Einführung_Einteilung_Virulenz

Einführung, Kolonisation vs.
Infektion, Virulenz
Bettina Löffler
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Universitätsklinikum Jena
Wintersemester 2015/16
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Bakteriologie, Mykologie
Hygiene
Parasitologie
Virologie
Serologie
Forschungsschwerpunkt: Staphylococcus aureus
S. aureus ist mit der häufigste Erreger von Krankenhausinfektionen
MRGN
MRSA
ECDC ANNUAL EPIDEMIOLOGICAL REPORT ON
COMMUNICABLE DISEASES IN EUROPE 2008
Plan der Vorlesung
Sem.woche
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Datum
Zeit
Stunden
HS
Dozent
Thema
Mo
19.10.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Fr
23.10.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Einführung, Kolonisation vs. Infektion,
Virulenz
Abwehr des Wirtes
Mo
26.10.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Antiinfektiva
Fr
30.10.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
wichtige Infektionen, allg. Bakteriologie
Mo
02.11.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Staphylokokken, Streptokokken
Fr
06.11.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Pneumokokken, Koinfektion, Neisserien
Mo
09.11.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Enterobakterien 1
Fr
13.11.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Enterobakterien 2, Haemophile, Nonfermenter
Mo
16.11.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Gram-pos. Sporenlose und Mykobakterien
Fr
20.11.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Bazillen, Clostridien
Mo
23.11.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Fr
27.11.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Schraubenbakterien, Rickettsien,
Chlamydien, Mycoplasmen
Pilze, Gardia, Trichomonas, Leishmanien
Mo
30.11.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Trypanosoma, Amoeba, Toxoplasma
Fr
04.12.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Plasmodien, Nematoden
Mo
07.12.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Löffler
Filarien, Trematoden, Cestoden
Fr
11.12.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1 Dobermann HygieneInfektionsschutz
Mo
14.12.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Fr
18.12.2015 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Pletz Hygiene/Inf. Multiresistenz, Ausbruchsmanagement
Mo
04.01.2016 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Pfister Hygiene Lebensmittel- und Kommunalhygiene
Fr
08.01.2016 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Pfister Hygiene Wasserhygiene
Mo
11.01.2016 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Henke
Fr
15.01.2016
Mo
18.01.2016 10.45 - 12.15 Uhr
2
1
Henke
Fr
22.01.2016 10.00 - 11.30 Uhr
2
1
Sauerbrei
Tropische u. zoonotische
Viruskrankheiten
Hepatitisviren, Mumps- und Masernviren
Mo
26.01.2015 10.45 - 12.15 Uhr
2
1
Sauerbrei
Rötelnvirus, Herpesviren
Fr
29.01.2015 10.45 - 12.15 Uhr
2
1
Sauerbrei
Influenzaviren, HIV
Edel Hygiene
Krankenhaushygiene
Allgemeine Einführung
Bakteriologie/Parasitologie/
Mykologie
Hygiene
Allgemeine Virologie, Picornaviren
Virologie
Buchvorschläge
Geschichte der Mikrobiologie
• Infektionskrankheiten seit Jahrtausenden bekannt
• Miasmenlehre: „übler Dunst, schlechte Luft“;
Urzeugung: Entstehung von Krankheiten aus toter
organischer Materie
• A. van Leeuwenhoeck (17 Jh.): Beschreibung von
Bakterien mittels eines selbstgebauten Mikroskops
• L. Pasteur (19 Jh.): Wiederlegung der Doktrin von der Urzeugung
„Omne vivum ex vivo - Leben entsteht nur aus Leben“
• Mikroorganismen als Ursache von vielen Erkrankungen nachgewiesen
(Ende 19 Jh.)
Henle-Koch-Postulate 1884
Mikroorganismen werden für die Ätiologie von Krankheiten verantwortlich
gemacht
3 Postulate:
• Es müssen konstant in den lokal erkrankten Partien Organismen in
typischer Anordnung nachgewiesen werden.
Jacob Henle
1809-1885
• Die Organismen, welchen nach ihrem Verhalten zu den erkrankten
Teilen eine Bedeutung für das Zustandekommen dieser Veränderungen
beizulegen wäre, müssen isoliert und rein gezüchtet werden.
• Mit den Reinkulturen muss die Krankheit wieder erzeugt werden
können.
Robert Koch
1843-1910
Friedrich Loeffler
1852-1915
Verschiedene Erreger von Infektionskrankheiten
Subzelluläre
biologische
Objekte
Prokaryontische
Mikroorganismen
Eukaryontische
Mikroorganismen
Tiere
Prionen
(Proteinmoleküle);
Viren
(20-200 nm)
klassische
Bakterien
(S. aureus, E. coli);
zellwandlose
Bakterien
(Mykoplasmen);
Intrazelluläre
Bakterien
(Chlamydien)
(0,5-5 µm)
Pilze:
Hefen (5-10 µm);
Schimmelpilze;
Helminthen:
Würmer (mm-m)
Protozoen
(Amöben, 1-150
µm)
Arthropoden:
Gliederfüßler
(mm-cm)
Klassische Bakterien
Grampositive
Zellwandaufbau
Gramnegative
Fettsäuren
Zellwand
Peptidoglycan (Murein)
Porin
Lipid A
äußere
Membran
Lipoproteine
40
Schichten
Zellmembran
1-2 Schichten
Zellwand
Zellmembran
9
Diagnostische Nachweismethoden von Erregern
Nachweis des Erregers:
• Mikroskopie: Licht- und Elektronenmikroskopie, Färbungen (Gram-Färbung)
• Kultur:
24 h
Bebrütung
Vitek
Identifizierung (Metabolismus)
+Resistogramm
Maldi-Tof
(Massenspektra)
• Molekularbiologische Verfahren:
• Polymerase-Kettenreaktion (PCR): Vervielfältigung und Messung von DNA/RNA
• Sequenzierung: Bestimmung der Reihenfolge der Nukleotide
• …….
Diagnostische Nachweismethoden von Erregern
Nachweis von Erreger-Bestandteilen oder Erreger-Produkten (z.B. Toxine):
• Molekularbiologische Verfahren:
• Polymerase-Kettenreaktion (PCR): Vervielfältigung und Messung von DNA/RNA
• Sequenzierung: Bestimmung der Reihenfolge der Nukleotide
• …….
auch bei toten Erregern oder Erregerbestandteilen möglich (z.B. nach Antibiotikatherapie)
• Agglutination (z.B. Latextest)
• Immunfluoreszenz
• Western-Blot-Technik
• ELISA
• …..
Nachweis von Erregerbestandteilen
über Antikörperbindung
Erregerprodukt
Diagnostische Nachweismethoden von Erregern
Nachweis einer Erreger-spezifischen Immunreaktion:
• Nachweis von Antikörpern:
• Agglutination (z.B. Latextest)
• Immunfluoreszenz
• Western-Blot-Technik
• ELISA
• …..
Antikörper in der
Serumprobe
• Messung einer Erregerspezifischen T-Zellantwort:
(z.B. Tuberkulin-Reaktion, Quantiferon-Test bei Tuberkulose)
Diagnostische Nachweismethoden von Erregern
Untersuchungsmaterial zur Diagnostik
• Tupferabstrich: Rachenabstrich, Wundabstrich, Abstrich unter OP….
nur oberflächliche Flora
• Körperflüssigkeiten/Stuhl: Urin, Blut, Serum, Liquor, Trachealsekret, Sputum, Stuhl….
schnelle Analyse, teilweise empfindliche Keime, Überwachsen
• Punktate, Abszesse, Sekrete : Wund- und Drainagesekrete, Eiter…..
Luftdicht verschließen, häufig anaerobe Keime beteiligt
• Gewebe (OP-Material): Weichgewebe, Knochen…..
Nativ schicken, kein Formalin
Normalflora versus Infektionen
Menschlicher Körper:
10 % menschliche Zellen
90 % Mikroorganismen
Initiiert vom National
Institutes of Heath 2007
Mikroben und deren
Funktion von fünf
verschiedenen
„Habitaten“ werden
analysiert:
1 x 1014 Zellen insgesamt
1 x 1013 Zellen davon menschlich
9 x 1013 Zellen Mikroorganismen

Bakterien, Pilze, Viren, Parasiten
The human
microbiome
project
http://nihroadmap.nih.gov
Schaffung von Referenzsysteme für den Normalzustand
Normalflora versus Infektionen
Definitionen:
Menschliche Microbiota:
alle Mikroorganismen, die auf unseren inneren und äußeren Oberflächen gedeihen,
kultiviert werden können
Menschliches Microbiom:
Die Gesamtheit aller nicht-menschlichen DNA am/ im menschlichen Körper
Dazu gehören:
•
•
•
•
•
•

Bakterien
Archaea
Pilze
Amöben
Flagellaten
Viren und Bakteriophagen
die Normalflora trägt zur Gesundheit und Abwehr von
Krankheiten ganz entscheidend bei
Normalflora versus Infektionen
Welche Stellen im Körper sind von einer Normalflora besiedelt, welche
sind steril?
durch Normalflora besiedelt
steril
Blut
Liquor
Darm
Bis zu 1Billionen (1012) Bakterien/ Gramm Darminhalt
Unser Darm ist das am dichtesten besiedelte mikrobielle Ökosystem unseres Planeten !
Haut
Starke Unterschiede je nach Lokalisation und von Umwelteinflüssen abhängig
Magen
Normalflora versus Infektionen
Mikrobiom: Beispiel 1: Magen
Lehrmeinung bis vor etwa 30 Jahren: Magen ist steril aufgrund des niedrigen
pH-Wertes und der schnellen Peristaltik; Geschwüre kommen durch exogene
Faktoren (z.B. Stress, falsche Ernährung) zustande.
Barry Marshall
„Selbstversuch“
Helicobacter pylori
1983 entdeckt
2005 Nobelpreis
John Warren
Normalflora versus Infektionen
Mikrobiom: Beispiel 1: Das gastrale Mikrobiom
Das gastrale Mikrobiom umfasst bis zu 260 Bakterien-Spezies
Es unterscheidet sich abhängig von der Präsenz von H. pylori
Bakterien-Spezies
H.p.
negativ
H.p. positiv
H.p. neg:
Firmiculates
Actinobacteria
H.p. pos.:
Proteobacteria
Acidobacteria
Patiens from the US Patiens from the US
The ISME Journal 2011
Normalflora versus Infektionen
Mikrobiom: Beispiel 2: Das Hautmikrobiom
Ellenbeuge
Rücken
Nase
Fußsohle
Das Hautmikrobiom unterscheidet sich
stark nach der Lokalisation
Nat Rev Microbiol 2011
Normalflora versus Infektionen
Viele offene Fragen zum Mikrobiom
• Welcher Zusammenhang besteht zwischen Mikrobiom und
Gesundheitsstatus?
• Wie häufig und wichtig sind Unterschiede zwischen
Individuen?
• Wie stabil ist das Microbiom?
• Ist das Microbiom resilient (tolerant gegen Störungen)?
• Wie können wir die Mikrobiota zu therapeutischen Zwecken
beeinflussen und welche langfristigen Folgen kann das
haben?
• Welche Auswirkung hat die antibiotische Therapie aber
auch die weltweite Verteilung von Antibiotika auf unsere
Mikrobiota?
• ….
Normalflora versus Infektionen
Die Normalflora ist häufig die Quelle für eine Infektion
Invasive und systemische Infektionen
Kolonisation:
Staphylokokken,
Enterokokken,
Gram-negative,…
kolonisieren viele
epitheliale Oberflächen
von Eiff C et al., N Engl J Med, 2001: bei über 80% der Patienten mit
S. aureus Sepsis kann der klonal identische S. aureus Stamm in der Nase
nachgewiesen werden.
Normalflora versus Infektionen
Definitionen:
• apathogene Mikroorganismen: eigentlich keine Krankheitserreger, Infektionen nur bei
schweren Immundefekten
• fakultativ pathogene Erreger (Opportunisten): können Krankheiten verursachen, wenn
die Möglichkeit haben (wenn die Wirstabwehr „opportun“ ist, z.B. S. aureus, E. coli
• obligat pathogene Erreger: verursachen immer Krankheit, Kontrolle durch erworbene
Abwehr
• Virulenz/Virulenzfaktoren: Faktoren, die es den Mikroorganismen ermöglichen,
Krankheiten auszulösen
Wirt:
AbwehrMechanismen
Erreger
VirulenzFaktoren
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Beispiel: Staphylococcus aureus
Enzyme
Sezernierte Toxine z.B. Proteasen,
Superantigene
Lipasen,
z.B. TSST-1,
Elastasen
Enterotoxine
Poren-bildende Toxine
z.B. a-Toxin, PVL
Andere sezernierte
Komponenten
z.B. Phenol-lösliche
Moduline
Zellwandbestandteile
z.B. Lipoteichonsäure,
Peptidoglykane
Adhäsine
z.B. FnBPs,
Protein A,
Eap und Emp
Biofilm-Bildung
Kapsel
• Die Ausstattung mit Virulenzfaktoren variiert zwischen klinischen S. aureus
Isolaten
• Die Expression fast aller Virulenzfaktoren wird durch komplexe S. aureus
Regulatorsysteme gesteuert, z.B. Agr, SarA, SigB.
Lowy FD et al., N Engl J Med, 1998
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Adhärenz
Anheften von Mikroorganismen (durch Adhäsine) an Wirtsstrukturen
Vielzahl von S. aureus
Adhäsinen
Gen
Nam
e
Adhäsin
bbp
Sialoprotein-binding protein
clfA
Clumping factor A
clfB
Clumping factor B
cna
Collagen binding protein
eap
Extracellular adhesive protein
fnbA
Extracellular matrix binding
protein
Fibronectin binding protein A
fnbB
Fibronectin binding protein B
emp
isdA
S. aureus heftet an
extrazelluläre
Knochenmatrix (z.B.
Kollagen) an
sdrC
sdrD
sdrE
spA
Iron regulated surface
determinant A
serine-aspartate repeat C
serine-aspartate repeat D
serine-aspartate repeat E
Protein A
• Mittels Oberflächenproteine
(Adhäsine) heften
Mikroorganismen an
Wirtsstrukturen (Rezeptoren,
Matrixproteine) an.
• Gram-negative Bakterien (Pili,
Fimbrien);Gram-positive Bakterien
(Proteine), Pilze , Viren (Bindung
an definierte Zellrezeptoren),
• Initialer Schritt einer Infektion
• Tropismus des Infektionserregers,
z.B. Anheften des HI-Virus an THelferzellen
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Gewebeschädigung
 Eindringen der Pathogene in tiefere Gewebeschichten
• Exoenzyme: z.B. Proteasen, Lipasen; unspezifische Wirkung, enzymatischer Abbau
von Gewebestrukturen
• Zytotoxische Toxine: z.B. Membran- und Poren-bildende Toxine, gezielte Zerstörung
von Wirtszellen
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Exotoxine: Verschiedene Wirkmechanismen
 Toxine können ganz unterschiedliche Wirkungen haben und auch alleiniger Auslöser
eines Krankheitsbildes sein:
1. AB-Toxine:
- Anteil „B“: verantwortlich für Bindung an Rezeptor der Zielzelle, (nur
Wirtszellen mit spez. B-Rezeptor werden geschädigt)
- Anteil „A“: Aktive Wirkkomponente
z.B. Diphterietoxin: Schädigung von Mukosazellen, Herzmuskulatur, Niere
2. Membran-Toxine:
- zerstören biologische Membranen durch Porenbildung
oder durch enzymatische Aktivität
3. Superantigen-Toxine:
- stimulieren T-Lymphozyten zur Sekretion von Zytokinen
- Schocksymptomatik (Fieber, Exanthem,
Blutdruckabfall)
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Endotoxine:
 Zellwandbestandteile Gram-negativer Bakterien
(wirksam erst nach Freisetzung durch bakteriellen Zelltod)
Lipopolysaccharid (LPS):
Lipid A, Kern-Polysaccharid,
O-spezifische Polysaccharidkette
Gram-negative
Porin
Lipid A
äußere
Membran
Lipoproteine
Zellwand
Zellmembran
• Bindung an Immunzellen, Sekretion
von Zytokinen in Makrophagen
• Aggregation von Thrombozyten
• Aktivierung des Komplementsystems
• Aktivierung der Gerinnungskaskade
Klinische Zeichen:
Fieber
Disseminierte intravasale Gerinnung
Blutdruckabfall (Hypotension)
Schock
Multiorganversagen (2 oder mehr
vitale Organsysteme: Lunge, Leber,
Niere, Herz, ZNS)
• Tod
•
•
•
•
•
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Invasion von Wirtszellen
• Viren: benötigen eine Wirtszelle zur Replikation (Cathrin-vermittelte
Endocytose oder Fusion an der Zellmembran)
• Obligat intrazelluläre Bakterien: z.B. Chlamydien, benötigen
zur Vermehrung Wirtszellen
• Fakultativ intrazelluläre Bakterien: verschiedene Gram-positive und
Gram-negative Erreger
S. aureus im Osteoblast
E. coli im Urothel
(Berry RE et al. Infect Immun 2009)
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Invasion von Wirtszellen: Fakultativ intrazelluläre Bakterien:
Beispiel 1: Staphylococcus aureus
• Aktiver Prozess der Wirtszelle
• In verschiedenen Wirtszellen:
Endo- und Epithelzellen,
Fibroblasten, Osteoblasten
• Vermittelt über die Bindung des
Adhäsins (FibronektinBindeproteine FnBPs) an das
Wirtszellintegrin
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Invasion von Wirtszellen: Fakultativ intrazelluläre Bakterien:
Beispiel 2: Salmonella
Sekretion von Effektorproteinen in die
Wirtszelle mit Hilfe von
Typ III Sekretionssystemen („Injektisome“)
 Internalisierung der Bakterien
 Suppression der Immunantwort
Salmonella in Epithelzellen
Schema und EM-Bild des Inektisome
Goosney DL 1999
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Immune-Escape: durch Phagozytose-Hemmung
• Kapsel: Inhibition der Phagozytose;
z.B. wichtiger Virulenzfaktor bei Pneumokokken
• Exotoxine: Zerstören Immunzellen;
z.B. Leukozidine von S. aureus, Poren-bildende Toxine Zelltod
+ Leukozidin
(20 min)
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Immune-Escape: durch Internalisierung und Überleben im
Makrophagen
Verschiedene Bakterien, z.B. Mykobakterien, Legionellen, S. aureus lassen
sich phagozytieren und überleben in Wirtszellen, auch in Makrophagen
Mycobacterium bovis in Maus-Makrophagen:
Intrazelluläres Überleben und Vermehrung
Quelle: Dr.
Madela, RKI
S. aureus in humanen
Makrophagen, Überleben
für 10 Tage
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Immune-Escape: durch Immunparalyse
Beispiele
Spaltung von IgA1 durch Neisseria gonorrhoeae,
Haemophilus influenzae
IgA-Protease
Bindung von Immunglobulinen am FC-Teil durch
Protein A von Staphylococcus aureus
Befall von Zellen des Immunsystems:
HIV befällt T-Helfer-Zellen
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Immune-Escape: durch viele weitere Mechanismen
Beispiele
• Komplementresistenz: Hemmung der Aktivierung der
Komplementkaskade, z.B. Proteasen, die C3 oder C5 inaktivieren
• Resistenz gegen antimikrobielle Peptide: durch bakterielle
Proteasen inaktiviert
• Antigenvariabilität: rasche Veränderung der Antigenproteine, z.B.
bei Influenza Virus; erworbene Immunität oder Impfung wird
unwirksam
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Wachstum, Vermehrung
 Konkurrenz um Ressourcen
Beispiele
Eisen ist im Wirt an Transferrin, Lactoferrin
und Hämoglobin gebunden.
Bakterien benötigen Eisen zur Vermehrung!
Bakterien bilden Eisenfangsysteme:
Aerobactin
Enterochelin
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Biofilmbildung
Bakterien
1: Adhärenz
2: Akkumulation
Bakterielle Anheftung an Polymer
(u.a. modifiziert)
Polymer Oberfläche
Biofilm: Extrazelluläre Matrixproteine (Fg,
Fn, Vn), Plättchen, …….
3: Maturation
4: Ablösung
Peters et al (1982) J Infect Dis 146:479-482
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Biofilmbildung
Definitionen von Biofilm:
• Biofilm ist eine adhäsive Matrix, in der Mikroorganismen eingebettet
sind. Biofilm ist zusammengesetzt aus Bakterien- und WirtsBestandteilen (z.B. Proteinen, Nukleinsäuren, ….)
• Biofilm ist eine Lebensgemeinschaften von Bakterien, Pilzen oder
Algen, die sich an Oberflächen anheften.
• Biofilm ist etwas, was Keime nur zusammen können und nicht
alleine. …..Im Biofilm kommunizieren Mikroorganismen
miteinander….
Therapeutische Probleme bei Biofilmbildung:
• Mangelnder Zugriff des Immunsystems
• Mangelnde Wirkung von Antibiotika
• Fortwährende Ausschwemmung von Keimen
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Biofilmbildung: Problem in der Medizin
• Protheseninfektionen:
infizierte Prothesen müssen entfernt werden
• Infektionen im HNO und Zahn-Bereich
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Kommunikation von Bakterien
I. Quorum-Sensing Systeme
agr-System von S. aureus
• Bakterien registrieren die Bakteriendichte über die Konzentration des
AiP (auto inducer)
• Nur bei genügend hoher Bakteriendichte werden Toxine produziert
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Kommunikation von Bakterien
II. Stressfaktoren: Transkriptionsfaktoren aktiviert bei Stressbedingungen
Stress: Hitze, pH-Wert, Nahrungsmangel, Antibiotika
 Aktivierung von Stressfaktoren fördert das Überleben der
Mikroorganismen
Antibiotikatherapien:
ausreichen hohe Dosierung
ausreichend lange
so früh wie möglich
„hit hard and early“
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Phänotypveränderungen „Dormancy“
Klinisches Problem durch persistente Infektionen
(über Jahre und Jahrzehnte):
• Osteomyelitis (S. aureus)
• Chlamydia pneumoniae
• Toxoplasmose
• Varizella-Zoster-Virus
S. aureus
Osteomyelitis
Herpes Zoster
Chlamydien in Wirstzellen
Gewebszyste von Toxoplasma gondii
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Phänotypveränderungen „Dormancy“
S. aureus Osteomyelitis
Wild-Typ
Phänotyp
Small Colony
Variant (SCV)
Phänotyp
• Das Auftreten von SCVs ist mit verschiedenen Arten von chronischen
Infektionen (z.B. Osteomyelitis) assoziiert.
• SCVs wachsen langsam und haben einen reduzierten Metabolismus
• Klinische SCVs sind häufig nicht stabil und revertieren zum Wild-Typ
Phänotyp
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Phänotypveränderungen „Dormancy“
S. aureus
Direkt nach Infektion
28 Tage nach Infektion
Zeit (Tage)
Inflammation 
% kleine Kolonien
Inflammation 
Zeit (Tage)
Tuchscherr L et al., EMBO Mol. Med. 2011
PLoS Pathogens 2015
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Phänotypveränderungen „Dormancy“
hla (a-Toxin)
Anstieg der
Genexpression
fnbA (Adhäsin)
Zeit (Tage)
Zeit (Tage)
Tuchscherr L et al., EMBO Mol. Med. 2011
PLoS Pathogens 2015
Virulenzfaktoren: Pathogenese von Infektionen
Persistenz: Phänotypveränderungen „Dormancy“
Inflammation und Gewebedestruktion durch
viele hochregulierte Virulenzfaktoren
Persistenz im Gewebe durch
„schlafende“ Bakterien (z.B. SCVs)
D. Parkins
From Nature. 2009 Feb 26;457(7233):1083
Zusammenfassung
• Einteilung der Pathogene
• Diagnostik und Probenversand in der Medizinischen Mikrobiologie
• Mikrobiota und Mikrobiom:
• Wir sind von einer komplexen Flora besiedelt
• Bedeutung noch weitgehend unklar
• Kolonisierende Flora ist häufig die Quelle für eine Infektion
• Virulenzfaktoren/wichtige Pathogeneseschritte
• Adhäsion
• Gewebezerstörung durch Toxine und Exoenzyme
• Gewebe- und Wirtszellinvasion
• Immune Escape
• Biofilmbildung
• Kommunikation bei Bakterien
• Persistenz durch „Dormancy“
Henle-Koch-Postulate heute:
Wirt:
AbwehrMechanismen
Erreger
VirulenzFaktoren
Das Entstehen, die Symptome einer Infektionskrankheit und die
Schwere ihres Verlaufes sind einerseits abhängig
von der Virulenz des Stammes und andererseits
von der Abwehr des Betroffenen.