Schriftliche Kleine Anfrage und Antwort des Senats

BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
21/2420
21. Wahlperiode
04.12.15
Schriftliche Kleine Anfrage
des Abgeordneten Deniz Celik (DIE LINKE) vom 27.11.15
und
Betr.:
Antwort des Senats
Wer stoppt den organisierten illegalen Handel mit Krebsmitteln (Zytostatika)?
Am 18.11.2015 berichteten Medien über mutmaßliche illegale Machenschaften von Apothekern, Onkologen und Pharmaherstellern bei der Produktion
und dem Handel mit sogenannten Zytostatika (Arzneimittel gegen Krebs).
Von den 250 Zytostatika-Apotheken, die Krebsmittel in Deutschland herstellen dürfen, seien bereits mehr als ein Viertel Ziel von Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft gewesen. Besonders schwere Vorwürfe werden gegenüber dem Inhaber der Elb-Apotheke in Altona und Pharmahersteller erhoben,
der in seinem Herstellerbetrieb „C&C Compound & Care Pharma GmbH“ bei
der Herstellung von Zytostatika (Arzneimittel gegen Krebs) wissentlich die
durch einen technischen Defekt bedingte Verunreinigung und Unwirksamkeit
der Arzneimittel billigend in Kauf genommen und mit diesen Handel getrieben
habe. Zudem soll er über einen Strohmann, der faktischer Mehrheitseigner
und Geschäftsführer von den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) Bergedorf und Stormarn sei, an fünf Standorten ungefähr 7.000 Menschen und
damit jede/n fünfte/n Krebspatientin/-en im Großraum Hamburg behandeln.
Apotheker/-innen dürfen jedoch gemäß GKV-Versorgungsstrukturgesetz keine MVZ gründen, besitzen oder Mehrheiten erwerben. Die gesetzliche Regelung soll unterbinden, dass ärztliche Einrichtungen zum Spielball finanzieller
Interessen werden. Laut der Berichterstattung sollen die Ärztinnen und Ärzte
in den Standorten der MVZ unter Druck gesetzt worden sein, damit sie noch
mehr Zytostatika von der Elb-Apotheke beziehen. Zudem wird dem Apothekeninhaber und einem bei der MVZ angestellten Arzt vorgeworfen gemeinsam Abrechnungsbetrug betrieben zu haben.
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
1.
Wie bewertet die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz die
schweren Vorwürfe in Zusammenhang mit illegalem Handel von Krebsmedikamenten in Hamburg und welche konkreten Maßnahmen wird sie
unternehmen damit in Zukunft der Handel mit illegalen Krebsmedikamenten unterbunden wird?
Die in der Presse erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit illegalem Handel von
Zytostatika waren Gegenstand bundesweiter Ermittlungsverfahren, an denen die
Staatsanwaltschaft Hamburg beteiligt war. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. bis 5. b. und
zu 7.
Drucksache 21/2420
2.
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode
Welchen behördlichen Stellen obliegt in Hamburg die Aufsicht von Apotheken und Pharmaherstellern/-innen?
Die arzneimittelrechtliche Überwachung von Apotheken und pharmazeutischen Herstellungsbetrieben erfolgt durch die für Gesundheit und Verbraucherschutz zuständige
Behörde.
3.
Welche Kontrollverfahren werden von den zuständigen Prüfstellen
angewandt?
Die Kontrollmaßnahmen umfassen Betriebsinspektionen zur Feststellung, ob die Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über das Apothekenwesen beachtet
werden sowie die Untersuchung von Proben.
4.
In welchen zeitlichen Abständen werden in Apotheken und bei Pharmaherstellern/-innen Kontrollen durchgeführt?
Inspektionen von Apotheken und pharmazeutischen Herstellungsbetrieben werden
regelmäßig nach einem risikoorientierten Inspektionsplan durchgeführt, wobei die
Besichtigungsintervalle individuell festgelegt werden. Bei pharmazeutischen Herstellungsbetrieben liegen die Regelinspektionsintervalle zwischen einem und drei Jahren;
Apotheken werden in einem Zeitintervall von zwei, vier oder fünf Jahren besichtigt.
Zusätzlich zu den Regelinspektionen werden anlassbezogene Besichtigungen durchgeführt.
5.
Hat die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz Prüfungen eingeleitet, die dem Vorwurf der unzulässigen Produktion und den Produktionsbedingungen bei der oben genannten Firma nachgehen?
a.
Wenn ja, welche konkreten Schritte wurden unternommen und was
ist das Ergebnis der Prüfungen?
b.
Wenn nein, warum nicht?
Die Firma C&C Compound & Care Pharma GmbH wurde am 18. November 2015 um
eine Risikobewertung gebeten, die bei der zuständigen Behörde am 19. November
2015 eingegangen ist und geprüft wurde.
Am 24. November 2015 wurde ergänzend eine weitere Vor-Ort-Inspektion bei der
Firma durchgeführt.
Die in der Presse monierten Produktionsbedingungen konnten im Rahmen der Überprüfung nicht bestätigt werden.
Im Übrigen: entfällt.
6.
Hat die zuständige Behörde unangekündigt in den Räumen der Produktionsstätte Ermittlungen durchgeführt?
Siehe Antwort zu 5. bis 5.b. Die Überprüfung wurde kurzfristig angekündigt, um die
Anwesenheit der verantwortlichen Personen sicherzustellen.
7.
Wann wurde das letzte Audit durchgeführt und enthält der jüngste Auditbericht Beanstandungen beziehungsweise Hinweise auf Qualitätsmängel
in den Produktionsbedingungen?
Falls ja, welche Konsequenzen hat die zuständige Behörde daraus
abgeleitet?
Die letzten Inspektionen bei der Firma C&C Compound & Care Pharma GmbH wurden am 24. November 2015 (anlassbezogen) und vom 18. bis 19. März 2015 (Regelinspektion) durchgeführt. Als Ergebnis dieser Inspektion wurde festgestellt, dass die
Anforderungen des EU-GMP*-Leitfadens und der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung grundsätzlich erfüllt werden.
Die im Rahmen der GMP*-Inspektion festgestellten Beanstandungen wurden der Firma mitgeteilt und im Rahmen eines Mängelbeseitigungsverfahrens abgestellt.
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Good Manufacturing Practice
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode
8.
Drucksache 21/2420
In welchen zeitlichen Intervallen führt die zuständige Behörde Audits mit
besagter Firma durch?
Das aktuelle Zeitintervall für Regelinspektionen der Firma C&C Compound & Care
Pharma GmbH wurde nach der Besichtigung vom 18. bis 19. März 2015 zunächst auf
drei Jahre festgelegt. Im Übrigen siehe Antwort zu 4.
9.
Wurden aus Sicht der Behörde die GMP-Vorschriften von der besagten
Firma konsequent und lückenlos eingehalten?
Siehe Antwort zu 7.
10. Liegen der zuständigen Behörde Erkenntnisse über die Medizinischen
Versorgungszentren Bergedorf und Stormarn hinsichtlich gesetzeswidriger Eigentümer-/-innenverhältnisse über einen „Strohmann“ vor?
Wenn ja, welche Schritte wird die Behörde einleiten um die gesetzeswidrigen Eigentumsverhältnisse zu beenden?
Nein. Die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVH) führt die „Arztregisterakten“
über die in Hamburg niedergelassenen Ärztinnen/Ärzte und Psychotherapeutinnen/
Psychotherapeuten und damit auch über die Medizinischen Versorgungszentren.
Nach Auskunft der KVH ist dort in dieser Angelegenheit eine anonyme Anzeige zugestellt worden, die in dieser oder ähnlicher Form auch an weitere Akteure im Gesundheitswesen gegangen ist. Belastbare eigene Erkenntnisse über gesetzwidrige Eigentumsverhältnisse, die zu unmittelbaren Maßnahmen berechtigen könnten, liegen der
KVH nicht vor. Mit dem Landeskriminalamt ist abgesprochen, das KVH-seitig zunächst
die Ergebnisse der Ermittlungsbehörden abgewartet werden, bevor eigene Schritte
eingeleitet werden.
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