Ober- und Unter

Ober- und Unter-Döbling
Ober- und Unter-Döbling, die heute ein zusammenhängendes Stadtgebiet bilden,
waren früher zwei selbständige, voneinander verschiedene und getrennte
Dorfgemeinden. Das höher gelegene Ober- oder, wie oft genannt, Alt-Döbling war
die ältere Ansiedlung, die sich auch verhältnismäßig rascher und ansehnlicher
entwickelte als das benachbarte, tiefer gelegene Unter-Döbling, und gab übrigens
dem gesamten Vorort und später dem ganzen 19. Bezirk den Namen: Döbling.
Seine hohe, freie Lage erschien bereits den Römern als strategisch wertvoll und
geeignet, um von hier den Donaustrom und die Ebene zu überschauen. So erhob
sich an der gegen den Strom abfallenden Steilterrasse, wo heute der Garten des
Hauses Döblinger Hauptstraße Nr. 26 (alt 90) bis zur Heiligenstädter Straße
hinabreicht, der schon erwähnte römische Wachtturm (vgl. Allg. Gesch., S. 35).
Dieser, specula praesidum genannt, glich in seiner viereckigen prismatischen Form
allen derartigen Befestigungen und diente auch zum Schutz des Verkehrs, der sich
auf der Heeresstraße ziemlich rege gestaltete, wie auch des Grenzwalles (limes), der
sich hier, von Liechtental längs des Steilrandes der Donau (heute
Heiligenstädterstraße) bis zum heutigen Nußdorf hinzog und gleich der Straße von da
bis Astura (Asturis, heute Klosterneuburg) weiterführte. Die Errichtung des Turmes
fällt in die Zeit Kaiser Valentinianus (364 - 375 n. Chr.). Noch 1872 fanden sich an
der Stelle, wo einst der Turm gestanden, Mauerreste vor, große Leistenziegel (des
Daches), ein Hohl- und drei Bauziegel, letztere mit der Prägung TEMP(ORE)
UR(SICINI)1). Die Mauern wiesen eine Dicke von 1,26 Meter auf und waren noch so
fest, dass sie, um weggeräumt zu werden, gesprengt werden mussten.
In demselben Garten fand sich auch eine alte römische Straßensäule, deren Echtheit
wohl angezweifelt worden ist 2), und römische Münzen und Ziegelreste 3). Auch
nahm man an, dass sowohl der Turm der alten Pfarrkirche (vor dem Neubau im
Jahre 1829) als auch der Name „Hohe Warte“ auf römischen Ursprung
zurückzuführen sind. Ein Ziegel der XIV. Legion und ein Bronzesesterz des Kaisers
Antonius Pius (138 - 161 n. Chr.) wurden ebenfalls hier gefunden. Wirkliche Kunde
von Döblings Bestand geben uns eigentlich erst geschichtliche Quellen aus der Zeit
der Babenberger. Schon unter Leopold dem Heiligen (1095 - 1136) lässt sich der Ort
nachweisen (über die erste Ansiedlung vgl. Allg. Gesch., S. 37). Die fränkische
Ansiedlung (vgl. S. 41) zog sich zuerst längs der heutigen Hofzeile, rechts vom Bach,
dahin und sah auf die etwas später entstandene kleinere Niederlassung jenseits des
Baches, aus der dann Unter-Döbling 4) hervorging, von der Höhe herab. Zwischen
beiden Orten befand sich die auch heute noch wahrnehmbare Talsenke. Damit steht
auch der Ursprung des Namens Döbling in Zusammenhang, wie sich an der Hand der
Familiengeschichte der Herren von Topolic, der ersten Grundherren dieses Gebietes,
unzweideutig nachweisen lässt. (Näheres siehe unter „Namenerklärungen“.) Den
Kern der Ansiedlung diesseits des Baches bildete die heutige Hofzeile, den der
jenseits des Baches die Straßenzüge der heutigen Nußwald- und Rudolfinergasse.
Als die ältesten Grundbesitzer von Döbling werden schon im 12. Jahrhundert
Angehörige eines im Ort ansässigen adeligen Geschlechtes, das auch fortan bis ins
14. Jahrhundert fortlebte, urkundlich erwähnt 5): Die Herren von Topolic. Sie
besaßen sowohl in Döbling selbst als auch in dem benachbarten Sievering und
anderwärts Gründe und Weingärten. Ihr Hof stand auf der Höhe über dem
„Chrottenbach“, also auf dem höchsten Punkte, der später der Tullnerberg genannt
wurde und heute die Villa Wertheimstein trägt. Diese Tatsache lässt mit umso
größerer
Sicherheit
annehmen,
dass
dieses
Geschlecht
österreichischer
Dienstmannen bayrischer Herkunft war und sich nach dem „Tobel“ nannte und auch
der Ort danach seinen Namen Topelich (später Döbling) erhielt. Wie rein deutsch das
Geschlecht war, beweisen allein schon die in seinen Ahnenreihen immer
wiederkehrenden urdeutschen Vornamen, wie: Dietrich (Theoderich), Wolfgang,
Hermann, Ludwig, Wernher, Gebhard; Agnes, Geiser oder Geisel (Gisel), Richarda
u.a.
Von diesem Geschlecht sind urkundlich folgende Glieder bekannt:
Im 12. Jahrhundert:
Dietrich (Theodoricus) de Teopolic (wohl richtiger Topolic); er erscheint im Jahre
1130 als Zeuge einer Schenkung des Castellans Otto von Medelich (Mödling), in
welcher dieser sein Gut (mit einem Weingarten) zu Missow (Meißau) an
Klosterneuburg gibt. In derselben Urkunde (F. 2, IV, 27) findet sich vor Dietrich noch
ein Pilgrim von Topolic;
Pilgrimus de Teopolic um 1130 bis 1140; daneben finden sich auch andere
Schreibformen wie: P. de Topilicha, P. de Tobiliche, Piligrimus de topilicha; Pilgrim
von Topilic (Teopolic) als Bergmeister im Salbuch von Klosterneuburg; 1131 als
Zeuge einer Schenkung Rapolos an Klosterneuburg;
Wolfgerus (Wolfgang) de Tobilike um 1155.
Im 13. Jahrhundert:
Prunricus (Brunrich) de Tobelich (1233 bis vor 1286): im Jahre 1248 wird er
„dominus“, 1275 mit seinem Sohn Arnoldus (als Zeuge) Preunricus, Prunrich de
Toblico, auch Prunricus de Toblich genannt; er hatte einen Hof in Döbling, zu dem
auch Obst- und Weingärten gehörten; als sein Hof 1286 an die Tullner Nonnen
überging, war er schon tot. Sein Sohn
Arnolt de Tobelic (Toblich, Töblich) lebte ungefähr von 1250 bis 1276. In einem
Verzeichnis des Besitzes des Pfarrers von Heiligenstadt vom Jahre 1256 begegnen
wir auch seinem Namen. Seine Ehefrau hieß Agnes. Es selbst besaß einen
Weinzehent zu „Döblinch“6), den er 1276 (13. Mai) im Einvernehmen mit seiner Frau
dem „ehrbaren Manne“ Wolfker von Vischamunde verkauft.
Jenzo de Dobling tritt 1252 in einer Urkunde Herzog Ottokars für das Stift St. Pölten
als Zeuge auf.
Hermann von Dobling erscheint 1268 als Bergmeister in Döbling.
Im 14. Jahrhundert wird in verschiedenen Kauf- und Schenkungsurkunden am
öftesten Ludwig von Toeblich (1301 bis vor 1361) genannt. Er besaß u. a. einen
Weingarten „auf der hohenwart“, den er an Gottschalks von Ibs Witwe verkaufte. Er
und seine Gattin Geisel (Gisela) erscheinen als Lehensbesitzer; er selbst nennt sich
„amman (Amtmann) von Toblich“ und „ze den ziten meiner prawen diener ze Tuln“.
Ihre Tochter war nämlich in dieses Kloster eingetreten und so gaben sie den Tullner
Nonnen („zu unseren chint“) jährlich zwei Hühner und ein halbes Fuder Wein
Bergrecht zu dienen, das zu Toblich auf einem Weingarten, einem Obstgarten und
einem Hof lag. Zwei Lehen hatten Ludwig v. Toblich und seine Frau in Döbling von
Leopold von Sachsengang inne7). 1309 wird Ludwig von Toblich „zu den zeiten
forstmaister in Österreiche“ genannt und verkauft im Einverständnis mit seiner Frau
Gülten, d. h. Schuldigkeiten, auf seinem Hof zu Toeblich an das Tullner
Frauenkloster8). 1310 aber erwerben sie käuflich von „hern Ortolffen von
Atzzenprocke 9) 24 Pfennig Geltes . . ., die gelegen sint ze Toeblich avf vier
hovesteten um 3 Pfg., welche sie gegen 42 Pfg., die die Prediger Nonnen zu Tulln in
Grinzing besitzen, eintauschten“ und 1311 kauft „der ersame mann Ludweig von
Toblich der Forstmeister“ einen „Hof, des fonf lehen sint gelegen auf des gotshauses
aigen von Newnbruch (Klosterneuburg) ze Chrotendorf“ 10). Im selben Jahre
verkaufen sie einen Weingarten im Chäswazzersgraben (Kaasgraben); 1315, da sich
des Stiftes Klosterneuburg Holden 11) Jagdfrevel zu Otakeringe zu schulden kommen
ließen, lässt sich Ludwig durch die Bitten des Propstes zu einem Vergleich bewegen.
1316 verbürgt er sich gegen die Klosterfrauen zu Tulln, 1322 aber wird er schon „der
alte forstmaister“ genannt.
Ludwig von Toblich scheint zweimal verehelicht gewesen zu sein und hatte drei
Söhne, von denen der eine wohl aus erster Ehe stammte: Seyfreit, Ludwig und
Andre.
Zur selben Zeit wie Ludwig von Toeblich lebten:
Chadolt (Hartold, Hadolf?) von Toeblich und Ulrich, sein Bruder; 1311 wird er des
„Roten gesweye (Schwager) genannt.
Wernher und Rudolf von Toeblich „in der newen strazze“ (1311), ferner
Ernst von Toblich (1312), Bergmeister (vgl. S. 65) des Tullner Nonnenklosters.
Reichwein 12) von Toebelich (1315 urkundlich genannt).
Engelprecht von Toblich ist 1329 „zen den zeiten phleger und perchmaister
(Bergherr) der geistlich vrowen von Tuln in dem chloster.“
Gebhard von Döbeling 13) und seine Frau Khatrey (Katharina) um das Jahr 1357; mit
ihm wird auch sein Bruder Rueger (Rüdeger) genannt.
Jacob von Töbling und dessen Hausfrau Gertraud dürften die letzten Träger des
Namens gewesen sein. Schon 1357 war die Gefahr des Aussterbens für das
Geschlecht sehr nahe gekommen, denn Gebhard von Döbelinch und seine Hausfrau
Kathrey und Rueger, sein Bruder, „verschaffen“ (d. h. vermachen) im genannten
Jahre (am St. Valentintage) für den Fall, dass sie ohne Kinder abgingen, all ihr Gut
zu Döebelikh und ihren Hof und Weingärten zu Siveringen“ Jörigen (Georg), dem
jüngeren Enkel, „so ihrer der Fraun Kathrey Schwester Kind ist und nächster
Blutsfreund“ 14).
Das Wappen der Herren von Topolic (Döbling) war, wie auch ihren Sigillen (Siegeln)
zu entnehmen ist, „ein schwarz-weiß geschachteter Querbalken in einem dem
Anschein nach gelben Schilde, der ein förmliches Dreieck bildete. Engelprecht von
Toblichs (s. d.) Siegel zeigt einen dreieckigen, waagrecht geteilten Schild mit zwei
mit dem Rücken gegeneinander gekehrten Löwen im oberen Feld und der Umschrift:
„S. ENGELBERTI. D. PRUNN.“
Am Ende des 14. Jahrhunderts wird kein Spross dieses Geschlechts mehr urkundlich
erwähnt.
Aus den bereits angeführten Kauf-, Tausch- und Verkaufsurkunden geht hervor, dass
es sich hierbei vornehmlich um Weingartenbesitz handelte. Auch zeigt sich, dass
schon damals der Grundbesitz Döblings fast ausschließlich in den Händen von
Klöstern, Stiften und Kirchen lag, so hatten z. B. außer dem Tullner Frauenkloster
das Frauenstift zu Traunkirchen und das Zisterzienserstift Baumgartenberg hier
Besitz. Das weltliche Eigentum war verhältnismäßig gering.
In frühester Zeit war auch Klosterneuburg hier begütert, dem schon unter Propst
Dietrich (1196 - 1216) der Pfarrer Wilhelm zu Stauce (Staaz?)15) Weingärten
(„…vineam toblich consensu chunradi wutsapht perchmaisters incujus monte vinea
ipsa sita est“) schenkte. Sehr bedeutend waren die Einnahmen des Klosters aus dem
Weinzehent. So bezog es 1355 nach dem Ausweis des stiftlichen Zehentregisters von
10 Joch in Sunperch Toblici (Ried „Sonnberg“) und von 9 Joch 13/4 in Hart Toblici
Einkünfte.
1396 kaufte das Stift den großen Besitz der Gebrüder Tirna „enhalb des paches“,
wodurch es dort zum alleinigen Besitzer wurde. Nach und nach erwarb es schließlich
die ganze Grundherrschaft über Unter-Döbling und blieb in dessen Besitz bis zum
Jahre 1848. Nur ein Haus (Nr. 42)16) unterstand den P. P. Dominikanern in Wien. Im
Jahre 1522 finden wir auch das Stift Baumgartenberg hier mit sieben Rieden
begütert. Klosterneuburg hatte in Unter-Döbling ein eigenes Amt mit einem
Pantaiding (siehe Allg. Gesch., S. 62)17) und einem Zehenthof, der am
nordwestlichen Ende des Ortes lag und aus dem Jahre 1512 stammte.
Im 13. Jahrhundert besaß auch das Schottenkloster Weingärten „zu Thobeliche“
(Döbling), wie aus verschiedenen Stiftungen hervorgeht. 1292 schenken Pernold und
Rudger de Taeleinspronne (vgl. Tallesbrunngasse), die hier begütert waren, dem
Schottenstift das Grundrecht über einen Weingarten im „Hard“ in Toblico. Im selben
Jahr erhielt es durch das Testament des Wiener Bürgers Nikolaus Falen einen
Weingarten zu Thobelich und von einem anderen Wiener Bürger ½ Joch „für sein
Seelenheil“ in Toebliche.
1349 gibt Elisabeth, Hylprants des Schilter Hausfrau, aus dem Nachlass ihres Vaters,
Haug des Schmiedes, zwei Pfund Pfennige auf einen Weingarten zu Toblich. Endlich
weist auch der Visitationsbefund der landesfürstlichen Kommissäre vom Jahre 1542
„Weingartbau“ in Döbling aus. Ferner hatten in Döbling noch Besitz:
ab 1286: die Deutschen Herren in Wien;
„
1301: das Kloster Garsten;
„
1312: die St. Pankratiuskapelle, Conrad von Linz, Kaplan, Schreiber des
Herzogs;
„
1336: das Kloster Hohenfurt;
„
1338: das St. Clarissenkloster. (1448 klagt es Gründe und Güter wegen
versessenen Grunddienstes ein). 1462 erscheint ein eigener
„Amtmann“, Ulrich Een, gesessen zu Töbling, über ihren hierortigen
Besitz;
“
1343 - 1424: das Gotteshaus St. Florian;
“
1359: die alte Rathauskapelle (U. Fr. Kapelle zu Ottenhaim). (1359 besitzt
sie siebenthalb U den (Pfennige) Gelts Burgrecht, darunter auch
in D.);
„
1366: der Weihbischof von Passau. Es verkauft ihm Heidenreich von Meißau,
obrister Schenk von Österreich, „Vierzehn schilling und Sechs phening
Wiener muniiz und Sybenzehent halben emmer Wein geltes Gelegen zu
Toblich anhalb des paches“;
„
1372: das Pred. Nonnenkloster St. Laurenz auf den alten Fleischmarkt kauft
von Rudolf von Schiltern, dem Kammerschreiber der Herzogin Gülten 18)
zu Toblich;
„
1372: die Minoriten zu Wien (Bergherr Jans von den Minnern Brüdern z. W.);
„
„
„
„
„
1372:
1375:
1375:
1377:
1384:
„
„
1394:
1395:
„
1399:
„
1440:
„
„
„
„
bis
„
1447:
1458:
1459:
1460:
1522:
1573:
„
„
1651:
1678:
St. Stephan (Messe auf den Dreikönigsaltar);
Cist.-Nonnenkloster St. Niklas auf der Landstraße;
St. Niklaskapelle vor dem Stubentor;
der Pfarrer von Weikersdorf;
St. Thomaskapelle in St. Stephan des Pollen Haus in der Münzerstraße
in Wien;
St. Maria am Gestade (U. L. Fr Kapellen auf der Stetten).
St. Kolomannkapelle auf dem Gottesacker zu St. Stephan (eine ewige
Messe);
entstand ein Streit zwischen dem Deutschen Haus in Wien und dem
Kloster Mauerbach, wegen eines Weingartens auf dem Sauberg 19),
welcher letzterem zugesprochen wurde;
St. Dorothea erwirbt 42 Eimer Weindienst und Bergrecht zu D. Vom
Jahre 1563 besteht ein Einkommensverzeichnis des armen Klosters, in
dem auch sein Besitz in Döbling genannt ist. Die Dominikaner hatten
hier auch ein Haus, welches „mit sondern freiheiten begabt ist“ und das
sie zur Einsammlung ihres bedeutenden Bergrechts und Zehents
sehr
notwendig brauchten. 1576 war es aber schon so baufällig, dass selbst
die Nachbarn wegen Feuersgefahr Klage führten. Nach dem
Inventarverzeichnis besaßen sie auch am Hungerberg zu Tebling einen
Weingarten;
der Pfarrer von Heiligenstadt;
die St. Jeronimuskapelle (Messe);
Aug.-Nonnenkloster St. Jakob auf der Hülben 20);
die Johanniter (St. Johann in der Kärntnerstraße);
Frauenkloster zu Traunkirchen am Gmundnersee;
Kapelle in der Burg zu Wien: Das Inventarium weist mehrere Gülten
auch zu D. auf;
Stift Zwettl;
Zist.-Stift Baumgartenberg (siehe Tullnerkloster).
Den größten Besitz aber erwarb im Lauf der Zeiten das Dominikaner-Nonnenkloster
zum Heiligen Kreuz in Tulln, das Rudolf von Habsburg 1280 zufolge eines Gelübdes
vor der Entscheidungsschlacht wider den Böhmenkönig Ottokar gegründet hatte.
Zugleich unterfertigte der König eine zweite Stiftungsurkunde, laut welcher er den
Nonnen die Ortschaft Chrude = Böhmischkrut und das Urlaugsdorf (= Islarsdorf =
Jedlersdorf) mit der Gerichtsbarkeit und allen Rechten und Zugehörungen schenkte,
ferner das Bergrecht zu Toblico (Döbling) mit dem großen Weingarten, gemeiniglich
die Peunt genannt, und auf dem Sey-(Säu-)berg gelegen 21).
Sechs Jahre später (1286) kauften Chunradus de Tulna, der ehemalige
Landschreiber und Kanzler des Königs, Mitstifter und großer Wohltäter dieses
Klosters, sowie seine Gemahlin Eyta (Ida), die der Welt entsagten und beide in den
Dominikanerorden eintraten, den Nonnen von den Herren des Deutschen Hauses in
Wien und dem Wiener Bürger Dietrich Clebarius mehr als 6 Pfund Gülten in Toblico
und gaben sie dem Kloster. Und da die Nonnen sich nun auch in Döbling niederlassen
wollten, in dessen Umgebung sie bereits ziemlich begütert waren, spendeten
Chunradus und seine Frau auch den größeren Teil des Geldes zum Ankauf des Hofes
zu Toblico (ehemals des Herrn Prunicus de Toblich, Eigentum), mit Obst- und
Weingärten und Zugehör. Dazu kam noch ein Platz samt Haus in Wien, der „lange
Keller“ genannt, u. a.
Dieser Hof der Tullner Dominikanerinnen war derselbe, wie der der Herren von
Topelich, eine Zeitlang auch Besitz des reichen Frauenklosters Traunkirchen in
Oberösterreich und stand dort, wo sich gegenwärtig die Villa Wertheimstein (siehe
Literatur) befindet. Man nannte ihn den Tullnerhof und die Anhöhe, auf der er sich
erhob, auch auf älteren Karten und Plänen „Tullnerberg“. Auch in der Ortsgeschichte
wird er wiederholt genannt 22).
Die Nonnen waren stets bestrebt, neuen Besitz im Ort zu erwerben. 1301, wie schon
erwähnt, verkaufte ihnen Lodweig von Töblich Weingärten.
Die ehemaligen Herren von Döbling wurden so zu Beamten des Klosters. Im Jahre
1377 kommt es zu einem Streit zwischen dem Stift Klosterneuburg und dem
Frauenkloster in Tulln „umb ein Bergrecht an der Sumerleiten am Hungerberg
gelegen enhalb des Toblingspach gen Nevenberg werts“. Es wurde den
Klosterneuburger Stiftsherren zugesprochen. Den Schiedsspruch bestätigte Herzog
Albrecht III.
Es hat sich noch ein „Grund Und Gwöhrbüech“ über den Besitz dieses Klosters in
Ober-Döbling (28. April) „1440 bis montag vor Laurenty martyris (6. August) 1481“
umfasst und ein anschauliches Bild des Ortes zu jener Zeit entwirft. Danach
befanden sich im Besitz des Klosters außer 32 Häusern (davon eines am Bach) noch
ein Hof und ein „Lehenweingarten“. Drei Häuser standen in der „Herzogenpeunt“, wo
sich auch die Hofstattgründe ausbreiteten 23). Dieses Grundbuch zeigt ferner auch,
wie ausgedehnt und bedeutend damals der Weinbau war: er umfasste mehr als 170
Joch und verteilte sich auf folgende Rieden: „In den Paschingern“ (4), „Auf der
Lasterlewttn“ (15), „Sperkchenperg“, d.i. Sporkenbühel (14), „Hertzogenpewnt“ (?),
„in den velden“ (2½), „Auf den Setzn“ (20), „In den Gerlein“ (5), „Niederhochenbart“
(35), „Mitter-Hochenwart“ (30), „Ober-Hochenbart“, „auf dem Steinpruch“ (7),
„Spitalgrwnt“, d. s. Bürgerspitalsgründe (3), „Sanntlewttn“ (14), „Krotenpach“ (13),
„Kunigsgrwnt“, d. s. Königsgründe, wahrscheinlich ein Teil der Schenkung Rudolfs
von Habsburg (9), „Weyssmawr und Ardackcher“, nach Klöstern benannt (3½); das
Grundbuch enthält auch den „Pfennig dienst zu Nußdorf, Töbling prugk und akher
bey wering“.
Das Kloster besaß weiters zwei Häuser und eine Hofstatt in Nußdorf, ebenso dort
eine Leiten, ¼ und 1/8 Weingarten. Auch „bey der Töbling prugk (Brücke) eine
Leiten („lewttn“)“.
Dem Kloster zu Tulln waren von den jeweiligen Landesfürsten auch zahlreiche
Privilegien zuerkannt worden, die sich auf seinen Döblinger Besitz erstreckten. Ein
solches Vorrecht war auch auf die Begünstigung der „Holzlegstatt“ bei dem
Döblingerbach zurückzuführen, derentwegen es im Jahre 1666 zu einem Streit mit
„denen von Wienn“ kam. Die Sache wurde jedoch gütlich beigelegt, indem vereinbart
wurde, dass jedes Jahr so viel Brennholz als die „Hausnotdurft“ des Ortes erfordern
mag, ohne Einschränkung in Döbling abgeladen und ausgetragen werden könne und
nur von den bei der Maut am Rotenturm bestellten Holzbeschauern beschaut und
„gesterzt“ 24) werden solle.
Nach einem Urbar vom Jahre 1656 besaß das Kloster einen Freihof mit
grundbücherlichem Bergrecht und Weinbau in Ober-Döbling 25). Daneben hatte im
Laufe der Zeit auch das Zisterzienserstift Baumgartenberg (in Ob.-Öst.) einigen
Besitz hier erworben. Diesem aber kaufte 1678 Joachim Enzmüller, Graf von
Windhaag, dessen Tochter Eva Magdalena Franziska in das Tullnerkloster eingetreten
war, das Grundbuch über den Döblinger Besitz ab und machte damit den Nonnen
eine feierliche Schenkung. Auf diese Weise erlangte das Nonnenkloster die
vollständige Grundherrschaft, die es bis zu seiner Auflösung im Jahre 1782
innehatte.
Neben dem Weinbau war auch der Ackerbau ziemlich bedeutend. Allerdings lagen die
Äcker meist nur auf ebenem Gelände, so namentlich gegen Währing. 1468 verkaufte
das Tullner Frauenkloster 24 Joch solcher Äcker zu Töbling und Wering auf drei
Feldern dem Laurenzer Frauenorden zu Wien. Und dieses stellt jenem einen Revers
aus, wonach es dem Tullnerkloster von jedem Joch jährlich 12 Pfennig Gegendienst
geben wolle und im Falle des Wiederverkaufes ihm diese Gründe zuerst anbieten
solle.
Auch Obstgärten „paumgärten“ werden damals schon in den Urkunden häufig
genannt.
Mit dem Aufstieg Döblings war stets auch das religiöse Leben aufs innigste
verknüpft. Heidnische Opferstätten hat es in grauer Vorzeit sicher auch hier
gegeben. Und die Sage erzählt sogar, dass lange Zeit noch, nachdem bereits aller
Wald ausgerodet und in Weingärten umgewandelt war, sieben Eichen auf der Anhöhe
gestanden seien, wo sich später nach dem Eindringen des Christentums ein Kirchlein
erhob, das ebenfalls „zu den siben Aichen“ genannt ward.
Urkundlich allerdings wird der „ecclessiae in Tobelico“ erst im Jahre 1267 Erwähnung
getan. Hundert Jahre beinahe hört man hierauf nichts von dem Gotteshaus. Erst
1343 wird die „chirchen“ wieder genannt. Döbling besaß also damals schon eine
Kirche, nicht, wie bisher angenommen wurde, erst seit 1413 26) oder gar erst 1481
27
). Gelegentlich der Neufassung des Hochaltars 1774 wurden über der Sakristei
Spuren einer übertünchten Jahreszahl entdeckt, die sich schließlich als 1580
herausstellte, das Jahr, in dem die Kirche tatsächlich erneuert wurde 28).
Die alte Kirche war niedrig, der Turm aus Quadersteinen erbaut und
unverhältnismäßig breit. In das kryptaähnliche Innere, das gegen 540 Personen
fassen mochte, führten zwei Stufen hinab. Es bestand aus einem schmalen Schiff mit
drei Altären. Das Presbyterium lag gegen Osten (Vormosergasse), der Haupteingang
gegen Westen (Pfarrgarten). Auf der gegen Unter-Döbling gerichteten Seite befand
sich ein Nebeneingang, rund um die Kirche lag der Friedhof. Außer ihrer ganzen
Bauart verriet das Tabernakel, das ebenso wie ein Behältnis für das heilige Licht und
das Chrisam an der einen Wand angebracht war, und der alte Taufstein, der noch
1780 als Weihbrunnenkessel diente, ihr hohes Alter. Die teilweise romanischen
Formen des alten Gebäudes, insbesondere aber des Turmes, mochten so manchen
Geschichtsschreiber auf den Gedanken gebracht haben, in dieser Kirche einen
Überrest aus römischer Zeit zu erblicken und auch mit der Legende des hl. Severin in
Verbindung zu bringen. In Wirklichkeit war die Kirche wohl schon im 12. Jahrhundert
entstanden, als der romanische Baustil bereits seine Reinheit und Strenge
einzubüßen begann. Ihre Gründung verdankt sie vermutlich dem frommen Sinne
eines der Herren von Töpolic, denn kaum wäre ihre Einrichtung dem Bedürfnis des
damals noch schwach bevölkerten Ortes entsprungen noch der Bevölkerung möglich
gewesen. Als Stifter kommt Pilgrim von Tobelich in Betracht, der der Kirche auch
einen Weingarten („der Pilgrim“) schenkte.
Das Kirchlein 29) unterstand ursprünglich ebenso wie Döbling dem Bistum Passau und
infolgedessen auch dessen Gerichtsbarkeit, gehörte aber zur Stiftspfarre St. Martin
zu Klosterneuburg 30), bis sie 1469 nach der Gründung des Wiener Bistums gleich
anderen Landpfarren diesem unterstellt wurde. 1482 wird unter den Einkünften des
Dompropstes, welche ihm „Friedrich von gottes gnaden Römischer Kaiser usw.“
zugestand, auch der Weinzehent von allen „in das Toblingamt“ gehörenden
Weingärten und Weinsetzen angeführt. Seit wann Döbling eine selbständige Pfarre
ist, steht nicht mit voller Sicherheit fest.
Immerhin bleibt noch die Frage offen, ob Döbling damals noch nach Heiligenstadt
oder sonst irgendwohin eingepfarrt war. Im Jahre 1443 findet sich zum ersten Mal
die Nachricht von einem eigenen Pfarrer zu Döbling. Es wird ein Weingarten erwähnt,
der nächst dem des „pharrers“ gelegen sei. Auch im Grundbuch der Tullner Nonnen
von 1440-1481 wird die „pharkichen“ mehrmals genannt, 1466 wird die Seelsorge
von Döbling 31) von dem Propst bei St. Stephan, dem Severin Lintzer, einem
geborenen Sieveringer, übertragen. Und aus einer Urkunde von 1480 geht hervor,
dass Propst Gregor von St. Dorothea zu Wien demselben Priester die Pfarre Döbling,
sonst zu den sieben Eichen genannt, auf päpstlichen Befehl erteilte, obwohl diesem
die Pfarre schon 14 Jahre früher von dem obgenannten Propst übertragen worden
war. Im Jahre 1488 war die Kirche gewissermaßen amtlich und zum ersten Mal
urkundlich als Pfarre St. Paul, vormals „zu den Siben Aichen“, genannt. Wie lang
Lintzer Pfarrer war ist nicht bekannt; doch erscheint in den Grundbüchern im Jahre
1490 bereits Jörg Vormoser, vermutlich als sein unmittelbarer Nachfolger. Diesem
folgte Augustin Tenetsh, der, wenn auch auf dem in der Kirche aufgefundenen
Grabstein nur als Priester bezeichnet, so doch nach allem – er nannte sich selbst
„rector parochialis ecclesiae S. Pauli in Döbling Vien. Diöces“ – mit vollem Recht als
Pfarrer betrachtet werden muss. Außerdem erwähnt er seine Vorfahren in seinem
Testament 32). Er starb 1504 und wünschte in der Kirche, wo „seine Vorfahren“
(„cum antecessoribus meis“) ruhen, bestattet zu werden. Sein Grabstein ist heute
noch erhalten. Er lag zuerst in der Mitte vor dem Presbyterium, wurde bei der
Neugestaltung des Pflasters im Jahre 1774 neben der größeren Kirchentür
angebracht 33). Später befand er sich an der Außenseite hinter dem Hochaltar an der
Mauer, von wo ihn Pfarrer Hulesch rechts in der Kapelle einmauern ließ. Der Stein ist
roter Marmor, die Inschrift 34) nur zum Teil leserlich.
Die Kirche erhielt schon frühzeitig einige Stiftungen. So die schon erwähnten
Geschenke Hans v. Eulerns (1413). Auch Weingartenbesitz hatte sie. 1443 wird ein
solcher des „pharrers“ ausdrücklich erwähnt. Mehrere Weingärten erscheinen im
Grundbuch der Tullner Nonnen als der Döblinger Kirche gehörig. Pfarrer Vormoser
empfängt Gewähr über einen von Wolfgang Schneider aus Grinzing zur Paulskirche
gestifteten Weingarten im Hart, zwischen des Lorenz Haiden und des Christoph
Pechstelz Weingarten gelegen. Auch 1522 wird die Kirche als Besitzerin von
Weingärten genannt. Nach dem Türkeneinfall 1529 ist ihr Grundbesitz wesentlich
zusammengeschrumpft; sie besitzt nur mehr einen Weingarten, „Pilgrim“ 35)
genannt.
Wechselvolle Schicksale suchten wiederholt die kleine Ansiedlung am Döblingerbach
heim. Alle großen Vorgänge, die sich draußen auf der großen Weltbühne abspielten,
alle Geschicke Wiens, namentlich dessen traurige Zeiten, Seuchen, Verheerungen
durch Heuschreckenschwärme und Kriegsnot, teilte es mit andern Orten seiner
Umgebung 36). Bei feindlichen Einfällen hatte es schon deshalb viel zu leiden, weil
seine hohe Lage nicht nur leicht erspäht wurde, sondern auch für strategische
Beobachtung besonders geeignet schien.
Auch der Krottenbach scheint bei anhaltenden Regengüssen und zur Zeit der
Schneeschmelze besonders reißend und gefährlich geworden zu sein und den
Döblingern manche Sorge bereitet zu haben. So können wir beispielsweise in einem
Banntaiding aus dem 16. Jahrhundert lesen, dass „der richter und seine
rathsgeschworn auch achtung geben“ sollen „auf den Döblingerpach, weilen solcher
durch unterschiedliche güssen allenthalben grossen schaden getan“. Sie sollen, so
heißt es weiter, „solches was die notdurft ist durch die gmain bald widerumb
wenden, dem wasser mit schlachten 37) anhengen schwelbaumben 38) zeitlichen
wehren, dem Fluss mit graben scheren und raumben durchhelfen und wo es füeglich
mit peischen Stecken und anschütten helfen die gstatt und fridt, (eingehegten
Raum) die dorn gestaudach und wilde gewäx vertilgen außreuten rambem und
putzen, entgegen mehr örter und plätz zu mähen oder zum waiden, sowohl auch
geschlachte und sonst fruchtbare nützliche paumb zügeln und wo es füeglich an dem
pach zu besserung des gestads mit schönen gelben oder praunen felbern (Weiden)
zu bestecken, damit die gemain alle zeit ein lust und nutz beisammen haben küne“
39
).
Auch die unruhigen Tage des Bruderzwistes (1458 bis 1463) im Hause Habsburg
warfen ihre Schatten auf Döbling (vgl. Allg. Gesch., S. 73). Fünfzehn Jahre später
hatte es durch den Einfall Matthias Corvinus‘ schwer zu leiden. Aber noch schlimmer
erging es ihm 1484, als dessen räuberische Scharen unter ihrem Hauptmann Tobias
Tschernahora den Ort sogar plünderten und zerstörten, die Weingärten verwüsteten
und die Häuser wie auch die „Steinkirche“ in Brand steckten. Zu Beginn 1485 stand
das feindliche Belagerungsheer bis am Krottenbach, wo es sein Lager aufschlug, bis
sich Wien schließlich ergab.
Durch die große Überschwemmung im Jahre 1501 kam nur der gegen die Donau
gelegene untere Teil Döblings zu Schaden.
Kaum hatte sich Döbling – es bedurfte mehrerer Jahrzehnte – von dem schrecklichen
Ungemach erholt, so fielen die Türken in Österreich ein und belagerten Wien (1529).
Viele Einwohner flüchteten, wie stets damals bei Kriegsgefahr, in die Wälder, ein
großer Teil von ihnen fiel in die Hände der Feinde und wurde grausam niedergemacht
oder in die Gefangenschaft fortgeschleppt. Unter diesen Opfern befand sich auch der
damalige Pfarrer Pater Haindl, der gefangen und (angeblich am Altar) ermordet
wurde. Haindl ist als Pfarrer von Döbling schon 1525 in den Grundbüchern genannt
(Hulesch). Ob er der unmittelbare Nachfolger Tenetschs war, ist nicht sicher. Der
Ort, auch die Weingärten des Nonnenklosters und der dazu gehörige Wirtschaftshof,
wurden 40) von den Türken niedergebrannt. Döbling glich lange einem Schutthaufen.
Hierbei waren der stiftliche Wirtschaftshof samt 24 Häusern, alle Schriften der
Kirche, alle Urbarien und Grundbücher der Nonnen in Flammen aufgegangen. Die
Priorin wandte sich wegen Wiedergutmachung der Schäden an den Kaiser Ferdinand
I. mit einer Bittschrift, in der sie sich auf den „Kayserlichen Stifter“ berief.
Die Einwohnerzahl war daher um ein Beträchtliches gesunken und Döbling konnte
sich lange Zeit nicht erholen 41). Am meisten hatte die Kirche darunter zu leiden.
Selbst der noch vorhandene Kirchenweingarten (Pilgrim) musste von Johann
Revellis, Bischof von Wien, auf Leibgedinge überlassen werden, weil die Gemeinde
außerstande war, ihn zu pflegen. Die Vermögensverhältnisse der Kirche gestalteten
sich so schlecht, dass nicht einmal die allernotwendigsten Bedürfnisse bestritten
werden konnten und daher die so verwaiste Pfarrgemeinde von der Propstei zu St.
Stephan übernommen werden musste, die auch an Sonn- und Feiertagen fortan für
den Gottesdienst sorgte. Johann Fabri, Bischof von Wien, sagt in seinem Bericht an
Kaiser Ferdinand I. (1532), in dem er sich gegen den wider ihn erhobenen Vorwurf,
sich zu wenig um seine Diözese zu kümmern, rechtfertigt, bezüglich Döbling, dass er
selbst keine Kosten gescheut habe, um Priester hinaus zu schicken, damit sie
Gottesdienst halten, und auch den Pfarrhof wieder aufzubauen 42).
In dem Testament (1545) des Chorkaplans und Benefiziaten an der St.
Erasmuskapelle bei der Stephanskirche in Wien, Konrad Maier, heißt es, dass er u. a.
von Bischof Dr. Friedrich Nausea, dem Nachfolger Fabris, für zehn Jahre jährlich „10
zugesagte Pfund“, also 100 Pfund von seiner Besoldung als „Pfarrer von Tobling“ zu
fordern habe. Maier dürfte indes kaum wirklich Pfarrer gewesen sein, sondern bei
dem großen Priestermangel jener Zeit die Pfarre auch nur von St. Stephan aus
versehen haben.
Im Jahre 1549 beanspruchte die Lehenschaft über diese Pfarre sowohl der Bischof
von Wien als auch die Gemeinde. Bischof Nausea verlor den angestrengten Prozess.
Trotzdem befahl Ferdinand I. im Jahre 1555 den Administratoren des Bistums,
Döbling „mit einem tauglichen, frommen, gottseligen Pfarrer, der die Pfarr mit
eigenem Rucken besitzen und den gestifteten Gottesdienst und pfarrliche Rechte,
wie sich gebührt und von Alters Herkommen, stattlich und ohne Mängel verrichte“ zu
versehen, „oder denen von Döbling einen bewerben zu lassen“.
Die Visitation des Jahres 1558 fand in Döbling einen Provisor, namens Ulrich, und
200 Seelen, sämtlich katholisch, doch scheint damals schon die protestantische
Lehre, die auch in Österreich immer mehr Boden gewann, Kaiser Ferdinand bestimmt
zu haben, dem Offiziale am 12. Oktober 1560 folgendes anzuzeigen: „Nachdem I. K.
M. fürkommen, dass die Gemeinde(n) zu Döbling (und Simmering) eine gute Zeit her
ohne alle Haltung des Gottesdienstes und keinen Seelsorger oder Pfarrer, der ihnen
das Wort Gottes verkündete oder die hl. Sakramente reichete, haben sollen, so sei K.
M. Befehl, dass er verordnen wolle, damit die berührten Gemeinden, wie sich
gebührt, mit Seelsorge versehen und der Gottesdienst als von Alters Herkommen
gehalten werde“ 43). Etwas später ließ ein frommer Mann, namens Flascher, nicht nur
das Äußere der Kirche und den Turm, sondern auch das Innere erneuern und die
beiden Gemeinden vereinigten sich, um für einen Pfarrer auch einen angemessenen
Unterhalt zu beschaffen. Die Kirche erhielt damals auch ihre Weingärten zurück.
1575 übernahmen zwei hausgesessene und verordnete Zechmeister der Paulskirche
Gewähr über die Weinberge, an die früher schon die Pfarrer von Döbling
angeschrieben waren. Trotzdem blieb aber die Pfarre unbesetzt; auch der Anbau der
Weingärten wurde nicht zum eifrigsten betrieben und die Zechleute selbst gerieten in
Schulden für die Güter der Kirche.
Diese Umstände benützte ein weltlicher Schaffer, wie sie als Amtleute und Pfleger
über Klostergüter gesetzt waren, namens Hans Puchfink, ein heimlicher Lutheraner,
um mit Hilfe einer von seiner Priorin erschlichenen Vollmacht, durch Schmeicheleien
und allerhand Vorstellungen, wie unnütz und lästig die Erhaltung des Pfarrhofes sei,
die Zechmeister zu überreden, ihm und seiner Ehegattin Sibille die Gewähr des
Kirchengutes mit obrigkeitlicher Bewilligung abzutreten (1594) und die Nonnen um
den Hof und ihre Gründe zu bringen. Zu spät sah man in der Gemeinde ein, dass
man das Opfer einer List geworden war und die Kirche dadurch nur noch mehr
verarmte. Alle Bemühungen, ja selbst Prozesse, um den Schaden wieder gut zu
machen, blieben erfolglos 44).
Der Mangel eines pfarramtlichen katholischen Priesters machte es der
protestantischen Lehre leicht, in Döbling Fuß zu fassen. Lutherische Prediger, die sich
in der Gemeinde niederließen, fanden bei der Bevölkerung bald Gehör. Wie das
Pfarrprotokoll von Währing bezeugt, gab es damals sogar drei protestantische Pfarrer
in Ober-Döbling; und auch im Archiv des Nonnenklosters fanden sich Akten, nach
welchen einige Pastoren in dem Dorf starben und ihre Verlassenschaft von der
Grundherrschaft abgehandelt wurde. Der letzte Pastor zog nach Währing 45).
Hans Puchfink vermachte übrigens auf dem Sterbebett, möglicherweise von
Gewissensbissen getrieben, die erworbenen Weingärten wieder der Kirche. Der
Pfarrhof allerdings blieb in anderen Händen. Gleichwohl wurde Döbling kurze Zeit
wieder zur selbständigen Pfarre und 1639 Willibald Kreutzer Pfarrherr; doch schon
ein Jahr darauf wurde dieser, da die Mittel der Gemeinde zur Erhaltung eines eigenes
Priesters nicht ausreichten, nach Währing berufen und Döbling von dort aus
verwaltet 46). In dieser Zeit der Gegenreformation erwarb auch das im Jahre 1628
gegründete Kamaldulenser-Kloster auf dem Kahlenberg einen Freihof in Döbling, in
der Nähe des Tullnerhofes.
Dieser Zustand dauerte bis zum Jahre 1783 und war für die Döblinger überaus
unleidlich, da sie bei jeder Taufe und bei jeder Hochzeit die Währinger Pfarre
aufsuchen mussten. Alle Bemühungen, wieder ihren eigenen Pfarrherren zu erhalten,
blieben ohne Erfolg. Auch „der tätigste Fleiß und die höchste Anstrengung waren
nicht imstande, die Bedürfnisse der Kirche herbeizuschaffen“. Dazu brach im Jahre
1679 die Pest in die Wiener Gegend ein und raffte auch in Döbling die Hälfte der
Bewohner dahin (Hulesch, 25).
Noch schrecklicher als bei der ersten Belagerung Wiens hausten die Türken, als sie
im Jahre 1683 zum zweiten Mal vor den Toren der Stadt erschienen, in Döbling: Sie
vertrieben die Ortsinsassen, brannten die Häuser bis auf 13 nieder, verwüsteten die
Gärten und Weinberge, erbrachen die Keller und benützten die Kirche als Pferdestall.
Vor dem Heranrücken des Entsatzheeres errichteten sie auf der Anhöhe gegen
Währing starke Schanzen. Noch heute führt daher dieser Bezirksteil den Namen
„Türkenschanze“ 47).
Was während mehr als eines Jahrhunderts mühsam von den Döblingern wieder
erwirtschaftet worden war, hatten der Türkeneinfall und der Kampf, der sich zum Teil
auf seinem Boden abspielte, aufs Neue vernichtet. In Ober-Döbling allein waren über
800 Viertel Weingärten in gänzliche Abödung geraten und sechs Jahre später waren
kaum 50 Viertel in Bau. Die Grundherrschaft selbst verarmte derart, dass sie
erklären musste, ein auferlegtes Pönale von 10 Dukaten nicht zahlen zu können.
Im Jahre 1713 wütete die Pest aufs Neue furchtbar in Wien und so auch in Döbling.
Unter-Döbling zählte damals 40, Ober-Döbling bloß 31 Häuser (vgl. Tab. S. 90). Aber
auch sonst hatte der Ort jenseits des Baches dank den günstigeren
Lebensbedingungen den anderen überflügelt. Dennoch wurde Unter-Döbling von der
Pest viel schwerer als Ober-Döbling, ja vielleicht verhältnismäßig am schwersten
unter allen Ortschaften dieses Gebietes heimgesucht. Mehr als die Hälfte der Häuser
wurden verseucht (vgl. Tab. S. 90)48).
Zur Erinnerung an das Erlöschen der Seuche wurde 1714 in Ober-Döbling an der
Straße am Abhang des Krottenbaches zwischen zwei schattigen Bäumen eine
Votivsäule, mit dem Bild des Gekreuzigten und einigen Heiligenbildern geziert,
errichtet (vor dem Haus Nr. 111 in der Herrengasse, heute gegenüber dem
sogenannten Palais Barawitzka)49). Später wurde sie auf dem Kirchenplatz aufgestellt
und kam dann im Kirchengarten (rechts von der Kirche)50) zu stehen, wo sie sich
heute noch rechts vom Eingang befindet.
Bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts hinein war Döbling ein unbedeutendes Dorf,
bloß wegen seines Weines den Wienern nicht unbekannt. Verschiedene schon hier
geschilderte Umstände, vor allem Missernten und Kriegsnot, ließen es zu keinem
Wohlstand kommen. Unter-Döbling hatte bis dahin trotz seines kürzeren Bestandes
einen größeren Aufschwung genommen, vielleicht weil es zum großen Teil in der
Hand eines anderen Grundherrn (Klosterneuburg) lag als Ober-Döbling. Nun schien
es sich auch zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Ober-Döbling zu regen. Es zeigt sich
wohl eine bedeutende Verminderung der Weingärten, dagegen aber auch eine
ebenso namhafte Vermehrung der Gebäude, wie auch der Zier- und Obstgärten.
Zwischen 1713 und 1721 allein wurden 9 neue Häuser gebaut und der Ort weist um
diesen Zeitpunkt bereits drei Zeilen mit 39 Häusern auf; die Hofzeile; es war dies die
obere rechte Seite der heutigen Hauptstraße mit dem Freihof 51) des
Kamaldulenserklosters auf dem Kahlenberg und 5 anderen Häusern (Nr. 1 bis 6, vgl.
Karte); die Kirchenzeile (die linke Seite der späteren Herrengasse, heutigen Hofzeile,
bis zur Paulskirche auf der Kirchenseite [Nr. 7 bis 23] mit 17 Häusern, darunter das
des Stefan von Messa; siehe weiter unten); die Bachzeile (der vorgenannten
gegenüber, die rechte Seite der Herrengasse, heutigen Hofzeile, bis zur Paulskirche
mit 12 Häusern [Nr. 24 bis 35]). Einige Häuser standen an der Nußdorferlinie
(außerhalb der Nußdorfer Linie Nr. 36 und 37, letzteres das Haus Radelmayers, und
39, der Zehenthof; innerhalb der Linie Nr. 38, das Haus der P. P. Serviten in der
Roßau, nächst dem Fürstlich Liechtensteinschen Brauhaus)52).
Diese rege Bautätigkeit verdankte Döbling aber in erster Linie Wiener Bürgern, die
längst schon seine angenehme Lage und seinen Wein zu schätzen wussten und daher
auch hier Grundbesitz erworben hatten. Etwa ein Drittel der Häuserzahl befand sich
in ihren Händen. Zum „Heurigen“ herauszufahren oder zu wandern, galt vielen
damals schon als das schönste Sonntagsvergnügen, denn anno 1730 nennt man es
„ein Dorff, allwo ebenfalls (wie bei Nußdorf) verschiedene hübsche Häuser sind und
woselbst öffters die größten Schmauserein angestellet werden“ 53). Zugleich wurde
Döbling auch als Sommerfrische immer mehr beliebt, wegen seiner nicht nur
erhöhten, sondern auch malerischen Lage am Fuße des Kahlengebirges. In einer
Anzeige des „Wiener Diariums“ vom 7. April 1736 wird bei der Ankündigung einer
Sommerwohnung auf „den unvergleichlichen Prospekt auf die Donau und
gegenüberliegenden Waldungen auch in das völlige Wein-Gebürg“ hingewiesen.
Ungefähr um diese Zeit schreibt Desing: „Wer schönen Prospekt genießen will, gehe
entweder nacher Nußdorf oder auf Döbling“… 54).
Eines der denkwürdigsten Gebäude Ober-Döblings, im Volksmunde das „MariaTheresienschlössel“ (Hofzeile 20), steht auf einer der alten Gülten, mit dem hier im
14. Jahrhundert das Stift Baumgartenberg begütert war. Vermutlich befand sich an
der Stelle damals schon ein Wirtschaftshof, zugleich Sitz des Schaffners des Klosters.
1678 kaufte Joachim Enzmüller Graf von Windhaag den Besitz von dem Stift. Zu
Anfang des 18. Jahrhunderts erwarb an dieser Stelle (damals Kirchzeile 9) Stephan
von Messa mehrere Häuser 55), legte einen Park 56) an und erbaute darin ein
Landhaus. Von Messa kam der Besitz – wann, ist nicht genau bestimmt – an den
kaiserlichen Hof. Karl VI. ließ an der Stelle des einfachen Hauses ein Schlösschen im
Stile Schönbrunns, wie es heißt, von Antonio Pacassi57), für seine Tochter Maria
Theresia erbauen, die denn auch hier, den neugierigen Blicken der Wiener entzogen,
nach ihrer Vermählung (1736) mit ihrem „Franzl“ (Franz Stephan von Lothringen) die
Flitterwochen verbrachte. Das Schloss war einstöckig, gelb gefärbelt, mit grünen
Fensterläden und umschloss gegen die Hofzeile mit dem durch Pilaster gegliederten
Mitteltrakt und zwei im rechten Winkel auslaufenden Seitenflügeln einen Vorgarten,
war also sehr schlicht gehalten, ohne Verzierungen, mit rechteckigen, hohen
Fenstern sowohl im Sockelgeschoß als auch im 1. Stock. In der Mitte führte eine
ebenfalls rechteckige Türe mit einem Vordach in das Innere. Über dieser Türe war
ein gemauerter Balkon mit einem rundbogigen Eingang und einem Rosettengitter.
Die Fenster des Mitteltraktes zwischen Pilastern (Scheinpfeiler) trugen über den
Rundbogen Kartuschen, die der Seitenflügel wiesen nur eine einfache Umrahmung
auf. Über den Pilastern lief ein Gesims, darüber thronte eine Attika. Das Gesims setzt
sich an den Seitenflügeln, nach unten ausgebaucht, fort, für ovale Bodenfenster Platz
machend. Die Gartenfront (Südseite) erschien durch den vorspringenden Mittelteil
(Risalit) und die in die Fassade einbezogenen Schmalseiten der Seitenflügel etwas
reichhaltiger. Die Hohlkehle unter dem Balkon, die mit Triglyphen und Clipeis
geschmückte Attika über den Pilastern, die Flachgiebel über den Fenstern, das hohe
Ziegelwalmdach und der Aufsatz, den ein mit einer Vase geschmückter
Segmentbogen krönte, trugen noch weiter dazu bei, dass diese Seite lange für die
Hauptfront gehalten wurde. Das Innere entsprach allen wohnlichen Bedürfnissen der
damaligen Zeit, die Einrichtung wie die Einteilung war die eines Schlosses im 18.
Jahrhundert. Von der Abschlussmauer gegen die Straße ist nur mehr das
Mittelportal, von zwei gemauerten Pfeilern flankiert, mit einer Schmuckvase auf der
Deckplatte, erhalten. Im Garten standen antike Sandsteinfiguren. Von dem Gebäude
ist heute nur ein Teil vorhanden, vor allem der Mitteltrakt.
Der Aufenthalt der Kaisertochter mit den damit verbundenen Jagden und
Hoffestlichkeiten warf einen Schimmer seines Glanzes auch auf Döbling, das in
diesen Tagen nicht nur von dem wohlhabenden Wiener Bürgertum, sondern auch von
dem Adel als Landsitz bevorzugt wurde. Als aber Maria Theresia selbst die Regierung
antrat (1740), scheint sie nur mehr seltener diesen Landsitz aufgesucht zu haben.
Doch heißt es, dass sie hier die Stiftungsurkunde des Maria-Theresienordens (1757)
unterzeichnet habe. In Wirklichkeit hatte sie schon 1745 das Schlösschen der
Tochter ihrer Obersthofmeisterin, ihrer Jugendgespielin Gräfin Josefa Fuchs, die
gewöhnlich nur die „Fuchsin“ hieß, zum Geschenk gemacht, besuchte sie aber dann
und wann in ihrem einstigen buon retiro. Als Gräfin Fuchs, frühzeitig Witwe
geworden, eine zweite Ehe mit dem berühmt gewordenen Feldmarschall Grafen
Leopold Daun einging, bezog dieser das Schloss und bewohnte es bis zu seinem Tode
(1766)58).
Unmittelbar hierauf gelangte es in den Besitz der Fürstin Therese v. Poniatowski.
Später (1795), nachdem es eine Zeit leer gestanden, erwarb das Schloss mit dem
Park, der damals von der Hofzeile bis zur Neuen Gasse (heute Hardtgasse) reichte,
nebst anderen größeren Grundstücken an der Döblinger Hauptstraße der ehemalige
Reichsvizekanzler Franz Gundakar Fürst von und zu Colloredo-Mannsfeld. Dieser,
auch ein besonderer Freund der Gartenkultur, ließ nicht nur die alten, etwas
verwahrlosten Parkanlagen in französischem Stil aufs Neue erstehen, sondern legte
in dem Schloss selbst eine kostbare Bildergalerie an, die später in staatlichen Besitz
überging. Das Gebäude selbst kam an die k. k. Theresianische Ritterakademie.
Ferner hatte es im Laufe der Zeit noch folgende Besitzer: Jakob und Theresia
Fischer, Leopold und Josepha Engelsberg, Theodor Edlen v. Vallery, Sophie Gräfin
Auersperg-Stockhammer, dann wieder Theodor Edlen v. Vallery, Adolf Weiß, Josef
und Aloisia Kranner, C. Hell Edler v. Stahlberg, David Abeles und schließlich dessen
Erben Heinrich Abeles, Weinhändler 59). Der zugehörige Park wurde immer kleiner,
da Teile desselben zu Bau- und Straßengründen abgegeben wurden. Die
Stallgebäude wurden in Fabrikslokale umgestaltet. In den Fünfzigerjahren des 19.
Jahrhunderts verfiel das Schloss, nur das eisenfeste Baumaterial trotzte der
gänzlichen Zerstörung.
Das bedeutende Areal war längst von neuangelegten Straßenzügen (Allee-[Pyrker-],
Kreindl- und Würthgasse) durchschnitten und so zertrennt. In jüngerer Zeit,
nachdem das Schloss wieder leer und verlassen, die Gartenanlage verwildert
dastand, wurde es dank einer Stiftung des Barons Rothschild durch Zubauten zu
Spitalszwecken vergrößert, neu hergerichtet und dient so heute einer Heil- und
Pflegeanstalt für Nervenkranke. – In pietätvoller Weise hat man die alte Form des
Schlösschens (Hofzeilseite) erhalten. Die Seitenflügel wurden gekürzt und rechts ein
neuer Trakt aufgeführt.
Die Grundherrschaft selbst war schon längst bestrebt gewesen, auf verschiedene Art
eine Hebung und Vergrößerung des Ortes herbeizuführen, wohl von der richtigen
Erkenntnis durchdrungen, dass Döbling als Sommerfrische eine große Zukunft
bevorstehe. Auch das Tullner Kloster begann schon um 1765 auf den Gründen, die
es zu diesem Zweck auf der Osterleiten gekauft hatte, 14 Hofstatthäuser 60)
aufzuführen, die schon ein Jahr darauf mit dem „Bande der Untertänigkeit“ an
Kauflustige veräußert wurden. So entstand der untere Teil der rechten Seite der
Döblinger Hauptstraße, die bis dahin nur in einem dürftigen Fahr- und Fußweg, der
nach Heiligenstadt geführt, bestanden hatte. Ermutigt durch diesen Erfolg, gab das
Kloster weiters im Jahre 1766 sowohl die den schon bestehenden Häusern
gegenüberliegenden „öden Gründe“ an der linken Straßenseite, als auch Baustellen
an der Nußdorferstraße (heutigen Heiligenstädterstraße, wo früher neben dem Haus
Radelmayers Ziegelöfen standen) unentgeltlich ab. Es entstanden in kurzer Zeit an
der linken Seite der Hauptstraße 10 61), an der Nußdorferstraße in den Jahren 1767
bis 1770 im ganzen 9 Häuser 62). Von da griff die Bautätigkeit zunächst auf das
entgegengesetzte Ende des Dorfes über. Dort stand bloß das Wirtshaus zum
Hirschen 63), eine elende Herberge an einem Fußweg gegen Grinzing für
vorüberziehende Wanderer. Um und um lagen Weinberge. In den Jahren 1769 bis
1776 entstand die Hirschengasse (ein Teil der heutigen Billrothstraße). Zuerst
bauten hier die Besitzer der Gründe an den Rieden längs des Weges nach Sievering
und Grinzing selbst Häuser. So wurden in den Setzen an der rechten Seite aufwärts
bis dorthin, wo heute die Pyrkergasse einmündet, in dieser Zeit allein 17 Neubauten
aufgeführt (Weschel, 25). Im Jahre 1774 erhielt die Hirschengasse „in den
Baumwollen“, der Ried an der linken Seite des Weges nach Grinzing, einen weiteren
Zuwachs von 5 Häusern. Hier verdient besonders der pensionierte Kassier des
Fürstlich Liechtensteinschen Hauses, Umscheider 64), genannt zu werden, der,
entzückt von der Gegend, der erste war, der mehrere Weingärten zusammenkaufte,
sich ein niedliches Haus (1774) erbaute und einen großen Garten anlegte. Durch
Erbschaft ging der Besitz später auf seinen Schwiegersohn v. Kritsch über. Nach
diesem war Carl v. Matzek, k. k. Rat und Staatsratsregistrator, ein großer Kenner
der Gartenkunst und eifriger Förderer der Obstbaumkultur, der auch das
Schaumburgische Haus (Nr. 156)65) baute und den damit verbundenen Garten
anlegen ließ, der Eigentümer (vgl. Weschel, 27).
Auch die heutige Vormoser- (früher Kirchen-) und ein Teil der heutigen Pyrkergasse
(früheren Alleegasse) entstanden um jene Zeit. Schon 1773 hatte die Herrschaft „in
den Setzen“ (d. i. die heutige Pyrkergasse) einen Gemeindebrunnen errichten lassen,
5 Viertel und 1 Viertel Weingärten gekauft und die Gründe hinter der Kirche (heute
bis zur Pyrkergasse) gegen die Vergütung der Brunnenherstellungskosten offenbar
aus finanzieller Bedrängnis zu Bauzwecken abgegeben. So entstanden dort 1774 bis
1777: 10, 1777 bis 1785: 6 Häuser, ferner das Schulhaus und der Pfarrhof. Je 2
Viertel Weingärten in den Setzen, die die Herrschaft erst 1775 gekauft hatte, gab sie
ebenfalls als Baugründe ab, auf denen ebenfalls 1783 bis 1786 4 Häuser aufgeführt
wurden (Weschel, 27).
Durch Parzellierung des ausgedehnten Gartens und des Weingrundes des Gasthauses
„Zum schwarzen Adler“ an der Hofzeile (heute Döblinger Hauptstraße) entstand ein
neuer Straßenzug, die Donaugasse (heute Pokornygasse) dort, wo bis dahin die
„Viehtrift“ war. Als nämlich dem Kloster das Haus des Andreas Adler anheim gefallen
war, teilte es diese Gründe und ließ einen Teil als Garten beim Gasthaus, das es
später an Andreas Böheim verkaufte, den übrigen Teil bestimmte es zu Baustellen.
Es entstanden 8 Häuser in den Jahren 1770 bis 1774 auf diesen Gründen. „In den
Paschingen“ am Bergsteig in der Viehtrift siedelten sich 1778 noch sechs, 1781 noch
drei Eigentümer an.
Die Gesamtbautätigung von 1765 bis 1799 verteilte sich auf die einzelnen
Straßenzüge mit folgenden Ziffern:
1765 bis
1766:
24 (Hauptstraße rechte Seite 14, linke Seite 10)
1767 bis
1770:
8 (Nußdorfer-, heute Heiligenstädterstraße)
1769:
8 (ebenda und Hirschengasse rechte Seite 7)
1770:
2 (ebenda rechte Seite 1, Donaugasse 1)
1771:
6 (Hirschengasse rechte Seite)
1771 bis
1772:
6 (Donaugasse)
1774:
4 (Hirschengasse rechte Seite 2, Allee- und Kirchengasse 1,
Donaugasse 1)
1774 bis
1776:
5 (Hirschengasse linke Seite)
1775:
6 (ebenda rechte Seite 1, Allee- und Kirchengasse 5)
1776:
4 (Hauptstraße rechte Seite 1, Allee- und Kirchengasse 3)
1777:
1 (Allee- und Kirchengasse)
1777 bis
1785:
(ebenda)
1778:
6 (Donaugasse)
1780 bis
1786:
4 (Allee- und Kirchengasse)
1781:
3 (Donaugasse)
1793:
1 (Nußdorferstraße)
1795:
1799:
Zusammen:
1 (Hauptstraße linke Seite)
1 (ebenda rechte Seite)
90
Zu den vielen im 18. Jahrhundert entstandenen Bauten gehört auch die Sankt
Johannes-Kapelle, wohl gelegentlich der bevorstehenden Heiligsprechung Johannes
von Nepomuk so benannt. Wolff Joseph Anton Hoffmändl v. Mangaram66), Wiener
Stadt-Banco-Hauptcassa-Kontrollor, der an der Kirchenzeile ein Haus und einen
Garten
besaß,
ließ
im
Jahre
1722
einen
der
Gemeinde
gehörigen
gegenüberliegenden Grund, auf dem sich eine unangenehme Pfütze befand, trocken
legen, um eine Weinpresse zu errichten. Doch im Besitz des Grundstückes, änderte
er sein Vorhaben und ließ daselbst die Kapelle erbauen mit der Bestimmung, dass
darin täglich eine Messe gelesen werde. Nicht nur der Verzicht der Herrschaft auf alle
zu leistenden Abgaben 67), sondern auch Stiftungen, wie die der Nonne Ursula v.
Peterfy (2000 fl. für den Bau und 3000 fl. für Messen), förderten den Bau. Außerdem
wurde das Rechtsverhältnis zwischen dem St. Pauluskirchlein als Pfarre und der
Kapelle geregelt. Das Gotteshaus war gerade unter Dach gebracht, als Hoffmändl
starb (1727). Nach Abzug aller Schulden blieb aber nicht so viel (1875 fl.) übrig, um
den Bau zu vollenden. Das rohe Gemäuer wie auch der Turm, der noch kein Dach
hatte, wären den Witterungseinflüssen preisgegeben, verfallen, wenn nicht zwei
Döblinger Wohltäter, H. Urfahrt und Christian Görz (k. k. Garderobier), den Ausbau
übernommen hätten, allerdings unter der Bedingung, dass ihnen alle darauf
lastenden Schulden an Ziegler, Steinbrecher und Zimmerleute erlassen würden
(Weschel, 78). Die Kapelle wurde so 1737 fertiggestellt, zwei Jahre darauf
eingeweiht und dank der Peterfyschen Stiftung auch ihrem Zweck gewidmet. Doch
reichte diese nicht hin, wöchentlich drei Messen zu lesen, weshalb Maria Theresia
verfügte, dass der Gottesdienst nur zweimal in der Woche abgehalten werde. Auch
die Widmung einer Frau Maria Josepha, verwitweten Wengelli und geborenen
Reichsfreiin v. Lempruch (1300 fl. für die Messe und 150 fl. für die Auslegung des
Evangeliums)68) reichten nicht hin, um alle Sonntage Gottesdienst zu halten. Es
erklärten sich daher noch einige „wienerische Haußinhaber“ in Ober-Döbling
(Wilhelm Seis, Karl Joseph Hofmann, k. k. Hofkammerregistrant, und Leop.
Hofmann, Kapellmeister bei St. Stephan) zu neuerlichen Stiftungen bereit. Dadurch
war es ermöglicht, im Jahre 1778 einen Benefiziaten in der Person des bisherigen
Poenitentarius (Beichtvater) beim Pfarrer von Liechtenthal, Anton Wogathey,
anzustellen. Sein Nachfolger (1782) war Paulus Franziskus Schnellinger, der
gleichfalls vorher Beichtvater in Liechtenthal gewesen war 69)
Indessen waren die Döblinger noch immer bemüht, auch für ihre alte Pfarrkirche
einen eigenen Pfarrer zu erhalten. Sie hatten auch schon 1727 den schadhaften
Turm und das zersplitterte Kirchendach neu eindecken lassen 70). Mehrere
bedeutende Stiftungen (so testamentarisch die von Johann Rieder, Untertanen zu
Ober-Döbling, Georg Franz v. Griener, Röm. Kaiserl. Maj. Hofkammer-Kanzelisten,
Susanne Seider, Paul Frosch und Josef Pfennig u.a.), darunter wohl die
beträchtlichste die des „Wiener Bürgers und behausten Nachbarn zu Grinzing“ Joh.
Bapt. Peitelberger (+ 1764), der sein ganzes Vermögen letztwillig zur Errichtung
eines Benefiziums zu Ober-Döbling bestimmte 71), machten dieses in kurzer Zeit
möglich. Im Jahre 1768 erteilte endlich das Konsistorium den Konsens zu der
Peitelbergerschen Stiftung mit den ausdrücklichen Bestimmungen, was dem
jeweiligen Benefiziaten 72) für seine Obliegenheiten gezahlt werden solle. Als erster
Benefiziat übernahm Valentin Waldner am 18. März 1769 das Amt der Seelsorge.
Auch der Plan, die Pfarre wieder zu errichten, wurde aufs Neue aufgegriffen. All diese
Schenkungen an die Kirche zeugen von dem religiösen Sinn, der damals in OberDöbling herrschte. Dies beweist auch die kaum ein Jahr später (1770) an den Wiener
Fürsterzbischof Kardinal Migazzi gerichtete, wohlbegründete Eingabe der Priorin des
Klosters, Maria Theresia v. Althann (Wortlaut bei Picigas 102/5, Reg. 35).
Obwohl alle Pflicht- und Rechtsverhältnisse der neu zu systemisierenden Pfarre
festgelegt waren, erhob merkwürdigerweise der Benefiziat Waldner dagegen
Einspruch; Wahrscheinlich fühlte er sich, ein schon alternder Mann, dem vermehrten
Pflichtenkreis eines Pfarrers nicht recht gewachsen. Zwei Jahre später (1772) starb
er. Auch sein Nachfolger, Josef Staud, vorher Kooperator und Vikarius in Währing,
den die Gemeinde vorgeschlagen hatte, kehrte nach kaum zweimonatiger pfarrlicher
Tätigkeit in Döbling nach Währing zurück. Auch der noch im selben Jahre investierte
Sebastian Fux versah die Pfarrobliegenheiten weiter bloß als Benefiziat. Erst durch
die neue Pfarreinteilung Kaiser Josefs II. wurde tatsächlich Ober-Döbling zur Pfarre
erhoben und ihr Unter-Döbling zugeteilt, das bis dahin zu Heiligenstadt gehört hatte.
Sebastian Fux wurde am 25. Oktober 1783 als Pfarrer von Döbling eingeführt und
ihm zugleich ein aus dem Religionsfonds besoldeter Kooperator beigegeben. Als
solcher wirkte zunächst P. Honorat Wisgrill (Weschel, 76). Das Patronat, das der
Fürsterzbischof
von
Wien
innegehabt
hatte,
übernahm
ab
780
der
niederösterreichische Religionsfonds.
Die Reihe der Pfarrer von Döbling:
1466 (?) - 1488
Severin Lintzer, ein geborener Sieveringer;
1499
Jörg Vormoser;
1504 –
1525
Augustin Tenetsch „rector parochialis ecclesiae S. Pauli in
Döbling Vien.-Diöc”; vgl. S. 140.
1525 –
1529
Peter Haindl;
1530 –
1535
Drei oder vier dem Namen nach unbekannte Seelsorger;
1535 –
1545
Konrad Mai(e)r;
1558
Ulrich, Pfarrprovisor;
1639
Willibald Kreutzer;
1647
Martin Pfleger (Pfarrer von Währing);
1652
Franz Frey;
1658 –
1659
Ignatz Albert v. Albertis;
1664
P. Wolffgang Sau(r)wein, Ord. S. Ben., Pfarrverweser;
1664
Gregor Franz Aderin, Zu wäring undt Döbling (Picigas, 1902,
96);
1685
Martin Gaunitz;
1686 –
1687
Michael Conrad;
1687 –
1689
Ludwig Henkel;
1689 –
1695
Joh. Bernhard Hörmann;
1695 –
1703
Moritz Welker;
1703 –
1723
Joh. Caspar Hörmann, Dr. phil. und theol.;
1723 –
1733
Joh. Bapt. Dembscher;
1733 –
1742
Heinrich Anton Ernst v. Pallankha;
1742 –
1755
Philipp Hirsch, Consistorialrat;
1755 –
1756
Valentin Erschen, Dr. theol.;
1756 –
1760
Jos. Ludwig Weiß;
1760 –
1765
Franz Josef Mößle;
1765 –
1772
Andreas Schwarzenbach, Dr. theol.;
1772 –
1783
Josef Staudt, früher Benefiziat zu Ober-Döbling.
Seit der Wiederbeschaffung der Pfarre:
1783 –
1793
Sebastian Fux;
1794 –
1801
Josef Macarius Bicuti, Dr. theol., Rektor des erzbischöflichen
Seminars, Lehrer der Moral, Literaturgeschichte, Theologie und
Polemik an den Universitäten in Graz und Innsbruck;
Bücherzensor einige Zeit; kam 1801 auf die Pfarre St. Johannes
in der Jägerzeile (Praterstraße), wo er starb;
1801 –
1814
Joseph Columbazzo, unbeschuhter Karmeliter, geb. Stuttgart,
früher Kooperator in der Jägerzeile; war wegen seiner
Kanzelvorträge
und
seines
katechetischen
Unterrichts
bedeutend;
1814 –
1817
Franz X. Lachmann, Österreicher, vordem Kaplan in der Brühl;
zum Teil Verfasser des Artikels „Döbling“ in der Kirchl.
Topographie;
1817 –
1834
Michael Teschmayr aus Eisenstadt (Ungarn), vorher Kooperator
in Margarethen (St. Joseph) zum Dechanten und später zum
Konsistorialrat befördert, liegt auf dem alten Döblinger Friedhof
begraben;
1834 –
1869
Peter Obkircher, geb. 1782 zu Brixen in Tirol, vorher 10 Jahre
Pfarrer in Maissau. Eifriger Priester und großer Menschenfreund,
stürzte sich durch seine Gastfreundschaft sogar in Schulden
(vgl. den Namen der Gasse, die noch bei Lebzeiten nach ihm
benannt wurde);
1869 –
1899
Wilhelm Hulesch, geb. 1817 zu Wien; 16½ Jahre Pfarrer zu
Trautmannsdorf bei Bruck a. Leitha; Ehrendomherr an der
Basilica Santi Eustachi in Rom (vgl. Huleschgasse); verfasste
die wiederholt genannte „Geschichte Döblings“.
1899 –
1919
Ignaz Flandorfer, Kanonikus;
1919 Johann Scheck.
Wohl im Anschluss an die schon erwähnte Bautätigkeit wurde im Jahre 1784 von
dem Cameral-Baumeister Großmann hinter der Kirche der Pfarrhof erbaut und
gleichzeitig auch mit dem Bau eines Schulhauses begonnen. Einige (?) Schulzimmer
waren bis dahin in dem Haus Herrengasse 112 (heute Hofzeile) untergebracht (vgl.
Karte).
Auch der Friedhof, der damals noch die Pfarrkirche umgab, erwies sich als zu klein.
Im Jahre 1781 gab zur Vergrößerung des Gottesackers (Pfarr.-Reg. 59, 64) die
Kirche ein Achtel ihres Weingartens her (ebenda, 10); für die Beerdigung der Leichen
wurde damals das sogenannte „Erdreichsgeld“ eingehoben. Es betrug bei einem
Erwachsenen 30, bei einem Kinde nur 15 Kreuzer. Schließlich sah man sich aber
doch genötigt, den alten Friedhof zu schließen und einen neuen an der Straße nach
Grinzing anzulegen. Beim Neubau der Döblinger Pfarrkirche (1826 bis 1828)
verschwand auch jede Spur des alten Kirchhofes. Wie sich ältere Döblinger erinnern,
blieb das Totengräberhäuschen, links vor der Kirche, noch lange nachher stehen und
wurde von einem Mann, namens Kobzda, bewohnt, der eine Greißlerei führte.
Das Gotteshaus erwies sich für beide Gemeinden bald als zu klein und so entstand
die Frage, ob man nicht die St. Johanneskapelle zur Pfarrkirche machen sollte.
Schließlich blieb man doch bei der alten Pfarrkirche, weil diese nach Verlegung des
Friedhofes leichter eine Vergrößerung ihres Raumes zuließ. Dieser Beschluss fand
sehr geteilte Aufnahme bei den Döblingern; die einen waren für die Erhaltung der
Pfarrkirche, die anderen wünschten, wenn schon nicht die Kapelle zur Pfarrkirche
würde, dass doch wenigstens der Gottesdienst abwechselnd einmal in dieser und
einmal in jener Kirche abgehalten werde. Auch eine Kommission im Jahr 1785
entschied sich für die Benützung der Kapelle umso mehr, als sie seit der Auflösung
des Nonnenklosters keine Verwendung fand. Da erschien Kaiser Josef selbst in
Döbling, nahm die beiden Kirchen in Augenschein und entschied sich für die alte St.
Paulskirche. Die Kapelle wurde 1786 geschlossen und entweiht, im Jahr 1788 sogar
versteigert und von einem Tischler, namens Paul Gerdenitsch, erstanden, der sie
durch neun Jahre als Holzmagazin verwendete. Die drei Altäre, das Kirchenpflaster
und die Turmuhr wurden der St. Paulskirche überwiesen.
Als das Tullner Nonnenkloster im Jahr 1782 nach mehr als 500-jährigem Bestand
von Kaiser Josef aufgelöst wurde, kam Ober-Döbling, über das die Dominikanerinnen
die Grundherrschaft besessen und ausgeübt hatten, an den Religionsfonds. Diese
wurde nun bis 1824 von der k. k. Staatsgüter-Administration verwaltet und sodann
in öffentlicher Versteigerung von Anton Edlem v. Würth erworben; der Besitz ging
nach dessen Tod an seine Witwe Therese über und verblieb dieser bis zur Aufhebung
des Untertänigkeitsbandes im Jahr 1848.
Der Zuzug des hohen Adels dauerte bis in die Achtzigerjahre des 18. Jahrhunderts,
erfuhr jedoch eine Unterbrechung, als 1784 der große allgemeine Währinger Friedhof
angelegt wurde. Der Chronist berichtet, es hätte dies den Damen der vornehmen
Gesellschaft Unbehagen eingeflößt und sie daher veranlasst, lieber auf ihren schönen
Wohnsitz zu verzichten, obwohl dieses neue Leichenfeld bei einer halben Stunde von
Döbling entfernt lag und nur von einzelnen Punkten des Ortes zu sehen war. Auch
die Bautätigkeit erlitt damals eine erhebliche Einschränkung. So entstanden in den
Jahren 1783 bis 1795 bloß 4 neue Häuser; doch dies war nur von kurzer Dauer;
wurden doch in den Jahren 1795 bis 1804 wieder 41 Häuser gebaut.
Außer mehreren Gebäuden entstand in den Jahren 1799 bis 1801 ein ganz neuer
Straßenzug, die Neue Gasse (heutige Hardtgasse). Die Herrschaft gab dazu einen
„öd“ gelegenen Grund her, auf dem zuerst 2 Häuser erbaut wurden. Auf einem
gekauften, zu Baustellen abgeteilten Ackergrund wurden binnen drei Jahren weitere
32 Häuser aufgeführt 73)
Auf diese Weise war ein völlig neuer Ortsteil entstanden, den man zum Unterschied
von dem alten Döbling, das als „Alt-Döbling“ bezeichnet wurde, nun „Neu-Döbling“
nannte. In der Tat rechtfertigten diese Benennung die durch keinerlei Rücksicht
behinderten, breiten und regelmäßig angelegten, wohlgeebneten Straßen und die
Häuser in moderner Bauart. Auch an hübschen Anlagen fehlte es nicht. So war die
Hirschengasse von der Feldgasse (heute Gymnasiumstraße) aufwärts zu beiden
Seiten mit rot und weiß angestrichenen Pflöcken versehen, weiterhin (beim Haus
145) mit jungen Akazien bepflanzt. Zeitgenössische Ortsbeschreibungen 74)
erwähnen hier die Frankschen Anlagen. Ähnlich war auch die Donaugasse (heute
Pokornygasse) verschönert.
Zu Neu-Döbling gehörte außer der Hirschengasse die Planken- oder Park-, später
Allee-, heute Pyrkergasse, ebenso die (alte) Kirchengase (heute Vormosergasse), die
Neue Gasse (heute Hardtgasse). Das eigentliche Ober- oder „Alt-Döbling“ bestand in
jener Zeit (1804/07) aus der Hauptgasse (später erst Straße genannt), oft auch
Wienerstraße, da sie gegen Wien führte, der Grinzingergasse oder dem
„Grinzingerweg“ (dem oberen Teil der späteren Herrengasse, heute Hofzeile), der
Kühtrift (Viehtrift, später Donaugasse, heute Pokornygasse), schließlich den Häusern
an der Nußdorferstraße (heute Heiligenstädterstraße).
Mochte auch Heiligenstadt damals mit seiner neuentdeckten Heilquelle Döbling so
manchen Sommergast abspenstig gemacht haben, das alte ansehnliche Dorf behielt
doch seinen guten Namen, wie Valesquez schreibt: „Dieser Ort ist durch die vielen
und schönen Anlagen von Gärten und durch den feinsten Geschmack in den
ausgezeichneten Landhäusern einer kleinen Stadt ähnlich und außer dem Ort
Hietzing nächst dem k. k. Lustschloss Schönbrunn das schönste Dorf in
Niederösterreich“.
Die Häuser, deren jedes den eigenartigen Geschmack ihres Eigentümers verriet,
wiesen doch alle einen gemeinsamen, man kann sagen, typischen Zug in ihrer
Bauart auf, desgleichen die Anlagen der Gärten. Gaheis 75) beschreibt uns ein
solches Döblinger Landhaus: „es war ein Stockwerk hoch, hatte herrliche Aussichten
in die gewähltesten Gegenden, das Gemäuer umschloss ein geräumiger Hof, fasste
eine Reihe von 8 bis 10 niedlich möblierten Zimmern, hatte Stallungen für mehrere
Pferde und eine bequeme Wagenschupfe. Dabei war ein schöner Garten, mit den
seltensten Obstarten besetzt. Hiezu die freie frische Luft von allen Seiten. Kein
Wunder, dass der Geschmack, sich hier anzusiedeln, unter den Wienern so allgemein
geworden ist!“
In dieser Zeit war Unter-Döbling hinter Ober-Döbling in allem weit zurück geblieben,
wenngleich es im 18. Jahrhundert das bei weitem reichere Schwesterdorf mit eigener
Kirche zu überflügeln schien und im Jahr 1713 sogar um 9 Häuser mehr besaß. Aber
zweifellos, wegen der höheren Lage und der besseren Verbindung mit der Stadt
stand Ober-Döbling bei den Wienern in höherer Gunst. Die Bautätigkeit in UnterDöbling ist gerade in jener Zeit, wo der andere Ort sich immer mehr vergrößerte,
äußerst gering. So vermehrten sich seine Häuser in einen Zeitraum von 70 Jahren
(1713 bis 1783) nur um 4, von 1783 bis 1795 um eines und von da bis 1807 nur um
5 Häuser. Von den 50 Gebäuden, die es damals zählte, gehörten 12 Wienern. Auch
bestand es eigentlich noch immer aus einem einzigen Straßenzug, der heutigen
Nußwald- und Rudolfinergasse. An der Nordseite des Baches und unter seinen
Landhäusern zeichnete sich das des Freiherrn v. Lang, „An der Stiege“ Nr. 33 und 34
(heute das sogenannte „Feuerwehrhaus“ Ecke Nußwaldgasse), durch seinen
Geschmack aus. Sonst war Unter-Döbling noch ein recht ländliches Örtchen.
Unmittelbar hinter jedem Haus erstreckten sich Gärten, Wiesen, Felder und
Weingärten. An den Rainen oder auch quer durch die freie Flur führten von
Obstbäumen beschattete Fußsteige in die Umgebung. Gewährte es auch nicht so
schöne Aussichten wie Ober-Döbling, so war es doch umso reicher an herrlichen
Ansichten 76). Auch die Bewohner Ober-Döblings wussten dies zu schätzen. So führte
einer der nächsten und beliebtesten Spazierwege in die romantische Mühle77)
(Böheimmühle), in einem paradiesischen Wiesental gelegen und mit einer
Gastwirtschaft verbunden, wo die Besucher alle möglichen Erfrischungen fanden.
Reste dieser Mühle sind noch im unteren Teil des Wertheimsteinparks zu sehen. Ein
anderes Ziel war das Nusswäldchen, lange Zeit auch „Schweitzertal“ genannt, in der
Talsenkung des Döblingerbaches, unweit des Tullnerberges. Wer ein Freund der
freien Aussicht war, dem bot sich von da eine solche auf Wien, das Silberband der
Donau bis an die ungarische Grenze, das Marchfeld, gegen Süden auf die Ausläufer
der Alpen mit dem Schneeberg im Hintergrund, oder auf die gegen den Kahlenberg
zu gelegenen Hügel im Norden. Sich sanft dahinschlängelnde Wiesenpfade führten
hinab zum Ufer des Donaukanals. Entlegenere, aber an Naturschönheiten um so
reichere Ziele boten sich dem Wanderer, der über Grinzing dem Kobenzl oder dem
Kahlenberg zustrebte; auch das nahe Heiligenstadt, das sich am Beginn des 19.
Jahrhunderts zu einem vielbesuchten Badeort entwickelte, wurde von den Döblingern
mit Vorliebe besucht.
Die Bautätigkeit ließ unter der Ungunst der Zeiten (Franzosenkriege) sehr nach.
Selbst bis 1822 waren in Ober-Döbling nur 7, in Unter-Döbling 3 Neubauten
entstanden, wo überdies die Häuserzahl bis 1828 gleich blieb, während in OberDöbling in diesen 7 Jahren doch 3 neue Häuser hinzukamen. Erst von da ab ist
wieder ein starkes Anwachsen zu beobachten, von dem noch die Rede sein wird.
In Ober-Döbling war seit 1807 bis 1828 bloß ein neuer Straßenzug, die
Radelmayergasse, entstanden, die aber nur 1 Haus zählte. Somit hatte damals der
Ort im Ganzen 9 Gassen. Die Namen der Straßen hatten sich auch verändert.
Außerdem wurden zwei neue Verbindungswege angelegt, der eine, die heutige
Kreindlgasse, von der Neuen Gasse (Hardtgasse) in die Alleegasse (Pyrkergasse),
der andere von der Hirschengasse auf die Höhe der Türkenschanze im Zuge der
heutigen Krottenbachstraße.
Unter-Döbling zählte damals 4 Gassen: Am Felde (heute Zehenthofgasse)78),
Kothgasse (heute Rudolfinergasse), Silber- und Nußwaldgasse (letztere wird später
auch einmal als Herrengasse bezeichnet)79), An (auf) der Stiege (Verbindung der
Hirschengasse mit der Silbergasse).
Die friedliche Entwicklung der beiden Orte wurde durch die Einquartierung der
Franzosen im Jahr 1805 arg gestört (S. 97). Noch schlimmer war aber das Jahr
1809. Damals wurde Döbling von den mit Frankreich verbündeten Württembergern
besetzt. In dem Landhaus der Kaiserin Maria Ludowika nahm der Divisionsgeneral
Wöllwarth Quartier 80) (S. 98). Plündernd durchwühlten die Feinde alles nach
verborgenen Schätzen. Auch in dem Pfarrhof suchten sie die eiserne Kasse
aufzubrechen, was ihnen aber nicht gelang. Den Pfarrer Josef Columbazzo zwangen
sie, im Gasthaus „Zum schwarzen Adler“ Wohnung zu nehmen. Da er aber der
französischen Sprache mächtig war, fand er nicht bloß Schonung bei den Feinden,
sondern wehrte auch als Dolmetsch manches Ungemach von der Gemeinde ab. Ihrer
Beutegier fielen viele Urkunden, hauptsächlich Stiftsbriefe, zum Opfer. Allmählich
erholte sich der Ort von diesen schlimmen Tagen.
Damals, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, entstand eine Reihe der schönsten
Landhäuser; das eine war das des n. ö. Regierungsrates und k. k. Direktors des
galizischen Salzwesens, Adam Albert v. Henikstein an der Stelle der späteren
Irrenanstalt. Auf diesem Grund, einer unbewachsenen Sandstätte, stand vordem
eine Windmühle, die 1784 durch Erbschaft an Henikstein überging. Er baute dort
„auf der Türkenschanze“ (Hirschengasse 163) mit großem Kostenaufwand ein
herrliches Landhaus, das mit seinen roten, hellglänzenden Dächern die ganze
Gegend beherrschte, und legte auch einen reizenden Park auf dieser verödeten
Stätte an. Der Arbes- und der Krottenbach, die sich auf dem Grund vereinigten,
richteten bei starken Regengüssen oft großen Schaden an und drohten sogar das auf
einem Hügel stehende Gebäude bei Regengüssen zu unterwaschen. Aus diesem
Grund brachte Henikstein die am Zusammenfluss der beiden Bäche gelegene
Kunsthammerschmiede an sich, ließ das Bett der Wasserläufe durch ein Wehr sichern
und einen Teich anlegen, der dem Park zugleich zur Zierde gereichte. Der Park, der
„das kleine Dornbach“ genannt wurde, war auch für andere Ortsbewohner zugänglich
und enthielt eine Meierei. Ein Teil davon gehört heute zur Villa Bösch (Billrothstraße).
Auch der Reichshofratsagent Ignaz Schumann v. Mannsegg, ein Freund Heniksteins,
siedelte sich in Döbling an und machte sich um die Verschönerung des Ortes sehr
verdient. Er erbaute für sich das Haus Hirschengasse 142 und später das Kunzsche
Haus 140 81) mit einem überaus niedlichen Garten. Gaheis (151) schreibt über ihn:
Sein leutseliger, menschenfreundlicher Charakter zog eine große Anzahl Wiener nach
Döbling und veranlasste viele, sich hier ansässig zu machen. Sein Beispiel gab den
Anstoß zur Errichtung jener geschmackvollen ländlichen Anlagen, welche jetzt (1804)
die Zierde des Ortes bilden. Alte Hütten wurden niedergerissen, öde Gründe bebaut.
Aussichten angelegt, Gärten in Verbindung gebracht und mit dem Äußeren eine noch
schönere innere Auszierung der Wohnungen hergestellt. Niemand unternahm in den
ersten Jahren des wiederaufblühenden Döbling eine Veränderung in seinem
Eigentum, ohne sich zuerst bei Schumann Rat zu holen. Ohne Rückhalt und
Eigennutz teilte er jedem seine Erfahrungen mit und erwarb sich dadurch nicht nur
die Liebe seiner Nachbarn, sondern auch wesentliche Verdienste selbst um das
herrschaftliche Ärarium. Denn die vermehrten und erweiterten Besitzungen erhielten
einen
größeren
Realwert,
welche
die
Veränderungsund
übrigen
Grundbuchsgebühren außerordentlich ergiebig machten.
Die damals geschaffenen Landhäuser im Biedermeierstil verliehen Neu-Döbling den
Charakter einer Villen- und Gartenstadt; so insbesondere die der Großhändler
Gottfried und Gotthold Kunz (Nr. 140 bis 141) mit englischer Gartenanlage, des
Buchhändlers Carl Schaumburg (Nr. 156), des Bernhard Kritsch Edlen v. Rosenthal
(Nr. 151 bis 152) und auch der mit großem Geschmack angelegte Besitz des
Freiherrn v. Lang, sämtliche in der Hirschengasse.
Auf der Döblinger Hauptstraße besaß der ehemalige Reichsvizekanzler Franz
Gundakar Fürst von und zu Colloredo-Mannsfeld die Häuser 94, 95, 96 und 89 (linke
Seite zwischen Würth- und Hardtgasse). In seinem Besitz war seit 1795 auch das
Maria-Theresienschlösschen, dessen Park bereits durch Straßenzüge durchschnitten
war. Die Nrn. 24, 25 und 26 der Hauptstraße (heute Zögernitz) umfassten ein
ansehnliches Landhaus, das zuerst dem Porzellanfabriks-Direktor v. Keßler, dann
dem Ordensschatzmeister des Maria-Theresienordens, Anton Freiherrn v. Spielmann,
gehörte. Im Jahr 1808 kaufte diesen Besitz Kaiserin Maria Ludovica, die dritte
Gemahlin des Kaisers Franz 82). Die Häuser 2 und 3 gehörten dem Grafen Karl von
und zu Firmian; die herrlichen Parkanlagen stammten noch aus der Zeit, da Fürst v.
Poniatowsky daselbst als „Beständner“, d. i. Pächter, wohnte.
In der Hauptstraße 38 und 39 (nahe der Radelmayergasse) erregten namentlich die
Blumenzucht und Treibhauskultur des Johann v. Kisch großes Aufsehen. Außerdem
entstanden aus alten niedrigen Häuschen durch Aufbau und Verzierungen recht
stattliche Gebäude, so der heutige „Biederhof“ als Besitz des Franz Edlen v. Würth
(Hofzeile 2 und 3, heute Döblinger Hauptstraße 92), früher Eigentum des Grafen
Firmian. Ebenso zeichneten sich die Häuser 36 bis 39 des August Wedl 83), nicht
minder das Nr. 90 (gegenüber der Radelmayergasse) des Albert Drach durch
prächtige Ausstattung aus.
Einfacher dagegen waren die Gebäude des Freiherrn v. Pasqualati (Nr. 33) und der
Juliane Royko (Nr. 34), beide an der Hauptstraße gelegen.
Zu einer der schönsten Straßen von Döbling hatte sich die Herrengasse (heute
Hofzeile) entwickelt. Zu den romantischen Anlagen in niederländischem Geschmack,
die an der steil gegen den Döblingerbach abfallenden Berglehne angelegt waren und
zu ihrer Verfestigung nicht geringe Kosten erheischten, gehörte damals auch das
heute noch erhaltene Landhaus des Freiherrn v. Pasqualati, früher Nr. 169, heute 84)
Nr. 3 (Hofzeile). In derselben Gasse stand auch das hübsche Haus des Freiherrn v.
Frank, Nr. 106, damals bekannt durch seinen freien Ausblick einerseits auf das
Kahlengebirge, anderseits auf die Stadt. Es ging später in den Besitz von Constantin
Georg Karsia über. Das Landhaus Nr. 104, das einem Herrn v. Albert gehörte,
bildete, neben der Johanneskapelle gelegen, zugleich die Ecke von Hauptstraße und
Herrengasse. Sein Inneres war sehr geräumig, der Garten, in den man unmittelbar
aus dem Saal des ersten Stockes gelangen konnte, besonders reich an Kastanien. In
dem Haus wohnte auch Theodor Körner (1812) während seines Wiener Aufenthalts.
Erwähnung verdient auch das Haus Nr. 112 der Herrengasse 85). Es gehörte zuerst
dem Feiherrn v. Buschmann (1804), dann dem Präsidenten des k. k. n.-ö. Merkantilund Wechselrechts Ignaz Edlen v. Menßhengen und schließlich Anton Edlen v. Kraus.
Es zeichnete sich durch seine niedlich verzierten Zimmer und seine malerische
Aussicht aus. Der an das „Maria-Theresienschlösschen“ angrenzende Besitz,
Herrengasse Nr. 107, gehörte noch 1804 dem Fürsten Colloredo (vgl. S.160) und
ging dann in den Besitz des Theodor v. Vallery über. Das ehemalige alte Pfarrhaus
(Herrengasse 111) war zuerst einer Frau Katharina Rappl, später Marie Anna
Goldhann zu Eigen.
Mit der Herrengasse wetteiferte die Hirschengasse. In der Ried „in den Setzen“ war
der hübscheste Besitz wohl der des Franz Edler v. Bogner.
Fast in der Mitte von ganz Döbling, in der Plankengasse (heute Pyrkergasse), erhob
sich im Garten des M. Dr. Franz v. Tschebutz ein drei Stockwerke hohes Lusthaus. Es
wurde daher allgemein das „Panorama von Döbling“ genannt. Unter die Häuser mit
schöner Fernsicht gehörte auch das des Hofregistraturdirektors Ludwig v. Jaßwitz in
der Grinzingergasse Nr. 108.
Mit diesen in Döbling entstandenen Landhäusern, in deren Gärten neben erlesener
Blumenpracht auch Pavillons, Statuen, Brunnenfiguren, Terrassen und Teiche nicht
fehlten, war hier der sogenannte „Biedermeierstil“ geschaffen, der auf Jahrzehnte
hinaus vorbildlich blieb. Erhalten sind uns in Döbling eigentlich nur mehr wenige
dieser alten Biedermeierhäuser.
Manche Häuser Döblings trugen besondere Beinamen oder auch Schilder, so das in
der Neugasse 71 (heute Ecke Hardtgasse und Billrothstraße): „Bei den zwey
streitenden Brüdern 1800“ (Sagen, 121). In derselben Gasse Nr. 83: „Zum
englischen Gruß“, in der Hirschengasse Nr. 67: „Zum guten Jüngling“. In der
Nußwaldgasse Nr. 27: „Zum Auge Gottes“. Billrothstraße Nr. 56 stand noch bis vor
wenigen Jahren ein ebenerdiges Häuschen mit einer kleinen Nische, in der Jesus als
Hirte dargestellt und darunter der Vers zu lesen war: „Dieses Haus steht in Gottes
Hand, Zum guten Hirten bin ich genannt.“ Mit einem ähnlichen Zeichen war ein vor
Jahren demoliertes Haus Ecke Hardtgasse versehen; doch wurde es auf das neue
Gebäude übertragen.
Inmitten der für jene Zeit wahrhaft verschwenderisch ausgestatteten Landhäuser
erschien das alte, ärmliche Pfarrkirchlein umso dürftiger. „Ich erschrak über den
Anblick desselben“, schreibt Gaheis (a. a. O. 107f;), „der unbekleidete steinerne
Turm reicht kaum über das niedere, mit Schindeln gedeckte Kirchendach hinaus. Die
Kirche selbst ist so klein und unansehnlich, dass ich noch nie eine so kleine Kirche
auch in dem ärmsten Dorf gesehen habe. Es machte dieser Anblick nach so
herrlichen Gebäuden, die ich soeben verließ, einen sonderbaren Eindruck auf mich.“
Von den weit mehr als 2000 Bewohnern Döblings konnte die Kirche auch nur kaum
den vierten Teil aufnehmen.
Einen weit stattlicheren Eindruck machte da allerdings die Johanneskapelle, die
inzwischen (1797) auch wieder eingeweiht worden war. Auch fügte sich ihr zierlicher,
schmucker Bau voll und ganz in das Gesamtbild ihrer Umgebung mit hohen schönen
Häusern und ausgedehnten Gärten ein. Doch auch sie vermochte an Festtagen nicht
die Zahl der Andächtigen zu fassen. Um diesem Übelstand teilweise abzuhelfen,
errichteten zwei Landhausbesitzer in ihren Villen Privatkapellen und ließen daselbst
für ihre Familien und die in ihren Gebäuden Wohnenden Messen lesen. So war schon
1766 dem Fürsten Poniatowski eine Messlizenz für seine Hauskapelle erteilt worden,
ebenso später (1791) der Gräfin Josepha v. Firmian, geb v. Selmbach, und 1793
dem Reichsfreiherrn v. Maasburg für die nunmehr gräfl. Kinskysche Hauskapelle
(Pfarr-Reg. 01 bis 103).
Die Ansiedlung von so vielen wohlhabenden Wienern beeinflusste auch die
wirtschaftlichen Verhältnisse des empor blühenden Vorortes in günstiger Weise. So
finden wir schon zur damaligen Zeit in Döbling: 1 Kaufmann, 3 Greißler, 1
Fleischhauer, 1 Bäcker, ferner 4 Gasthäuser (zum Hirschen, Zum schwarzen Adler,
Zum Radelmayer und Zum weißen Kreuz). Auch ein Kaffeehaus bestand schon, das
die ins Weingelände Pilgernden zu erquickender Rast einlud.
Von einem Gewerbe in früheren Zeiten kann nicht gut die Rede sein. Wohl überlässt
im Jahr 1444 das Frauenkloster zu Tulln dem Tibolt Schoph zu Töbling und dessen
Frau einen Grund zum „Anbau“ einer Mühle gegen einen jährlichen Zins. Fast um
dieselbe Zeit wird ein Steinbruch „an der Hohenbart“ genannt. Kleingewerbe aber
finden wir erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts; da gibt es bereits verschiedene
Handwerker: 1 Schmied, 2 Wagner, 1 Sattler, 1 Schlosser, 1 Drechsler, 1 Tischler, 1
Glaser, 1 Spengler, 1 Schneider und 1 Schuster, 1 Zimmer- und Maurermeister.
Auch ein Wundarzt, der eine wohleingerichtete Hausapotheke besaß, war zur Stelle.
Die Schwierigkeiten bei Bewilligung einer Gewerbeberechtigung in damaliger Zeit
zeigt nachstehender Erlass:
„Von der Röm. Kais., in Hungarn und Böhmen Königl. Apostolischen Maj.,
Erzherzogin zu Österreich und unserer allergnädigsten Erbländer Fürstinn und Frauen
wegen durch die N.-Ö. Regierung der Frauen Mariae Theresiae Gräfinn und von
Althann Priorin des Stifts und Frauen-Klosters zu Tulln hiemit anzuzeigen:
Ihrer Kais. Königl. Apostolischen Maj. haben in Betracht der von Ihr Frauen Priorin
allerdemüthigst angesuchten Erlaubniß Ertheilung zu Oberdöbling ein neues
Backhauß zu errichten über den von Regierung nach Einvernehmen des Herrn
Kreißhauptmanns des Viertells U. W. W. in Sachen erstatteten allergehorsamsten
Bericht sub dato 3ten dies et praesto hod: allergnädigst zu resolviren gerichtet: dass
der Frauen Supplicantum zu Oberdöbling allerdings einen eigenen Bäckermeister
aufzustellen bevorstehen solle.
Welche allerhöchste Entschließung der Frauen Gräfinn und Priorin des Stifts und
Frauen Klosters zu Tulln zur Nachricht hiemit erinnert wird.“
Frantz Ferd. Gr. v. Schrattenbach
Statthalter
Thom. Ignat. Edl. v. Pöck
Canzler
Exconsilio Regimis.
Inferioris Austriae.
Wien, den 10ten Septbr. 1768.
Anton Josef Edler v. Mayenburg.
Philipp Hackher.
Als ersten Bäckermeister auf diesem Posten finden wir Joh. Georg Friedl, dann
dessen Nachkommen durch ein Jahrhundert, bis Herr Kilian Stumpf, der jetzige
Inhaber, das Geschäft übernahm (1908).
Die Industrie nahm schon während der josefinischen Zeit in Döbling ihren Anfang
und erlangte später für die Weiterentwicklung des Ortes immer mehr Bedeutung.
1781 wollte Hofrat v. Keßler, Direktor der k. k. Porzellanfabrik 86) und auch Erbauer
des späteren Freiherr v. Spielmannschen Landhauses (S. 160), eine Salniterfabrik
anlegen, um aus Meersalzen und auch aus gewöhnlichem Kochsalz Salpeter zu
erzeugen. Aus dem Plan scheint aber nichts geworden zu sein. Um dieselbe Zeit
entstand in der Nußdorferstraße eine große Bleiche, die erste der Monarchie, von
Kaiser Josef durch bedeutende Geldvorschüsse gefördert. Noch 1835 wird sie
erwähnt 87). Auf der freien Anhöhe der Türkenschanze wurden einige Windmühlen
errichtet. Zwei davon verdienen besonders genannt zu werden: die auf einem von
der Herrschaft abgegebenen öden Grund, „auf der Trift“ von Andreas Gutmayer
1776, erbaute Material-, Farbholz-, Schneid- und Stampfmühle, die später (1784)
nebst dem Wohnhaus an Adam Edlen v. Henikstein überging (S. 159), und die im
Jahr 1779 auf derselben Trift von Jos. Prem angelegte Windmühle, die aber schon
1788 wieder abgetragen wurde. Beide wurden angeblich von zwei holländischen
Fachleuten errichtet, bewährten sich aber nicht, weil der Wind bei uns nicht so
gleichmäßig weht wie etwa in Holland.
Am Zusammenfluss von Arbes- und Krottenbach stand schon 1783 eine
Eisenhammerschmiede an der Stelle, wo sich 1828 das Gartenhaus der L. R. v.
Herzschen Erben, Nr. 168, befand (heute die Bösch-Villa in der Billrothstraße)88). Auf
der herrschaftlichen Wiese am Bach, nahe der Nußdorferstraße (ungefähr, wo heute
die Barawitzkagasse in die Heiligenstädterstraße mündet), wurde 1792 eine
Weißmahlmühle (spätere Böhm-Mühle)89) errichtet. Sie bestand am längsten und
war 1807 die einzige Mühle in Döbling.
Der wasserarme Bach war für Fabriksanlagen unzureichend.
In Ober-Döbling, Hauptstraße 98, bestand längere Zeit eine Dünntuch-, Samt- und
Seidenzeugfabrik von beträchtlichem Umfang; ferner in der Neugasse (heute
Hardtgasse) Nr. 80 eine Kunsttischlerei des Meisters Frank, dessen Erzeugnisse auch
ins Ausland gingen.
Die Landwirtschaft in Döbling konnte sich wegen des meist sandigen Bodens nicht
recht entwickeln; auch hatte die Grundherrschaft das Bestreben, die Baugründe zu
Baustellen zu verwerten; viele Äcker wurden überdies seit der Mitte des 18.
Jahrhunderts in Gärten verwandelt, wie dies Gaheis (99) berichtet. „Wo ich ehedem
über fruchtbare Kornfelder ging, wandelte ich nun an Reihen niedlicher Häuser
vorbei. Der vielfach grasreiche Boden, namentlich auf der Türkenschanze und an der
Donau, bot für Haustiere gute Weideplätze 90) und machte die Viehzucht, wenn auch
in bescheidenem Maße, möglich.“ Immerhin lieferte Döbling nicht nur seinen
Bewohnern, sondern auch den Wienern Milch. Reicheren Ertrag gaben die vielen
fruchtbaren Obstgärten, deren Ernten auf dem Wiener Markt Absatz fanden. Die
Haupterwerbsquelle der Döblinger aber war und blieb der Weinbau, wiewohl auch
dieser im Lauf der Zeit eine bedeutende Einschränkung erfuhr. Doch haben sich auch
in Döbling alte Weinbaugeschlechter erhalten, die ihrem Beruf treu geblieben sind
wie Eder, Haselbrunner, Lehner, Markus, Rockenbauer, Kaiser und andere. Kam der
Döblinger Wein auch seinen berühmteren Nachbarn, dem Grinzinger, Sieveringer,
Nußdorfer oder Kahlenberger nicht gleich, so ergab doch eine gute Lese schon im
vierten oder fünften Jahr einen vollkommen ausgezeitigten Tischwein; ein Vorzug,
dessen sich die Wiener Wirte wohl bewusst waren. Daher legten sich auch diese in
Döbling zahlreiche Weinkeller an (das Weitere unter „Weinbau“).
In unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ruf, den Döbling von jeher als Weinland
genoss, steht das Aufblühen des Schankgewerbes, von den einfachsten
Buschenschenken bis zu jenen vornehm ausgestatteten Gastwirtschaften, die nicht
nur für Speise und Trank, sondern auch für Unterhaltung sorgten.
Zu diesen gehörte vor allem der Gasthof „Zum Finger“ (nach seinem Gründer,
Döblinger Hauptstraße ungefähr gegenüber dem Bad), der außer Speisesälen auch
ein Kaffeehaus mit Billard und einen großen Tanzraum umfasste. Dieses
„Etablissement“, wie es hieß, entwickelte sich aus einem ganz schlichten Wirtshaus
dank der Beliebtheit, die es alsbald genoss, zu einem Treffpunkt der Altwiener
Gesellschaft, ähnlich wie der „Sperl“ in der Leopoldstadt, der „Schwender“ in
Rudolfsheim oder der „Dommayer“ in Hietzing; Lanner und Strauß (s. unter „Musik“)
feierten hier ihre ersten Triumphe. Sonst ergötzten Harfenisten und Volkssänger hier
die Gäste. Im „Hirschenwirtshaus“ fanden Vorstellungen wandernder Komödianten
statt (s. Literatur“); auch ein Tanzsaal vereinigte hier stets Vergnügungslustige. Bei
dem Gasthaus befand sich übrigens auch ein Standplatz für Stellwagen, welche die
Gäste in die Stadt brachten.
Seiltänzer, Reitkünstler und sonstiges fahrendes Volk hielten sich im Gasthaus „Zum
schwarzen Adler“ auf der Hauptstraße auf und gaben dort im Garten ihre
Kunststücke zum Besten. Wirte waren u. a. Wichtl, Besenmarkter. Hier fanden auch
Wochenkonzerte statt. Der eine Eigentümer „Wichtl“ sorgte auch für eine
Stellwagenverbindung zur Stadt. Trotz all der neuen Vergnügungsstätten übten doch
auch die älteren immer noch ihre Anziehungskraft aus. So besonders das Gasthaus
„Zum Radelmayer“, seitdem es neu hergerichtet war und eine gedeckte, mit
Glasfenstern versehene Terrasse besaß. Ihm strömten namentlich die unteren
Volksklassen zu, um abends dem Tanz zu huldigen. In den Vierzigerjahren war ein
gewisser Albrecht daselbst Wirt. Eine mehr örtliche Bedeutung hatten die
Tanzabende beim „Weißen Kreuz“ auf der Hauptstraße Nr. 34 (heute 58)91).
Ein ebenfalls sehr viel besuchter, aber mehr wegen seiner idyllischen Lage
geschätzter Belustigungsort war das sogenannte „Nußwaldl“ oder „Schweizertal“.
Das Wirtshaus lag auf der einen, der Garten aber auf der anderen Seite der Straße,
die zur Hohen Warte führte.
Von nicht geringer Bedeutung für den Aufschwung Döblings als Sommerfrische war
sein Bad. Im Jahr 1814 hatte der Besitzer des Hauses Nr. 28 „auf der Osterleiten“
(heute Hauptstraße 70) die Entdeckung gemacht, dass sich auf seinem Grund eine
Quelle von beträchtlichem Mineralgehalt befinde. Als er die Wirkung des Wassers
wider ein Rheumaleiden mit Erfolg versucht hatte, errichtete er eine kleine
Badehütte, zunächst für sich, seine Familie sowie für Bekannte. Im Jahr 1821 ging
das Haus an Vinzenz Prenschütz v. Schützenau über, der ein eigenes Badehaus
erbaute und weiteren Kreisen zugänglich machte. Da die behördliche Analyse sowohl
Eisen- als auch Schwefelgehalt ergab, wurde die Quelle für alle in Betracht
kommenden Krankheiten zum äußerlichen, wie zum innerlichen Gebrauch
empfohlen. Zu den Badegästen im ersten Jahr zählte auch der Tondichter Ludwig
van Beethoven (s. „Musik“). Die Besucherzahl wuchs übrigens mit jedem Jahr, so
dass sich der Besitzer bereits 1825 genötigt sah, entsprechende Vergrößerungen
vorzunehmen. Das Tor, über dem die Aufschrift „Heilbad“ prangte, führte zunächst in
einen geräumigen Hof, an den sich ein in englischem Geschmack angelegter Garten
mit prächtigen Blumenbeeten, Lauben und Lusthäuschen und mit Ausblicken in die
Umgebung anschloss. Links von diesem Garten stand etwas erhöht das Badehaus
mit den Badezimmern, vor diesem der heilbringende Brunnen, ihm gegenüber die
„Küche“. Das Haus enthielt im Ganzen 18 Wannenbäder. Die Reichhaltigkeit an
Wasser machte es möglich, dass der Wasserstand des Brunnens immer eine Höhe
von 40 bis 42 Schuh hatte. Die „Küche“ enthielt eine Dampfmaschine zum Schöpfen
des Wassers aus einem 40 Eimer fassenden Dampfkessel zur Hitzung des Wassers
„in einer 80 Eimer haltenden Boding“ 92). Kupferröhren leiteten von da ebenso das
erhitzte wie das kalte Wasser in die einzelnen Baderäume, wo nach Belieben die
Mischung vorgenommen werden konnte. Unter dem Gebäude selbst befand sich ein
abgeschlossenes Reservoir, das einen Vorrat von 200 Eimern kalten Wassers
enthielt.
Was indes von allen Döblinger Sommergästen immer schwer empfunden wurde,
insbesondere als die Straßen noch nicht gepflastert waren, war sein Staub. Um
dieser Plage Abhilfe zu tun, wurden von der Gemeinde schon frühzeitig in
verschiedenen Straßen Bäume gepflanzt, auch Brunnen gegraben und
Röhrenbrunnen angelegt. Im Jahr 1818 fuhr der erste Spritzwagen durch die Straßen
Döblings. Neben der Hauptstraße an der Wiese, die von Nussbäumen beschattet war,
wurde eigens ein Brunnen gegraben, der das Wasser zur Straßenbespritzung liefern
sollte. Franz Edler von Bogner veranstaltete eine musikalische Akademie, deren
Einträgnis von 1300 Gulden zur Deckung der Kosten diente.
Im Jahr 1829 erhielt Döbling endlich die langersehnte neue Pfarrkirche, da sich das
alte Gebäude als baufällig erwies. Ein viertägiger Regen (1826) machte vollends
einen behördlichen Lokalaugenschein notwendig und die Kommission verfügte die
Sperrung der Kirche. Bis zur Vollendung des Neubaus wurde der Gottesdienst sowie
alle übrigen Verrichtungen der Seelsorge in die St. Johanneskapelle verlegt 93). 1827
wurde die alte Kirche abgetragen und die neue, gegenwärtige von dem
Landbaumeister Josef Reininger auf demselben Grund aufgeführt und nach einem
Jahr vollendet 94). Der Grund- oder Gedächtnisstein wurde am 30. August 1829 in
feierlicher Weise gelegt 95), Sonntag, den 4. Oktober, die Kirche eingeweiht. Die
Gesamtbaukosten beliefen sich auf rund 19.768 fl. C. M., die Inneneinrichtung 96) auf
4142 fl.
In den Zwanzigerjahren machte das Gewerbe neuerlich einen bedeutenden
Fortschritt. Selbst eine Zuckerbäckerei befriedigte nunmehr genäschige Gaumen und
dem Wein erstand in dem Bier, das die neu errichtete (später Kuffnersche) Brauerei
in der Neugasse lieferte, ein gefährlicher Nebenbuhler. Auch eine zweckmäßig
eingerichtete Apotheke (zum hl. Josef) befand sich damals schon neben der
Johanneskapelle.
Der in dieser Zeit nach dem aufstrebenden Heiligenstädter Bad und nach dem viel
besuchten Grinzing eingerichtete Gesellschaftswagenverkehr 97) der Stadt kam auch
Döbling zugute. Später schritt man an die Gründung des „Fiaker-Vereines“ 98)
(1829), der ebenfalls einen Stellwagenverkehr einrichtete; sein Standplatz war beim
Kasino Zögernitz.
Döbling wurde in jenen Tagen auch von Ungemach heimgesucht. Als im Jahr 1830
die Donau aus ihrem Bett trat und alle niedriger gelegenen Teile Wiens unter Wasser
setzte und verheerte, blieben auch die Bewohner Döblings an der Nußdorferstraße
nicht davon verschont. 4 Häuser stürzten ein, 6 wurden unbewohnbar und dadurch
eine große Zahl von Ortsinsassen obdachlos. Damals leistete auch die Nächstenliebe
der Döblinger viel, um den bedauernswerten Opfern zu Hilfe zu kommen. So ließ die
Großhändlersgattin Juliane Royko 20 Metzen Kartoffeln an die Unglücklichen
verteilen. Dem damaligen Herrschaftsbesitzer Edlen v. Würth war es zu danken, dass
etliche Personen, auch Brigittenauer, die sich hilflos in einer Au am jenseitigen Ufer
des Stromes befanden, von Schiffsleuten gerettet wurden. Seinem Aufruf Folge
leistend, stellten in Döbling ansässige Wiener den Obdachlosen Wohnräume zur
Verfügung oder sie steuerten bei, um diesen die Verpflegung in Gasthäusern zu
ermöglichen. Würth selbst nahm eine ansehnliche Zahl im Tullnerhof auf und scheute
selbst keine Kosten bei diesem Rettungswerk. Außerdem wurde für die Bekleidung
und Pflege der Kinder gesorgt. In dieses Werk der Menschenliebe teilten sich die
Bankiersgattin Wedl, die Hausinhaberin Verussi, der Maurermeister Schegar und der
damalige Döblinger Wundarzt Valentin Werner.
Ein Jahr später wütete die Cholera in Wien und Umgebung. Sie forderte auch in
Döbling ihre Opfer.
Diese traurigen Ereignisse hemmten indes das Wachstum des Ortes nicht. Zunächst
hatte die weiter durchgeführte Parzellierung zur Folge, dass der k. k. Lustgarten, der
sich von der Alleegasse (Pyrkergasse) bis zur Neugasse (Hardtgasse) erstreckte, in
kleinere Gärten zerteilt wurde und neue Straßenzüge entstanden: Die Annagasse
(heute Würthgasse), die Theresiengasse (Gatterburggasse), die Ferdinandgasse
(Dollinergasse); später auch die Hermanngasse (Reithlegasse), als Theodor v.
Vallery den hinter seinem Haus gelegenen Besitz, der im Volksmund schlichtweg
„Park“ genannt wurde, verkaufte und daraus Baustellen wurden. Mitten im Park
selbst wurde damals das Haus Nr. 191 erbaut, in der Alleegasse zwei Häuser. So
erfuhren im Laufe der nächsten Jahre die Landhäuser Döblings eine beträchtliche
Vermehrung. Unter allen diesen sei jenes des Wiener Fabrikanten Rudolf von
Arthaber 99) hervorgehoben, weil dieses Haus ebenso wie der Name seines Besitzers
mit dem öffentlichen Leben in Döbling in den folgenden drei Jahrzehnten untrennbar
verknüpft ist. Arthaber, in Wien am 4. September 1795 geboren, erwarb sich große
Verdienste um seine Vaterstadt. Er brachte die Schalindustrie zu hoher Blüte und
pflegte als erster in Österreich den Export (Ausfuhrhandel). Seinem
Wohltätigkeitssinn und seiner Fürsorge für die Jugend verdankt die Ober-Döblinger
Kinderbewahranstalt, in der sich auch sein Bildnis befindet, ihre Gründung (1844).
Im Revolutionsjahr 1848 spielte Arthaber gleichfalls eine bedeutende Rolle. Er regte
1850 die Gründung der Handels- und Gewerbekammer an, deren Alterspräsident er
wurde, wirkte bei der Schaffung des von Waldmüller angeregten Wiener
Kunstvereines mit und hatte schließlich auch hervorragenden Anteil an der k. k.
Gartenbaugesellschaft. Außerdem gehörte er dem Gemeinderat Wien bis zu seinem
Tode (9. Dezember 1867) an. Arthaber ließ an der Stelle des Tullnerhofes, den er
von Würth (vgl. S. 155) käuflich an sich gebracht hatte, 1834 und 1835 nach dem
Entwurf des Architekten Pichl ein Landhaus erbauen und strebte, von Kunst- und
Natursinn erfüllt, danach, diesen bürgerlichen Wohnsitz in vornehmem Stile
auszugestalten. Deshalb berief er auch Künstler, z. B. die Maler Röser und Moritz v.
Schwind; dieser schmückte das Stiegenhaus mit Fresken, jener mit
Landschaftsbildern. Auch den heute noch bestehenden Wertheimsteinpark legte er
an und ließ darin von dem Architekten Fuß das gleichfalls noch erhaltene Palmenhaus
errichten, das in seiner Art das erste auf dem Kontinent war. Arthaber machte auch
seine wertvolle Gemäldesammlung 1836 dem Publikum zugänglich. So wurde sein
Haus wahrhaft zu einer der ersten Sehenswürdigkeiten nicht nur Döblings, sondern
ganz Wiens und zugleich ein Sammelpunkt aller geistigen Kreise (vgl. „Kunst“ und
„Literatur“).
In jene Zeit fällt auch die Gründung der Irrenheilanstalt in Döbling, die durch den
Aufenthalt Lenaus, der hier, dem Wahnsinn verfallen, dahinsiechte und starb,
berühmt wurde (siehe „Literatur“). 1830 brachte Dr. Bruno Görgen von den
Herzschen Erben den ehemals Henriksteinschen Besitz an sich und verlegte seine
Privatheilanstalt für Gemütskranke, die sich bis dahin in Gumpendorf befunden hatte,
hierher.
In der Feldgasse (heute Gymnasiumstraße) entstand außer anderen vornehmen
Landhäusern, die vom Volkswitz benannte „Kipfelburg“, ein Haus, das sich ein durch
sein Weißgebäck, namentlich seine vortrefflichen „Kipfel“, bekannter Bäcker, erbaut
hatte 100). Unweit davon wurde 1832 das allen Wienern später wohlbekannte
Kremsersche Wirtshaus „Zum Währinger Spitz“ eröffnet, wo später dem „Finger“ und
anderen Döblinger Vergnügungsstätten in dem Kasino Wendl ein Nebenbuhler
erstand (s. „Literatur“). Außer Buschenschenken und Wirtschaften war das
Kaffeehaus Grandjeans auf der „Hohen Warte“ beliebt, wo man einen prächtigen
Rundblick genoss. So machte das der Stadt weit näher gelegene Döbling selbst dem
berühmt gewordenen Hietzing den Vorrang als Sommerfrische streitig.
Hier fühlte man sich eben frei von allen Toilettekünsten und beengenden
gesellschaftlichen Formen: wie auf dem Lande. „Statt der kostbaren orientalischen
Sommerstoffe, die man in Hietzing bewundert“, schreibt beispielsweise Schmidl (I,
399), „sieht man in Döbling noch Leinenkleider und runde Strohhüte“.
In Döbling selbst war man von jeher bestrebt, neue Anziehungspunkte für die Wiener
Ausflügler zu schaffen. So beschloss auch der Wiener Bürger Ferdinand Zögernitz im
Jahr 1836, auf dem von ihm im Jahr vorher erworbenen Grund ein Kasino 01) zu
erbauen. Der Ruf, den sich der „Zögernitz“ im Gesellschaftsleben Altwiens erwarb,
rechtfertigt wohl auch einen kurzen geschichtlichen Rückblick.
Die Gründe, wo das Kasino erstand, waren ursprünglich Eigentum der
Grundherrschaft (der Tullner Nonnen), doch schon 1770 ein Teil der aus Weingärten
bestehenden „Hofstatt“, die bis zur Senkung des Tullnerberges (Wertheimsteinpark)
reichte und von einer Kastanienallee durchquert wurde 02). Diese Gründe, die
zwischen der Osterleitengasse und der Pokornygase (ehemalige Donaugasse) lagen
und östlich bis zur Heiligenstädterstraße (ehemaligen Nußdorferstraße) reichten,
erwarb Reichsfreiherr Anton v. Spielmann, der sie im Jahr 1808 der Kaiserin Maria
Ludovica (vgl. S. 160) käuflich überließ. Diese ließ das schon bestehende Landhaus
durch Zubauten vergrößern und auch den Garten verschönern. Es ist nicht
nachgewiesen, ob die Kaiserin selbst hier einmal wohnte; doch steht fest, dass der
Besitz von ihrem Hofstaat im Sommer bezogen wurde 03). Zur Franzosenzeit (1809)
diente es fremden Heerführern als Quartier (General Wöllwarth). Als Kaiserin Maria
Ludovica 1816 starb, ließ ihr Gemahl Kaiser Franz I. als Intestaterbe den Besitz in
gesonderten Parzellen verkaufen. So kam der weitaus größere Teil an die Eheleute
Anton und Theresia Edle v. Würth (vgl. S. 1600), der übrige in den Besitz des Grafen
Wallis. Die gegen die Donaugasse gelegenen Parzellen wechselten auch späterhin
wiederholt ihre Besitzer 104). Den gegen die Osterleitengasse gelegenen Teil
verkaufte das Ehepaar Würth im Jahr 1835 im Lizitationsweg an Ferdinand und
Therese Zögernitz, die hierauf den Baumeister Schegar beauftragten, das Kasino zu
erbauen. Dieses wurde im Jahr 1837 eröffnet und bestand, wie noch heute, aus
einem Kaffeehaus und einer Gastwirtschaft, ferner einem für Bälle und größere
Veranstaltungen
geeigneten,
geschmackvoll
ausgestatteten
Saal,
einer
Gartenanlage, früher auch noch aus mehreren Speiseräumen im ersten Stock.
Bald war der „Zögernitz“‘ zum beliebten Stelldichein Altwiener Gemütlichkeit
geworden und dies um so schneller, da sowohl der „Fiaker-Verein“ als auch der
Stellwagenunternehmer Schreiber für die Fahrtverbindung mit der Stadt sorgten.
Besondere Anziehung übten die musikalischen Genüsse aus, die sich hier den
Besuchern boten, ebenso die Gelegenheit für die Jugend, dem Tanz zu huldigen.
Spielten doch hier auch die Walzerfürsten Strauß und Lanner, später auch Strauß
Vater und Sohn mit ihren gutgeschulten Orchestern. Bald strömte das
vergnügungslustige Wien zu den Bällen und Konzerten im neuen Kasino wie ehedem
zum „Finger“, der dadurch wesentlich an Beliebtheit einbüßte.
Der gute Geschäftsgang ermöglichte es Zögernitz auch, schon im Jahr 1839 auf
seinem Grundstück in der Osterleitengasse (früher Schlossgasse) ein zwei Stock
hohes Wohngebäude mit Stallungen (heute „Hotel Zögernitz“ und ebenfalls zum
Kasino gehörend) zu erbauen 105)
Fast in dasselbe Jahr fällt auch die Gründung eines Theaters in Döbling, zu dem die
1830 entweihte Johanneskapelle umgestaltet wurde (Näheres unter „Literatur“.
Für die Bedürfnisse der mit der größeren Ausdehnung stetig wachsenden
Bevölkerung erwies sich auch ein Markt als dringend notwendig, der in der
Theresiengasse (heute Gatterburggasse) errichtet wurde. Auch mag es erklärlich
sein, dass die Döblinger angesichts der Größe und Schönheit vieler ihrer Häuser
ihren Ort ungern noch ein Dorf nennen hörten; rühmte man ihm doch sonst auch
nach, „einer der prachtvollsten Orte des Staates“ zu sein. Mit Misstrauen verfolgte
man auch in Döbling die Erbauung der ersten Eisenbahn, die dem Wiener weitere
und noch anziehendere Landgebiete erschließen werde. Doch zeigte sich bald, wie
unberechtigt dies war. Die Wiener blieben Döbling trotzdem treu. Dieser Befürchtung
entsprang auch der Gedanke, der Straßenpflege Fürsorge zuzuwenden. Sagte doch
damals sarkastisch ein Schriftsteller, dass man auf der „weltberühmten“
Döblingerstraße die Festigkeit neuer Wagen erproben könne. Die Grundherrschaft
hatte bisher wenig Interesse bewiesen, diesen Übelständen abzuhelfen. So bildete
sich 1846 ein Verschönerungsverein aus den angesehensten Bewohnern Döblings,
der sich die Behebung solcher Mängel im Ort und in dessen Umgebung vom Jahr
1847 an zur Aufgabe machte. Er sorgte hauptsächlich für bessere Geh- und
Fahrwege, für die Pflanzung von Bäumen (Grinzinger Allee) und für Anlagen mit
Bänken an aussichtsreichen Punkten (Heinrichsbügel, Stephaniehöhe, Hungerberg).
Die vorgefundene Angabe, dass sich diese Tätigkeit auf einen Umkreis von 1300
Meilen erstreckt habe, erscheint wohl übertrieben.
In den Dreißiger- und Vierzigerjahren nahm das Geschäftsleben, in Sonderheit das
Gewerbe, in Döbling einen beachtenswerten Aufschwung; viele Namen der damals
schon eingesessenen Döblinger Geschäftsleute sind mit den folgenden Geschlechtern
verbunden geblieben; die bekanntesten von ihnen mögen hier erwähnt sein.
Baumeister:
Anstreicher:
Bäcker:
Bindermeister:
Fleischhauer:
Glaser:
Hafner:
Hauer:
Huterer:
Kaufleute:
Kräutler:
Kurschmied:
Pflasterer:
Schlosser:
Schneider:
Schmiede:
Schuster:
Selcher:
Tischler:
Weinhändler:
Benedikt und Andreas Schegar (beschäftigten an 6000 Arbeiter
und 4 bis 5 Poliere);
Beer, Silwand;
Friedl (heute Stumpf), Herz, Karg, Kramer; in Unter-Döbling:
Berbalk, Breuning (heute Vogelsinger);
Dienstl, Dobiasch und Zobel;
Fleckseder (heute Sauer), Klomiller, Rothböck, Schuster, Stock,
Wilhelm, Wilhelmi, Wörthmann (heute Sauer);
Arent, Weißhappel;
Strnad, Iskra;
Eder („der alte Eder“), Felbermayer, Fenz, Haselbrunner,
Hinterberger (früher Pschierer), Lackenbauer, Lehner, die alte Liegl
(Tochter des alten Eder), Rockenbauer;
Reichwein;
Bausbäck, Denk, Kreuzig (heute Schüler), Ludl (bei der
Hardtgasse), Sonntag;
Liegler, Wolfram;
der „Viehdoktor“ Fiala (Theresien- heute Gatterburgplatz);
Wolf;
Kruner, Lange;
Gipperich, Handel, Schieferer;
Kuch, Adam, Fiala (auch Kurschmied);
Dallendorfer, Neder;
Ackerl (heute Stepper), Weißhappel, Wunderbaldinger;
Rauch, Schmidt, Trattner;
Abeles, Grossinger, Leibenfrost, Achaz von Lenkay, Reisenleitner,
Römer (heute Paluguay), Schlumberger, Schwarzer, Starnbacher,
Stifft, Weil 106);
Ziegelbrenner:
Kreindl.
Die friedliche Entwicklung wurde durch die stürmischen Vorgänge des
Revolutionsjahrs 1848 unterbrochen. Anfang März fand in Döbling auf der
Türkenschanze eine Verbrüderung zwischen italienischen Studenten und Grenadieren
statt 107): Im Mai zogen Wiener Studenten in die Irrenanstalt, um etwa hier
unschuldig Internierte zu befreien. Die Döblinger, unter denen der Freiheitsgedanke
viele Anhänger gefunden hatte, blieben nicht untätig und bildeten zum Schutz ihres
Eigentums und zur Aufrechthaltung der Ordnung eine Nationalgarde 108). Diese
marschierte denn auch am 8. Oktober auf die Türkenschanze, um den Pulverturm,
der für die ganze Umgebung eine beständige Gefahr darbot, zu besetzen. Der
Kommandant der überaus schwachen militärischen Besatzung erklärte, sich im Falle
eines Angriffes, eher in die Luft zu sprengen, als ihnen den Turm zu übergeben. Am
15. Oktober hatte das Wien beschießende Militär Döbling ebenso wie die anderen
Vororte besetzt und auch von hier seine Batterien gegen die Stadt gerichtet. Infolge
der heftigen Beschießung der Alservorstadt am 28. Oktober vermochten die Wiener
Verteidiger die Barrikade bei der Nußdorferlinie – wo damals auch der Freiheitsheld
Robert Blum im Feuer stand – nicht mehr zu halten. Es heißt, dass Sechspfünder bis
in die Alleegasse geflogen seien
Gleich einem reinigenden Gewitter brachte auch Döbling das Jahr 1848 manche
Segnungen. Die Männer, die nun an die Spitze der Gemeinde traten, waren sich der
errungenen Rechte voll bewusst. „Ein Kranz der Freiheit“, heißt es in dem Protokoll
jener ersten Sitzung, „sollte künftig in ihrem Siegel sein.“ Unter- und Ober-Döbling
nehmen auch von da ab einen neuen gewaltigen Aufschwung, gegen den alles bis
dahin Errungene keinen Vergleich aushält. Die neue Gemeindevertretung sah sich
bald vor große Aufgaben gestellt. Wenn sie sich auch nicht gleich darin zurechtfand,
so ist dies den gänzlich neuen und ungewohnten Verhältnissen zuzuschreiben. Auch
befand sich das Gemeindegebiet noch immer in keinem guten Zustand.
Ende der Vierziger- und Anfang der Fünfzigerjahre sahen die Döblinger des öfteren
einen historisch denkwürdigen Gast, den ehemaligen Tiroler Freiheitskämpfer P.
Joachim Haspinger, der, von Alter und Krankheit gebeugt, unter Geldsorgen litt und
wiederholt bei Pfarrer Peter Obkircher zu Besuch weilte 109). Zur Erinnerung an ihn
hieß die früher über den noch nicht eingewölbten Krottenbach führende Brücke (in
der heutigen Obkirchergasse) „Haspingerbrücke“.
Große Sorge und auch ansehnliche Kosten bereitete, wie schon in früheren Zeiten,
den Döblingern der Bach, der auch die Gemeinde immer wieder zu Ausbesserungen
der Brücken nötigte, die Ober- und Unter-Döbling verbanden. Im Jahr 1852 war es
möglich, in dem Ort, der bis dahin mit Öllampen beleuchtet worden war, teilweise
Gaslicht einzuführen; 1858 findet sich schon in den übrigen Straßen Ober-Döblings
die Gasbeleuchtung, im Jahr 1872 auch in Unter-Döbling. Es war nämlich im Jahr
1856 bereits auf den Gründen der Schmittschen Ziegelöfen 110) von der „Imperial
Continental Gas-Association“, einer englischen Gesellschaft, ein Gaswerk errichtet
worden, das in erster Linie den umliegenden Vorstädten und Orten, darunter auch
Döbling, zugute kam.
Viel bedeutsamere Fortschritte machte Döbling aber in den Sechzigerjahren, seitdem
Franz Leibenfrost – seine Vorgänger waren Lißbauer und Starnbacher –
Bürgermeister von Ober-Döbling war. Mit dem Erscheinen dieses Mannes in der
Ratsstube (1861) begann ein neuer Abschnitt in der Entwicklung des Ortes.
Weinhändler von Beruf und k. k. Hoflieferant, verstand er es mit kundigem
Geschäftsgeist, vor allem die Finanzen der Gemeinde durch strenge Kontrolle zu
regeln. Ebenso erkannte er die Notwendigkeit, das Schulwesen neu einzurichten (vgl.
„Bildungswesen“) und wusste Döbling durch die Pflasterung der Straßen einen
stadtähnlichen Charakter zu verleihen. Außerdem wurde die Kanalisierung sowohl in
der Hauptstraße als auch in den Seitengassen durchgeführt, die alle bis dahin wie die
Landstraßen beiderseits nur Abzugsgräben hatten, über die zu den einzelnen
Häusern Überbrückungen führten. Die Hausbesitzer hatten zur Durchführung dieses
vom gesundheitlichen Standpunkt nicht hoch genug einzuschätzenden Werkes der
Gemeinde einen Beitrag von 10 fl. oder noch mehr für die Kurrentklafter geleistet. In
Wirklichkeit kostete der Gemeinde die Herstellung für jede Kurrentklafter 28 fl. Um
die weiteren Kanalisierungen zu erleichtern, beschloss die Gemeindevertretung,
künftig nur einen Beitrag von 10 fl. von jedem Hausherrn zu verlangen. So wurden
im Laufe der nächsten Jahre die Feldgasse (Gymnasiumstraße), die Alleegasse
(Pyrkergasse) und schließlich 1870 bis 1871 die Hirschengasse (Billrothstraße)
kanalisiert. Hierbei wurde auch eine Erweiterung der Straße vorgenommen und der
„Hirschenberg“ abgegraben. So verschwand auch die „Stiege“, die von der
Hirschengasse nach Unter-Döbling (Silbergasse) hinabgeführt hatte. Auch in diesem
Fall bestritt die Gemeinde die Kosten (14 fl. 50 kr. für die Klafter) aus eigenen
Mitteln; was sie allerdings bei dem hohen Zinsertrag und Wert der Häuser damals
tun konnte. Da aber durch ein solches System auf die Dauer das Gemeindevermögen
zugunsten der Hausbesitzer verbraucht worden wäre, beschloss man 1873, die
erwachsenden Kosten künftighin auf die beiderseitigen Hauseigentümer nach dem
Längenmaß aufzuteilen. Noch im selben Jahr erfolgte die Kanalisierung der
Obkirchergasse, die Mariengasse (Chimanigasse), der Kirchengasse (Vormosergasse)
und einiger Teile der Herrengasse (Hofzeile), 1875 jene der Schlossgasse
(Osterleitengasse) und Promenade (Weilgasse), 1883 auch die des Sonnbergplatzes.
Im Jahr 1886 bewilligte der Wiener Magistrat die Einmündung des Kanals in den
Donaukanal.
In Unter-Döbling, wo zur selben Zeit wie Leibenfrost in Ober-Döbling, zuerst Franz
Hohenauer und dann Karl Formanek Bürgermeister waren, trat man erst unter
letzterem im Jahr 1880 der Kanalisationsfrage näher. Man entwarf zwar einen
Generalplan, begann aber zunächst mit der Arbeit in der Herrengasse
(Nußwaldgasse).
Mit all dem ging auch die Regulierung der Straßen Hand in Hand; die Wassergräben
verschwanden. Außerdem wurde auf Reinhaltung der Straßen gedrungen. Straßen
oder Straßenteile wurden erweitert, so z. B. die Hirschengasse am Hirschenberg und
bei „Wendl“. Ebenso wurde das Niveau gleichmäßiger gestaltet und die Baulinie für
neue Häuser bestimmt (1872). Außer den Straßen wurden auch Gehsteige
gepflastert. Mancher Straßenzug verlor seinen Baumschmuck; so verschwand auch
die vom „Auge Gottes“ bis in den Ort führende schattige Allee, die den Verkehr
behinderte. Dieser war tatsächlich damals schon in Döbling bedeutend. Nicht nur
Wein-, Bier-, Kohlen- und mit Steinen beladene Wagen (aus den Steinbrüchen von
Sievering und Grinzing) hatten hier ihren Weg zu nehmen, sondern auch die
Stellwagen, welche den Verkehr der im Umkreis Döblings gelegenen Ortschaften mit
der Stadt unterhielten. Sonst fuhren schon im Jahr 1847 Gesellschaftswagen, die vor
den Gasthäusern „Zum schwarzen „Adler“ (Wichtl) und „Zum braunen Hirschen“
(Offenhuber), ferner beim Bäcker an der Ecke der Donaugasse (heute Pokornygasse)
ihren Standplatz hatten, bis auf den „Hof“ und auf den „Franziskanerplatz“.
Der schon erwähnte Fiaker-Verein hatte in der Stadt auf der Freiung beim SchottenFreihaus und in Döbling beim Zögernitz seine Standplätze. Der Fahrpreis nach
Döbling betrug 10 Kreuzer an Wochentagen, 12 Kreuzer an Sonntagen. Auch die
Grinzinger, Heiligenstädter und Sieveringer Gesellschaftswagen 111) nahmen in
Döbling Fahrgäste auf. Als dem Fiaker-Verein im Jahr 1865 eine Verkehrslinie über
den Franz-Josefs-Kai zum Praterstern bewilligt wurde, hatte Ober-Döbling auch eine
unmittelbare Verbindung mit dem Prater. Ende der Sechzigerjahre finden wir auch
eine solche mit der Wieden und mit der Inneren Stadt („Tiefer Graben“ und „Am
Hof“), von der damals bereits gegründeten „Wiener Allgemeinen Omnibus-AktienGesellschaft“ besorgt. Nach Hernals, wo sich damals die Bezirkshauptmannschaft,
das Gericht und andere Behörden befanden, denen Döbling unterstellt war, führte
die
Stellwagenlinie
zwischen
Nußdorferlinie
–
Gaudenzdorf.
Alle
diese
Fahrgelegenheiten büßten ihre Bedeutung ein, als im Jahr 1870 die neue Strecke der
„Wiener Tramway-Gesellschaft“ von der Nußdorferlinie bis zum Zögernitz eröffnet
wurde.
Die Jahre 1860 bis 1870 brachten auch das Gewerbe Döblings zu weiterem
Aufschwung, da es sich die Gemeinde sehr angelegen sein ließ, derartige
Bewilligungen zu erteilen. Völlig ablehnend verhielt sie sich jedoch gegen die
Gründung von Geschäften, welche Alkohol vertrieben. Gelegentlich der Abweisung
eines Ansuchens, das ein Branntweinschänker eingebracht hatte, wurde erklärt, dass
Döbling mehr ein Ort für Städter sei (1860). Um das Jahr 1867 war ein derartiger
Überfluss an Bier- und Weinschenken, dass eine Vermehrung dieser nicht erwünscht
schien. Zudem besaß ja die Gemeinde Ober-Döbling (heute Steininger, Ecke
Dollinergasse) wie die Unter-Döblings (heute noch Zinterhof, Ecke Nußwaldgasse)
ein eigenes Gasthaus. Bei der Nußdorferlinie wurden ein Fleischstand und eine
Bäckerhütte (Brot- und Mehlverschleiß) errichtet. Dagegen genügte der Gemeinde
oft der bloße Zweifel, ob der geplante Betrieb auf seine Rechnung kommen werde,
um das Ansuchen abzuweisen, so z. B. das einer „Nähschule“, ein andermal das
einer „koscheren Traiterie“.
Der Hauptgeschäftsverkehr spielte sich früher auf dem Marktplatz (Gatterburggasse)
ab. Die Gemeinde hatte als dessen intabulierte Eigentümerin ursprünglich die
Verpflichtung, die Hälfte des eingehenden Standgeldes zu entrichten. Da der
Marktplatz der Gemeinde lange keine Einnahme brachte, suchte sie im Jahr 1853
diese Freiheit des Marktplatzes abzulösen. Sie hob vom Jahr 1863 von jedem Stand
2 und von jedem Wagen 6 Kreuzer ein. Vielseitige Beschwerden über die Teuerung
und über mangelhaftes Gewicht veranlassten in den Siebzigerjahren den
Gemeindeausschuss, solchen Mängeln durch einen ausgiebigen Wettbewerb der
Geschäftsleute zu begegnen; als taugliche Mittel hiezu erschienen die Aufhebung des
Standgeldes und die freie Befahrung des Marktes. 1876 wurde an Stelle des
bisherigen Fleischbeschauers ein Marktkommissär bestellt. Wenn auch aus den
geplanten Wochenmärkten nichts wurde, so trug man doch den Bedürfnissen der
Bevölkerung durch die Zulassung des Hausierhandels mit Lebensmitteln wie auch
durch eine neue Marktordnung Rechnung. Ebenso wurde in diesem Jahr (1881) der
Viktualienmarkt (ebenfalls in der Gatterburggasse) eröffnet.
Später hoffte man, durch Errichtung eigener Verkaufshütten wie auch durch den Bau
der Donaukanalbrücke einen größeren Marktverkehr zu erreichen. Doch der
Döblinger Markt gedieh trotz aller Bemühungen der Gemeinde nicht. In den
Neunzigerjahren hörte der Markt überhaupt auf zu bestehen.
Jene Zeiten waren aber wahrhaft goldene für das Döblinger Gewerbe zu nennen.
Nicht bloß das kaufkräftige städtische Bürgertum trug dazu bei, sondern auch die
günstige Lage des Ortes, die es den Bewohnern der Umgebung ermöglichte,
namentlich sonntags hier ihre Einkäufe zu besorgen. Doch diese Kundschaft ging der
Döblinger Geschäftswelt mit einem Schlag verloren, als 1885 die Sonntagsruhe
allgemein eingeführt wurde. Dessen ungeachtet behielt Döbling schon als Stapelplatz
für den Weinhandel seine Bedeutung. In Lößwänden der Heiligenstädterstraße
wurden tiefgehende und weitverzweigte Keller, Bergwerken vergleichbar, angelegt.
Der Umsatz des von Döbling ausgeführten Weines bezifferte sich schon in den
Achtzigerjahren auf Millionen. Ähnlichen Aufschwung hatte die Brauindustrie
genommen, in Zusammenhang damit die Rollgerste- und Stärkeerzeugung. Zu
sonstigen größeren Betriebsanlagen gehörten eine Dampfsäge (Österreicher), in
Unter-Döbling die Barawitzkasche Sodawasserfabrik, die Klintzsche Reißzeugfabrik,
die Zacherlsche Insektenpulverfabrik und die Brettersäge Wenzl Hartls an der
Sieveringerstraße. Hand in Hand damit, zumal ja solche Betriebe eine größere Zahl
von Arbeitskräften erforderten, stieg auch in diesen Jahren die Bautätigkeit. So
erhoben sich bald auf dem bis dahin noch völlig unbebauten Gelände zwischen
Krottenbach und Arbesbach, das früher als Hutweide gedient und wohin der „Halder“
vom Theresienplatz aus das Vieh täglich getrieben hatte 112), zahlreiche kleine
Häuser, Ansiedlungen von Gärtnern, aber auch von Wäschern, die hier Gelegenheit
hatten, im Freien ihre Wäsche zu trocknen. Auf diese Weise waren schon in den
Jahren 1867 bis 1873 fünf neue Gassen, so die Neustiftgasse (später
Krottenbachstraße), die Obkirchergasse, die Lerchengasse (heute Leidesdorfgasse),
die Hutweidengasse, die Friedlgasse und der Sonnbergplatz entstanden. Dieser
Ortsteil erhielt im Lauf der Zeit den Namen „In der Krim“ (vgl. „Ortsnamen“).
In der Krim erhebt sich die Wiener Automobilfabrik A.-G. vorm. Gräf und Stift, die
mehr als 1000 Arbeiter beschäftigt. Der Fabriksneubau umfasst eine Arbeitsfläche
von 16.000 m2. Unweit davon ist die Kakaofabrik von Bensdorp. In der Flotowgasse
besteht die Bau- und Portaltischlerei von Franz Schrom und die Fabrik für Turm- und
elektrische Uhren des Ingenieurs E. Schauer.
Auch in anderen Teilen Döblings entstehen um jene Zeit neue Straßenzüge und
Bauten. So die Lißbauer-, die Bieder- und die Gaswerkgasse. Die Kreindlgasse wurde
weiter ausgebaut und 1873 die Hermanngasse (heute Reithlegasse) eröffnet.
In den Siebzigerjahren entwickelte sich Döbling ebenso wie das benachbarte Währing
zu einem vornehmen Wiener Wohnbezirk, wodurch sich auch das Geschäftsleben
weiter hob.
Die Entwicklung des Ortes machte auch erhöhte Sicherheitsmaßnahmen gegen
Brände notwendig. Zwar bestand schon in den Sechzigerjahren eine
Schutzmannschaft unter der Leitung des Rauchfangkehrermeisters Micheroli, die
sich noch einer alten Wandrohrspritze (am Gemeindehaus) und verschiedener
primitiver Löschgeräte bediente. Am 30. März 1870 wurde die neue Feuerwehr von
Dr. Karl Rueber und Schlossermeister Johann Halwachs gegründet, die sich fortan
einer Fahrspritze, einer Karrenspritze und eines Wasserwagens bediente und bei dem
Löschen größerer Brände, wie dem der Apollokerzenfabrik (1876), der Rossauer
Holzlagerplätze (1883), des Stadttheaters (1884) und dem Großfeuer am
Nordbahnhof (1911), mitwirkte. Beim Ringtheaterbrand (am 8. Dezember 1881)
legte die Feuerwehr Ober-Döbling einen Hakenleitergang von der Maria
Theresienstraße zur vierten Galerie und fand so als erste die Toten vor. Sonst
leistete die Mannschaft bei Unwetterkatastrophen, Einstürzen, u. a. Hilfe. Ihr erster
Hauptmann war Schmiedemeister Josef Kuch (seit 1871). Ihm folgten
Wagnermeister Franz Wolf, Gastwirt Andreas Seyfried, Hausbesitzer Josef Schwarz,
Leichenbestatter Rudolf Ketterer. Zurzeit führt das Kommando Architekt Adolf
Micheroli.
Mit der weiteren Ausdehnung des Ortes trat die Landwirtschaft immer mehr zurück;
auch die Weingärten verschwanden daher aus Ober-Döblings Gefilden. Städtische
Bevölkerung und städtische Gewerbe waren vielfach an die Stelle der Hauer
getreten. Trotzdem haben sich einzelne alte Hauerfamilien erhalten, andere haben
sich anderswo angesiedelt. Man liest 1865 von der Bestimmung der Baulinie „auf der
Kuhtrift“, 1871 von dem Beschluss der Gemeinde Unter-Döbling, sämtliche Parzellen
ihrer Hutweide zu verkaufen. Mit dem Schwinden des Bauernstandes lässt es sich
auch erklären, dass 1869 die „Wetterläutgebühren“ aufgehoben wurden. Immerhin
betrugen 1875 die Feldhutgebühren, welche die Grundbesitzer zu tragen hatten,
noch 112 fl. Auch die Jagdpacht verminderte sich, als 1879 den Weingartenbesitzern
aus diesem Erträgnis 15 fl. zur Bestellung des Weinhüters überwiesen wurden.
Unter-Döbling wurde weit weniger von den städtischen Einflüssen berührt; selbst
heute ist der Weinbau in diesem Bezirksteil nicht ganz verschwunden. Das
„Leitgebrecht“ hatte der früheren Herrschaftsbesitzerin Therese Riedl gehört und
ging erst 1858 an die Gemeinde um den Kaufschilling von 1000 fl. über.
Trotz des großen Krachs im Jahr 1873 setzte hernach eine neue Bauperiode ein.
Damals entstand auch das neue Gemeindehaus. Die städtische Bevölkerung wurde
von dem Gedanken ergriffen, sich Familienhäuser mit Gärtchen an der Peripherie der
Stadt zu schaffen, die, gegen einen erhöhten Zins gemietet, nach Ablauf einer
bestimmten Zeit in den Besitz des Mieters übergehen sollten. So bildete sich damals
auch jenseits der Feldgasse (heute Gymnasiumstraße) das erste Wiener Cottage 113),
das der schon im Jahr vorher auf Anregung Ferstels (1872) gegründete
Cottageverein ins Leben gerufen hatte. Der erste Spatenstich des Cottage erfolgte
am 26. März 1873. Anfangs erstreckte sich die Villenanlage nur auf Währinger
Boden; doch schon binnen weniger Jahre griff dieses neue Villenviertel auf das
Döblinger Gebiet über und ergab eine Reihe neuer anmutiger Straßenzüge.
Im Jahr 1874 erfuhren die Bezirksteile von Währing und Döbling einen wichtigen
Gebietsaustausch. So wurde der Währinger Spitz, also der Landstreifen von der
Nußdorferlinie bis hinauf zur linken Seite der Hirschengasse (heute Billrothstraße),
von Döbling losgetrennt und Währing zugesprochen; dagegen erhielt Döbling einen
Grundstreifen, der sich von der Döblinger Hauptstraße gegen die Türkenschanze
erstreckte und auf dem bis 1879 die ersten Döblinger Cottagehäuser standen 114).
Später allerdings wurde das Gebiet wieder mit Döbling vereint.
In Verbindung mit dieser neuen Villenstadt wurde in den Jahren 1885 bis 1889 auf
der Anhöhe zwischen Döbling und Währing, die während der zweiten
Türkenbelagerung Wiens eine bedeutsame Rolle spielte, der „Türkenschanzpark“
angelegt, der in einem Flächenausmaß von 70.000 m2 mit Recht nicht nur wegen
seiner aussichtsreichen Lage, sondern auch wegen seiner reizenden Gartenanlagen
mit den Pariser Buttes Chaumont verglichen werden kann. Die Gemeinde Döbling
spendete damals einen Gründungsbeitrag von 1000 fl., für die nächsten 5 Jahre je
500 fl. Aus dem Stadterweiterungsfonds erfolgte mit kaiserlicher Bewilligung eine
Widmung von 10.000 fl. Auch die Bewohner Döblings beteiligten sich an der zu
diesem Zweck eingeleiteten Sammlung in reichem Maße. Der Türkenschanzpark,
seiner Bodenfläche nach zum 18. Gemeindebezirk gehörig, ist heute auch für die
Bewohner Döblings ein unschätzbarer Erholungsort. Zur besonderen Zierde
gereichen ihm die Leschetitzkybank, das dem Naturheilarzt Prießnitz und das dem
Dichter Adalbert Stifter gewidmete Denkmal, schließlich das Kriegerdenkmal, das der
„Döblinger Männer Turnverein“ 1921 den im Krieg 1914 bis 1918 gefallenen
Turnbrüdern widmete. Es trägt die Inschrift: „Vergiss der treuen Toten nicht und
schmücke auch unsere Urne mit dem Eichenkranz“ (Theodor Körner).
Der von Kaiser Franz Josef gelegentlich der feierlichen Eröffnung des Parks im Jahr
1889 ausgesprochene Wunsch, die Linienwälle, die damals noch die Vororte von
Wien trennten, fallen zu lassen und so alle diese Gemeinden dem großen Stadtgebiet
einzuverleiben, wurde ein Jahr darauf durch das Gesetz vom 19. Dezember
verwirklicht. Damit war selbstverständlich für Döbling auch die Zeit gekommen, wo
es ganz zur Stadt wurde, wie es sein Dichter, Ferdinand v. Saar, eigentlich beklagt,
wenn er singt:
Heute gehörst du zur Stadt und hast dich danach auch verändert;
Kaum zu erkennen mehr bist du dem nahenden Blick.
Wo ist die Reihe der Linden, die einst vom Linienwalle,
Kühlend und duftend zugleich, mich dir entgegengeführt?
Wo zur Rechten das Feld, das ausgedehnte, umplankte,
Drin Cyanen und Mohn wallende Ähren geschmückt? 115)
Ach, verschwunden der Reiz des ländlichen Anblicks! Es ragen
Nüchtern, einförmig und hoch neue Gebäude empor.
Baugrund wurde der Acker und das Geleise der Tramway
Fällte die säuselnde Pracht schattiger Wipfel schon längst.
Die weitere Ausbreitung Döblings und der damit gesteigerte geschäftliche Verkehr
machten die Errichtung eines k. k. Postamtes notwendig, nachdem seit 1865 bereits
ein „Lokaltelegraph“ bestanden hatte. Erst 1885 schuf man eine k. k.
Staatstelegraphenstation, 1889 sogar eine Telephonstelle und Rohrpoststation. Bei
Eröffnung der ersten Wiener Hochquellenleitung im Jahr 1873 war Döbling dieser
Wasserversorgung noch nicht teilhaftig; mit Freuden ging die Gemeindevertretung
auf den Vorschlag des Wiener Gemeinderates im Jahr 1876 ein, an Döbling täglich
ein Quantum von 2400 bis 3600 Eimern abzugeben. Noch im selben Jahr wurde die
Wasserleitung hergestellt und zunächst 14 Auslaufbrunnen errichtet. Die Kosten
beliefen sich auf fl. 30.022,80. Im Jahr 1890 erhielt auch Unter-Döbling das
Hochquellenwasser. Allerdings eine ausreichende Versorgung auf diesem Weg war
erst nach Vollendung der zweiten Hochquellenleitung möglich (S. 114).
Vieles von dem, was vor Jahrzehnten noch an die Vergangenheit Döblings erinnerte,
ist, nachdem dieses ebenso wie die anderen Vororte in das große Wiener Stadtgebiet
einbezogen war, restlos verschwunden. Selbstverständlich erfuhren die unmittelbar
an die alte Stadtgrenze reichenden Teile auch die stärksten Wandlungen. Hohe
dreistöckige Zinskasernen und der kyklopische Ziegelrohbau der Stadtbahn erheben
sich dort wie eine gewaltige Grenzmauer zwischen Stadt und Land, wo einst weite
beblümte Wiesenstreifen nicht nur Kindern zum Tummelplatz, sondern auch Schafen
und anderen Nutztieren als Weide und den Wäscherinnen, die hier hohe Maste
aufgerichtet hatten, zum Trocknen der Wäsche dienten. Und wo wir heute über
geebnete und gepflasterte Straßen des Gürtels schreiten, führten einst nach links
und rechts von der Döblinger Hauptstraße von Akazien mäßig beschattete, holprige
Fahrwege, die bei schlechtem Wetter kaum gangbar waren; da und dort hatten auch
fahrende Künstler ihr Zelt und ihre Bühne aufgeschlagen; Karussells von der
Vorstadtjugend besonders bevorzugt, drehten sich da stundenlang ohne Unterlass
bei der eintönigen Melodie eines Leierkastens. Und man hatte fast den Eindruck, als
hätte hier der allzu weit entfernte Prater für die vergnügungslustigen Vorstädter eine
Zweigniederlassung gegründet. Zwischen diesem ländlichen Eldorado und der Stadt
lag der etwa 12 Schuh hohe alte Linienwall und ein ebenso breiter und 1½ Meter
tiefer Graben, dessen Seitenwände üppiger Kreuzdorn überwucherte (vgl. Allg.
Gesch. II).
Der Durchlass, wichtig, weil hier die Straßen von Klosterneuburg und Nußdorf und
die von Ober- und Unter-Döbling, Heiligenstadt, Grinzing und Sievering
zusammenliefen, war die „Nußdorferlinie“. Ihre Entfernung vom Stadtgraben betrug
2940 Schritt. Der Weg dahin von der Stadt (Schottentor) führte zunächst über das
Glacis zur Vorstadt „Liechtental“, dann über das steinerne „Thurybrückl“, das den
Alserbach übersetzte, und schließlich durch das „Liechtental“ gegen die
Nußdorferlinie ziemlich steil bergan (Viriotgasse). Erst in den Dreißigerjahren des 19.
Jahrhunderts wurde der Wagenverkehr ausnahmslos über die Währinger- und die
Nußdorferstraße geleitet. Aber Fußgänger zogen den alten Weg, der auch
angenehmer und kürzer war, immer noch vor.
Hier bei der „Lina“ 116) standen in älteren Zeiten gewöhnlich sonntags Fuhrleute mit
ihrem Wägelchen bereit, um die aus der Stadt kommenden Ausflügler in die
Umgebung zu befördern.
Wer die höheren Kosten nicht scheute, nahm sich eine Kalesche; wer billiger fahren
wollte, bestieg den einfachen Zeiselwagen, oft auch nur einen Leiterwagen mit
Sitzbrettern, der im Volksmund „Linienschiff“ oder „Zwölfgläserwagen“ hieß. Wagen
mit Polstersitzen und einem Dach aus Leinwand oder Strohgeflecht galten schon als
vornehm. Die Fahrt mit dem Zeiselwagen zählte zu den höchsten Genüssen der
Altwiener. Unsere größten Geister, wie Grillparzer, Bauernfeld, Schubert, Beethoven
unternahmen so manche Fahrt mit diesem Vehikel, das selbst noch in späteren
Tagen anderen bequemeren Fahrgelegenheiten von vielen vorgezogen wurde,.
Nestroy hat uns eine solche köstliche Fahrt geschildert. Auch bei Anton Langer (in
seinen Romanen) und Stifter (vgl. „Literatur“) wird ihrer Erwähnung getan.
Auch die Wagen des Döblinger „Fiaker-Vereins“ hatten hier ihren Standplatz.
Gesellschaftswagen wie besondere Kaleschen waren mit den Buchstaben „NL“
(Nußdorfer Linie) gekennzeichnet. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts finden sich
neben den zweispännigen Fiakern auch „Einspänner“ oder „Komfortabler“. Diese
Fahrgelegenheiten wurden allmählich von den Stellwagen (Omnibussen), die
ebenfalls hier ihren Standort hatten, dann durch die Pferdebahn und die
Dampftramway, endgültig aber erst durch die „Elektrische“ verdrängt.
Noch heute spricht man von der “Nußdorfer Linie“, wenn auch schon längst die
morschen Reste des Linienwalls dem Krampen zum Opfer gefallen, die Gräben
verschüttet sind und stattliche Straßen und Häuser auf den Gründen emporwuchsen.
Wir können uns noch gut erinnern, wie da Tausende von italienischen Arbeitern bei
den Erdaushebungen für die gewaltigen Grundpfeiler und eben so viele Kroaten bei
der Aufmauerung beschäftigt waren und ein ganz neues Stadtbild vor unseren Augen
erstand. Schwerer aber wird es schon, uns jene Bilder vor die Sinne zu zaubern, die
sich einst an der alten Nußdorferlinie darboten.
Als der letzte Zeuge all dieses Lebens und Treibens mag uns, gegenüber dem
Gasthof „Zum Auge Gottes“, das schon in älterer Zeit alle Durstigen, Wanderer,
Fahrgäste und Fuhrleute, zur Einkehr einlud, das heute noch erhaltene alte
Liniengebäude erscheinen.
Wer immer etwas, ob nun als Traglast, als Wagenladung oder später auch mit der
Pferdebahn, in die Stadt bringen sollte, wurde hier von dem Finanzwachorgan, das
der
Volksmund
schlichtweg
„Finanzer“
oder,
wegen
seiner
grünen
Uniformaufschläge, „Spinatwachter“ nannte, mit der Frage angehalten, ob sich nichts
Steuerbares (Mautbares) darunter befinde. Der Verzehrsteuer unterlagen eine Reihe
notwendiger Lebensmittel. Größere Ladungen wurden genau untersucht, Verdächtige
unter polizeilicher Bedeckung zur Hauptmaut geführt. In älterer Zeit (18.
Jahrhundert) wurde das Linientor abends 10 Uhr geschlossen.
Besonders scharf hatte man es auf die nach Wien kommenden Fremden, bei der
Nußdorferlinie natürlich auch auf die Reisenden, die die Donau zu Schiff herabkamen
und in Nußdorf an Land stiegen. Ihnen wurde „an der Linie“ von dem diensthabenden
Polizeiposten der Pass abgenommen und dafür ein Empfangsschein ausgefolgt, der,
in deutscher, französischer und italienischer Sprache ausgefertigt, die Aufforderung
enthielt, sich binnen 24 Stunden bei der „Ober-Polizei-Direktion“ zu melden.
Desgleichen hatten sich alle Reisenden, die zu weiterer Reise Wien verließen, mit
Pässen wie auch alle Ausflügler mit Passierscheinen zu versehen, um unbeanstandet
wieder in die Stadt zurückkehren zu können.
Nicht nur der Freund Altwiener Erinnerungen, auch der Kunstfreund muss heute die
alte Johanneskapelle vermissen, die, 133 Jahre alt, erst im Jahr 1914 verschwand.
Als am 26. Juni 1779 die ganze Umgegend durch die furchtbare Explosion eines
Pulverturmes (davon heute die Pulverturmgasse)117) heimgesucht wurde, fiel auch
das Kapellengebäude durch die gewaltige Erschütterung in Schutt und Trümmer. Nur
das Standbild blieb seltsamerweise erhalten. An dieses Ereignis erinnert übrigens das
Prälatenkreuz auf dem Liechtenwerderplatz (siehe I. Teil, S. 119).
Die Kapelle erstand aufs Neue im Jahr 1781 und hatte durch das noch in aller
Erinnerung fortlebende Ereignis nun eine doppelt höhere Bedeutung. Als ein Werk
des Architekten Leopold Großmann und des Baumeisters Karl Bayer, mit reichem
Innenschmuck, Ölbildern, einem Deckengemälde al fresco und denkwürdigen
Inschriften, war dieses Kirchlein auch ein Kunstdenkmal, das den Schutz der
Nachwelt verdient hätte.
Außerhalb der Nußdorferlinie, dort, wo die Hirschengasse (heute Billrothstraße) von
der Döblinger Hauptstraße abzweigte, stand zwischen zwei schattigen
Kastanienbäumen eine Statue des heiligen Erasmus (vgl. „Literatur“) mit der
Jahreszahl 1705 und einer durch viele Sprachfehler entstellten Inschrift:
„Allmächtiger Gott, der du den heiligen Bischof Erasmus uns durch Auswickelung
seiner Gedärme von den Ketzern zur Marterkrone in den Himmel gerufen hast,
verleihe gnädig, dass er durch seine Fürbitte vor innerlichen Leibesschmerzen uns
erlöse, und dass wir nach diesem Leben auch zu des Himmels ewigen Freuden
vorbereitet werden. Amen. Vater unser und Ave Maria“. Wenige Schritte von dieser
Statue entfernt, führte links ein Fahrweg über die Felder nach der Türkenschanze.
Bevor
noch
die
Einverleibung
der
Vororte
erfolgte,
hatte
sich
die
Gemeindevertretung Döbling die gesundheitlichen Verhältnisse des Ortes besonders
angelegen sein lassen. In Ermangelung eines eigenen Spitals wurden die Kranken
gegen Vergütung der Kosten an das Wiener Allgemeine Krankenhaus abgegeben,
späterhin auch an das Spital in Klosterneuburg oder an das Bezirksspital in Hernals.
Es wurde daher die wiederholte Anregung, in Döbling selbst eine Krankenheilstätte
zu errichten, immer lauter, besonders bei drohenden Seuchen. So schritt man denn
auch im Jahr 1873 an den Bau eines Notspitals in der Obkirchergasse, welches
jedoch auf Wunsch mehrerer Hauseigentümer dieses Ortsteils 1885 in die
Krottenbachgasse verlegt werden musste, sich aber bald als überflüssig erwies, da
im selben Jahr das Rudolfinerhaus, eine allen Erfordernissen der modernen
Krankenpflege entsprechende Heilanstalt an der Straße nach Grinzing, anfänglich nur
in Form von Baracken, errichtet wurde. Der vollständige Bau, der dem großen
Wiener Chirurgen Prof. Dr. Theodor Billroth (vgl. „Wissenschaft“) seine Entstehung
verdankte (zur Hebung des Pflegerinnenstandes), wurde bereits im Jahr 1882 vom
Rudolfinerverein unter dem Schutz des Kronprinzen Rudolf nach den Plänen des
Architekten Hofrat F. v. Gruber in Angriff genommen und bis 1894 endgültig
durchgeführt, später noch (1907) durch Zubauten erweitert. Es enthält neben dem
Krankenhaus auch eine Pflegerinnenschule, ferner ein pathologisches Institut und
Operationsräume. Die Anstalt, mitten in einem schattigen Park gelegen, besteht im
hauptsächlichen aus zwei Pavillons, zwischen denen sich eine Kapelle befindet, die
dem Andenken des Kronprinzen Rudolf geweiht wurde. Während des Krieges fanden
hier auch sehr viele Verwundete Pflege und Heilung 118). Während des Krieges 1914
bis 1918 war das Rudolfinerhaus als Kriegsspital des Österreichischen patriotischen
Hilfsvereins (Vereinsreservespital Nr. 3) in Verwendung. Eine weitere Ausgestaltung
erfuhr das Spital im Jahr 1919, so insbesondere für Operationen. Das Hauptziel blieb
nach wie vor die Heranbildung von Krankenpflegerinnen. Zum Betrieb des Spitals
gehört auch das stark besuchte Ambulatorium für unbemittelte Kranke, das
namentlich für die Bewohner des XIX. Bezirks von großer Bedeutung ist. Im Jahr
1921 betrug die Zahl der Krankenpflegerinnen 80, die Zahl der Schülerinnen 20.
Außer dem Direktor und dem Primararzt waren 5 Hilfsärzte tätig, die Zahl der
Krankenbetten betrug 130, die der im Jahr 1920 verpflegten Kranken 1857, die der
im Ambulatorium behandelten Kranken 3105.
Zu den sanitären Vorkehrungen, die sich die Gemeindevertretung angelegen sein
ließ, gehörten auch die Bestellung eines amtlichen Fleischbeschauers sowie die
periodische Reinigung und Desinfektion von Senkgruben, Aborten, Kanälen und
Bächen. Über das leibliche Wohl der Bevölkerung wachten auch sonst eine eigene
Sanitätspolizei und ein eigenes Gesundheitsamt. Für die Bedürftigen bestand schon
seit den Siebzigerjahren ein Armenarzt. Allen diesen Vorkehrungen mag es
zuzuschreiben sein, dass die Sterblichkeit bereits in den Achtzigerjahren sehr gering
war. Viel trug allerdings außer der freien Lage unseres Bezirkes, inmitten von Gärten
und Weinrieden, auch die Hochquellenleitung dazu bei. Nicht zu unterschätzen ist
daher die Erhaltung unserer Gärten. Der Bevölkerung bieten heute außer dem schon
erwähnten Türkenschanzpark der Wertheimsteinpark (18.000 m2) und auch der
kleinere Saarpark kostbare Erholungsstätten.
Immer dringendere Beschwerden veranlassten seinerzeit die Gemeindevertretungen
von Ober- und Unter-Döbling, sich mit der Frage der Krottenbacheinwölbung
ernstlich zu beschäftigen. Von Ober-Döbling schon 1886 in Aussicht genommen,
wurde der Plan dank einer Unterstützung, welche die Gemeinde Unter-Döbling 1888
erhielt, im folgenden Jahr zur Tat.
Die geebneten Straßenzüge Döblings lassen noch heute die einstigen Unebenheiten
des Bodens deutlich erkennen. Von der früheren Höhe der Billrothstraße
(Hirschengasse) führte die „Stiege“ zur Silbergasse hinab. Um von Ober- nach UnterDöbling zu gelangen, musste man also über diese Stiege und ein Quaderbrücklein
gehen, das über den Bach führte. Die rechtsseitigen Häuser der Billrothstraße und
die gegenüberliegende steinerne Gartenböschung verraten, dass die Straße hier einst
höher lag 119). Der Anfang der Silbergasse ist aufgeschüttet und unterwölbt. So kann
der Tennisplatz an der Ecke selbst nicht als Kinderspielplatz verwendet werden, da
die darunter befindliche Bachwölbung nicht die erforderliche Tragfähigkeit besitzt.
Der Spaziergang längs des dahinrauschenden Baches unter schattigen Laubkronen
bis hinab in die Gegend des Tullnerberges wird uns von alten Döblingern als
wahrhafter Naturgenuss geschildert. So heißt es in einer Beschreibung: „Bald sah
man links oder rechts einen Weingarten, eine Wiese, eine Art Wildnis, durch die eine
hölzerne Treppe zu einer klaren Quelle zwischen zwei steinernen Säulen hinabführte,
bald Obstbäume, bald bloße Steinmassen, durch die sich das Wasser widerwillig
murmelnd zwängte, bald Gärten, an deren oberstem Ende zierliche Gebäude
standen“.
Hier, wo die beiden alten Döblinger Gemeinden heute keine Grenzscheide mehr
trennt, verlocken uns die Rebenhügel im Hintergrund zu einer Wanderung, die uns
zunächst durch die Silbergasse gegen den Hungerberg führt. Hier hat sich in den
letzten Jahrzehnten ein neues Villenviertel mit Gärten entwickelt. Auch Zinshäuser
erheben sich. Dazwischen eingestreut finden sich aber auch noch alte typische
Häuschen, von Weinhauern bewohnt, die ihrem Gewerbe treu geblieben sind, zu
bestimmten Zeiten des Jahres „ausstecken“ und so zum Genuss des „Heurigen“
einladen, der auf eigenem Grund und Boden wächst.
Ganz Unter-Döbling überragt heute die Kirche der unbeschuhten Karmeliter; das
Gotteshaus mit seinen zwei weithin sichtbaren Türmen und dem anschließenden
Klostergebäude, ein Ziegelrohbau, von Richard Jordan 120) 1898 nach rheinischromanischen Motiven aufgeführt, fügt sich malerisch in das grüne Landschaftsbild
ein. Das mächtige Innere (dreischiffig gewölbte Säulenbasilika), in das man durch
eine offene Vorhalle gelangt, enthält an Kunstwerken, außer einem Wandgemälde
Jos. Kastners im Chor, das einzige größere Werk der Beuroner Kunst 121) in Wien,
einen Altar des heiligen Johannes vom Kreuz (den dritten Seitenaltar links). Der
Schöpfer dieses Altarbildes, P. Willibald Verkade, von dem übrigens auch der Entwurf
zu dem über dem Altar befindlichen Fensterbild stammt, vertritt eine gemäßigte
Richtung in der Beuroner Kunstschule. Das Bild stellt die Kreuzabnahme Christi als
Vision des Karmeliter-Heiligen Johannes vom Kreuz dar. Charakteristisch sind die
milden, zarten Farben auf leuchtendem Goldgrund, welche die verklärende Ruhe zum
Ausdruck bringen. Bezeichnend ist, wie für den Beuroner Stil im Allgemeinen, auch
hier die streng parallele Anordnung
menschlichen Gestalt entspricht der
Naturalismus.
des Faltenwurfs. Die Darstellung der
ideal-wahren Auffassung ohne jeden
Der Stifter des Altars und des Bildes ist der Döblinger Großindustrielle Johann
Zacherl.
Die Karmeliterkirche besitzt noch ein anderes Kunstwerk von eigenartiger Bedeutung
in dem von Josef Pfaffenbichler 122) aus Holz geschnitzten monumentalen Kruzifix,
das rechts vom Eingang im Kircheninnern Aufstellung gefunden hat. In der ins
Riesenhafte und Übermenschliche gesteigerten Realistik besitzt dieses Bild des
Gekreuzigten eine überwältigende Wirkung, die allerdings mehr für eine weit größere
Entfernung berechnet erscheint.
In der Nähe der Kirche, im Garten beim Haus Nr. 41 der Silbergasse, befindet sich
eine Statue des heiligen Johannes von Nepomuk und Ecke Silbergasse und
Wallmodengasse eine Mariensäule. Dem frommen Sinn der alten einheimischen
Hauerbevölkerung verdankt auch der kleine holzüberdachte Bildstock mit Altar bei
der Kreuzung von Silbergasse und Hohenauergasse seine Entstehung.
Der Weg zieht sich von da gegen den Hungerberg hinan, zu einem mit Bäumen und
mit Bänken versehenen Aussichtspunkt, wo wir einen entzückenden Blick nicht nur
über das unmittelbar vor uns liegende Döbling, sondern über die westlichen Bezirke
Wiens bis zur Alpenkette genießen, über die der Schneeberg bei klarem Wetter stolz
emporragt. Westwärts führt durch Weinrieden der Hungerbergweg, ostwärts der
Haubenbiglweg zur „Hohen Warte“. Diese in verhältnismäßig später Zeit
entstandenen Häuserreihen gehören doch heute zu dem älteren Döbling. Gleich bei
der Ausmündung der Haubenbiglgasse links steht ein altes Landhaus in echtem
Biedermeierstil, wie sich deren der Adel und der reiche Kaufmannstand in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhundert hier erbauten, die Villa Krug (Nr. 31, die bereits zu
Heiligenstadt gehört, siehe Ortsgeschichte „Heiligenstadt“). Von da führt die
Verlängerung der Hohen Warte stark bergab nach Heiligenstadt. Jünger sind die in
der Richtung Döbling an der Hohen Warte gelegenen Villen Kattus, Rittershausen und
Schauta, Matsch, Kellner, Schenker und, durch die Geweygasse zu erreichen, die
nach englischer Art von Freiherrn Nathaniel von Rothschild angelegten „RothschildGärten“, die mit ihren in Glashäusern gezogenen Obst- und Blumenkulturen eine
Sehenswürdigkeit bilden und alljährlich im Frühling an bestimmten Tagen dem
Publikum gegen Eintrittsgeld (zugunsten der „Freiwilligen Rettungsgesellschaft“)
zugänglich sind.
Auf der Hohen Warte Nr. 38 steht die 1870 bis 1872 nach Plänen H. v. Ferstels
erbaute „Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik“ (vgl. „Wissenschaft“) und
das von W. Stiasny erbaute „Israelitische Blindeninstitut“ (Nr. 32). Im Vorgarten
steht eine Herme des österreichischen Dichters Ludwig August Frankl (vgl.
„Literatur“), der sich um die Gründung dieser Wohlfahrtsanstalt wie auch als
Menschenfreund große Verdienste erworben hat. Stadtwärts schloss sich bis vor
nicht langem der Sportplatz des seit dem Jahr 1884 bestehenden First Vienna
Football-Club an, auf dem u. a. auch im Jahr 1909 ein großes Match zwischen den
englischen „Internationalen“ und dem „kombinierten Vienna-team, also zwischen
Engländern und Österreichern, stattfand. Dieser Sportplatz hat im Jahr 1919 der
großartigen Anlage der Filmgesellschaft „dreamland“ (Traumland) weichen müssen
und wurde weiter gegen Heiligenstadt in die Nähe der Perntergasse verlegt, wo er,
einer der größten Sportplätze des Kontinents, weiterer Ausgestaltung entgegensieht.
Dieses gegen Osten steil abfallende Gebiet (Löss, vgl. „Geol. Teil“) zwischen
Barawitzkagasse und Grinzingerstraße wurde in früheren Jahren zur Ziegelerzeugung
reichlich ausgewertet und brachte die Gefahr von Rutschungen für die auf der Hohen
Warte stehenden Häuser. Nachdem schon gegen den früheren Besitzer der
Ziegelwerke, Franz Kreindl, Vorwürfe erhoben worden waren, weil der Hausbrunnen
des Blindeninstituts versiegte und die Gartenplanke dieser Anstalt sich senkte, und
sogar ein Gutachten des Geologen Prof. Theodor Fuchs in den Sitzungsberichten der
Akademie der Wissenschaften darüber erstattet worden war, wurde gegen den
späteren Eigentümer Eduard Hauser mit der Einstellung des Betriebes vorgegangen.
Hausers Berufung führte zu einem Prozess, der 1909 den behördlichen Verfügungen
Recht gab, weil Hauser tatsächlich die Abgrabungsfläche um 3 m überschritten hatte.
Auf der gegenüberliegenden Seite
der „Hohen Warte“ ist das
alte
Biedermeierkaffeehaus „Zur Hohen Warte“ (vgl. S. 170), mit Garten, wo man früher
einen schönen Blick auf Wien genoss. Ursprünglich von Grandjean als Villa erbaut
und als Kaffeehaus eingerichtet, dann auch eine Zeit von dem englischen Gesandten
bewohnt, wurde das Gebäude im Jahr 1860 neuerdings zum Kaffeehaus umgestaltet
und von Walch geleitet. Dahinter auf dem Plateau war das Kaffee-Restaurant des
Pilzhofer; heute ist es zum Teil eine Weinschank (Collini) mit einer für das Publikum
geöffneten Parkanlage. Bevor die Hohe Warte den tiefsten Punkt erreicht und endet,
steht inmitten eines großen Parks (18.000 m2), den die Gräfin Franziska Andrassy
1903 zu diesem Zweck testierte, das von der Kommune Wien errichtete Waisenhaus
für christliche Mädchen (Nr. 5); die zweistöckige Villa samt Nebengebäuden wurde
vom Architekten Th. v. Hansen erbaut.
Unmittelbar benachbart, Ecke Ruthgasse, ist das ebenfalls auf dem von Gräfin
Franziska Andrassy gestifteten Grund errichtete christliche Knabenwaisenhaus, eine
auf das modernste eingerichtete Anstalt dieser Art. Sie bietet Unterkunft für 200
Knaben 123). Auf diesem Grund hatte vorher der Leinenwäscheerzeuger Kratzer seine
Villa.
Seit 1898 bildet die Strecke der Stadtbahn (Vorortelinie) gewissermaßen die
Grenzscheide zwischen Döbling und Hohe Warte. Der Bahnkörper (zweigleisig) liegt
in einem ungefähr 7 Meter tiefen Einschnitt und wird von der Straße „Hohe Warte“
überbrückt. Auch die Station Unter-Döbling (Seehöhe 174,35 m) liegt an dieser
Grenze. Die Bahn führt von hier schwach ansteigend längs der Ruthgasse, von der
Silbergasse überbrückt, den Saarpark durchschneidend und nach dem Durchlass der
Zehenthofgasse, hierauf der Billrothstraße zur Haltestelle Ober-Döbling (Seehöhe
190,22 m) und von da mit einer stärkeren Kurve gegen Westen zu dem 688 m
langen Türkenschanztunnel 124) nach Gersthof (Seehöhe 217,63 m). Da das zu
durchbohrende Gebirge aus Sand bestand und viel Wasser führte, außerdem aber
stets unter großem Gebirgsdruck gearbeitet wurde, war die Herstellung des Tunnels
nicht nur schwierig, sondern auch mit großen Gefahren für die Arbeiter verbunden.
Zur Erinnerung an den glücklich vollendeten Tunneldurchstich stifteten daher die
damals damit Beschäftigten in der Krim die St. Barbarakapelle, an der
Krottenbachstraße in der Flucht der Friedlgasse gelegen. In der anderen Richtung
von Unter-Döbling gegen Heiligenstadt führt die Bahn zwischen Wertheimsteinpark
und Barawitzkagasse nur in schwacher Senkung anfangs auf einem Damm,
überquert auf einer 8,10 m hohen Brücke, Lichtweite 22,76 m (Blechbogenbau), die
Heiligenstädterstraße und mit einer niederen Brücke den Bahnkörper der Franz-
Josefs-Bahn und schwenkt schließlich hinüber zu dem Heiligenstädter Bahnhof
(Seehöhe 169,13 m). Von der Haltestelle Unter-Döbling, die auf der Talsohle des
überwölbten vereinigten Krotten- und Arbesbaches liegt, steigt die Döblinger
Hauptstraße stadtwärts steil an (Höhenunterschied 14 m); diese Stelle war einst
Tullnerberg genannt. Heute befindet sich hier (Döblinger Hauptstraße Nr. 96) noch
der ehemalige Arthabersche Besitz, der, im Jahr 1876 von dem Bankier Leopold v.
Wertheimstein käuflich erworben und fortan Villa Wertheimstein genannt, zu den
denkwürdigsten Gebäuden Döblings zählt 125). Der ausgedehnte, ungefähr 37.000 m2
umfassende Park, der, von dem Döblingerbach durchflossen, seine Anlage dem
ersten Besitzer Arthaber verdankt, reicht hinab bis zur Heiligenstädterstraße. Villa
und Gartenanlagen wurden von Franziska v. Wertheimstein, die am 19. Juli starb,
der Gemeinde Wien unter der Bedingung vermacht, dass der Park als öffentliche
Gartenanlage und auch die Villa erhalten bleiben und in letztere eine Volksbücherei
eingerichtet werde. Diesem Wunsch ist auch Rechnung getragen und zum Andenken
an die edle Stifterin im Park ein Denkstein errichtet worden. Die Volksbücherei wird
von den städtischen Sammlungen der Gemeinde Wien verwaltet. Auch die
künstlerisch ausgestatteten Wohnräume sind zum Teil erhalten und ebenso wie die
daselbst eingerichteten Gedenkzimmer für Saar und Bauernfeld allgemein zugänglich
(vgl. „Literatur“). Mit dieser Villa war lange Zeit durch den gemeinsamen Garten das
benachbarte Haus (Nr. 94) verbunden, das zuerst einem Kaufmann, namens Gloger
(Mölkerbastei), gehörte und später in den Besitz der mit Wertheimstein
verschwägerten Familie Gomperz überging. Es ist auch das Sterbehaus Eduard von
Bauernfelds und trägt eine diesbezügliche Tafel.
Erst an dieses stößt der „Biederhof“ (Nr. 92), der sein jetziges Aussehen einer
jüngeren Zeit verdankt, wenngleich die Grundmauern des alten bloß ebenerdigen
Gebäudes, das an dieser Stelle seit dem Jahr 1802 grundbücherlich verzeichnet ist
(vgl. S. 110), noch vorhanden sind. Eine gedruckte Quelle erwähnt sogar eine
grundbücherliche Eintragung der Nr. 4 in der Hofzeile im Jahr 1721. Ebenso werden
seit 1791 in dem Grundbuch als Hauseigentümer der Essigsieder und Weinhauer
Franz Nusser und dessen Gattin Maria Anna bezeichnet 126). Dieses alte Haus hatte
keine so lange Gassenfront wie das heutige; es war ebenerdig und auch die Straße
lag viel höher, weshalb die Fenster auch viel niedriger waren. An der Stelle, wo sich
heute das Haustor befindet, war wohl auch die Einfahrt, aber es lief von da ein
Anger, ein Wiesenstreifen, der die alte Hofzeile (jetzt Döblinger Hauptstraße) mit der
Nußdorferstraße (jetzigen Heiligenstädterstraße) verband. Der von den Gebäuden
(Wohnhaus und Schuppen) umschlossene Hof bestand also schon damals. Im Jahr
1848 waren bereits die Einfahrt und auch die rechte Seite des Hofes so verbaut wie
heute.
Neben dem alten Gasthaus „Zum schwarzen Adler“, der einem Neubau Platz machen
musste, aber dem Namen nach weiter bestehen blieb, befindet sich heute die
Gebhardtgasse, deren Zinshäuser zum Teil villenartigen Stil und auch schöne Gärten
besitzen. Auf der anderen Seite der Döblinger Hauptstraße (Ecke der jetzigen
Hofzeile) steht noch die alte Johannes Nepomuk-Kapelle 127), jetzt zum Provinzhaus
der Schwestern vom Armen Kinde Jesu gehörend (vgl. „Bildungswesen“). Sie wurde
von diesen 1857 ebenso wie das anstoßende Haus (ehemals Körners Wohnhaus)
erworben und diente von 1861 bis zur Eröffnung der neuen Klosterkirche im Jahr
1888 als Hauskapelle den Schwestern. Durch eine Zwischendecke wurde die Kapelle
in zwei übereinanderliegende Räume geteilt; der obere diente der Marianischen
Kongregation als Hauskapelle, der untere als Speisezimmer, jetzt als Jugendheim.
Das Äußere der Kapelle, weißlich gelb gefärbelt, zeigt an der Vorderseite vier attische
Pilaster, von denen die mittleren einen Risalit mit der rechteckigen Tür umfassen;
der
geschwungene
Rundbogen
und
das
segmentbogige
Fenster
mit
Rundbogennischen und Muschelkrönung in den Seitenteilen zeigen eine ziemlich
reiche Gliederung. Die Deckplatten der Pilaster tragen eine Attika. Über dem
Mittelrisalit erhebt sich der Turm, der in seiner Gestaltung zur Hauptfront stimmt.
Außer der Vorderseite ist noch die Südseite frei. Das Innere ist heute vollständig neu
hergestellt und, wie schon erwähnt, durch eine Zwischendecke in zwei Teile
geschieden. Die Deckengliederung mit reichem Gittermuster (Stuckverzierung), zum
Teil aus dem 18. Jahrhundert, im oberen Teil ist noch erhalten. Über einer
ringsumlaufenden Karniese ruhen vier Rundbogen, darüber eine flache Kuppel.
Daneben in der Hofzeile befindet sich die Kirche des Klosters vom armen Kinde Jesu,
geschmückt mit prächtigen Wandgemälden des bekannten Tiroler Historienmalers
Josef Kastner 128). An dem Neubau des Klosters fand auch die Körnerbüste zur
Erinnerung an den Döblinger Aufenthalt des Freiheitssängers Aufstellung (vgl.
„Literatur“).
Der Weg, der uns durch Ober- und Unter-Döbling und damit zugleich durch die fast
tausendjährige Geschichte des Ortes geführt hat, endigt ungefähr an derselben
Stelle, wo sich die ersten Ansiedler einst niederließen.
Vor Abschluss dieser geschichtlichen Darstellung sei noch einiger Tatsachen gedacht,
die verdienen, vor der Vergessenheit bewahrt zu werden. Zunächst des alten Siegels
unserer ehemaligen Dorfgemeinden. Ober-Döbling führte in dem seinigen einen
Heiligen, mutmaßlich den Apostel Philipp, in ganzer Figur mit langem Gewand, die
Arme zur Brust gebogen, in der rechten Hand einen langen Kreuzstab mit
Doppelkreuz und in der linken ein Buch, zu seinen Füßen rechts und links je einen
Zweig mit einer Rose, zu Häupten beiderseits Gewölk. Die Umschrift lautete: SIGIL D
GMAIN: OBER DOEBLING. 1694. Im neueren Siegel Ober-Döblings sehen wir einen
stilisierten, rechts und links geschweiften, oben in zwei Bögen, nach unten in eine
Spitze auslaufenden, waagrecht schraffierten Schild; in diesem eine Weintraube, an
einem Blätterstiel hängend; die Umschrift: GEMEINDE OBER-DÖBLING.
Unter-Döbling führte in seinem älteren Siegel ebenfalls einen Heiligen,
wahrscheinlich gleichfalls den Apostel Philipp in langem Kleid, in der rechten Hand
einen langen Kreuzstab, unter dem linken, gegen die Brust gebogenen Arm, einen
nicht zu bestimmenden rundlichen Gegenstand. Die Umschrift lautet: S. DER GMAIN:
VNDER:THÖBLING.1688. – Im Wappen führte Ober-Döbling eine goldene Weintraube
im blauen Schild, Unter-Döbling dagegen den heiligen Jakob. Nach Weschel (60)
findet sich der heilige Jakob in den Wappen beider Gemeinden129).
Dauernd verknüpft mit der Geschichte Ober- und Unter-Döblings bleiben die Namen
derer, die im Laufe der Zeiten an der Spitze der Gemeinden standen.
Die Bürgermeister Ober-Döblings waren:
Karl Lißbauer, 1850 bis 1861.
Wilhelm Starnbacher, 29. Jänner bis 11. April 1861.
Franz Leibenfrost, 1861 bis 1874.
Heinrich Zobel, 1874 bis 1876.
Dr. Heinrich Wagner, 1876 bis 1870.
Franz Kreindl, 1879 bis 1891.
Die Bürgermeister Unter-Döblings:
Karl Hohenauer, 1850 bis 1867.
Karl Formanek, 1867 bis 1885.
Johann Schreiber, 1886 bis 1891.
Seit der Vereinigung mit Wien (1891) sind die Obliegenheiten einem
Bezirksvorsteher übertragen; als solche finden wir zuerst Peter Langweber, dann den
um die Entwicklung hochverdienten Wenzel Kuhn bis zum Jahr 1918, von da ab Josef
Seleskowitsch.
Das Ehrenbürgerrecht Döblings wurde nachbenannten Persönlichkeiten, die sich
sowohl auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge (Armenpflege) als auch um das
Schulwesen und dessen Förderung in hervorragendem Maße verdient gemacht
hatten, verliehen:
Dr. Johann Nadeniczek, Schulaufseher, Vorstand des Männergesangvereins und
Gemeinderat (1870).
Ferdinand Friedl, Bäckermeister und Hauseigentümer, Einquartierungskommissär in
den Kriegsjahren 1859 und 1866. Nach ihm ist auch die Friedlgasse benannt.
Franz Leibenfrost, Weinhändler, auch Bürgermeister, Organisation des Schulwesens,
gab die erste Anregung zur Kanalisierung und Pflasterung der Straßen sowie zur
Neunummerierung der Häuser u. a. (1874).
Heinrich Zobel, Bürgermeister (Holzverteilung, Armenausspeisung, Errichtung von
Spitälern in den Kriegszeiten 1859 und 1866, Grunderwerb auf der Türkenschanze,
Wasserleitung und Schulbau, 1875).
Franz Kreindl, Gemeindeausschuss und Bürgermeister (Neubau einer MädchenBürgerschule, Gründung des Gymnasiums, Verbesserung der Verkehrswege, 1882).
Dr. Andreas Witlacil, Sanitätsrat und Bezirksarzt in Hernals (Gesundheitsverhältnisse
in Döbling, 1885).
Guido Freih. v. Sieber, Statthaltersekretär (Förderung der Interessen Döblings,
1885).
Konstantin Habicher, Statthaltebeirat und Bezirkshauptmann in Hernals (1885).
Jakob Kuffner, Guts- und Fabriksbesitzer, 26 Jahre Gemeinderat (schulfreundliches
Wirken, Kommunalgymnasium, 1887).
Karl Lißbauer, Oberbeamter der Unionbank und Hausbesitzer, Gemeindevertreter
(1888).
Prof. Dr. Max Leidesdorf, Obersanitätsrat, Gemeinderat (1888).
Dr. Wilhelm Franz Exner, Hofrat und Professor an der Hochschule für Bodenkultur
(1888).
Leopold
Floder,
Magister
der
Pharmazie
und
Apotheker,
25
Jahre
Gemeindeausschuss, seit 1879 Gemeinderat (Straßen- und Verkehrswesen, 1889).
Georg Püringer, kaiserl. Rat, Oberingenieur der österreichischen StaatseisenbahnGesellschaft, beeideter Schätzmeister, behördlich autorisierter Zivilingenieur,
Sachverständiger für Eisenbahnwesen, seit 1879 Gemeindeausschussmitglied, seit
1885 Gemeinderat, Obmann der Bausektion (Hebung des Schulwesens, Mitglied des
Bezirksstraßenausschusses, 1890).
Dr. Theodor Reisch, Advokat, Bürgermeister-Stellvertreter in der 7. Wahlperiode der
Gemeindevertretung (Hebung des Schulwesens, Obmann der Rechtssektion, 1890).
Die edlen Überlieferungen der Väter haben sich hier allen Zeitstürmen zum Trotz voll
und ganz erhalten. Viel trugen allerdings dazu seine reichen Denkwürdigkeiten bei.
Auch das gesellschaftliche Leben Döblings hat trotz der Einverleibung in das
Großstadtgebiet und der mannigfachsten Einflüsse bis in die Gegenwart jenen
gutbürgerlichen Zug bewahrt, der
namentlich
in
der Geselligkeit,
in
Stammtischrunden und Vereinen am deutlichsten zur Geltung kommt. Der
„Männergesangsverein“, der sich in jüngster Zeit mit anderen Sängergilden des
Bezirks 130)) zum „Döblinger Sängerbund“ vereinigte, widmet sich unter der Leitung
seines Chormeisters Robert Pensch der Pflege des deutschen Liedes, der
„Männerturnverein“ sowie der „Arbeiterturnverein“ der Stählung deutscher Kraft,
andere Vereinigungen, wie die Schulvereinsortsgruppe „Theodor Körner“ und die
„Südmark“-Ortsgruppe lassen es sich angelegen sein, dass deutscher Sinn gepflegt
und in die Herzen unserer Jugend gepflanzt wird.
Außerdem betrachten zahlreiche Vereinigungen die öffentliche Fürsorge (vgl. den
besonderen Abschnitt), namentliche seit dem Krieg, als ihr Ziel. Nicht minder
zahlreich und beachtenswert sind jene Vereine, die sich dem Bildungswesen widmen,
von dem in einem besonderen Abschnitt noch die Rede sein wird.
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Ursicinus war Vorsteher einer Militärziegelei im 4. Jahrhundert (vgl. Kämmel, 56).
J. G. Seidl, Fundchronik im Archiv f. Kunde österr. Gesch. Quellen XV, S. 244.
Vgl. Kenner, Römisches aus Ober-Döbling in Mitt. d. Zentr. Com. XVII, 1872, c.
In manchen Urkunden wird Unter-Döbling auch „Chrottendorf“ benannt. Ob irrtümlich
oder mit Recht, ist noch nicht klar gestellt
Zum ersten Mal in einer Urkunde (der ältesten) des Stiftes Klosterneuburg erscheint
1114 einer aus dem Geschlecht der Herren von Topilicha (F. 2, IV).
Beachte die allmähliche lautliche Verwandlung des Ortsnamens von „Topolic“ bis
„Döbling“.
Vgl. S. 55 f.
Die diesbezügliche Urkunde vom Jahr 1309 lautet: „Ludwig von Tobelich zu den Zeiten
vorstmaister in Österreich und Geisel, seiner Hausfrau, verkauften an die Nonnen zu
Tulln Weingärten, die da hinden daran ligen, der zwei drittail sint, von einem
paumgarten, der da an den pach stoezzet, der da zwischen den Derfern rinnt, und von
den anderhalben zeuch weinwachsses, die da ligent in der mittern hohen warte“.
Atzenbrugg, ein Ort an der Strecke Tulln – St. Pölten.
Vgl. Unter-Döbling, S. 130.
Mhd. hold soviel wie Dienstmann, Lehensmann (treu ergeben, davon heute noch das
Eigenschaftswort hold, d. h. freundlich zugeneigt.
Richwin, alter deutscher Name.
Nach Gebhard v. D. ist die Gebhartgasse benannt, s. d.
Enenkel Collect. T. II, Fol. 44 bei Wisgrill II, 267.
Im nördlichen Niederösterreich.
Es war dort, wo heute der Trakt des Rudolfinerhauses gegen die Rudolfinergasse
steht.
Winter, „Niederösterr. Weistümer“, I, 884 bis 895.
Zins, Erträgnis.
Vgl. „Riednamen“.
Heute noch erhaltener Straßenname: An der Hülben, zwischen Seilerstätte und
Liebenberggasse im I. Bezirk: mhd. hülbe od. hülve, Pfütze, Sumpflache.
Kerschbaumer, Tulln (1) 262; (2) 282, Original im Archiv d. Minist. D. Innern,
beziehungsweise der Statthalterei: „Pridie Cal. Sept. 1280 … ius montanum in Toblico
cum majori vinea, que peunde in vulgarii dicitur, sita in monte Sevberch“ (Abschrift,
13. Jhdt. Staatsarchiv; Kerschbaumer (1), 2. Teil, Regesten z. Gesch. d. Stadt Tulln,
321, XIV.).
Eine ausreichende Geschichte des Tullnerhofes gibt Reischl in seinem Buch „Wiener
Prälatenhöfe“, 1919 (S. 189).
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Ein Haus und eine Hofstatt „diente (- warf ab) durchschnittlich 12? und „in das mal“
(Steuer an die Obrigkeit) stets nicht mehr als 2 ? . Damit dürften die Esspfennige (pro
prandiis) als Ablöse für das bei den Taidingen zu reichende Mahl sein, Vgl. Allg. Gesch.
S. 62. Mit einer Hofstatt erwarb man nicht nur das Wein- und Bergrecht, sondern auch
den Grunddienst und das Vogtrecht. Die Kaufpreise für Häuser waren sehr
verschieden.
Sterzen, ein heute nicht mehr angewendetes Wort für „aufschlichten“.
Kerschbaumer (1), 268.
Österr. Kunsttopographie II, 366.
Kirchl. Topographie I, 216.
Pfarrprotokoll, bei Weschel, 63.
Die erste Nachricht über die Kirche lautet: „am 5. Dez. 1413 schafft Hans von Eulern
zu sand Paul kirchen ze Töbling ain meßgewant und fünf phund phening, ain tavel, ain
silbreins kreuzel mit heiltumb, ain joltschein korrok, ain puch da stend geschrieben im
ewangeli und epistel, das Andrein die weinschenkin innhat, dass es alles bei derselben
Kirchen bleib“ (Ib. des Allerh. Kaiserhauses, XVI., Reg. 13288).
Vgl. Starzer, Gesch. d. St. Klosterneuburg. St. Martin ist eine von den 12 Pfarren, die
Karl der Große gegründet haben soll.
In Österr. Kunsttopographie 366 wie auch in anderen Werken wird dies ohne
Begründung in Abrede gestellt.
Kirchl. Topographie. I, 217; Weschel, 65.
Gaheis, 109; Kirchl, Topographie. I, 217.
A. D. incarnati (1504) Dominica post conversionem sancti Pauli…
Nach dem Stifter Pilgrim v. Tobelich.
Näheres hierüber im 2. allgem. Teil der Geschichte.
Dämme.
Schwellbäume zum Hemmen des Wassers.
Winter, N.-Ö. Weistümer, I, 903.
Kerschbaumer, 267.
Die schrecklichen Erfahrungen zur Zeit der Türkenbelagerung hatten auch im Jahr
1560 eine allgemeine Verlautbarung zur Folge: „Wan allhie, das gott gnedig und lang
verhüeten wölle, ein prunst oder feuersgfahr sollte außkommen, so soll der richter
seine nächsten nachbarn zu hülf nehmen und allsobald die thruen in dem closterhoff
mit den gruntpüechern in den keller und in die außgeworfne grueb einlegen, mit der
ert so allda alsobalt zueziehen, ebnermassen die ander thruen und das bett in
dasselbige loch in den keller bringen und den hoff bestens so immer müglich in acht
nemben und vor schaden zu halten“.
In einem Bericht der allgemein angeordneten Pfarrvisitationskommission vom Jahr
1544 heißt es, „dass Kirche und Pfarrhaus sehr baufällig seien; dass schon durch 29
Jahren sich allhier kein Priester befinde und die Kirchen-Zöchleute selbst so entkräftet
seyen, dass sie der Kirche gar nicht zu Hilfe kommen könnten. Wenn also das Licht
des wahren Glaubens hier nicht erlöschen sollte, so müsste von dem Domkapital in
Wien als Patron der Kirche wenigstens Einmal in der Woche ein Priester
herausgeschickt werden“. Nur soll es hier richtiger 19 Jahre und statt Priester „Pfarrer“
heißen. All diese Fragen beschäftigten die kirchlichen (katholischen) Kreise, Klerus und
Bevölkerung, umso eindringlicher, als damals sich schon die Einflüsse der Reformation
auch in Österreich geltend machten. Auch führten die Nonnen Klage über den
damaligen Zeitgeist; der Konvent der Dominikanermönche, der von Anbeginn neben
den Nonnen gelebt hatte, löste sich auf. Die Mönche legten den Habit ab und ließen
die Nonnen allein, denen die lutherisch gesinnten Bürger Tullns feindlich gesinnt waren
(1530): „Es seyend allwegen die purger hie wider unß; das müssen wir jun vill weg
entgelten; so Nämen unß allwegen lieber, dann so unß geben“. Eigentlich hätte das
Nonnenkloster für die Pfarre in erster Linie sorgen sollen.
Wiedemann, Geschichte der Reformation und Gegenreformation im Lande u. d. Enns,
II, 323.
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Kirchl. Topogr. I, 218 f.; Gaheis, 68 f. Wohl irrtümlich wird dieser Streich in der Kirchl.
Topogr. In das Jahr 1608 verlegt.
Kirchl. Topogr. I, 219; Weschel, 69 f. Die Nachrichten hierüber sind übrigens sehr
dürftig und widersprechend. Nach Schmidl I, 40, soll der letzte Pastor in Währing
gestorben sein, wo man noch 1835 das Haus zeigte, nach Gaheis, 110, Anfang des 17.
Jahrhunderts, in der Nähe der Kirche gewohnt haben und hier verschieden sein.
1645 hieß es im Testament einer Unter- Döblingerin „St. Paulus Pfarkürchen auf ober
Döbling“ (Picigas, 96). Die folgenden Pfarrherren nannten sich von nun ab „Pfarrer in
Währing und Ober-Döbling“ (Reg. 17, 27 und 31). Nach und nach verschwand die
Erinnerung daran, dass Döbling einst eine selbständige Pfarre gewesen, immer mehr;
die Währinger Pfarrherren betrachteten Döbling als eine Filiale, sogar der zweite
Peitlbergersche Benefiziat von Döbling, Josef Staud, nannte Döbling, als er Pfarrer von
Währing geworden war, 1774, ebenso wie Gersthof und Neustift eine Tochterkirche
von Währing (Picigas 96 und Reg. 40).
Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die Berechtigung für diese Bezeichnung zu
entkräften. So Schimmer G. A. (Austria, Österr. Universitäts-Kalender für das Jahr
1856, Wien XVII, Jg. 309/10), da schon Merians Topographie (Karte, Frankfurt a. Main
1649), also vor der zweiten Türkenbelagerung, auf dem Blatt „Schloss Hernals“ die
Anhöhe bei Weinhaus so bezeichnet zeigt, doch ist nicht anzunehmen, dass die
Benennung noch auf die erste Belagerung 1529 zurückgehe und man damals schon
ein Depot für Munition und Mundvorräte dort errichtet und so dem Ort den Namen
gegeben hätte, der übrigens erst nach 1683, aber auf den Plänen von 1529 noch nicht
zu finden ist.
Gaheis, III.
Jetziges Engelpalais.
Hulesch, 47.
Wo heute noch das Sterbehaus Bauernfelds steht. Der Tullnerhof stand dort, wo sich
heute die Wertheimstein-Villa befindet.
Vgl. die Karte von Vasquez.
Kuchelbecker, 820.
Schwerdfeger, Eine Beschreibung Wiens aus der Zeit Karls VI., im Jahresbericht des
Akademischen Gymnasiums in Wien, 1906.
Darunter das Haus eines Grafen Wallner und Zeillinger.
Gaheis, 20.
Hervorragender Architekt seiner Zeit, von dem nicht nur der damalige Neubau der
Hofbibliothek und die Vollendung Schönbrunns, sondern auch das Hetzendorfer
Schloss stammt.
Daun erhielt auch als erster für seinen Sieg bei Kolin den Maria-Theresienorden.
Top. II, 310 a.
Ferner wurde 1776 und 1799 noch je ein Haus gebaut (Weschel, 29).
1795 wurde noch 1 Haus gebaut, damals das erste links am Eingang des Dorfes
(Weschel, 29).
1767 bis 1770: 8; 1769: 1; 1793: 1, das Hofstatthaus (Weschel, 29).
Das Wirtshaus trug damals die Nr. 150, später erhielt es die Konskriptsnummer 123.
Als erster Besitzer wird er auch „von Unbescheider“ genannt.
Vgl. Karte.
Kunsttopogr. 2. Bd.
Picigas 153; Reg. 13.
Ohne diese (Predigt) durfte damals keine Messe an Sonn- und Feiertagen gelesen
werden.
Picigas 163, Sein Nachfolger.
Kirchl. Topographie I, 220; Weschel, 74.
Im Wortlaut bei Picigas, 100; vgl. Gaheis 112, Kirchl. Topographie I, 220; Weschel 74;
(Stiftsbrief in Reg. 35).
Wie im Stiftsbrief vom 23. Februar 1769 bei Picigas, 101; Reg. 35. 1768 stellten
Richter und Gemeinde von Ober-Döbling einen Revers aus, dass der Pfarre Währing
73)
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77)
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80)
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91)
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96)
97)
hierdurch kein Eintrag geschehen und sie von ihren Gerechtsamen nichts verlieren
solle.
Auch 1828 zählt diese Gasse nur 34 Häuser.
Z. B. Seidl, Wiens Umgebungen.
A. a. O. (100).
Gaheis, 139.
Die Mühle gehörte zu Ober-Döbling (vgl. Karte).
Hier stand an der Einmündung der Zehenthofgasse in die ehemalige Grinzingerstraße
(heute Billrothstraße) der Zehenthof des Stiftes Klosterneuburg.
Wiedmann, 7.
Toop. II, 310.
Der heutigen Krottenbachstraße gegenüber.
Der Kauf wurde von dem k. k. wirkl. Hofrat und Oberdirektor der k. k. Familiengüter
Anton v. Kernhofer, abgeschlossen. Vgl. auch später, S. 171.
Zwischen Osterleiten- und Radelmayergasse gelegen, wo sich heute die
Weingroßhandlung Leibenfrost befindet.
Vor ihm gehörte das Landhaus dem pensionierten Rittmeister von Cordon, nachher
Decret; Cordon verdankte der Garten seine Anlage, Pasqualati seine Verschönerung.
Heute steht das Barawitzkahaus an der Stelle. Bei Gaheis Nr. 122; diese Nummer
befindet sich aber (vgl. Vasquez) in der Hirschengasse; die Bezeichnung bei Gaheis
wird daher wohl ein Druckfehler sein und Nr. 112 der Grinzingerstraße (Herrengasse)
gelten. Auf der anderen Seite der Gasse waren die Häuser Nr. 176 (Josef Goldstein)
und Nr. 180 (Joh. Hauptmannsberger) die bemerkenswertesten.
Er verwendete auch große Summen zu Versuchen, um das Wiener Porzellan dem
sächsischen gleichwertig zu machen (Gaheis, 124).
Schmidl I, 18.
Weschel, 29.
1828 das Haus Nr. 50 des Johann Böh, (Weschel, 29).
An eine solche Gegend erinnert heute noch die Hutweidengasse.
Später, in den Fünfzigerjahren, war hier ein gewisser Engel Wirt; ihm folgten
Ockamüller, dann Pepi Weinzinger, schließlich die Restaurateure Kohler und Diglas.
Unrichtig ist die da und dort zu findende Angabe, dass es eine Warmquelle gewesen
sei.
Näheres hierüber bei Picigas, 191 f.
Er musste die alte Kirche unentgeltlich demolieren und durfte das alte noch
brauchbare Baumaterial wieder verwenden; doch bestand dieses nur aus einigen
Quadersteinen; sonst war nichts zu gebrauchen (Hulesch, 60 f.).
Der Grundstein, eine aus Margarethener Sandstein ausgehauene Truhe, ruht unter
dem ersten Hauptpfeiler an der Evangeliumseite, wo auch das eiserne Speisgitter
befestigt ist. Die Urkunde, auf Pergament geschrieben und von allen Honoratioren
unterzeichnet, die am Bau mitgewirkt haben, liegt, in Wachstaffet gehüllt, in einem
bleiernen, mit Deckel versehenen Kästchen samt mehreren goldenen und silbernen
Münzen mit der Prägung des Jahres 1829 (Hulesch, 61).
Zur Bestreitung der Kosten trugen bei:
Der Religionsfonds
13.162 fl.
Die Gemeinde Ober-Döbling
5.206 fl.
Die Gemeinde Unter-Döbling als Hand- und Zugsarbeitsreluition
900 fl.
Die Herrschaft Ober-Döbling (freiwillig)
500 fl.
Die Kirche musste dazu ihre Kapitalien von 1962 fl. in öffentlichen Obligationen an die
Regierung abführen. Eine Sammlung für die Inneneinrichtung ergab 4080 fl. (Hulesch,
62). Weschel gab bei dieser Gelegenheit sein Büchlein über Döbling heraus und
widmete dessen Reinertrag ebenfalls zur Anschaffung von Einrichtungsgegenständen
der neuen Pfarrkirche.
Von den Wienern auch „Zeiselwagen“ genannt, nach dem Wirt Wenzel Zeisel „Zur
Weintraube“ in Penzing, der sie ins Leben gerufen hat.
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Der Ausdruck „Fiaker“ kommt aus dem Französischen: Das Bildnis des heiligen
„Fiacres“ (lat. „Fiacrius“) in dem Schild des Hauses der Rue St. Martin in Paris, wo um
die Mitte des 17. Jahrhunderts ein gewisser Nicolas Sauvage die ersten Mietkutschen
hielt.
Vgl. Biograph. Skizze anläßlich des Denkmals auf dem Arthaberplatz im X. Bezirk von
* * * (Erweiterter Sonderabdruck aus der „Österr. Rundschau“, VIII) Wien 1906
(Privatdruck).
Vgl. Realis II, 104 f.
Dieses italienische Wort, das so viel wie Gesellschaftshaus, Häuschen, ja selbst Heim
bedeutet, war schon im 18. Jahrhundert bei uns eingedrungen, erhielt aber erst im
vormärzlichen Wien seinen besonderen Klang, als die Sitte des Stammtisches aufkam,
an dem sich des Tages Mühen die Bürger im Gast- und Kaffeehaus zusammenfanden,
Karten spielten und politisierten.
Die Überlieferung erzählt, dass hier Kaiserin Maria Theresia des öfteren, begleitet von
ihren Kavalieren, in das Jagdgebiet des Kahlengebirges in ihrer Kalesche gefahren
oder auch geritten sei und dass sich deshalb der Name „Maria-Theresien-Allee“ für die
Reste dieser Allee im Zögernitzgarten erhalten habe.
Auch von Kaiserin Maria Ludovic wird erzählt, dass sie die Kastanienallee habe anlegen
lassen: Möglicherweise liegt eine Verwechslung der beiden Kaiserinnen vor.
Es waren dies: Großhändler Jakob Theodor Gemeiner, Weinhändler Gustav Brezina,
die Firma Kraft und Sohn (1864), Karl und Klara Weil. Außer dieser Parzelle und der
von Zögernitz erworbenen, war noch eine dritte, die zuerst im Besitz von Theresia
Kriegler, dann Vinzenz von Strohlendorf und Sofia Widtmann, später Benedikt Schegar
gehört, der darauf ein Haus mit Garten errichtete, das er dem Döblinger Arzt Dr.
Siegm. Pollak verkaufte. Eine vierte Parzelle umschließt das dem vorgenannten
benachbarte Haus des Freiherrn v. Euler. Die erwähnte Kastanienallee lag zum Teil auf
dem Weilschen, zum Teil auf dem Zögernitzschen Grund.
Als im Jahr 1855 Zögernitz starb, führte seine Witwe das Unternehmen einige Zeit
weiter, später verpachtete sie es an Michael Newald, der den heute noch bestehenden
Glassalon errichten ließ. Nach dem Tod der Besitzerin wurde die Brauerei Ottakring
mit dem Pächter Diglas Eigentümerin. In der Folge wurden auch Kaffee- und
Gastwirtschaft von verschiedenen Eigentümern geführt, das Kaffeehaus in letzter Zeit
von Biedmann und Schraik, in jüngster Zeit von der Witwe Schraiks und Karl Steinzer,
die Gastwirtschaft von Anton Stegbauer.
Dem Namen Kattus begegnen wir erst später.
Reschauer, das Jahr 1848, 1. Bd.
„Die Döblinger Bürgerwehr“, ein Gemälde des Döblinger Malers Neder, befindet sich im
Museum der Stadt Wien (vgl. „Bildende Kunst“).
Die Familie der Frau Lehrerin Stiepöck bewahrt noch heute eine Hornbrille auf, die aus
Haspingers Nachlass stammt.
Zwischen Hirschen- und Feldgasse (heute Gymnasiumstraße).
Von Heiligenstadt in die Stadt, „Am Hof“, fuhr ein Stellwagen (Eigentümer Niel), auf
den man scherzhaft die Worte aus Goethes „Erlkönig“ anwandte: „Erreicht den Hof mit
Müh‘ und Not“. Im Volksmund sprach man gewöhnlich von den „Nilpferden“, wenn von
diesem Stellwagen die Rede war.
In ältester Zeit diente dazu die Viehtrift an der Stelle der jetzigen Pokornygasse.
Cottage bedeutet im Englischen soviel wie Hütte, einfaches Landhaus (Villa). Manche
unter diesem Namen erbauten Häuser gleichen indes Schlössern und Palästen.
Nach R. E. Petermann, Wiener Zeitung.
Ehemaliges Pantzerfeld.
Im Dialekt für „Linie“.
Dieser Pulverturm stand auf der Stelle der Häuser (97, 108 und 109) am Thury, die
auch später die nach ihm benannte Pulverturmgasse bildeten (Realis II, 261). Über die
Zeit seiner Errichtung sagt Weschel (21 f): „Ein neuer Bau (seit 1721) ergab sich erst
1740, da das Wiener Frauenkloster zu St. Lorenz von seinen Besitzungen auf der
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Osterleiten (!) 5/4 Joch Ackergründe zur Erbauung eines Pulverturmes abtrat, der bis
1779 stand.“
Im Jahr 1907 erschien zur Feier des 25-jährigen Bestandes des Rudolfinerhauses eine
Denkschrift.
Eine an der Gartenböschung angebrachte ‚Tafel besagt: „In folge unentgeltlicher
Abtretung des erforderlichen Grundes durch Herrn Theodor Hardtmuth erweiterte die
Gemeinde Ober-Döbling diese Straße um 5 Klafter.“
Baurat Richard Jordan, geb. 6. März 1847 zu Wien, vollendete seine Studien an der
Akademie der bildenden Künste unter den Professoren van der Nüll, v. Siccardsburg,
Rößner und Schmidt.
Die Beuroner Kunstschule hat ihre Hauptpflegestätte in dem Kloster der reformierten
Benediktiner in Beuron (an der Donau, in Hohenzollern). Sie wurde um 1870 von P.
Desiderius Lenz (vor seinem Eintritt in den Orden Bildhauer Peter Lenz) begründet.
Die Angaben über den Beuroner Altar und die Karmeliterkirche stammen von Elisabeth
Hugelmann.
Josef Pfaffenbichler, in Seitenstetten 1887 geboren, besuchte 1904 bis 1907 die
Fachschule für Holzbearbeitung in Hallstatt und beendete 1911 bis 1915 seine Studien
an der Wiener Kunstgewerbeschule. Mit dem Eitelbergerpreis ausgezeichnet, führte er
das Kruzifix aus, das vom Gewerbeförderungsamt dem Konvent der Karmeliter
gewidmet wurde. Zurzeit ist er Professor der Bildhauerei an der Hallstätter Fachschule.
Näheres s. „Fürsorgewesen“.
Der zweite Tunnel hat 212 m Länge.
Vgl. S. Arthaber (S. 169)) und „Literatur“.
Nusser starb erst 1820.
Über die Gründung und das Schicksal der Kapelle siehe S. 151 f., auch „Literatur“.
Kastner ist 1844 in Wien geboren, hat hier studiert und sich der kirchlichen FreskoMalerei zugewendet; er gilt als der hervorragendsten Nachfolger Führichs.
Die bezüglichen Abbildungen bringt G. A. Ressel in seinem Werk „Die Siegel der
ehemaligen Wiener Vorstädte“, Gerlach & Wiedling 1912.
„Sieveringer Sängerbund“ und „Nußdorfer Männer-Gesangsverein“.
Autor: W. A. Hammer
Aus „Döbling, eine Heimatkunde des XIX. Wiener Bezirkes“