In diesem Buch versuchen vier Autoren und zwei Autorinnen ihre biblisch-theologischen
Entdeckungen und persönliche Erfahrungen in Bezug auf die weiblichen Seiten Gottes
darzulegen. Wir möchten dabei betonen, dass sich unsere Gedanken ausschliesslich im
biblischen Rahmen bewegen. Das bisher Erkannte im christlichen Gottesbild wird in keinem
Punkt in Frage gestellt - es soll nur eine fruchtbare Ausweitung im Bereich der mütterlichen
und weiblichen Aspekte Gottes erhalten.
Schon der Schöpfungsbericht besagt, dass diese Seite in Gott vorhanden sein muss, weil ja
auch die Frau, nicht nur der Mann, als Abbild Gottes geschaffen wurde:
„Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei…und Gott schuf
den Menschen zu Seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und
Frau.“ 1. Mose 1,26 und 27.
Folgende Hauptziele verfolgt dieses Buch:
• Denjenigen, die nach einer biblischen Begründung der weiblichen Aspekte Gottes im
Rahmen einer christozentrischen Theologie suchen, gründliche Belege zu liefern.
• Denjenigen, die sich neben der väterlichen auch nach der mütterlichen Seite Gottes
gesehnt haben und vielleicht noch unter den Wunden und Verkrümmungen leiden,
die ihnen ihre irdische Mutter zugefügt hat, einen Weg zur Heilung aufzuzeigen.
• Denjenigen Männern, die unter der Knechtung durch die Sünde in Form von unreinen
Gedanken, Pornografie und (Internet-)Sexsucht bis hin zu einem ausgelebten
Ehebruch leiden, eine gut begründete Hoffnung zu schenken, dass Gott sie aus all
dem befreien und zum ursprünglich gemeinten Umgang mit der Sexualität hinführen
kann.
• Denjenigen Frauen, die auf der Suche nach ihrer Identität sind, den Ursprung ihrer
Weiblichkeit zu zeigen.
Möge dieses Buch auch dazu beitragen, dass der ewige Kampf der Geschlechter aufhört
und einer gegenseitigen Achtung Platz macht, so dass die gottgewollte Ergänzung von Mann
und Frau Gestalt gewinnen kann.
Es geht uns nicht darum, eine neue Betrachtungsweise des Heiligen Geistes zu fordern,
sondern angesichts der oben erwähnten drängenden Probleme, die allzu viele Christen und
Christinnen und Gemeinden lähmen, Lösungsansätze vorzuschlagen.
Selbstverständlich sind alle Leserinnen und Leser frei, an ihrer bisherigen Sicht der Trinität
und des Heiligen Geistes festzuhalten.
Wie kam es zu diesem Buch?
Nachdem ich mich während eines theologischen Studienurlaubes wieder einmal intensiv mit
der hebräischen Sprache befasst hatte, wurde mir immer mehr bewusst, wie sehr mein
Denken von meiner Schulbildung her, trotz aller bewusster Christianisierung, noch sehr
griechisch-humanistisch geprägt war. Ich sehnte mich danach, dem Denken Gottes immer
näher zu kommen und spürte, wie in mir durch die Studien im Hebräischen und in der Bibel
eine Erneuerung auf das biblisch-hebräische Denken hin stattfand. Und nachdem Gott mich
in eine lange Phase der Busse und der Reinigung hineingeführt hatte, wurde mein Verlangen
nach zunehmender Heilung und Heiligung auch im Bereich meiner zeitweise immer noch
unreinen Gedankenwelt grösser und grösser. In einem Flughafengelände schaffte ich es
einmal mehr nicht, meine Gedanken dem weiblichen Geschlecht gegenüber rein zu
behalten.
Mein Schrei nach Heilung und nach einem bleibendem Durchbruch auf diesem Gebiet
verhallte aber nicht im Nichts: An diesem Abend und in den Wochen, Monaten und Jahren
seither durfte ich von Gott, vor allem vom Heiligen Geist her eine fortschreitende Heilung
meiner Sexualität und damit auch meiner Identität erfahren, wie ich sie vorher nicht gekannt
hatte1.
1
Einen ausführlicheren Bericht dazu finden Sie im Kapitel „Die Ruach in der seelsorgerlichen Praxis“
Nach ein, zwei Jahren liess ich diese neuen Erkenntnisse immer mehr in die Seelsorge an
Männern mit ähnlichen Problemen (die ich übrigens bei sehr vielen Männern in mehr oder
weniger ausgeprägtem Mass beobachte) einfliessen – mit grossem Erfolg!
Als ich nach einigen Jahren von Alfred Mayer, einem landeskirchlich angestellten Diakon aus
Bayern, während einer Konferenz erfuhr, dass er völlig unabhängig ähnliche, heilende
Erfahrungen mit dem Heiligen Geist machen durfte, kam eine weitere, wichtige Ermutigung
und Bestätigung dazu. Bald danach begann der Gedanke zu reifen, dass es dran sei, diese
Erkenntnisse, die ja auch schon lange im Wort Gottes vorhanden waren, zusammen mit
anderen in Form eines Buches einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Noch einmal möchte ich aber betonen, dass unser bisheriges, christliches Gottesbild keine
Veränderung, sondern nur eine Ausweitung erfuhr.
Im christlichen Glaubensbekenntnis von Nicäa aus dem Jahr 325, das praktisch die ganze
Christenheit übernommen hat, kommt der unendliche Reichtum der Dreifaltigkeit 2 Gottes
wunderschön zum Ausdruck. Man achte darauf, dass dem Heiligen Geist als die dritte
Person der Trinität die volle Göttlichkeit und Eigenständigkeit zugesprochen wird, wie es dies
das biblische Zeugnis auch tut3:
CREDO
Liturg:
Mit der christlichen Kirche aller Zeiten bekennen wir:
Gemeinde:
Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen,
der alles geschaffen hat, Himmel und Erde,
die sichtbare und die unsichtbare Welt.
Und an den einen Herrn Jesus Christus,
Gottes eingeborenen Sohn,
aus dem Vater geboren vor aller Zeit:
Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom
wahren Gott,
gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater;
durch Ihn ist alles geschaffen.
Für uns Menschen und zu unserem Heil ist Er vom
Himmel gekommen,
hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist
von der Jungfrau Maria
und ist Mensch geworden.
Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus,
hat gelitten und ist begraben worden,
ist am dritten Tag auferstanden nach der Schrift
und aufgefahren in den Himmel.
Er sitzt zur Rechten des Vaters
und wird wiederkommen in Herrlichkeit,
zu richten die Lebenden und die Toten;
Seiner Herrschaft wird kein Ende sein.
Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und
2
Dass in der Bibel keine der Ausdrücke „Dreifaltigkeit“, „Dreieinigkeit“, „Trinität“ etc. vorkommen, ist den Autoren
klar. Wir erachten aber diese neu geschaffenen theologischen Begriffe als hilfreiche Wortkonstruktionen, um dem
göttlichen Geheimnis/Paradox der drei biblisch offenbarten göttlichen Personen und dem gleichzeitigen
Festhalten des Glaubens an den einen Gott Ausdruck zu geben
3
Siehe u.a. Joh. 14-16; Apg. 5,3.4.9; 13,2.
lebendig macht,
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und
verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten,
und an die eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche.
Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.
Wir erwarten die Auferstehung der Toten
und das Leben der kommenden Welt. Amen.
Es ist mir sehr wichtig, die unaufgebbar zentrale Rolle unseres Herrn und Erlösers
Jesus Christus hervorzuheben, auch wenn dieses Buch primär ein Buch der
Pneumatologie ist, welches einige Aspekte des Wesens und der Aufgaben des Heiligen
Geistes darzustellen versucht.
Jesus Christus: Wie es Petrus in Apg. 4,12 klassisch formulierte: „…in keinem anderen ist
das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den
wir sollen selig werden.“ Er ist der einzigartige Sohn Gottes, der Sein Leben im Tod am
Kreuz „als Lösegeld für viele“4 dahingab und Er ist der einzige Mittler 5 zwischen Gott und den
Menschen. Sein Sühnetod am Kreuz ist die Grundlage für die Erlösung von unseren Sünden
und für alle Heilung. Deshalb finden wir in Ihm allein Erlösung6, die Vergebung der Sünden7,
Heil und Heilung8.
Deshalb ist die Grunddefinition des Heiligen Geistes so zentral, wie sie im Nicänum
ausgedrückt wird: „…der aus dem Vater und dem Sohn9 hervorgeht,…“: Der Heilige Geist
geht immer von Gott, dem Vater und von Gott, dem Sohn aus, wirkt also ausschliesslich im
Namen Jesu Christi und sonst nirgends. Dort, wo das Wirken des Heiligen Geistes vom
Bekenntnis, dass Jesus Christus der fleischgewordene Gottessohn, Herr und Erlöser ist10,
losgekoppelt wird, öffnet man synkretistischen und gnostischen Tendenzen Tür und Tor, was
wir unter allen Umständen vermeiden wollen!
Den Heiligen Geist Gottes, des Vaters und Jesu Christi erhalten wir nur durch Umkehr von
unseren Sünden und durch den Glauben an den Herrn Jesus Christus11! Wer Jesus Christus
als persönlichen Herrn und Erlöser aufnimmt und an Seinen Namen glaubt, darf nach Joh.
1,12-13 und 3,3ff eine Geburt von Gott, eine Wiedergeburt aus dem Heiligen Geist erfahren,
und nur der Vater und Jesus Christus zusammen können mit dem Heiligen Geist erfüllen12.
Jesus erklärt in Joh. 16, 14 über den Heiligen Geist: „Er wird Mich verherrlichen; denn von
dem Meinen wird er’s nehmen und euch verkündigen.“ Der Heilige Geist weist also in all
Seinem Wirken immer auf Jesus hin, und in diesem Sinn soll auch dieses Buch der
Verherrlichung Jesu Christi dienen, denn wir beschreiben einige Aspekte des Geistes Jesu,
des Erlösers. Nichts, was in diesem Buch behandelt wird, verdrängt den Gottessohn Jesus
von Seiner zentralen Position, wie sie soeben festgehalten wurde – wir betreiben explizit
eine christozentrische Pneumatologie, welche von Kreuz und Auferstehung Jesu Christi
herkommt und auch wieder dorthin führt.
Wichtig ist auch festzuhalten, dass biblisch gesehen in der Trinität immer alle göttlichen
Personen in Einheit mitwirken, auch wenn das Handeln einer göttlichen Person
hervorgehoben wird. Ob nun also das Reden und Wirken des Vaters, des Sohnes oder des
Heiligen Geistes beschrieben wird, so sind ja die anderen beiden Gottespersonen immer
mitgemeint und mitbeteiligt.
4
Mk. 10,45
1.Tim. 2,5; Hebr. 8,6; 9,15; 12,24
6
1. Kor. 1,30; Eph. 1,7
7
Kol. 1,14
8
Jes. 53,5; Luk. 9,1+2
9
Den Theologen als das berühmte „filioque“ (lateinisch: „und aus dem Sohn“) bekannt.
10
1. Kor. 12, 3
11
Apg. 2,38; Eph. 1,13
12
Mt. 3,11
5
Wenn das geklärt ist, kann man aber, wie es die Bibel selber tut, auch jeweils von einer
göttlichen Person und ihrem spezifischen Auftrag sprechen, wie es uns durch das Wort
Gottes offenbart wurde.
Noch ein Wort zur Sprachregelung: Trotz aller neuen Erkenntnisse über Aspekte der
Weiblichkeit des Heiligen Geistes, streben wir keine Neugestaltung des deutschen
Sprachgebrauches an: Wir verwenden also in Predigt, Unterricht etc. weiterhin die
altvertraute Form, die nach der deutschen Grammatik nun mal eben männlich gefasst ist:
„der Heilige Geist“. In einem seelsorgerlichen Kontext oder nach einer entsprechenden
Einführung verwenden wir auch häufig den Ausdruck „Ruach“, weil dies das hebräische Wort
für den Geist Gottes in der Bibel ist. Da das grammatische Geschlecht für „Ruach“ im
Hebräischen feminin ist, schreiben wir „die Ruach“.