Kapitel 1: Warum die Pfunde oft nicht purzeln Dicke Menschen sind nicht einfach zu dick, weil sie ständig zu viel essen. Oft liegen die Ursachen in den Genen, in der momentanen Stoffwechselsituation oder im Hormonhaushalt. Aber auch Verdauungsprobleme oder eine Unterversorgung mit bestimmten lebensnotwendigen Nährstoffen kann zu Blockaden führen, die Gewichtsprobleme begünstigen. Trotzdem hat das Körpergewicht eines Menschen natürlich auch seine Ursachen in dem, was täglich so in seinen Mund wandert. Auch schlanke Menschen essen Sahnetorten, Pommes oder Currywurst. Dass diese Produkte viel Fett und Zucker enthalten und als Dickmacher verpönt sind, weiß heute jeder. Trotzdem scheinen manche Menschen einfach alles essen zu können, während andere bereits beim Anblick einer Praline zunehmen. 13 Mangel im Überfluss Dick wird man nicht von heute auf morgen oder durch die Geburtstagsparty am Wochenende. Wenn wir an Gewicht zulegen, ist das immer ein schleichender Prozess, bei dem unser Körper einfach über längere Zeit ständig überfordert wird. Hochverarbeitete Lebensmittel (Weißbrot, Käse, Wurstwaren, Pommes, Süßwaren, Knabberartikel) und Fast Food sind heute ständig verfügbar. Diese Produkte geben unserem Körper aber nicht unbedingt das, was er wirklich braucht. Energie in Form von schnell verfügbaren Kalorien aus Zuckerverbindungen und Industriefetten liefern solche Lebensmittel im Überfluss, während lebenswichtige Vitalstoffe oft durch die industrielle Verarbeitung sogar entfernt werden. Das intensive Aroma und den typischen Geschmack verdanken hochverarbeitete Lebensmittel kaum noch ihren natürlichen Inhaltsstoffen, sondern in der Regel einer Komposition von Aromastoffen und Geschmacksverstärkern, die Entwicklungen der Lebensmittelchemie sind. Bereits von Kindesbeinen an wird unser Gaumen an dieses künstliche Geschmackserlebnis gewöhnt. Das führt nicht nur dazu, dass unsere Geschmacksnerven abstumpfen, sondern verleitet auch dazu, einfach immer mehr zu essen. Das natürliche Sättigungsempfinden bleibt durch den häufigen Verzehr von Industrieprodukten bei vielen Menschen dann einfach auf der Strecke. Erst wenn sich ein unangenehmes Völlegefühl einstellt, legt man die Chipstüte oder die Tafel Schokolade weg. 15 Ursprüngliche Lebensmittel versus Kunstprodukte Noch nie war das Angebot an hochwertigen Lebensmitteln in Deutschland so groß wie heute. Trotzdem fehlen auch hierzulande vielen Menschen lebenswichtige Nährstoffe und Vitalstoffe, die dafür verantwortlich sind, dass der Stoffwechsel in unserem Körper reibungslos funktionieren kann. Diesen »Mangel im Überfluss« hat auch die Lebensmittelindustrie entdeckt. So nimmt das Angebot an Lebensmitteln, die uns einen Zusatznutzen versprechen, ständig zu: Da werden Vitamine und Mineralstoffe (oft wahllos) ergänzt, so dass uns das gute Gefühl vermittelt wird, dass auch Tütensuppen, Gummibärchen oder Schokoriegel den Vitaminbedarf decken. Dabei stellt sich die Frage, ob diese angereicherten Produkte überhaupt sinnvoll sind oder nur der Werbung dienen. Alles, was der Mensch zum Leben braucht, steckt in den natürlichen Lebensmitteln, mit denen sich der Homo sapiens im Laufe der Evolution entwickelt hat. Heute weiß man, dass Vitamine und Mineralstoffe am besten verwertet werden, wenn wir sie in ihrem natürlichen Verbund, also zum Beispiel mit einem Apfel oder einem Glas Milch, aufnehmen. Genau an diesem Punkt scheint das empfindliche Regulationssystem in unserem Körper nicht mehr in die heutige Zeit zu passen und mit der modernen Ernährung überfordert zu sein. Der Körper registriert eine gute oder sogar zu hohe Energieaufnahme und geht dann zunächst davon aus, dass auch die Versorgung mit Vitalstoffen (Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe) entsprechend hoch ist. Kann der Stoffwechsel durch Versorgungsdefizite aber nicht mehr reibungslos ablaufen, wird das Signal ausgesendet: »Nahrung aufnehmen«. So erhalten wir ständig Hilferufe aus unserem Körper, dass er nicht ausreichend versorgt ist, und essen über das natürliche Hungergefühl hinaus. Gerade Menschen 16 mit Übergewicht haben oft das normale Sättigungsgefühl verloren und hören erst dann auf zu essen, wenn sie ein Völlegefühl verspüren oder einfach nicht mehr können. Durch diesen Mangel im Überfluss werden wir immer dicker und schließlich auch oft krank. Die wahllose Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln wird hier nicht zum Erfolg führen, denn am besten ist immer das Original – und das sind einfach natürliche Lebensmittel. Wenn wir betrachten, was unsere Vorfahren so auf dem Speiseplan fanden, stellen wir fest, dass Produkte wie Zucker, weißes Mehl, konzentrierte Fette oder Alkohol eher die Ausnahme waren. Heute sind diese Produkte täglich in aller Munde, und das scheint sich bei vielen Menschen negativ auf den Stoffwechsel auszuwirken. Wie stark sich diese Entwicklung – ganz unabhängig von den Genen – auf das Körpergewicht auswirkt, zeigen auch Beobachtungen an Einwanderern. Während zum Beispiel in Japan dicke Menschen eher die Ausnahme sind, insofern sie sich noch traditionell ernähren, ändert sich das bei vielen Japanern, wenn sie zum Beispiel als Einwanderer unsere westliche Ernährung annehmen. Inzwischen setzt sich auch in Japan der Trend zu westlichem Fast Food und Pommes immer mehr durch, und entsprechend steigt die Zahl der dicken Menschen. Auch ein Blick in die Natur zeigt, dass es sinnvoll ist, möglichst natürliche Lebensmittel zu verzehren und weniger auf hochverarbeitete Produkte zu setzen. In der freien Wildbahn werden Sie kaum ein Reh, einen Wolf oder ein Wildschwein finden, das unter Übergewicht leidet, es sei denn, die Tiere werden von Menschen gefüttert. Bei unseren Haustieren sieht das ganz anders aus: So mancher Vierbeiner scheint förmlich eine Mastkur durchlaufen zu haben und leidet dann unter den gleichen Folgeerkrankungen wie wir Menschen. 17 Warum Diäten dick machen Trenddiäten und Crash-Kuren, die eine schnelle und hohe Gewichtsabnahme versprechen, füllen Frauenzeitschriften Woche für Woche. Dabei sind diese Hungerkuren nicht nur sinnlos, sondern darüber hinaus purer Stress für den Körper. Viele dieser Kuren sind einseitig und schwören auf bestimmte Lebensmittel: Ananaskuren, Kartoffeldiäten oder Reistage sind nur einige Beispiele. Esse ich über einen längeren Zeitraum aber immer nur bestimmte Lebensmittel, ist eine Unterversorgung mit bestimmten Nährstoffen die natürliche Folge. Diese Unterversorgung hinterlässt ihre Spuren langfristig in jeder einzelnen Körperzelle. An einen dauerhaften Erfolg ist bei diesen Diäten sowieso nicht zu denken, denn wer schafft es schon, sich über Wochen oder Monate nur von Reisgerichten, Kartoffeln oder Kohlsuppe zu ernähren. Je einseitiger eine solche Diät ist, desto trügerischer ist der Erfolg. In den ersten zwei bis drei Tagen stellt sich oft ein hoher Gewichtsverlust auf der Waage ein, der Hoffnungen auf einen schnellen Erfolg weckt. Tatsächlich beruht dieser Gewichtsverlust aber darauf, dass vermehrt Körperwasser ausgeschwemmt wird. Daher finden Sie bei Crash-Kuren auch oft den Tipp, an Kochsalz zu sparen. Dieser Verzicht fördert zwar die Wasserausscheidung, beeindruckt Ihre Fettzellen aber wenig. Glauben Sie diesen Versprechen nicht, denn selbst bei einer radikalen Nulldiät benötigt unser Körper drei bis vier Tage, um ein Kilogramm Körperfett einzuschmelzen. Radikale Diätprogramme bringen selten den gewünschten Erfolg, werfen aber schnell den Stoffwechsel aus der Bahn. Folge: Diese Diäten fördern Gewichtsprobleme sogar. 18 Diäten wecken »Urängste« Wir leben in einem Organismus, der über einen ausgesprochen hochentwickelten Überlebensdrang verfügt. Jeder plötzliche Energiemangel löst eine Art Panik im Stoffwechsel aus. In diesen »Notzeiten« zieht unser Körper dann alle Register, um einfach mit weniger Energie auszukommen: Eine Überlebensstrategie, die wir im Laufe der Evolution entwickelt haben und die fest in unseren Genen verankert ist. Der menschliche Körper verfügt über ein ausgeklügeltes System, das uns vor dem Verhungern schützen soll. In einem entwicklungsgeschichtlich sehr alten Teil des Hirns (dem Hypothalamus) arbeitet ein hochentwickeltes Zentrum von Nervenzellen an diesem Projekt. Hier wird aus einer Vielzahl an Informationen aus Magen, Darm und Fettgewebe ständig errechnet, wie es um die Versorgung des Gesamtsystems mit Energie bestellt ist. Abhängig von diesen Informationen geben die Nervenzellen dann Signale aus, die Hunger auslösen und uns nach Essbarem suchen lassen oder Sättigung vermitteln und das Essen stoppen. Endstation Diätspirale Wenn unser Körper merkt, dass mal wieder die mageren (Diät-) Zeiten angebrochen sind, bleibt das nicht ohne Folgen. Wie ein moderner Motor kann auch unser Körper seine Leistung extrem stark drosseln. Verschiedene Sparmechanismen führen schließlich dazu, dass der Energieverbrauch deutlich sinkt. Denn unsere Fettpölsterchen sind wohlbehütete Energiereserven, die das Überleben in »mageren Zeiten« ermöglichen sollen. Als Folge verbrauchen wir einfach weniger Kalorien, und das auf Dauer. Der sogenannte Grundumsatz sinkt förmlich in den Keller. Die19 ser Begriff steht für die Energiemenge, die wir ohne Bewegung für die ganz normalen Körperfunktionen (z. B. Atmung, Herzschlag, Körpertemperatur) benötigen. Jeder radikale Angriff auf die Fettreserven führt also zu einer Stoffwechselsituation, in der wir mit deutlich weniger Energie auskommen als vorher. Dieser Effekt ist übrigens bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Am besten funktioniert das bei den sogenannten »guten Futterverwertern«, die entwicklungsgeschichtlich in schlechten Zeiten die besten Überlebenschancen hatten. Gerade bei Menschen mit Gewichtsproblemen kann diese Anpassung des Grundumsatzes besonders gut ausgeprägt sein. So hungert man sich durch Diäten mühsam ein paar Pfunde ab, die dann aber blitzschnell wieder auf den Hüften zu finden sind. Das ist aber kein Anzeichen dafür, dass der Betroffene einen schwachen Charakter hat, sondern eine direkte Folge von einseitigen Abspeckkuren. Auch nach der Diät denkt unser Körper gar nicht daran, seinen Kalorienverbrauch wieder hochzufahren. Sein Ziel ist jetzt, erst einmal die verlorenen Fettreserven so schnell wie möglich wieder aufzufüllen oder – besser noch – ein paar zusätzliche Reserven einzulagern. Denn dass die nächste Hungerszeit in Form einer Diät auf ihn zukommen wird, verinnerlicht unser Körper von Diät zu Diät mehr. So schaukelt sich das Gewicht mit jeder Diät weiter hoch, und im schlimmsten Fall wiegt man nach jeder Abspeckkur noch ein paar Kilo mehr als zuvor. Dieses »Auf und Ab« der Kilos bezeichnet man zunächst als Jo-Jo-Effekt. Schraubt sich das Gewicht schließlich von Diät zu Diät nach oben, endet das Unternehmen »Abnehmen« in einer klassischen Diätspirale, die man auch als die Krönung der Abnehmblockaden bezeichnen könnte. Dabei macht der ständige Wechsel zwischen hohem und einem etwas niedrigeren Körpergewicht nicht nur dick, sondern auch 20 krank. Gerade bei einer sehr strengen Diät steigt beispielsweise das Risiko zur Bildung von Gallensteinen deutlich an. In wissenschaftlichen Studien konnte auch gezeigt werden, dass häufige Abspeckkuren mit einer anschließenden Gewichtszunahme die Gefahr von koronaren Herzkrankheiten (Arterienverkalkung, mangelnde Sauerstoffversorgung des Herzens) erhöhen. Es lohnt sich also – auch zum Schutz der Gesundheit –, Gewichtsprobleme dauerhaft zu lösen und dafür zunächst einmal nach den Ursachen zu forschen. Auch nach einer erfolgreichen Gewichtsabnahme ist das Problem noch nicht endgültig gelöst. Der Körper muss sich zunächst an das neue Gewicht gewöhnen, und das braucht seine Zeit. 21
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