Zollverfahren „42“ - MHP Solution Group

Nachgefragt
Zollverfahren „42“
Vollautomatisiert Steuervorteile sichern
Um beim Import von Drittland-Ware von der Einfuhrumsatzsteuer befreit zu
werden, gibt es das Verfahren „42“. Eigentlich kann dieses nur im Normalverfahren genutzt werden, denn der Zoll behält sich Einzelprüfungen vor. Die LGI
Logistics Group International GmbH hat es nun geschafft, dieses Verfahren
voll zu automatisieren, was schließlich auch die Zollverwaltung überzeugt hat.
ls Standardverfahren für die Einfuhrabfertigung ist allgemein das Zollverfahren „40“ bekannt. Die aus dem Drittland
eingeführten Waren werden in das Zollverfahren „Überführung in den zollrechtlich
(und steuerrechtlich) freien Verkehr“ überführt. Die Waren haben anschließend den
Status einer Gemeinschaftsware. Allerdings
müssen hier noch Zollabgaben und Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) entrichtet werden.
Kaufen deutsche Unternehmen in Drittländern wie der Schweiz oder den USA
Waren ein, können sie bei der Einfuhr mit
dem Zollverfahren „42“ viel Geld sparen.
Doch der Aufwand, der damit verbunden
ist, ist nicht zu unterschätzen.
Das Redaktionsteam von Zoll.Export hat
Herrn Joachim Köcher, Leiter des Bereichs Zoll und Außenwirtschaft bei der
LGI Logistics Group International GmbH,
zu dem Vorstoß, das Verfahren „42“ zu
automatisieren, befragt.
Herr Köcher, bitte schildern
Sie uns kurz, was hinter dem
Zollverfahren „42“ steckt.
Das Zollverfahren „42“ ist eine Verfahrensart im Bereich der Einfuhrverzollung,
mit der man Einfuhren aus Drittländern
als steuerbefreiende innergemeinschaftliche Lieferungen in den freien Verkehr
überführen kann. Es handelt sich um ein
nationales deutsches Zollverfahren. Der
Import von Waren ist steuerfrei, wenn der
Schuldner der Einfuhrsteuer direkt im Anschluss an die Einfuhr die Waren innergemeinschaftlich weiterliefert.
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Welche Voraussetzungen
müssen erfüllt sein, um von
dem Verfahren Gebrauch zu
machen?
Von der Erhebung der EUSt in Deutschland kann abgesehen werden, wenn die
folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
Die Waren müssen …
ô von einem Schuldner der EUSt
Quelle Bild 1: Köcher
A
ô im unmittelbaren Anschluss an die Einfuhr
ô zur Ausfuhr als innergemeinschaftliche
EU-Lieferungen
Herr Köcher verfügt über jahrelange Erfahrung
in leitenden Positionen in Zoll- und Außenwirtschaftsabteilungen.
verwendet werden.
anderen EU-Mitgliedsstaat, muss über eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
(USt-ID-Nr.) aus diesem anderen EU-Mitgliedsstaat verfügen.
Der Einführer muss zum Zeitpunkt der
Einfuhr in der Importanmeldung…
ô seine in Deutschland registrierte UStID-Nr.,
ô die USt-ID-Nr. des Abnehmers im EUEmpfängerland
ô und einen Nachweis, dass die Ware zur
Beförderung in ein EU Mitgliedsland
bestimmt ist,
vorlegen können.
Der Empfänger der innergemeinschaftlichen Lieferung muss also zum Zeitpunkt
der Einfuhr bereits feststehen, sich folglich aus den Beförderungsunterlagen
ergeben. Der Abnehmer (Käufer) in dem
Warum haben Sie eine
automatisierte Lösung des
Verfahrens „42“ entwickelt?
In der Regel wird das Verfahren „42“ im
sog. „Normalverfahren“ genutzt, da sich
die Zollverwaltung die Einzelprüfung vorbehalten möchte. Eine automatisierte
Freigabe ist von der Zollverwaltung für
dieses Verfahren nicht gewünscht und
daher nicht vorgesehen.
Das bedeutet, dass die Zollabfertigung in
den freien Verkehr, in jedem Fall immer
unter Mitwirkung der Zollverwaltung erfolgen muss, da diese vor der Einfuhrabfer-
Zoll.Export 08/15
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tigung umfangreiche Dokumentenprüfungen vornehmen möchte.
auch für das Verfahren „42“ ausreichend
sind.
und damit auch gleich die Codierung für
die Verfahren „40“ und „42“ festgelegt.
„Normalverfahren“ bedeutet ohne Bewilligung, also ohne vereinfachte Zollverfahren, denen immer eine entsprechende
Bewilligung zu Grunde liegt. Man ist also
von den Öffnungszeiten der Behörde abhängig, muss die Ware bei dem zuständigen Abfertigungszollamt gestellen und
alle Dokumente zur Prüfung vorlegen.
Aus diesem Grund haben wir das Verfahren „42“ nun auch in unsere Bewilligungen für das vereinfachte Einfuhrverfahren
aufnehmen können.
Aus letztendlich bis zu vier unterschiedlichen Datenströmen wird dann die
ATLAS Einfuhranmeldung „zusammengebaut“, um alle Informationen für das
Verfahren „42“ vollständig vorliegen zu
haben.
Dies verursacht erhebliche zeitliche und
finanzielle Aufwände, erhöht aber vor allem die Durchlaufzeiten der Einfuhrabfertigung.
Wir haben es nun geschafft, durch exzellent abgestimmte Logistikabläufe und
einer ausgesprochen guten Datenqualität,
zum Zeitpunkt der Einfuhr, die Zollverwaltung und letztendlich das Bundesministerium der Finanzen, davon zu überzeugen,
dass die Prüfungen für die Zollverwaltung
durch unsere lückenlos und durchgängig
nachvollziehbaren Einfuhranmeldungen,
Damit sind wir nun tatsächlich in der Lage, 24 Stunden und 365 Tage im Jahr,
auch dieses Sonderverfahren in unserem
vereinfachten Einfuhrverfahren abfertigen
zu können. Das ist nach unseren Informationen in dieser Form einmalig in Deutschland.
Wie läuft die vollautomatisierte Abwicklung von LGI ab?
Neben den üblichen physischen Vollständigkeitskontrollen im Wareneingang
wird anhand der übermittelten Sendungsdaten die jeweilige Finanzstruktur
(Verkäufer, Einführer, Käufer, Endkunde…) jedes einzelnen Auftrags ermittelt
Die Verfügbarkeit aller Informationen ist
das Ausschlaggebende, aber auch die
Voraussetzung, das Verfahren „42“ in
dieser Form automatisieren zu können.
Unsere Einfuhranmeldungen wickeln wir
über die Software Z-ATLAS der TIA innovations GmbH ab.
Welche Meldungen müssen
abgegeben werden?
Bereits im „Anschreibeverfahren“ (ATLASASV) muss neben den sonstigen Anmeldeinformationen, der Endempfänger im
EU-Mitgliedsstaat angegeben werden.
Gelangensbestätigung
Einfuhranmeldung
vollautomatisiertes Verfahren „42“
Sendungsverfolgung
Ausfuhranmeldung
Exportkontrolle
Lieferantenerklärung
Professionelle Zoll- und Logistiklösungen
Die Softwarelösungen der MHP Solution Group decken alle Ihre Zoll- und Logistikanforderungen ab. Von der Adressprüfung und Exportkontrolle
(S-CHECK), über die Gelangensbestätigung (Z-GBS) und Im-/Export-Software (Z-ATLAS) bis hin zur Versandsoftware (V-LOG), dem Frachtkostenmanagement (F-COST) und der Sendungsverfolgung (Shiptrack.com).
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In der „Ergänzenden Zollanmeldung“
(ATLAS-EGZ) müssen alle Beteiligten genannt werden.
Diese sind,
ô der Anmelder des Einfuhrverfahrens mit
Adressdaten und indirekter Vertretung,
ô der Verkäufer aus den Drittländer mit
Adressdaten,
ô der Einführer in die EU mit EORI Nr.,
VAT und Finanzamt-Nr.
ô der Käufer im EU-Bestimmungsland mit
VAT-Registrierung und vollständiger
Adresse sowie
ô der Empfänger im EU-Bestimmungsland mit vollständiger Adresse.
Welche Vor- und Nachteile
ergeben sich?
Mit der automatisierten Abwicklung hat
man nun auch die gewohnt schnelle
Einfuhrabfertigung wie beim Standardverfahren „40“. Außerdem entfallen die
Wartezeiten durch die Beschau bei der
Zollverwaltung und auch zeitliche Einschränkungen durch die Öffnungszeiten
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der Zollverwaltung sind kein Problem
mehr.
Was sich unmittelbar bemerkbar macht
ist, dass es keine Unterbrechungen der
Logistikabläufe durch Wartezeiten mehr
gibt. Auch hohe Volumina können nun
über das Verfahren „42“ abgefertigt werden. Der größte Vorteil des vollautomatisierten Verfahrens „42“ ist aber, dass die
EUSt künftig in den Steuerbescheiden
wegfällt.
Nachteilig wirkt sich aus, wenn fehlende
Daten zu Zeitverzögerungen führen oder
wenn es nach der Einfuhrverzollung zu
Änderungen des Endempfängers kommt.
Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn zum
Zeitpunkt der Verzollung die Ware laut Unterlagen zu Kunde A in Frankreich, nach
der Verzollung die Ware aber plötzlich zu
Kunde B nach Italien geliefert werden soll.
Das würde beim Verfahren „42“ Probleme
bereiten, da die Zollanmeldung dann als
falsch abgegeben gelten würde.
Was empfehlen Sie Unternehmen, die dieses Verfahren
nutzen wollen?
Zunächst müssen die Rahmenbedin-
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gungen eingehend geprüft werden. Die
entscheidende Voraussetzung ist, wie
schon angedeutet, dass alle Informationen zuverlässig zum Zeitpunkt der
Einfuhr vorliegen müssen. Außerdem
muss eine AEO-F Zertifizierung vorliegen. Nicht zuletzt müssen auch Bewilligungen für ein Anschreibeverfahren
bestehen.
All diese Faktoren müssen bedacht werden, dann steht der Nutzung des Zollverfahrens „42“ eigentlich nichts mehr im
Wege stehen.
Vielen Dank für das interessante Gespräch, Herr Köcher.
Joachim Köcher
ist gelernter Speditionskaufmann und Dipl.
Betriebswirt (FH) und
verfügt über jahrelange
Praxiserfahrung im Bereich Logistik und Zollabwicklung. Seit
2002 ist er Fachbereichsleiter Zoll und
Außenwirtschaft bei der LGI Logistics
Group International GmbH.
Interview geführt durch Gabriele Götz
Autoren dieser Ausgabe:
Dennis Jandel, Susanne Puschke, Paul Kamisch, Michael
Connemann, Jochen Meyer-Burow, Dipl.-Ing. Detlef Prien,
Antje Stephan, Stefan Balling, Jörg Schouren, Christian
Bartel.
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