hin, und ein gelockerter Boden ist wiederum sehr empfindlich gegenüber neuer Bodenverdichtung. Breite Reifen reduzieren zwar den Kontaktflächendruck an der Oberfläche, die Achslast wirkt aber trotzdem in die Tiefe. Diese Verdichtungen lassen sich kurz- und mittelfristig und meist auch langfristig kaum noch rückgängig machen. Nur langsam und eingeschränkt kann sich der Boden selbst regenerieren, im Oberboden durch biogene Durchporung und im Unterboden durch Schrumpfung und Quellung tonhaltiger Substrate. Verdichtungsschäden und Konsequenzen In verdichteten Böden nehmen das Porenvolumen und die Durchgängigkeit ab. Die Folgen sind zunächst einmal schlechtere Belüftung, verringerter Wasserfluss sowie schwierigere Durchwurzelbarkeit. Im zweiten Schritt staut sich im Boden vor allem in der feuchteren Jahreszeit das Wasser, was zu einer verzögerten Erwärmung im Frühjahr führt. Dazu kommt eine höhere Wassererosionsgefährdung, da bei wassergesättigten Böden das Wasser verstärkt oberflächlich abfließt. Das Bodenleben insgesamt leidet darunter. So ziehen sich Regenwürmer zurück, und Mikroorganismen setzen weniger um. An der Bodenoberfläche sind häufig schlechter auflaufende Saat, vergilbte und/oder niedrigwüchsige Pflanzen zu sehen (Bild Seite 36). Am Ende geht der Pflanzenertrag zurück. Aus diesem Grund spricht man von Bodenschadverdichtungen als Ursache für diese nachteiligen Entwicklungen. Verdichtungsempfindlichkeit ermitteln Die Verdichtungsempfindlichkeit wird in erster Linie von Bodenart, -gefüge und -feuchte bestimmt. Die Bodenart im Unterboden, das heißt, in 40 cm Tiefe, wurde landesweit durch die Bodenschätzung erhoben, das Bodengefüge durch den Sachverstand im Llur geschätzt und in die Berechnung eingebracht. Zum Wasserhaushalt liegen Daten des Deutschen Wetterdienstes zum Zeitraum 1975 bis 2005 vor. Mit ihrer Hilfe wurde die Bodenfeuchte für jeden Monat geschätzt. Damit wurde 36 Pflanze BAUERNBLATT l 28. November 2015 ■ tende Verdichtungsempfindlichkeit einsehen. Zoomt man sich heraus, wird feststellen, dass die Karten immer gröber werden, bis man zur landesweiten Übersicht im Maßstab 1:1 Million gelangt. Die Karten mit den Maßstäben ab 1:10.000 enthalten nur Angaben zur potenziellen Verdichtungsempfindlichkeit für die Zeiträume Mai bis September sowie Oktober bis April. schiedlichen Grundwasserflurabständen. Entsprechend stark schwankt die Verdichtungsempfindlichkeit. Im Durchschnitt ist hier von einer Verdichtungsempfindlichkeit auszugehen, die zwischen denjenigen der Marschböden und denen der Geest liegt. Situation in SchleswigHolstein unterschiedlich Zusätzlich fallen im Norden tendenziell höhere Niederschläge als im Süden des Landes, sodass die Verdichtungsempfindlichkeit in vergleichbaren Landschaften im Norden etwas höher ist als im Süden. Die Verdichtungsempfindlichkeit ist im Sommer in der Regel eine Stufe geringer als im Winter. In der Übergangszeit, das heißt im zeitigen Frühjahr und im späten Herbst, ist in der Regel von einer Verdichtungsempfindlichkeit wie im Winter auszugehen. Der Einsatz schwerer landwirtschaftlicher Maschinen stößt unter Berücksichtigung des Bodenschutzes zunehmend an seine Grenzen. Der Einsatz großer Mähdrescher kann bereits in ackerbaulich genutzten, jungen Marschen im Sommer Verdichtungen verursachen. Auf der Geest stehen besonders schwere Güllefässer im zeitigen Frühjahr und die Maisernte im Fokus. Obwohl die Empfindlichkeit laut der Kartendarstellung eher gering ist, sind tatsächlich verdichtete Sandböden auf der In unten stehender landesweiter Lückenhaft aufgelaufener Raps auf wahrscheinlich verdichtetem Unterboden, Übersicht (hierzu im Landwirtobwohl der Boden gepflügt wurde. Fotos: Dr. Marek Filipinski schafts- und Umweltatlas auf für jeden Monat im Jahr die langjährig zu erwartende Verdichtungsempfindlichkeit anhand des Verfahrens nach Lebert (2010) berechnet, und das für alle Teilflächen eines Schlages. Da ackerbauliche Kulturen anders und im Sommer in der Regel stärker transpirieren als intensiv bewirtschaftetes Grünland, ist die Verdichtungsempfindlichkeit für beide Bewirtschaftungsformen separat berechnet worden. Da es sich um langjährig zu erwartende Werte handelt, wird hier von einer potenziellen Verdichtungsempfindlichkeit gesprochen, die von der tatsächlichen Verdichtungsempfindlichkeit abweichen kann. Die Berechnung langjähriger Verdichtungsempfindlichkeiten dient als Hilfestellung und kann Entscheidungen für konkrete Bewirtschaftungsmaßnahmen vor Ort nicht ersetzen. Es liegen insgesamt vier Karten in sechs Maßstabsebenen vor, die stufenlos im Landwirtschafts- und Umweltatlas zu erreichen sind. Potenzielle Verdichtungsempfindlichkeit: ● unter ackerbaulicher Nutzung – Mai bis September (Karte 1) – Oktober bis April (Karte 2) ● unter intensiver Grünlandnutzung – Mai bis September – Oktober bis April Zu jeder dieser Karten liegt eine Basiskarte für die konkrete Landbewirtschaftung vor Ort im Maßstab 1:2.000 vor. In dieser hochaufgelösten Maßstabsebene wird die zu erwartende Verdichtungsempfindlichkeit für jeden Monat bei durchschnittlichen Witterungsbedingungen angegeben. Bei konkreten Maßnahmen sind die tatsächliche Nutzung und die tatsächliche Bodenfeuchte zu berücksichtigen. Die Bodenfeuchte wird auf den Anteil an der Feldkapazität, also die maximale Wasserhaltefähigkeit des Bodens bezogen. Ab einem Maßstab 1:5.000 bis zu einem Maßstab 1:1 Million liegen fünf weitere Maßstabsebenen für eine übersichtliche Darstellung der Verdichtungsempfindlichkeit vor. Bodenverdichtungskarten im Internet Das Berechnungsergebnis wird in der oben beschriebenen Genauigkeit im Landwirtschafts- und Umweltatlas dargestellt. Die entsprechenden Karten finden sich ab 2. Dezember 2015 unter http://www. umweltdaten.landsh.de/atlas/ script/index.php Dort kann man sich bis zum eigenen Schlag hineinzoomen. Ab einer Genauigkeit von 1:5.000 oder größer kann man Sie für alle Teilflächen eines Schlages die monatlich zu erwar- 1:250.000 zoomen – auf dem Bildschirm wird nur ein Teil des Landes dargestellt) zeigt sich, dass das Risiko einer Bodenschadverdichtung regional verschieden ist. Im Westen des Landes bestehen die Marschen aus hoch verdichtungsempfindlichen, schluff- und tonreichen Böden, die außerdem über lange Zeit des Jahres dem Grundwassereinfluss unterliegen. Auf dem Mittelrücken, das heißt der Geest, sowie in einem schmalen westlichen Randbereich des Östlichen Hügellandes bestehen die Böden aus weniger verdichtungsempfindlichen, teilweise grundwasserfernen, teilweise auch grundwassernäheren Sandböden. Die Böden des Östlichen Hügellandes bestehen aus Böden sehr unterschiedlicher Bodenarten mit ebenfalls sehr unter- Karte 1: Verdichtungsempfindlichkeit von Böden unter ackerbaulicher Nutzung in Schleswig-Holstein im Sommer (Mai bis September) Nord-Süd-Gefälle und Unterschied Sommer/Winter Karte 2: Verdichtungsempfindlichkeit von Böden unter ackerbaulicher Nutzung in Schleswig-Holstein in der Übergangszeit und im Winter (Oktober bis April) sehr gering, > 200 kPa, > 2,0 kg/cm² gering, 160-200 kPa, 1,6-2,0 kg/cm² mittel, 120-160 kPa, 1,2-1,6 kg/cm² hoch, 80-120 kPa, 0,8-1,2 kg/cm² sehr hoch, < 80 kPa, < 0,8 kg/cm² Verdichtungsempfindlichkeit gegenüber Bodendrücken in 40 cm Tiefe ■ BAUERNBLATT l 28. November 2015 Tabelle: Klassifikation der Verdichtungsempfindlichkeit in den Karten sowie typische Unterbodendrücke üblicher landwirtschaftlicher Maschinen Angabe der Bodendrücke in kPa = Kilopascal: 1kPa ~ 0,01 kg/cm2 im Unterboden erzeuge Bodendrücke Bodenbelastung durch Maschinen bei von bis von bis Grundbodenbearbeitung Pflanzenschutz/Mineraldüngung Erntetransport Gülleausbringung Mähdrusch Rübenernte 20 20 45 100 100 180 105 150 185 220 255 255 0,20 0,20 0,45 1,00 1,00 1,80 1,05 1,50 1,85 2,20 2,55 2,55 kg/cm2 kPa Geest zunehmend ein Problem. Schwere Maschinen können selbst die in der Karte dunkelgrün dargestellten Böden mit sehr geringer Verdichtungsempfindlichkeit überbeanspruchen! Im Östlichen Hügelland wechselt die Verdichtungsempfindlichkeit kleinräumig, weswegen sich eine differenzierte Bearbeitung/Befahrung der Böden lohnen kann. Eine Vorstellung, welche Arbeiten mit entsprechenden Maschinen auf verschieden verdichtungsempfindlichen Böden mit Risiken behaftet sind, vermittelt die oben stehende Tabelle. Verdichtungsempfindlichkeit auf Teilflächen von Schlägen Zum Blick auf Teilflächen von Schlägen zoomt man sich im Landwirtschafts- und Umweltatlas auf den eigenen Schlag ein und wählt einen Maßstab von höchstens 1:5.000. Bei diesem Maßstab sind erstens die Teilflächen der Schläge gut zu sehen, und zweitens kann man – anders als bei den anderen Maßstabsebenen – beim Klicken auf eine Fläche die Bodenart (im Unterboden!), die monatlich zu erwartende Bodenfeuchte und Verdichtungsempfindlichkeit abrufen und mit den tatsächlichen Gegebenheiten auf dem Schlag abgleichen. Bei der Getreideernte oder beim Grasschnitt kann, soweit möglich, eine trockenere Zeit abgewartet werden (die Praxis kann allerdings aus drei Wochen Regen bestehen), sodass die dann vorliegende Verdichtungsempfindlichkeit in der Regel um eine Stufe günstiger ausfällt als im Landwirtschafts- und Umweltatlas angegeben. Maßnahmen zur schonenden Bewirtschaftung Grundsätzlich gilt, dass Bearbeitung und Befahren von Böden dem Standort und der Witterung angepasst erfolgen sollten. Die Bodenstruktur sollte durch Kalkung und Humuszufuhr stabilisiert und verbessert werden. Es lohnt sich, bei problematischen Böden auch auf tief wurzelnde Pflanzen zu setzen, auch beim Zwischenfruchtanbau. Da so aufgelockerte Böden nicht so empfindlich gegenüber einer erneuten Druckbelastung sind, ist dies einer mechanischen Tiefenlockerung vorzuziehen. Nähere Ausführungen zur Vermeidung von Bodenverdichtungen und zu Maßnahmen gegen bestehende Bodenschadverdichtungen werden in einem gesonderten Artikel in der nächsten Ausgabe des Bauernblattes aufgegriffen. FAZIT Bodenverdichtungen sind ein Problem, das mit dem steigenden Gewicht der Maschinen gewachsen und mit bleibenden Folgen für Kulturen und Erträge verbunden ist. Dies gilt auch für Standorte, wo dies bisher nicht so bekannt ist. Das Llur hat Karten zur Verdichtungsempfindlichkeit erarbeitet und im Internet bereitgestellt. Sie dienen als Grundlage für eine gute fachliche Praxis. Diese Karten leisten Hilfestellung für eine bodenschonende Bewirtschaftung und geben Auskunft darüber, wo und zu welcher Jahreszeit ein Verdichtungsrisiko besteht. Dr. Dirk-Christian Elsner Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Tel.: 0 43 47-704-599 [email protected] Dr. Eckhard Cordsen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Tel.: 0 43 47-704-550 [email protected] Dr. Conrad Wiermann Landwirtschaftskammer Tel.: 0 43 31-94 53-300 [email protected]
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